Friedrich Schiller Denkmal
Friedrich Schiller




Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

     Konferenz in Paris, Juni 2015   

Wir können die Zeit nicht anhalten

Von Jacques Cheminade

Zum Abschluß des fünften und letzten Konferenzabschnitts zog Jacques Cheminade ein Resumée aus den Vorträgen des Nachmittags.

Bevor Helga (Zepp-LaRouche) diese Konferenz beschließt, möchte ich gerne noch etwas sagen, eine Art Reflexion über dieses Panel.

Zunächst einmal: Um die Menschen zu lähmen und zu manipulieren, verbreitet die Oligarchie die Vorstellung, der Mensch wäre von Natur aus schlecht, ein Raubtier, und schon seine Existenz an sich stehe im Widerspruch zur Natur. Das ist der erste Punkt.

Der zweite ist die Vorstellung, die Zeit wäre eine mit unseren Sinnen erfaßte Realität, und wir könnten die Zeit an einem bestimmten Punkt anhalten, so daß die biologischen Arten für immer gleich bleiben müssen. Wenn neue Gattungen auftauchen, dann fragen wir sie nach ihrem Paß oder schieben sie ab, die alten Gattungen müssen erhalten bleiben.

Und das dritte ist schließlich die Vorstellung, alle Ressourcen wären begrenzt.

Zu alledem möchte ich dies sagen. Betrachten wir uns den Zyklus der Präzession der Erdachse gegenüber der Galaxis. Das ist ein Zyklus von 100.000 Jahren. Wenn Sie das Prähistorische Museum in Tautavel besuchen, was ich jedem nur empfehlen kann, bekommen Sie dort in den Ausstellungsräumen eine Vorstellung, was in den letzten 500.000 Jahren geschehen ist.

Es gab in diesem Teil Europas zu jener Zeit das Wollnashorn, und alles war voller Eis und Schnee. Zu anderen Zeiten gab es Tiger und Krokodile, gigantische Varianten dieser Tierarten. Es passiert also etwas in der Natur: Die Dinge ändern sich, und diese Zyklen der Veränderung von 100.000 Jahren sind sehr wichtig.

Man kann nicht einfach die Zeit anhalten und alles in diesem Moment einfrieren - das ist eine völlig infantile Idee. Und wer infantile Vorstellungen hat, ist manipulierbar, und die Oligarchen können ihn beherrschen.

Bedenken Sie, was Odile Mojon uns gesagt hat: Denken ist wesentlich, und die Menschen müssen darüber nachdenken, was sie zu ihrer Gattung und zu ihrer Umwelt, in der sie leben, beitragen können. Nicht bloß auf der Erde, sondern auch im Sonnensystem und in der Galaxis.

Wenn man - insbesondere, aber nicht nur - das Judentum und Christentum betrachtet, dann ist es offensichtlich: Wenn man so tut, als könne man die Zeit aufhalten, ist das wie eine Sünde, ein Vergehen wider den Geist. Wenn Sie sich die moderne Wissenschaft und insbesondere Einstein betrachten, dann sind Raum und Zeit nichts absolut Gegebenes, sie sind relativ. Die Raumzeit ist relativ. In Bezug auf diese Dinge muß man an Heraklit denken, der das wahrscheinlich als erster nach den indischen Veden gesagt hat: Das einzige, was bleibt, ist die Veränderung.

Tatsächlich ist es diese Auffassung der Menschen - daß wir denken und das Universum verändern und verbessern können -, die uns grundsätzlich von allen Tieren unterscheidet. Und das ist eine sehr positive Aufgabe, nichts Schlechtes, und nur diese Fähigkeit, das Universum zu verändern und zu verwandeln, gibt uns eine Zukunft.

Die Oligarchie verbreitet Kulturpessimismus, die Vorstellung eines Menschen, der notwendigerweise negativ auf die Natur wirkt. Mensch und Natur werden völlig getrennt; die Macht der Natur wird vollkommen unterschätzt - jedenfalls von Grünen. Und diese Trennung dient als Rechtfertigung von Entvölkerung - weil die Ressourcen begrenzt seien; weil man die Uhr der Zeit in einem bestimmten Moment anhalten könne; weil man zugeben müsse, daß „die da oben“ die Mittel und das Recht haben, über uns zu herrschen; deshalb müsse man sich unterwerfen; man müsse zugeben, daß wir für allezeit so bleiben wollen, wie wir jetzt sind.

Und wenn wir uns die Gesellschaften in Europa anschauen, dann ist eines sehr charakteristisch, was ein Ausdruck davon ist - neben dem Verfall der Kultur, über den Helga gleich noch zu uns sprechen wird: das ist die Nichtbeteiligung an Wahlen. Die Menschen greifen nicht mehr als Bürger in die Politik ein. Und das freut die Oligarchie sehr. Sie hofft, daß es 2017 eine Wahl zwischen Nicolas Sarkozy, Le Pen und François Hollande sein wird, also eine Art Einfrieren der Zeit. Und dagegen, diese drei genannten Personen, wollen wir mobilisieren. Das nur als eine kleine Reflexion.

Die eigentliche Herausforderung ist jedoch, daß wir in uns die Stärke finden, ins Unbekannte vorzudringen. Wir brauchen diese Eigenschaft der Astronauten, die notwendigerweise auf Neues stoßen, weil sie Neues erfinden müssen, um zu überleben. Das ist etwas sehr wichtiges an der Raumfahrt, am extraterrestrischen Imperativ: daß er alle zwingt, mehr zu wissen und zu entdecken, mit maximaler Kompetenz in der Physik und in der Kultur und mit maximaler Kompetenz im Handwerklichen. Und da liegt die Zukunft der Menschheit - in neue Welten vorzustoßen, im Interesse aller und im Interesse der gegenseitigen Entwicklung.

So sollte man diese letzte Vortragsrunde betrachten. Unsere Zukunft liegt in diesem Kontext darin, Herr der Prozesse der Galaxis und des Sonnensystems zu werden - von der Erde aus, ohne notwendigerweise in Hollywood-Manier an diese Orte zu reisen, weil man nur sehr schlecht mit der galaktischen Strahlung und der solaren Strahlung fertig wird.

Ich denke, wenn Einstein nicht jeden Tag mehrere Stunden, jedenfalls mindestens eine halbe Stunde seine Geige gespielt hätte, dann wäre er nicht der beste, der wichtigste Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts geworden. Aus dieser Sicht möchte ich nun Helga um ein Schlußwort für uns bitten, daß sie den Bereich der Kultur betritt, was das wesentliche ist, womit wir uns befassen müssen, vom Morgen, wenn wir aufwachen, bis zum Abend, wenn wir zu Bett gehen. [Applaus.]