Konferenz des Schiller-Instituts
21. und 22. Februar 2009
in Rüsselsheim
Jacques Cheminade ist der
Vorsitzende der französischen Partei
Solidarité et Progrès. Die folgende Rede hielt er auf der Konferenz des
am 22. Februar 2009.
Jacques Cheminade
Bild:
Chris Lewis Warum wir dringend eine
Pecora-Kommission brauchen
Von Jacques Cheminade
Die Szene ist eine Anhörung in den
Vereinigten Staaten. Es
ist im Jahr 1933. Auf der einen Seite sitzt J.P. Morgan, der „Löwe der
Wall
Street“, der nur widerwillig seine Aussage macht. Auf der anderen Seite
sitzt
Ferdinand Pecora. Er genießt es.
An einem heißen Nachmittag im Juli
fragt Ferdinand Pecora
Morgan, ob er 1930 Einkommensteuer bezahlt habe. Morgan schweigt. Auch
Pecora
schweigt. Schließlich erwidert der Löwe der Wall Street: „Ich kann mich
nicht
erinnern.“ Man stellt ihm die gleiche Frage über 1931, über 1932, die
Antwort
ist immer die gleiche: „Ich kann mich nicht erinnern.“
Schließlich sortiert Pecora seine
Papiere und enthüllt, daß
J.P. Morgan noch nie Einkommensteuer gezahlt hat. Und er hat dabei
gegen kein
Gesetz verstoßen. Es war völlig legal!
Finanzminister Andrew Mellon („Andy“
für die Damen),
bemerkte Pecora, habe entsprechende Klauseln in das Steuergesetz
eingefügt, so
daß Morgan und seinesgleichen nie Steuern zahlen müßten. Al Capone wäre
nie ins
Gefängnis gekommen, wenn er „Andy“ Mellon besser gekannt hätte.
Pecora zeigte dann, wieviel Steuern
das gesamte Haus Morgan
und seine Partner in den letzten fünf Jahren gezahlt hatten: Es war
eine
einzige Zahlung von 5000 Dollar im Jahre 1931.
Es folgte eine Auflistung der
Besitztümer von J.P. Morgan
und seinen Partnern. Zusammen mit ihren britischen Freunden gehörte
ihnen ein
großer Teil der amerikanischen Wirtschaft. Es folgte J.P. Morgans Liste
der
Vorzugskunden, nach der einflußreichen Freunden der Bank, darunter der
ehemalige Präsident Calvin Coolidge, Aktien zu stark vergünstigten
Preisen
angeboten wurden. Damit wurde aufgedeckt, daß sie die amerikanische
Volkswirtschaft völlig unter ihrer Kontrolle hatten.
Diese Anhörung fand vor dem Banken-
und Währungsausschuß des
amerikanischen Senats statt, in dessen Auftrag Pecora nach dem Krach
von 1929
die Praktiken der Banken und Börsenmakler der Wall Street untersuchte.
Ferdinand Pecora stammte aus Sizilien und war Sohn eines Schusters, der
in die
USA ausgewandert war. Eigentlich war er ein progressiver Republikaner -
kein
Demokrat - und erhielt seinen Posten in den letzten Monaten der
Regierung
Hoover. Als hart durchgreifender Distriktsstaatsanwalt von New York
hatte er
sich darauf spezialisiert, mehr als hundert Winkelbörsen („bucket
shops“) zu
schließen. Diese nicht konzessionierten Maklerstuben waren eine
typische
Erscheinung der USA jener Zeit: illegale Maklergeschäfte, wo man Wetten
auf
Termingeschäfte abschloß, indem man seinen Einsatz in einen Eimer warf
- die
primitiven Vorläufer der heutigen Derivate.
Unterstützt wurde Pecora in seinem
New Yorker Amt von John
T. Flynn, einem irisch-amerikanischen Journalisten, und von Max
Löwenthal,
einem jüdischen Rechtsanwalt. Keine Vorzugsbehandlung für „weiße
angelsächsische Protestanten“ (WASPs). Die amerikanische Republik
schlug gegen
das Empire zurück.
Das ist ein sehr bedeutender Punkt,
denn es zeigt den wahren
Geist Amerikas. Ein Italoamerikaner, ein irischer Amerikaner und ein
jüdischer
Amerikaner schlossen sich zusammen, um gegen die anglo-amerikanischen
Wallstreet-Granden, die WASPs, den Geist der Gründerväter zu erneuern.
Ein
anderer entscheidender Punkt war, daß ihr Vorhaben überparteilich war,
im
Dienste der Grundsätze der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und
Verfassung.
Denken wir uns nun in diese Menschen
hinein, wie sie voller
Begeisterung die Wahrheit ans Tageslicht brachten und keine Angst
hatten, sich
dabei unbeliebt zu machen - wie Lyndon LaRouche sagen würde: „Unbeliebt
sein,
wenn es am besten schmeckt.“
Wir sollten uns heute von ihnen
inspirieren lassen, im
gleichen Geist in unseren jeweiligen Ländern eine neue
Pecora-Kommission zu
fordern, die heute so wie damals eine gründliche Aufarbeitung des
Zwillingskrachs von Immobilien und Börsen unternimmt - um „das geistige
Umfeld
für den politischen Wechsel“ zu schaffen, wie es Ron Chernow, der Autor
von House
of Morgan und Alexander Hamilton, am 5.
Januar 2009 in der New
York Times formulierte. Zuvor hatte natürlich bereits Lyndon
LaRouche eine
neue Pecora-Kommission gefordert. Sie ist heute noch dringender
notwendig als
damals, denn der weltweite Finanzkollaps heute ist vom Ausmaß her schon
weitaus
schlimmer als der Crash von 1929, wie gestern hier [auf der Konferenz]
bereits
dargestellt wurde. Wenn er nicht gestoppt wird, werden wir eine Krise
wie den
„Schwarzen Tod“ im 14. Jahrhundert erleben, nur heute nicht auf Europa
beschränkt, sondern im weltweiten Maßstab.
Gegen die Bankster
Schauen wir also zurück, was Pecora
damals wirklich
erreichte. Gewöhnlich heißt es, er habe Beweise für „irreguläre
Praktiken“ - um
es deutlich zu sagen, Betrug - auf den Finanzmärkten gefunden. Ein
Betrug der
reichen Insider auf Kosten der kleinen Anleger. Das stimmt. Doch es
steckt noch
viel, viel mehr dahinter. Er hat die größten Namen der Finanzwelt
unerbittlich
verhört.
Morgan stand nicht am Anfang. Die
Anklage gegen Morgan war
eine Art krönender Abschluß. Er begann mit Charles Mitchell, Präsident
und
Vorstandsvorsitzender der National City Bank. Er bewies, daß Mitchell
während
des Krachs Aktien der eigenen Bank verkauft, also gegen seine Firma
gewettet
und damit sehr viel Geld verdient hatte. Er hatte Wetten gegen seine
eigene
Aktie abgeschlossen, was gesetzlich verboten war. Das gleiche hat in
unserer
Zeit Goldman Sachs getan, als das Finanzhaus seinen Kunden
minderwertige Hypothekenpapiere
verkaufte und Leerverkäufe zum eigenen Vorteil gegen sie tätigte.
Er enthüllte die schmutzigen
Geschäfte Mitchells mit dem
damaligen kubanischen Präsidenten Gerardo Machado - genannt „der
Schlächter“.
National City Bank hatte sich wertloser kubanischer Zuckeranleihen über
31
Mio.$ entledigt, indem sie diese ohne deren Wissen auf die Aktionäre
der
Tochterbank Cuban National City übertrug und diese so ruinierte. Ebenso
hatte
er den ahnungslosen Kunden der National City Company wertlose
peruanische
Staatsanleihen angedreht.
Pecora deckte dann den bis dahin
größten Betrug in der
amerikanischen Bankengeschichte auf, das Anaconda-Kupfer-Geschäft der
National
City Bank. Und er bewies, daß Mitchell ein alter Freund von
Finanzminister Andy
Mellon war! Der hatte das Land in den Jahren zuvor quasi regiert - im
Namen der
Präsidenten Harding, Coolidge und Hoover, die er in Wirklichkeit lenkte
und
ausnutzte.
Es sei daran erinnert, daß die Mellon
Scaife Foundation in
den achtziger Jahren die Machenschaften gegen Lyndon LaRouche und seine
Vereinigung finanzierte, und ebenso in den neunziger Jahren die
Pressekampagne,
die fast zur Amtsenthebung Bill Clintons geführt hätte. Dadurch wurden
damals
Clintons Bemühungen um eine neue internationale Finanzarchitektur
unterbunden
und genügend Druck aufgebaut, das Glass-Steagall-Gesetz außer Kraft zu
setzen,
indem das Gram-Leach-Bliley-Gesetz vom 12. November 1999 durchgesetzt
wurde.
Nach Mitchell nahm sich Pecora Albert
Wiggin, den Chef der
Chase National Bank, vor und deckte auf, wie auch dieser während des
Krachs
Chase-Aktien verkauft und dadurch auf Kosten seiner eigenen Bank und
deren
Kunden sehr viel Geld verdient hatte. Dann war die Reihe an Richard
Whitney,
dem Chef der New Yorker Börse, der - anders als Madoff heute - im Knast
landete
und in Sing Sing einsaß.
Pecora erhielt von dem Senatsausschuß
für seine Arbeit 255
Dollar im Monat - weniger, als die meisten Wallstreet-Größen
wöchentlich als Trinkgeld
verteilten. Doch er stieß diese Hohepriester vom Thron und stellte sie
als das
bloß, was sie wirklich waren: klein und habgierig. Auf diese Weise
wurde Pecora
in Amerika ein Volksheld.
Roosevelts Antrittsrede vom 4. März
1933, in der er die
„modernen Geldwechsler“ brandmarkte, fand in dem Klima statt, das
Pecora mit seinen
Anhörungen erzeugt hatte. Es war ein heftiger Kampf. Roosevelts
Haushaltsdirektor [Lewis Douglas], ein Morgan-Mann in der
Administration,
erklärte damals, das sei „das Ende der westlichen Zivilisation!“ Zur
gleichen
Zeit schrieb John Maynard Keynes einen Brief an Roosevelt, worin er
diesen
aufforderte, „mit den Unternehmern nicht so hart umzuspringen“.
Die Pecora-Untersuchungen waren somit
weit mehr als nur eine
Attacke gegen die Banker und die Wall Street, wie es gewöhnlich
hingestellt
wird. Es war eine Anklage gegen das gesamte System, nicht bloß eine
„mutige,
pragmatische Initiative“, sondern ein allumfassendes politisches
Vorgehen gegen
die Oligarchie. Der Höhepunkt war erreicht, als Senator Glass - kein
guter Kerl
- sich auf die Seite Morgans schlug und forderte, alles wieder
rückgängig zu
machen, mit dem Satz: „Das ist ein Zirkus, und das einzige was fehlt,
sind
Erdnüsse und Limonade!“
Morgan gefiel dieses Bild so gut, daß
er sich für die
nächste Ausschußsitzung etwas ausdachte, was er für besonders lustig
hielt: Er
erschien mit einem Zirkuszwerg, der bei ihm auf dem Schoß saß. Pecora
und das
Roosevelt-Team machten sich diese Gelegenheit zunutze, wie man es in
einem
solchen Fall immer tun sollte. Photos von Morgan mit dem Zwerg
erschienen in
der gesamten Weltpresse: Morgans Arroganz und Menschenverachtung waren
in aller
Munde, und seine Macht an der Wall Street war erledigt.
An diesem Punkt mußte sogar die New
York Times, die
Pecora mit Bezeichnungen wie „vulgär“, „schwitzend“, „billiger
Applaus“, „zigarrekauend“
oder „so unbritisch“ überzogen hatte, den Rückzug antreten und
eingestehen, daß
J.P. Morgans sagenhafte Macht „keine populäre große Fantasie“ war, wie
Thomas
Lamont gemeint hatte, sondern eine schockierende Tatsache. Seine Macht
reichte
in jeden Winkel Amerikas, in die Institutionen der Bundesstaaten und in
die
Privatwirtschaft. Roosevelts eigener Finanzminister Woodin, der auf
Morgans
Vorzugsliste stand, mußte am selben Tag, an dem es zur
Auseinandersetzung
zwischen Glass und Pecora um den „Zirkus“ kam, am 26. Mai 1933
zurücktreten.
An diesem Tag unterband Roosevelt
auch die Möglichkeit, eine
Goldklausel in private Verträge aufzunehmen, wodurch er den
Goldspekulanten an
der Wall Street einen Strich durch die Rechnung machte. Am gleichen Tag
verabschiedete
der Kongreß ein Industriegesetz, das dem Präsidenten mehr
Zollbefugnisse
einräumte, um die einheimische Industrie zu schützen.
Es war also nicht nur eine Operation
gegen die „Bankster“,
wie die Times sie nannte - ein wahrscheinlich von
Pecora geprägter
Begriff -, sondern ein allgemeiner politischer Kampf. Pecora warf ein
grelles
Licht auf den Gegensatz zwischen dem Leben von Millionen Amerikanern,
die
infolge der Großen Depression auf der Straße saßen und in bitterer
Armut
lebten, und dem verschwenderischen Leben der Finanziers und ihrer
Komplizen in
der Politik. Pecora veranstaltete aber keinen öffentlichen Schauprozeß,
sondern
er benutzte die Ergebnisse gründlicher, geduldiger Ermittlungen, um der
Bevölkerung die Augen zu öffnen. Als die Wallstreet-Banken vor Pecoras
Ausschuß
zitiert wurden, gab es in den Vereinigten Staaten 17 Millionen
Arbeitslose, und
40% aller amerikanischen Banken hatten geschlossen. Selbst die Musik
klang nach
Depression: „Brother, Can You Spare a Dime?“ (Bruder, hast du einen
Groschen
übrig?) war damals der beliebteste Schlager. Tausende von überfüllten,
verwahrlosten, unhygienischen Obdachlosen-Camps waren entstanden, die
in
Anlehnung an Präsident Hoovers Ausspruch „Der Aufschwung ist gleich um
die
Ecke“ „Hoovervilles“ genannt wurden. Zeitungen hießen nur noch
„Hoover-Decken“,
und Fahrräder erhielten den Spottnamen „Hoovermobile“.
In diesem gesellschaftlichen Umfeld
wirkten die
Pecora-Anhörungen wie ein Blitz, der plötzlich Licht in das Dunkel
hinter der
Bühne bringt. Indem Pecora die Betrügereien, die Vermehrung fiktiven
Kapitals
und das Spiel mit Geld auf Kosten von Menschenleben offenlegte, gab er
den
Menschen das Gefühl, daß jemand im Kongreß und jemand im Weißen Haus
sie
verteidigt und sich um das Wohl des Volkes sorgt. Es gibt ein sehr
schönes Foto
von Pecora, auf dem er Freude ausstrahlt, daß David gegen Goliath
gewinnt, daß
man mit Entschlossenheit das Gefühl wiedererwecken kann, die Dinge zum
Guten zu
wenden und die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen.
Pecora hat vieles erreicht. Er
befragte persönlich
hochrangige Zeugen mit einer absoluten Entschlossenheit, die Wahrheit
ans Licht
zu bringen, die Wahrheit hinter dem, was Roosevelt während des
Wahlkampfs „die
rücksichtslose Manipulation professioneller Glücksspieler und des
Wirtschaftssystems“ genannt hatte. Pecora hatte eine wirkliche
amerikanische
Debatte über zentrale Wirtschaftsfragen in Gang gesetzt - darüber, was
eine
Wirtschaft ist und was sie nicht ist. Er hatte Berichte in den Medien
als
pädagogisches Mittel organisiert, um der Bevölkerung die wahren
Ursachen der
Depression zu verdeutlichen und sie von den Schuldgefühlen, die die
Oligarchie
in den Menschen auszulösen versuchte, zu befreien. Pecora hatte als
Ankläger
nicht nur die Vollmacht, Zeugen vorzuladen, sondern auch Zugang zu
allen
Bankunterlagen. So stand nicht einfach Aussage gegen Aussage, sondern
Ideen
konnten mit Beweisen untermauert werden.
Dabei war die Debatte selbst gar
nicht das eigentliche
Thema, sondern in erster Linie ging es um die Gesetze, die dadurch
bewirkt
wurden - die rechtliche Hebelwirkung sozusagen. Hierzu produzierte
Pecora 171
Kisten mit Material, und die Zeugenaussagen füllten mehr als 12.000
Druckseiten. Die Anhörungen führten zur Schaffung neuer Institutionen,
in denen
sich die Staatsmacht bzw. die amerikanische Verfassungsordnung gegen
die Wall
Street behauptete. Diese neuen Institutionen entstanden nicht um
Einzelfragen
herum, sie bildeten ein kohärentes Gesamtkonzept zur Steuerung des
politischen
Umfeldes.
Die Bankster hatten vorerst den
kürzeren gezogen, und der
amerikanische Kongreß verabschiedete aufgrund der Enthüllungen folgende
Gesetze: 1933 das Wertpapiergesetz, 1934 das Börsengesetz, 1935 die
Gründung
der Börsenaufsicht, die die neuen Gesetze durchsetzen sollte; das
Banken-Notgesetz
im Zusammenhang mit den berühmten Bankfeiertagen; die Home Owners Loan
Corp.
(HOLC), den Vorläufer von LaRouches viel breiter angelegtem Gesetz zum
Schutz
der Eigenheimbesitzer und Banken; Ende Juni 1933 das
Glass-Steagall-Gesetz, das
die Geschäfte registrierter Handelsbanken von denen reiner
Investmentbanken
sowie Banken von Versicherungen trennte, und das Wheeler-Rayburn-Gesetz
über
Öffentliche Versorgungsunternehmen.
Nachdem Pecora seine Untersuchungen
am 2. Juli 1934
abgeschlossen hatte, ernannte Roosevelt ihn zum Kommissar der neu
gebildeten
US-Wertpapier-
und Börsenaufsichtsbehörde.
Und 1939 schrieb Pecora sein berühmtes Buch über seine Ermittlungen im
Auftrag
des Staates: Wall Street under Oath (Wall Street unter Eid)
dessen
Untertitel häufig weggelassen wird: „Die Geschichte unserer modernen
Geldwechsler“.
Ich möchte zwei Zitate aus Pecoras
Buch anführen. Das erste
ist ein Zitat von ihm aus dem Vorwort:
„Unter der Oberfläche staatlicher
Regulierung des
Wertpapiermarkts liefern die gleichen Kräfte, die die zügellosen
spekulativen
Exzesse des ,wilden Haussemarkts’ von 1929 erzeugten, noch immer Belege
ihrer
Existenz und ihres Einflusses. Im Augenblick zwar unterdrückt, besteht
jedoch
kein Zweifel, daß sie bei günstiger Gelegenheit ihre verderblichen
Aktivitäten
wieder aufnehmen werden.“
Das zweite Zitat ist aus dem Buch Wall
Street unter Eid
selbst:
„Wäre alles gänzlich aufgedeckt
worden, was zur Erreichung
dieser Pläne unternommen wurde, hätten sie dem grellen Licht der
Öffentlichkeit
und Kritik nicht lange standgehalten. Rechtliche Schikanen und
finsteres Dunkel
waren die treuesten Verbündeten der Banker.“
Die Fackel wieder aufnehmen
Pecora sagt uns damit, daß damals
noch viel zu tun übrig
blieb, und heute liegt es an uns, die Fackel wieder aufzunehmen.
Tatsächlich
sind seither alle Ordnungsvorschriften von damals völlig verwässert
worden oder
verschwanden ganz in der liberalen und kriminellen Atmosphäre der
„Neuen
Ökonomie“ - der Abkopplung des Dollars vom Gold am 15. August 1971, der
großen
Londoner Deregulierung vom 27. Oktober 1986 unter Thatcher, dem
Greenspanschen
„Überschwang“ von 1987 und dem „Washingtoner Konsens“ der neunziger
Jahre. Wenn
man sich diese Geschichtsperiode betrachtet, läßt sich leicht
nachweisen, daß
die Londoner City das Sprungbrett des Gangstertums an der Wall Street
war. Man
sieht es an Joseph Casano, dem Londoner Repräsentanten der
Versicherungsgesellschaft AIG, der dem Beispiel Michael Milkens folgend
die
„Forderungsbesicherten Wertpapiere“
(CDOs) erfand. So werden Kredite in Vermögenswerte verwandelt, mit
denen man
Geld macht, dann kommen mehr Kredite, mehr Werte usw. bis die Lawine
ins Rollen
kam, die jetzt die gesamte Wirtschaft und die Menschheit unter sich zu
begraben
droht.
Deswegen ist es so dringend, jetzt
sofort eine neue
Pecora-Kommission einzusetzen. Lyndon LaRouche hat es zuerst gefordert,
und wir
von seiner Bewegung haben die Forderung in unsere jeweiligen Länder
weitergetragen. In Frankreich haben inzwischen mehr als 1500 Personen,
davon 50
Bürgermeister, diesen Aufruf unterschrieben. Hundert Experten, darunter
Ron
Chernow, fordern eine solche Kommission. Bernie Sanders, der
unabhängige
Senator aus Vermont, tat es im Magazin The Nation:
„Stellt die Wall
Street unter Eid“, schrieb er dort. Der republikanische Senator Richard
Shelby
aus Alabama ruft dazu auf, und auch Stephen Lewis, der am 9. Januar
2009 unter
der Überschrift „Untersuchungen über die Finanzkrise und meine Vorliebe
für
Borsalino-Hüte“ über seine persönliche Begegnung mit Richter Pecora
berichtete.
Ein Problem ist, daß die
neue Pecora-Kommission, außer für
uns und wenige andere, zu einer isolierten Einzelfrage werden könnte,
was sie
für Pecora selbst und Präsident Franklin Roosevelt sicherlich nicht
war. Es
gibt ja bereits einige Kommissionen, die den Bankern Fragen stellen,
allerdings
so idiotische Fragen wie: „Was haben Sie mit dem Geld gemacht?“ Stellen
Sie
einem Banker niemals eine solche Frage, er wird Sie nie wieder ernst
nehmen.
So fanden vor Chris Dodds
Senatsausschuß für Bank-,
Wohnungs- und Stadtangelegenheiten mit Unterstützung des Abgeordneten
Barney
Frank Anhörungen statt, wie „die Finanzmärkte besser überwacht“ werden
könnten.
Nichts kam dabei heraus. Die Voraussetzungen waren falsch, deshalb
waren es
anders als bei Pecora nur technische und keine politischen Anhörungen.
Barney
Frank - die Frage bleibt, ob er einfach nur dumm oder ein Finanzhai
oder beides
ist - sabotierte die Bemühungen, die völlig unregulierten Märkte für
Finanzderivate von über 1,4 Billarden $ einzuschränken. Er verhinderte
sogar
ein Gesetz, das Leerverkäufe - also Spekulation mit etwas, was man gar
nicht
besitzt - verboten hätte.
Die Aufsichtsbehörde für
Warentermingeschäfte machte noch
den zaghaften Vorschlag, wenigstens die berüchtigten Kreditausfallswaps
(CDS)
zu verbieten, womit man auf die Zahlungsunfähigkeit seines Nachbarn
wettet.
Selbst das wurde abgelehnt! Ganz zurückhaltend setzte die
Aufsichtsbehörde
hinzu: „Nur unter bestimmten Umständen und mit Zustimmung des
Präsidenten.“
Trotzdem war Frank dagegen. „Die Wall Street läuft Sturm gegen diesen
Vorschlag. [Die Parlamentspräsidentin] Nancy Pelosi und ich
unterstützen die
Wall Street.“ Und so kam es dann auch.
Lyndon LaRouche sagte dazu: „Wir
befinden uns inmitten der
schlimmsten Finanz- und Wirtschaftskrise der amerikanischen Geschichte.
Es gab
nichts vergleichbares seit dem Zusammenbruch des Hauses Bardi im 14.
Jahrhundert, wodurch in Europa das neue dunkle Zeitalter eingeläutet
wurde.
Damals wurde infolge des Kollapses des Lombard-Banksystems ein Drittel
der
europäischen Bevölkerung ausgelöscht. Und Barney Frank verhält sich wie
eine Figur
aus Boccaccios Decamerone, die in völliger
Realitätsverleugnung
herumspringt, während um sie herum sich die ganze Zivilisation auflöst.
Das ist
arglistig, bösartig.“
In Frankreich haben die
Nationalversammlung und der Senat
die Banken höflich gebeten, sich zu äußern - die Abgeordneten und
Senatoren
hatten keinerlei Vollmacht für Vorladungen oder Dokumenteneinsicht. Das
ist,
als wenn sich Pecora vor seinen Anhörungen beide Hände und Füße
abgehackt
hätte.
Die Bankiers sagten, der Staat habe
ihnen Geld gegeben und
sie hätten es annehmen müssen. Aber die Lage sei so gut, daß die das
genausogut
hätten ablehnen können. Mit anderen Worten, sie stecken das Geld ein,
ohne auch
nur danke zu sagen. Etienne Pflimlin, Präsident von Crédit Mutuel und
Mitglied
einer Familie, die in Frankreich Geschichte geschrieben hat, erklärte:
„Wenn
gesagt wird, der Staat teilt Geschenke an die Banken aus, hat das
verheerende
Folgen, wenn ein Kunde einen Kredit verlangt und wir ablehnen müssen.
Es gibt
in Frankreich keine ,Kreditverknappung’, nur unzuverlässige Kunden.“ Es
wurde
darüber viel gelacht, und es heißt, die Lügen-Nase der Bankiers hätte
von der
Nationalversammlung die Seine überquert und bis zur Madeleine-Kirche
gereicht.
All das ist völlig lächerlich und hat
nichts mit Pecoras
Ermittlungen gemeinsam, außer vielleicht das Wort „Kommission“ oder
„Ausschuß“.
In meinem eigenen Aufruf habe ich
eine umfassende
Untersuchung gefordert, nicht nur darüber, was die Banken mit den
staatlichen
Geldern getan haben, sondern über alle Finanzpraktiken der letzten 40
Jahre -
wie bei Pecora. Statt einer Untersuchung zu einer Einzelfrage brauchen
wir
Ermittlungen, wo „finanzielle Zeit“ in einem politischen Kontext durch
„wirtschaftliche Zeit“ ersetzt wird. Ich fordere die Befugnis zur
Zwangsvorladung,
Akteneinsicht bei den Banken, Hinzuziehung von Rechtsberatern und
vorübergehenden Verstaatlichung von Banken. Und ich habe hinzugesetzt,
daß ich
selbst gern bei den Ausschußsitzungen anwesend wäre, um Fragen zu
stellen -
oder anderen dabei zu helfen, Fragen zu stellen.
Ich höre schon die Reaktionen: „Oh,
mein Herr, was verlangen
Sie da? Das ist unmöglich! Das ist gegen die Spielregeln! Nein!“
Dazu sei gesagt, daß Lyndon LaRouche,
Helga Zepp-LaRouche
und durchaus auch ich selbst eine gewisse Spezialität haben: zu
fordern, was
unmöglich scheint, aber im weiteren Verlauf der Krise unabdingbar wird.
Wenn
wir uns nicht die Vergangenheit anschauen, können wir die Zukunft nicht
meistern.
Ich möchte Ihnen kurz einige der
Fragen nennen, die ich den
Bankern gern stellen würde (ich kann mich da nicht zurückhalten):
„Warum steigt Ihr operativer Gewinn
und trotzdem vergeben
Sie immer weniger Kredite?“
„Warum gewähren Sie dem Mittelstand
nicht die Kredite, die
dieser verlangt? Entweder sind Ihre Banken in viel schlechterem
Zustand, als
Sie behaupten, oder Sie versuchen Profit aus der Krise zu schlagen -
oder
beides. Könnten Sie das bitte erklären?“
An die Herren Bébéar und Pébereau
[von der PNB Paribas]:
„Warum haben Sie noch vor einigen Monaten behauptet, die Komplexität
des
Finanzsystems sei ein absoluter Schutz für die Anleger und die
Wirtschaft? Und
jetzt geben Sie dieser Komplexität die Schuld, nicht sich selbst? Viele
von
Ihnen schieben wie der französische Ministerpräsident die Verantwortung
auf die
Steueroasen. Warum aber eröffnen Sie dann immer weitere Zweigstellen in
diesen
Steueroasen - auf Jersey, den Bahamas, den Jungferninseln, den
Kaiman-Inseln?
Können Sie mir das genauer erklären, Herr Pébereau?“
„Warum haben Sie, Herr Ackermann,
schon 2003 eine ,Bad Bank’
gefordert, die den Giftmüll der Deutschen Bank aufnehmen könnte,
während Sie
gleichzeitig behaupteten, als sei in bester Ordnung?“
„Warum haben Sie, der Herr von der
Société Générale, 2005
Ihre Schweizer Tochter angewiesen, alle Madoff-Investitionen zu
verkaufen, ohne
das gleiche auch Ihren Kunden zu raten? Können Sie das erklären?“
„Warum liegen die Zinssätze für
Schatzanleihen soweit
auseinander? Für zehnjährige Schatzanleihen werden in Griechenland
5,8%, in
Italien 4,6%, in Irland 5,5%, in Deutschland 3,2% und in Frankreich
3,6%
geboten. In der Eurozone gibt es eine Solidaritätsvorschrift, und
deshalb
sollten die Zinssätze einheitlich sein. Meine Herren Banker, setzen Sie
auf
einen Euro-Kollaps, während Sie gleichzeitig in der Öffentlichkeit
sagen, das
sei eine Katastrophe, die nie eintreten werde?“
Und eine letzte Frage:
„Der Direktor des UN-Büros für
Drogen- und
Verbrechensbekämpfung, Antonio Maria Costa, hat kürzlich in dem
österreichischen Nachrichtenmagazin Profil vom
27.1.2009 erklärt: ,Vielfach
ist Drogengeld derzeit das einzige verfügbare liquide
Investmentkapital, um zum
Beispiel Immobilien zu kaufen. In der zweiten Hälfte des Jahres 2008
wiederum
war Liquidität das größte Problem des Bankensystems, und damit wurde
flüssiges
Kapital zu einem wichtigen Faktor.’ Herr [EZB-Chef] Jean-Claude
Trichet, warum
haben Sie dann Milliarden Euros genommen, um die Banco Santander und
andere
Banken mit Liquidität zu versorgen, die mit Geldern gewisser Herkunft
aus
Mittel- und Südamerika den Immobilienboom in Spanien schürten? Lassen
Sie uns
bitte einen Blick in Ihre Bücher werfen. Lassen Sie uns ihre Konten
prüfen.“
Es ist nicht zu erwarten, daß Barney
Frank in den USA, Herr
Arthuis oder Herr Migaud in Frankreich oder vergleichbare Leute in
Deutschland
solche Fragen stellen. Sie sind alle viel zu höflich. Zu höflich, als
daß man
ihnen vertrauen könnte!
Momentan wird das also noch nicht
passieren. Warum?
Politische Feigheit!
Attacken auf Roosevelt
Schauen
wir aber wieder zurück auf die Lage in den Vereinigten
Staaten 1933-34. Noch vor seiner Amtseinführung wurde im Februar 1933
auf den
neugewählten Präsidenten Franklin Roosevelt ein Mordanschlag verübt.
Dabei
wurde der neben ihm stehende Bürgermeister von Chikago getötet. In den
französischen Geschichtsbüchern - und wahrscheinlich auch in denen
anderer
europäischer Länder - wird das praktisch nie erwähnt.
Im April-Juni 1934 war klar, daß die
Wall Street vor der
Pecora-Kommission eine Niederlage erlitten hatte bzw. die Bedingungen
für die
Niederlage reif waren. Was geschah nun? Es begannen Vorbereitungen für
einen
faschistischen Staatsstreich in den Vereinigten Staaten! Nicht nur, daß
George
W. Bushs Großvater, Prescott Bush, zusammen mit einigen Bankern Hitlers
Aufstieg zur Macht finanziert hatte, jetzt sollte sogar ein
faschistischer Coup
in den USA selbst veranstaltet werden.
Ende November 2008 erschien im
Magazin Time ein
Angriff auf Obama, mit Obama in der Pose Roosevelts als Titelbild.
Obama wird
darin praktisch mit Roosevelt gleichgestellt, und der Artikel springt
mit Obama
nicht gerade zimperlich um, noch garniert mit einigen widerlichen
rassistischen
Anspielungen.
Wenn also heute Roosevelt mit Obama
verglichen wird und
damals ein faschistischer Coup gegen Roosevelt geplant wurde, ist das
eine
deutliche Warnung an Obama. Soros und seine Leute wollen ihm mitteilen:
„Benimm
dich! Tue, wofür du bezahlst wurdest. Höre nicht auf LaRouche, der
heute
Roosevelt verkörpert!“
Time machte damals
Werbung für Benito Mussolini. Auch
Life, das Magazin von Henry und Claire Booth Luce,
der Synarchie in den
Vereinigten Staaten, warb im Juli 1934 für Mussolini.
Wenn man sich so beim Denken von der
Vergangenheit anregen
läßt, sieht man viel klarer, was die heutige Lage der Vereinigten
Staaten ist.
Es droht die gleiche Art von Gefahr wie 1933-34 - in anderer Form, mit
anderen
Leuten, die die Fäden ziehen, aber mit der gleichen Absicht und gegen
die gleichen
Personengruppen gerichtet.
Was stand hinter der Kampagne gegen
Roosevelt und Pecora und
dem Liebäugeln mit Mussolini in den dreißiger Jahren? Die Wall Street
und die
Londoner City wollten Roosevelt mit einem Putsch los werden. Man wollte
ihn
vielleicht nicht umbringen, aber soweit schwächen, daß er mehr wie ein
französischer Präsident jener Tage wäre, ein Marionettenpräsident. Ein
Oligarch
dieser Zeit drückte sich so aus: Roosevelt sollte genauso behandelt
werden, wie
Mussolini den italienischen König behandelt hatte.
Ihr wichtigstes Werkzeug war die
American Legion, die wegen
ihres so britischen und patrizischen Auftretens auch „The Royals“
genannt
wurde. 1921 hatte der Präsident der Legion, Alwin Owsley, gesagt: „Wenn
nötig,
ist die American Legion bereit, die Institutionen dieses Landes und
seine
Ideale zu schützen, so wie es die Faschisten gegen die zerstörerischen
Kräfte
taten, die Italien bedrohten. Vergeßt nicht, daß die Faschisten für das
heutige
Italien das sind, was American Legion für die Vereinigten Staaten ist.“
Aus dem Umkreis der American Legion -
aber nicht nur der
American Legion - kamen 1931, 1932, 1934 zahlreiche Äußerungen
zugunsten von
Mussolini und gegen Roosevelt, wobei auch der Ku Klux Klan eine
wichtige Rolle
spielte.
Zweitens entstanden im Zusammenwirken
mit der American
Legion zahlreiche paramilitärische faschistische Gruppen in den
Vereinigten Staaten,
zum Beispiel die Silver Shirts (Silberhemden), die Crusaders
(Kreuzfahrer) und
die Sentinels of the Republic (Wächter der Republik). Und in
Kalifornien
gründete der Schauspieler Victor McLaughlin die California Light
Brigades
(Leichte Brigade Kaliforniens). All das war an sich nicht besonders
wichtig; es
war die Begleitmusik, um Stimmung für eine faschistoide Regierung in
den
Vereinigten Staaten zu machen.
Vor allem wollte man sich die
Unzufriedenheit der
Kriegsveteranen zunutze machen. In Europa ist nicht bekannt, daß sich
bereits
im Juli 1932, also noch vor den Wahlen von 1932, ein Heer von Veteranen
(die
„Bonus-Armee“), die Zahlungen der Regierung einforderten, am Ufer des
Anacostia
in Washington niedergelassen hatte. Dem Chef der Truppe, Generalmajor
Smedley
Darlington Butler, der ein wirklicher, wenn auch etwas fehlgeleiteter
amerikanischer Patriot war, gelang es, die Lage wieder zu beruhigen.
Der Plan der Morgans und Lehmans
zusammen mit britischen und
italienischen Faschisten hatte darin bestanden, Butler nach seiner
Aktion mit
der Bonus-Armee in einen neuen Feldzug von Veteranen gegen Roosevelt
einzuspannen. Der wichtigste Drahtzieher vor Ort war dabei ein gewisser
Gerald
MacGuire, der mit Oberst Grayson Mallet-Prevost Murphy
zusammenarbeitete.
Dieser Mallet stand als einer der Direktoren des Morgan Guaranty Trust
den
Morgans sehr nahe. Er trug gewöhnlich einen faschistischen Orden, der
ihm von
Mussolini verliehen worden war. MacGuire bezog Gelder aus
verschiedensten
Quellen, den Lehmans, den Morgans und von der Familie Singer. Ein
gewisser
Clark versuchte Butler mit Geld zu kaufen, das er von der Familie des
Singer-Nähmaschinen-Konzerns erhalten hatte, doch der Versuch
scheiterte. Auch
wurde versucht, Frank N. Belgrano jr., den neuen Präsidenten der
Legion, der im
Herbst 1933 gewählt wurde, auf Morgans Seite zu bringen. Belgrano wurde
dann
Vizepräsident der Bank of Italy/Bank of America, die Mussolinis Konten
in den
Vereinigten Staaten verwaltete.
In dieser Zeit hatte Roosevelt als
erster westlicher
Staatschef am 6. November 1933 offiziell die Sowjetunion anerkannt. Die
Banker
sprangen ihm sofort an die Gurgel und stöhnten, das sei ein „zweites
Rapallo
mit den Sowjets“. Und mehr als alle anderen fürchteten die Briten,
Roosevelt
werde ihren Plan, Hitler und Stalin gegeneinander auszuspielen,
zunichte
machen. Thomas Lamont hielt damals eine unglaubliche Rede vor den
Foreign
Policy Association, in der er Mussolini und seine Methoden in höchsten
Tönen
lobte: Der Faschismus sei in sozial- und wirtschaftspolitischer
Hinsicht das
beste aller Gesellschaftssysteme.
MacGuire reiste im Dezember 1933 nach
Europa und kam
anschließend zu dem Schluß, daß die harten Formen des Faschismus für
die
Vereinigten Staaten nicht geeignet seien, und setzte sich für ein
anderes
Modell, das französische Modell, ein. Das Croix de Feu,
die
faschistische Bewegung von Kriegsveteranen in Frankreich, die später
zur Parti
Social Français wurde, hatte gegen Roosevelts Freund und Verbündeten in
Frankreich, Léon Blum, Front gemacht und ihn isoliert. MacGuire verwies
auch
auf die paramilitärische Organisation Cagoule, die in der Zeit nach der
französischen Volksfrontregierung [1937-38] einen faschistischen Putsch
plante.
Aber Roosevelt baute, mit dem Impuls
der Pecora-Kommission,
seine Basis auf. Er stoppte die Zwangsvollstreckungen von Eigenheimen
und
organisierte den Paritätspreis für die Landwirtschaft, das
Wagner-Gesetz für
die Arbeiter, die Tennessee Valley Authority, die Reconstruction
Finance
Corporation und die Works Progress Administration [Infrastrukturbau und
Arbeitsbeschaffung].
Der Putsch scheiterte, weil Roosevelt
durch seinen Kampf die
Unterstützung der Bevölkerung gewonnen hatte. Und das ist der Grund
dafür, daß
die Leute, die Roosevelt heute angreifen, ihn so hassen. Denn er
gewann. Trotz
der Tatsache, daß die mächtige Familie du Pont sich dem Lager der
Putschisten
angeschlossen hatte und sogar durch die von ihr kontrollierte Firma
Remington
die Versorgung mit Waffen vorbereitete. Und schließlich auch, weil
Butler erkannte,
daß man ihn manipulierte, und die Putschpläne verriet, weil er ein
Patriot war.
Die gesamte Presse machte sich über Butler lustig, von der New York Times bis zu den Magazinen!
Morgan selbst erklärte: „Das
ist zu lächerlich, um es zu kommentieren. So etwas gibt es in den
Vereinigten
Staaten nicht.“
Aber dann wurde die
„Putsch-Hypothese“, wie man sie
seinerzeit nannte, von dem Sonderausschuß des Repräsentantenhauses zur
Untersuchung von Nazi-Verbrechen in den Vereinigten Staaten überprüft.
Und das
war wie eine Fortsetzung der Aufdeckungen der Pecora-Kommission. Man
sollte das
als eine Einheit betrachten.
Ich bin hier durch all das
durchgegangen, um zu zeigen, daß
das, was Pecora organisierte, nicht bloß etwas Technisches war, das
Werk eines
guten Experten und mutigen Mannes. Es war ein politischer Kampf, mit
allen
politischen Konsequenzen: Der Anti-Nazi-Ausschuß veröffentlichte am 15.
Februar
1935 einen Bericht, in dem es heißt: „In den wenigen Wochen der
Existenz
unseres Ausschusses haben wir Beweise dafür erhalten, daß einige
Personen
versucht haben, eine faschistische Organisation in unserem Lande
aufzubauen. Es
besteht kein Zweifel, daß über diese Versuche verhandelt wurde, daß sie
geplant
wurden und auch durchgeführt worden wären, wenn und sobald ihre
finanziellen
Unterstützer dies für nützlich gehalten hätten.“
Roosevelts New Deal war daher die
Politik, um dem
faschistischen Dilemma, dem faschistischen Putsch zu entkommen. Sie
beruhte auf
dem Gemeinwohl und der Tradition des Amerikanischen Systems der
physischen
Ökonomie. Es war weder liberaler Monetarismus noch dirigistischer
Monetarismus,
es war das System von Friedrich List und Hamilton - und Lyndon LaRouche
hat uns
von der Verbindung zwischen Franklin Delano Roosevelt und [dessen
Vorfahr]
Isaac Roosevelt, einem Freund der Hamiltons, berichtet. Es war das
System von
List, Hamilton, den Careys und solchen europäischen Ökonomen wie Paul
Cauwès in
Frankreich, nur in fortgeschrittenerer Form, und Bismarcks Beratern in
Deutschland.
Roosevelts Idee eines „globalen New
Deal“ für die ganze
Welt, von dem er 1944 sprach, ist heute ein Bezugspunkt für den Verrat
Harry
Trumans und der Leute, die sich während des Krieges hinter Roosevelt
versteckten und mit Truman nach dem Krieg wieder auf die Bühne kamen.
Keynes ist keine Lösung
Nun
der letzte Punkt, und das ist meiner Meinung nach der
wichtigste. Wir erleben heute mit der Politik, die von England, den
Vereinigten
Staaten und Europa verfolgt wird, ein Wiederaufkommen von
Bankholding-Gesellschaften, ähnlich jenen, die es in der Mussolini-Zeit
in
Italien gab. Und wir müssen uns daran erinnern, daß Hitler und
Mussolini sowie
Pétain in Frankreich, von internationalen Bank- und Finanzholdings,
insbesondere der Londoner City und ihren Verbündeten an der Wall
Street, an die
Macht gebracht wurden, um Europa zu „teilen und beherrschen“ und um
letztlich
Rußland und vor allem die Vereinigten Staaten zu vernichten. Das war
ihr Plan -
und es ist jetzt immer noch ihr Plan.
Wenn wir heute eine neue
Pecora-Kommission fordern, geht es
also nicht um eine solche Kommission an sich als Einzelfrage. Sie ist
eine
Waffe, um die Bevölkerung unter den gegenwärtigen Bedingungen der
Zerstörung
der Arbeitskraft und Auflösung der produktiven Volkswirtschaften gegen
die
Rückkehr des Finanzfaschismus zu mobilisieren. Es geht darum, daß das
produktive Potential der Arbeitskraft zerstört wird, während die
relative
potentielle Bevölkerungsdichte derzeit bereits unter der realen
Bevölkerungsdichte liegt. Das Potential, eine Bevölkerung zu ernähren
und zu
entwickeln, ist also geringer, als notwendig ist, um die gegenwärtige
Bevölkerung zu erhalten!
Und es sind genau die
Finanzinteressen, die nach dem Zweiten
Weltkrieg und nach Roosevelts Tod wiederbelebt wurden, die zum jetzigen
Zeitpunkt einen Kurswechsel verhindern. Pecora ist ein Vorbild, denn er
hat
sozusagen, wie eine Figur des Rabelais, den Bankiers in ihren feinen
Garten
gepinkelt. Er lokalisierte seine Identität bewußt außerhalb des
Systems. Und
aus diesem Grund war er ein Vorbild für sein ganzes Volk, einer von
wenigen,
die mit ihrem starken Willen allen übrigen in einer freudigen,
humorvollen
Weise Orientierung und Führung gaben. Er forderte, unter und mit
Roosevelt, die
kulturelle Unmoral einer zerfallenden Gesellschaft heraus.
Die Wirkung einer Intervention
solcher Art ist, daß die
Menschen ihr menschliches Potential entdecken oder wiederentdecken. Und
das ist
der Schlüssel zu Pecora und die Wiederbelebung Pecoras heute.
Lyndon LaRouche hat in seinem
jüngsten Papier aufgezeigt,
daß wir, um unsere Aufgabe erfolgreich zu bewältigen, die Relativität
der
physischen Raum-Zeit im Gegensatz zur linearen Zeit der Uhren verstehen
müssen
- jene physische Raum-Zeit, die eine Zeit der Schöpfung ist.
Betrachten wir nun noch etwas [Bild
von J.M. Keynes als Supermann].
Im Gegensatz zu dem, was manche Leute glauben mögen, steht das S hier
nicht für
Supermann. Es steht für Sex und Statistik. (Heiterkeit.)
Denn Keynes selbst schrieb von den
Orchideen-Inseln, als er
mit Duncan Grant in die „Flitterwochen“ reiste, wie er es selbst nannte
- und
Duncan Grant war der spätere Ehemann von Vanessa Bell, der Schwester
Virginia
Woolfes - ich verliere da den Überblick! - einem Brief an seinen
früheren
Liebhaber Lytton Strachey, der zeitweilig auch Liebhaber Virginia
Woolfes und
Duncan Grants war.
Das ist wie in den Londoner
Konglomeraten. Eine Gruppe von
Leuten ist zusammen - diese hier nannte man das Bloomsbury-Set - und
verfolgt
zwar verschiedene Interessen, hält aber trotzdem zusammen, um andere zu
beherrschen und einzudämmen.
Erinnern Sie sich daran, daß LaRouche
gestern die Tatsache
erwähnte, daß Keynes selbst 1937, im Vorwort zur deutschen Ausgabe
seiner Theorie der Beschäftigung, der Zinsen
und
des Geldes, schrieb, Staaten wie Deutschland - damals
Nazideutschland - seien
am besten dazu geeignet, seine Ideen anzuwenden. Jean de l’Argenté
schrieb
1942, als Keynes’ Theorie auch in französischer Sprache erschien: „Was
die
Geldpolitik angeht, die in Deutschland seit 1933 von Dr. Schacht
verfolgt wird,
so ist es schwer, ohne Keynes ihre Natur und ihre Resultate zu
verstehen.“
Keynes war ein Bewunderer der
Piraten, und er glaubte, daß
England zum Teil von Sir Francis Drake geschaffen wurde.
Zuletzt möchte ich Ihnen ein Foto der
beiden Männer zeigen,
die in der Tradition Pecoras einen Teil des Potentials verwirklichten,
das
Pecora geschaffen hatte - de Gaulle und Roosevelt, jeder auf seine
Weise. Man
nannte sie die „feindlichen Verbündeten“ oder auch die „verbündeten
Feinde“.
Tatsächlich wurden beide von Churchill und schlechten Beratern auf
beiden
Seiten in die Irre geleitet. Aber eigentlich waren sie verbunden durch
ihre
Absichten und in der Arbeit, die sie gemeinsam verrichteten, weil sie
mit Blick
auf die Zukunft regierten.
Und was geschieht, wenn man eine
solche Führung hat? Man
erkennt, daß die Zeit an sich und die Existenz des Raumes an sich
Täuschungen
sind, wie Lyndon LaRouche gesagt hat. Man sieht, wie sich der Raum und
die Zeit
unter den Bedingungen der menschlichen Entwicklung ändern. Zeit und
Raum sind
physikalisch relativistisch! Man sieht, wie sich der Raum ändert. Man
mißt den
Raum nicht in Kilometern oder Meilen, sondern in der geringsten Zeit,
die
zwischen einem Punkt und einem anderen vergeht. Die zurückgelegte
Distanz
verringert sich durch die wissenschaftliche Entdeckung von Prinzipien,
die als
technischer Fortschritt angewendet werden - etwa mit den
TGV-Hochgeschwindigkeitszügen oder den Magnetbahnen. Die Zeit wird auch
gemessen in sozialen, demographischen Begriffen, wobei sich „relativ“
dann auf
die wachsende relative Bevölkerungsdichte bezieht, relativ zur
dynamischen
Weiterentwicklung der Technik.
Man befindet sich dann in einem
wahrhaft menschlichen
Universum. Ferdinand Pecora hat in gewisser Weise die Tore geöffnet.
Unsere
Aufgabe und unsere Beschränkungen, die uns der dramatische Kollaps der
Welt und
der Gesellschaft aufzwingen, führen zu einem höheren Zustand der
Menschheit,
höheren Zuständen des Seins, der gemeinsamen Kraft, der Falle zu
entkommen -
denn das, was uns bedroht, ist eine Falle. Das ist eine Bedingung
dafür, daß
die Menschheit ihr Schicksal meistert.
Ich bin aufgewühlt, aber gleichzeitig
auch, hier unter
Ihnen, voller Hoffnung. Ich denke, wenn wir alle unsere Mission
erfüllen,
werden wir in eine Zeit eintreten, wo die Fähigkeit wächst, intensive
und
leidenschaftliche Gedanken über Mensch und Natur zu vermitteln und
aufzunehmen
- einer Fähigkeit, die in der Zeit aller Zeiten in unserer Seele thront.
Vielen
Dank.
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