Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste des Schiller-Instituts, ich
möchte Sie recht herzlich zu dieser Konferenz begrüßen. Es ist offensichtlich
ein seltenes Ereignis, daß eine Konferenz dieser Größe mit internationaler
Beteiligung so kurzfristig einberufen wird; tatsächlich wurde die Konferenz
innerhalb von vier Wochen vorbereitet. Aber der Grund dafür ist, daß die
internationale Lage, insbesondere im Nahen Osten, und die möglichen Gefahren,
die von dieser Region für die übrige Welt ausgehen, es notwendig gemacht
haben, eine solche Notkonferenz zu veranstalten.
Sie alle wissen, daß die Lage in Südwestasien, im Großraum des Nahen
Ostens, derzeit ein einziges großes Pulverfaß darstellt. Sie läßt sich
tatsächlich mit der Lage auf dem Balkan vor dem Ersten Weltkrieg vergleichen.
Man kann leicht erkennen, daß sie schon bei einem einzigen weiteren
Zwischenfall explodieren und daraus ein neuer, dritter Weltkrieg entstehen
kann, und das wäre diesmal aller Wahrscheinlichkeit nach ein thermonuklearer
Krieg. Wir stehen buchstäblich am Abgrund. Käme es dazu, dann würde dieser
Krieg nach allem, was wir wissen, wahrscheinlich mit der Auslöschung der
Menschheit enden, denn selbst wenn nur ein kleiner Teil der verfügbaren
Kernwaffen eingesetzt wird, würde dies zu einem nuklearen Winter führen.
Innerhalb von anderthalb Stunden würde das meiste Leben ausgerottet, und nach
einigen Wochen oder spätestens ein paar Jahren wäre wahrscheinlich niemand
mehr am Leben.
Das ist aber nur eine der existenzbedrohenden Gefahren. Die andere ist, daß
gleichzeitig das transatlantische Finanzsystem kurz vor dem Zusammenbruch und
am Rande einer hyperinflationären Explosion steht. Das Eurosystem ist kurz vor
dem Auseinanderbrechen, und wenn man sich die absolut verheerende Lage in
Griechenland, Italien, Spanien und Portugal betrachtet, dann hat man einen
Vorgeschmack davon, was für eine unkontrollierte soziale Explosion und was für
eine Kollaps sich in ganz Europa ereignen könnten.
Für jeden denkenden Menschen - leider gibt es davon heutzutage nicht viele
- sollte es offensichtlich sein: Wenn der gegenwärtige politische Trend
fortgesetzt wird, dann wird die Menschheit mit voller Fahrt „vor die Wand“
fahren. Die gegenwärtige Politik hat die schärfste zivilisatorische
Existenzkrise in der Geschichte der Menschheit herbeigeführt, und wenn diese
Politik fortgesetzt wird, dann wird sich die Menschheit als nicht
intelligenter erweisen als die Dinosaurier.
Der Zweck dieser Notkonferenz ist es daher, einen vollständigen,
dramatischen Paradigmenwechsel vorzuschlagen, weg vom Paradigma der
geopolitischen Konfrontation und der Konfliktlösung durch Krieg. Das
oligarchische Finanzsystem der Profitmaximierung der Bankster und Spekulanten,
das derzeit buchstäblich das Leben von Milliarden Menschen bedroht, muß durch
ein neues Paradigma ersetzt werden, in dessen Mittelpunkt die „gemeinsamen
Ziele der Menschheit“ stehen und diese Gefahren, die zum Ende der Zivilisation
führen können, überwunden werden.
Dieser Paradigmenwechsel muß genauso grundlegend sein und so grundlegend
die Axiome hinter der Politik ändern wie die axiomatische Veränderung beim
Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit, mit den vielen Durchbrüchen in der
Naturwissenschaft und der klassischen Komposition in der Kunst. Das
Mittelalter, das von Scholastik und Aberglauben geprägt war, wurde durch die
Wissenschaft und Kultur der Neuzeit abgelöst.
Die Gefahr im Nahen Osten
Um nun die Lage im Nahen Osten zu betrachten: Es ist gut, daß der
Waffenstillstand zwischen Israel und Hamas, der vom ägyptischen Präsidenten
Mursi vermittelt und von Hillary Clinton und UN-Chef Ban Ki-moon unterstützt
wurde, zustandekam und nun hoffentlich eine der vielen brennenden Lunten
zumindest bis auf weiteres gelöscht ist. Aber das ändert nichts
Grundsätzliches am Verhältnis zwischen Israel und dem Iran, das ist immer noch
auf Kollisionskurs, und er ändert leider auch nichts am Plan des
„Regimewechsels“ gegen die Regierung Assad in Syrien.
Am 20. November erschien in Ha’aretz ein Artikel des
drusisch-israelischen Dichters Salman Masalha, der meiner Meinung nach richtig
sagt, Israels Angriff auf die Hamas sei Teil eines wohldurchdachten Planes, um
vor einem Angriff auf den Iran dessen „Flügel“ im Gazastreifen und im Libanon,
die im Fall eines israelischen Angriffs und iranischen Gegenschlags aktiviert
würden, zu entfernen. Der Angriff auf den Iran ist immer noch fest eingeplant,
wenn die Dinge so bleiben, wie sie liegen. Man sollte nicht vergessen, daß
Premierminister Benjamin Netanjahu kürzlich eine sehr seltsame Zeichnung einer
Atombombe mit einer roten Linie präsentierte, die angeblich schon in sechs
Monaten überschritten sein werde. Inzwischen sind zwei dieser sechs Monate
vergangen. Netanjahu hat schon im März in einer Rede wörtlich gesagt, das wird
in dem Artikel in Ha’aretz zitiert: „Früher oder später müssen die
Vorposten des Iran in Gaza ausgeschaltet werden.“
Sie werden noch Gelegenheit haben, die Ansicht seiner Exzellenz, des
iranischen Botschafters, zu hören, aber nur um das klarzustellen: Nach unserem
besten Wissen, und das ist auch die Nationale Geheimdiensteinschätzung (NIE)
der Dachorganisation aller amerikanischen Geheimdienste und des deutschen
Bundesnachrichtendienstes, gibt es keinerlei Hinweis darauf, daß der Iran sein
Atomwaffenprogramm wieder aufgenommen hat, seit er es 2003 einstellte. Aber
angesichts der Volatilität der ganzen Lage arbeitet der Iran natürlich sehr
aktiv daran, sich kernwaffenfähig zu machen, um nach einem Angriff - der nach
allgemein übereinstimmender Einschätzung das iranische Atomprogramm nicht
vollständig vernichten würde - sehr schnell in der Lage zu sein, tatsächlich
eine Atombombe zu bauen. Das ist aber etwas ganz anderes als ein schon
laufendes, aktives Kernwaffenprogramm.
Was sonst wäre die Absicht hinter der Tötung des militärischen Führers der
Hamas, Ahmed Jabari, am 14. November? Dies setzte eine Eskalation in Gang, die
die Wut vieler Menschen in der arabischen Welt zum Kochen brachte. Hoffentlich
wird dieser Waffenstillstand das wieder etwas beruhigen. Aber das allein
reicht nicht aus, um die schon brennenden Feuer zu löschen.
Sehen Sie sich an, was die Türkei tut. Sie ist bekanntlich Mitglied der
NATO, und sie hat offiziell darum gebeten, daß Patriot-Raketen und etwa 170
Bundeswehrsoldaten an die türkisch-syrische Grenze entsandt werden. Wozu das?
Deutschland scheint zu kapitulieren, weil enormer Druck ausgeübt wird, daß
Deutschland, das sich weder am Irakkrieg noch am Libyenkrieg beteiligt hat,
sich nun aus Loyalität an allen zukünftigen Missionen der NATO beteiligen
muß.
Bisher kam aber noch gar nichts aus Syrien, wogegen die Patriot-Raketen
wirksam wären. Bisher kamen von dort nur Granaten und Artilleriegeschosse, und
auch dabei ist nicht so klar, von wem sie kamen. Sie könnten auch von den
Rebellen kommen, es könnten Provokationen sein, sie könnten auch von der
syrischen Armee kommen, aber auch hier muß man die Frage stellen: Cui
bono?
NATO-Chef Rasmusssen versichert uns, die Entsendung dieser Patriot-Raketen
diene nur Verteidigungszwecken. Aber was ist mit der Erklärung des britischen
Premierministers Cameron, die britische Regierung werde sich früher oder
später an der Schaffung einer Flugverbotszone über syrischem Territorium
beteiligen? Und was ist mit der Erklärung des Chefs des britischen
Verteidigungsstabes, General Sir David Richards, es sei nur eine Frage der
Zeit, bis britische Streitkräfte in Syrien intervenieren, wenn sich die
sogenannte „humanitäre Lage“ verschlechtere?
Wenn diese Patriot-Raketen einmal stationiert sind, dann zählen keine
Worte, sondern, militärisch ausgedrückt, die Kapazitäten, und wenn diese
Kapazitäten erst einmal dort sind, dann werden sie im Fall einer Eskalation
auch zum Einsatz kommen. Die Patriot-Raketen bilden tatsächlich eine
Kapazität, die zur Durchsetzung einer Flugverbotszone genutzt werden kann, und
das ist für Rußland und China völlig inakzeptabel. Deshalb hat die
russische Regierung sofort nach der Ankündigung der Entsendung der
Patriot-Raketen gewarnt, dies führe zu einer sehr gefährlichen
Destabilisierung einer bereits extrem instabilen Region. Tatsächlich befinden
wir uns dann auf dem Weg in einen thermonuklearen Dritten Weltkrieg.
Und ich weiß nicht, warum diese deutsche Regierung und einige der
Oppositionsparteien bei dieser wahnsinnigen Politik mitmachen, denn sie wird
zur Zerstörung Deutschlands führen. Deutschland ist in diesem Bündnis und
deshalb auch Zielscheibe bei allem, was geschieht.
Und ich möchte wirklich an Sie alle appellieren, uns dabei zu helfen, das
zum Thema zu machen. Denn was diese ganze Angelegenheit so extrem beunruhigend
macht, ist, daß die Zivilisation kurz vor dem Dritten Weltkrieg steht und es
darüber nicht einmal eine Debatte gibt!
Falls Sie sich erinnern: Vor 50 Jahren, während der Kubakrise, gab es eine
intensive Debatte darüber, was die Konsequenzen wären. Präsident Kennedy
warnte damals, die Menschen, die in den ersten Minuten sterben, wären besser
dran als die Menschen, die erst Wochen später sterben. Und es als Anfang der
achtziger Jahre eine Krise um die Mittelstreckenraketen gab, waren
Hunderttausende auf der Straße! Und jetzt sind wir in einer viel schlimmeren
Lage, und weder die Medien noch die Politiker haben irgend etwas dazu zu
sagen! Die breite Bevölkerung weiß nicht einmal, daß wir am Rande der
Vernichtung stehen.
Der Weg in diese Krise
Die Frage ist nun: Wie konnte die Welt an diesen Punkt kommen? Als die
Sowjetunion zwischen 1989 und `91 zerfiel, gab es die historische Chance, eine
Friedensordnung für das 21. Jahrhundert aufzubauen, weil es keinen Feind mehr
gab. Man hätte die Welt vollkommen anders organisieren und eine
Entwicklungsperspektive schaffen können. Leider tauchten damals in den
Vereinigten Staaten in der Regierung von Bush senior die Neokonservativen auf
und beschlossen, zusammen mit den Briten - damals Margaret Thatcher - auf der
Grundlage der „anglo-amerikanischen Sonderbeziehung“ als Empire die ganze Welt
zu beherrschen.
Der erste Schritt dahin war, Rußland in der Jelzin-Ära von einer Supermacht
in ein Dritte-Welt-artiges, rohstoffexportierendes Land zu verwandeln. Das
geschah mit Hilfe der „Schocktherapie“, der Privatisierung, von 1991-94
stürzte das russische Produktionspotential auf nur noch 30% seines früheren
Niveaus ab.
Gleichzeitig begann die Politik der „Regimewechsel“ gegen jedes Land, das
sich dem Empire-Plan nicht unterwarf. Das führte zum Zweiten Golfkrieg, der am
2. August 1990 begann - angeblich mit einem Angriff des Irak auf Kuwait, aber
man muß sich an die verräterische Rolle der amerikanischen Botschafterin in
Bagdad April Gillespie erinnern, die ihn dazu ermutigte und so zu diesem Krieg
beitrug.
Diese Tendenz wurde in den acht Jahren der Regierung Clinton unterbrochen,
unter ihr kam u.a. auch das Oslo-Abkommen zustande. Aber im Hintergrund
setzten die Neocons diese Politik fort. 1996 gab es eine politische Schrift
einer von Richard Perle geleiteten Arbeitsgruppe für Ministerpräsident
Benjamin Netanjahu mit dem Titel „Ein sauberer Bruch“ (Clean Break).
Das war eine vollkommene Zurückweisung des Oslo-Abkommens, welches einen
umfassenden Frieden mit der arabischen Welt vorsah. Statt dessen wurde
vorgeschlagen, daß Israel zusammen mit Jordanien und der Türkei darauf
hinarbeiten sollte, „die Regierungen in den Nachbarstaaten Irak, Syrien, Iran
und Libanon einzudämmen, zu destabilisieren und zurückzuwerfen“.
Ab Februar 1998 drängte die Regierung Blair im Bunde mit Netanjahu bei
Präsident Clinton auf Regimewechsel in Bagdad, weil der Irak angeblich
Massenvernichtungswaffen hätte. Präsident Clinton wies dies zunächst zurück,
aber als ihm dann wegen der Lewinsky-Affäre die Absetzung drohte, stimmte er
im Dezember 1998 der Operation Wüstenfuchs (Desert Fox) zu. Ein Jahr später
hielt dann Tony Blair seine berüchtigte Chicagoer Rede, worin er die
Blair-Doktrin verkündete, die im Grunde besagte, daß es von nun an
gerechtfertigt wäre, überall auf der Welt humanitäre Interventionen
durchzuführen. Das war auch das Jahr, in dem die Globalisierung durch die
Deregulierung der Finanzwelt mit Volldampf vorangetrieben wurde, was Blair
ebenfalls in seiner Rede verlangt hatte. Es kam zur Aufhebung des
Glass-Steagall-Gesetzes, zu vollständig unreguliertem Freihandel und zur
Politik der Ökologie, aber auch zur Euthanasie- und Triagepolitik im
Gesundheitssektor in Großbritannien. All das wurde in Blairs Rede
angekündigt.
Blair rühmte in seiner Rede die lange Geschichte der britischen Beziehungen
zum „Chicago-Land“, und das war vielleicht auch der Grund, warum er jetzt das
ganze Jahr über Präsident Obamas Wahlkampfberater war.
Am 3. Januar 2001 veranstaltete dann mein Ehemann Lyndon LaRouche ein
prophetisches Internetforum: Er sagte, die Regierung Bush junior, die drei
Wochen später ihr Amt antrat, werde mit so großen Problemen im Finanzsektor
konfrontiert sein, daß sie damit nicht fertig würde, und deshalb werde sie
versucht sein, eine Art neuen Reichstagsbrand zu inszenieren. Das war
prophetisch, denn acht Monate später kam der 11. September.
Der Leiter der gemeinsamen Kommission des Senats und des
Repräsentantenhauses, die die Ereignisse des 11. September untersuchte,
Senator Bob Graham, wies darauf hin, daß 28 Seiten ihres Berichtes unter
Geheimhaltung gestellt und niemals veröffentlicht wurden. Präsident Obama
hatte versprochen, sie zu veröffentlichen, sobald er im Amt sein würde [tat es
aber nicht]. Die Familienangehörigen der Opfer des World Trade Center hatten
verlangt, daß er sie offenlegen sollte, weil sie die Rolle Saudi-Arabiens
betreffen.
Wir haben inzwischen umfangreiches Material über die Rolle der British
Aerospace Enterprises (BAE) im sogenannten Al-Yamamah-Geschäft veröffentlicht,
das für die saudische Finanzierung des 11. September relevant ist, und all das
ist wohldokumentiert. Das offizielle Dokument des US-Kongresses wurde ohne die
28 Seiten veröffentlicht, aber Senator Graham gab am 11. September dieses
Jahres der Huffington Post ein Interview, in dem er deren
Veröffentlichung verlangte und über die Rolle Saudi-Arabiens sprach.
Am 20. März 2003 begann dann der Dritte Golfkrieg, er hatte kein UN-Mandat
und wurde von einer „Koalition der Willigen“ durchgeführt. Das ganze stützte
sich auf ein Memorandum des britischen Geheimdienstes MI-5, worin es im
wesentlichen hieß, der Irak besitze Massenvernichtungswaffen, die innerhalb
von 45 Minuten jede Großstadt der Welt treffen könnten, und Saddam Hussein
stehe in Verbindung mit Al-Kaida. Sie alle werden sich noch gut an diese
Uranerz-Geschichte über angebliches kernwaffenfähiges Material aus dem Niger
erinnern. Der damalige US-Außenminister Colin Powell bezog sich auf dieses
Memorandum, um in einer Rede vor den Vereinigten Nationen den Angriff auf den
Irak zu rechtfertigen. Und wie sich herausstellte, beruhte das alles auf Lügen
- und es ist allgemein bekannt, daß Colin Powell später sagte, diese Rede sei
der größte Fehler seines Lebens gewesen.
Im Herbst letzten Jahres folgte dann die sogenannte „humanitäre
Intervention“ in Libyen, und an dem Punkt war die Regierung Obama voll
mobilisiert, um die Regimewechsel fortzusetzen. Sie hätte auch weitergemacht
gegen Syrien und den Iran - aber eigentlich gegen Rußland und China gerichtet
-, wäre da nicht die internationale Mobilisierung gewesen, die Lyndon LaRouche
in Gang setzte und die das Schiller-Institut durchführte, und hätte nicht -
was sehr wichtig war - der Vorsitzende der Vereinten Stabschefs der USA Martin
Dempsey immer wieder interveniert. Als beispielsweise Susan Rice erklärte, es
seien „alle Optionen auf dem Tisch“, intervenierte er und sagte: „Nein, der
Iran hat eine vernünftige Regierung und wir können verhandeln.“ Oder er warnte
vor einer Militärintervention in Syrien.
Der Grund dafür ist sehr einfach: Das amerikanische Militär weiß sehr gut,
was der Ausbruch eine Krieges bedeuten würde. Und Sie können alle selbst die
vernünftigen Erklärungen des US-Militärs mit den kriegerischen Äußerungen der
Regierung vergleichen und beurteilen.
Die USA schaden sich selbst
Bei einer Konferenz des Nationalen Rates für die amerikanisch-arabischen
Beziehungen hat der frühere US-Botschafter Chas Freeman eine vernichtende
Kritik an dieser Politik geübt. Er hat uns diese Rede als Beitrag zu dieser
Konferenz zur Verfügung gestellt, und vielleicht können wir einen kurzen
Ausschnitt daraus verlesen. Er zeigt auf, warum diese Politik, strikt aus
eigener amerikanischer Sicht betrachtet, völlig gescheitert ist: Sie hat dem
Interesse der Vereinigten Staaten nicht gedient, ganz im Gegenteil. Der
Irakkrieg war kein „Spaziergang“, der sich selbst bezahlt macht, wie vorher
behauptet wurde, sondern darin starben 6000 amerikanische Soldaten und mehr
als 100.000 wurden verwundet, von den Irakern ganz zu schweigen; er hat 3,4
Billionen Dollar gekostet; und heute hat der Irak keine pro-amerikanische
Regierung, sondern eine, die eher zum Iran neigt, und es droht ein
schiitisch-sunnitischer Konflikt. Der amerikanische Einfluß in der Region
wurde nicht gestärkt.
Chas Freeman erklärt weiter, der Krieg habe nicht die Macht der Vereinigten
Staaten demonstriert, sondern die Grenzen der Fähigkeit der USA, ihre Ziele
durchzusetzen. Wenn es das Ziel war, die Herrschaft des Rechts in den USA und
die Überlegenheit der amerikanischen Freiheit zu demonstrieren, so habe die
Welt Abu Ghraib und das Verweigern des Schutzes der Genfer Konvention für den
Feind erleben müssen. Dadurch seien die Vereinigten Staaten „moralisch
geschwächt“. In Afghanistan wurden in elf Jahren 2000 amerikanische Soldaten
getötet, 16.000 verwundet, und nun bleibe nur noch ein mehr oder weniger
schändlicher Rückzug, denn die Menschen, die dazu ausgebildet werden, die
Sicherheit des Landes zu übernehmen, wenden sich nun um und töten ihre
Ausbilder.
Der „Arabische Frühling“ sei kein arabischer Frühling, sondern eine
salafistische Erweckung. Im Drohnenkrieg wurden 5000 Menschen ohne Anklage und
ohne Gerichtsverfahren getötet, und trotz des ziemlich barbarischen Mordes [an
Osama Bin-Laden] vor laufenden Kameras sei Al-Kaida nicht am Ende, sondern
vielmehr gestärkt und habe sich nach Pakistan, in den Jemen, nach Nordafrika,
in die Sahelzone und andere Orte in Europa und Asien ausgebreitet. Der Einfluß
der USA sei nicht gestärkt, sondern geschwächt worden, und nun bleibe nur noch
die rohe militärische Macht.
Leider haben sich die Vereinigten Staaten die Blair-Doktrin vollkommen zu
eigen gemacht, sie nennen das „Schutzverantwortung“. Die Regierung Obama hat
einen sogenannten „Greueltaten-Verhinderungsrat“ gegründet, der Listen von
Ländern zusammenstellt, in denen Menschenrechte verletzt werden und für die
eine Intervention geplant wird.
In dieses Bild muß man noch mit hineinnehmen, daß das Raketenabwehrsystem
der NATO und der USA, das derzeit in Osteuropa und in einigen
Mittelmeerländern aufgebaut wird, von Rußland in Verbindung mit der
Osterweiterung als Versuch der Einkreisung betrachtet wird. Der frühere
Generalstabschef, General Makarow, sagte, Rußland könne dieses System nicht
akzeptieren, weil es die russische nukleare Zweitschlagsfähigkeit und damit
das strategische Gleichgewicht zerstört. Und China reagiert in ähnlicher Weise
auf die neuen Bündnisse, die die USA im Pazifik geschlossen haben.
Wenn man nun die unmittelbare Lage in Bezug auf Syrien anschaut: Im Falle
Libyens verhielten sich Rußland und China noch neutral, aber nachdem sie
gesehen haben, daß die „humanitäre“ Intervention in Libyen in Wirklichkeit ein
richtiger Krieg war, der mit der bestialischen Ermordung des damaligen
Präsidenten Gaddafi endete, ohne den Schutz der Genfer Konvention, legen sie
nun im UN-Sicherheitsrat konsequent ihr Veto ein. Wir haben nun den direkten
Zusammenprall der „Putin-Doktrin“ mit der „Blair-Doktrin“. Die Blair-Doktrin
besagt, die nationale Souveränität im Sinne des Westfälischen Friedens sei
beendet und humanitäre Interventionen seien zulässig. Die Putin-Doktrin, die
Putin bewußt allen Regierungen übermittelte, als er in diesem Jahr wieder ins
Präsidentenamt kam, besagt dagegen, daß Rußland die UN-Charta, die allen
Ländern nationale Souveränität garantiert, um jeden Preis verteidigt.
Und der große Zusammenknall könnte kommen, noch während wir hier reden.
Zweitens birgt auch die Lage um den Iran das gleiche Potential, denn es ist
nur zu klar, daß Israel eine solche Aktion nicht wirklich allein durchführen
kann, aufgrund der Entfernungen, dem notwendigen Auftanken der Flugzeuge und
verschiedenen anderen Einschränkungen. Deshalb ist das Ziel, die Vereinigten
Staaten mit hineinzuziehen. Und wenn das geschieht, dann ist das wirklich das
Ende der Zivilisation.
Absturz von Euro und Finanzsystem
Das ganze Problem wird noch dadurch verschlimmert, daß wir gerade den
Kollaps des transatlantischen Finanzsystems miterleben, der das Endresultat
der gleichen imperialen Politik ist, ausgelöst durch die Aufhebung von
Glass-Steagall und die vollständige Deregulierung der Finanzmärkte.
Die Menschen in Griechenland, in Spanien und Portugal und auch in Italien
sind völlig verzweifelt. Es wird hier nicht viel berichtet, aber die
Selbstmordrate in allen diesen Ländern hat sich verdreifacht und vervierfacht,
die Menschen sind völlig verzweifelt, und das gibt uns einen Vorgeschmack
darauf, was auch auf uns zukommen kann.
Das Schiller-Institut und ich persönlich stehen in Kontakt mit vielen
Ökonomen, die Ihnen privat sagen werden, daß die Regierungen in der EU mit
ihrer Austeritätspolitik und den Rettungspaketen vollkommen unverantwortlich
handeln, weil das zu einem plötzlichen Kollaps des Bankensystems mit
unkalkulierbaren sozialen Konsequenten führen wird. Und es ist wirklich
vielsagend, daß sowohl die EU als auch Großbritannien und auch die Regierung
der Schweiz Einsatzpläne für den Fall des Euro-Kollapses und den vollkommenen
Zusammenbruch des internationalen Finanzsystems erstellt haben.
Angesichts dieser beiden tödlichen Gefahren - der Gefahr des
thermonuklearen Krieges und der Gefahr eines Finanzkrachs -, wo uns die Gefahr
der Auslöschung der menschlichen Gattung droht, stellt sich nun die Frage:
Haben wir die Moral und den Intellekt, das Paradigma rechtzeitig zu ändern?
Oder werden wir am Ende nicht intelligenter sein als die Dinosaurier?
Was wir tun müssen, ist, eine völlig neue Perspektive in die internationale
Diskussion und eine Lösung auf der Ebene der Vernunft einzuführen - auf einer
höheren Ebene als alle diese historischen, ethnischen, religiösen Konflikte.
Etwas, was jeder als nützlicher für sich selbst und für die kommenden
Generationen erkennen kann als die derzeitige Jagd nach dem angeblichen
Eigeninteresse.
Wir müssen genau das Gegenteil der Blair-Doktrin tun: Wir müssen das
Prinzip des Westfälischen Friedens wiederherstellen. Dieser Friede kam
schließlich nur deshalb zustande, weil 150 Jahre Religionskrieg, die im
Dreißigjährigen Krieg kulminierten, große Teile Europas so sehr verwüstet
hatten, daß klar war, daß bei einer Fortsetzung des Krieges niemand übrig
bleiben würde, um sich an seinem Ergebnis zu erfreuen. Das war die Lage, in
der die Väter des Westfälischen Friedens sich vier Jahre lang zusammensetzten,
um diesen Vertrag auszuarbeiten, der zur Grundlage für das Völkerrecht und die
Charta der Vereinten Nationen wurde.
Erinnern wir uns an das erste Prinzip des Westfälischen Friedens: Es
besagt, daß um des Friedens willen alle Verbrechen, die von der einen oder der
anderen Partei begangen wurden, vergeben und vergessen werden sollen. Wenn man
das nicht tut, dann wird es niemals Frieden geben.
Karte: EIR

Abb. 1: Vorgeschlagene Eisenbahnstrecken in Südwestasien

Abb. 2: Die großen Wüsten der Welt: Von der Atlantikküste Nordafrikas bis
in den Westen Chinas zieht sich ein 13 Mio. Km
2 großer
Wüstengürtel

Abb. 3: Das Haus der Weisheit in Bagdad

Abb. 4: Harun Al-Raschid beim Polo-Spiel

Abb. 5: Die medizinischen Lehren Ibn Sinas verbreiteten sich über die
gesamte islamische Welt
Karte: EIR

Abb. 6: Schon 1991 schlugen Lyndon LaRouche und Helga Zepp-LaRouche vor,
die Eurasien durch ein Netz von Infrastrukturkorridoren zu erschließen und zu
entwickeln
Karte: EIR

Abb. 7: Aus dem Vorschlag der Eurasischen Landbrücke entwickelte sich das
Konzept der Weltlandbrücke
Bild: NASA

Abb. 8: Der Aralsee 1989 und heute

Abb. 9: Schon Ende der 1940er Jahre entstand der Vorschlag, Wasser aus den
sibirischen Flüssen Irtysch und Ob über den sog. „Sib-Aral-Kanal“ in den Aralsee zu leiten

Abb. 10: Der (auch Karakum-Kanal genannte) Turkmenische Kanal ist mit mehr
als 1300 km Länge einer der größten Bewässerungskanäle der Welt
Karte: USDA

Abb. 11: Das Südost-Anatolien-Projekt sieht den Bau von insgesamt 22
Staudämmen im Südosten der Türkei vor
Bild: GAP

Abb. 12: Teil des Projektes ist der Atatürk-Damm
Karte: Studiengesellschaft Friedensforschung
Abb. 13: Die Friedenspipeline
Karte: EIR

Abb. 14: LaRouches Oasenplan
Das zweite Prinzip ist, daß um des Friedens willen die Politik von nun an
immer auch dem Interesse des anderen dienen muß. Das ist die Grundlage, auf
der ein Frieden gefunden werden kann.
Das dritte steht nicht in dem Dokument als solchem, aber es entwickelte
sich anschließend daraus: Das war die Formulierung der Bedeutung des
souveränen Nationalstaats und der Rolle des Staates dabei, das vom Krieg
Zerstörte wieder aufzubauen, und das auf einer fortgeschritteneren Ebene als
zuvor. Und das führte dann zum Beginn der physischen Ökonomie in Form des
Kameralismus.
Pläne zur wirtschaftlichen Entwicklung
Was wir hier konkret vorschlagen, ist eine wirtschaftliche Entwicklung der
gesamten Region Südwestasien, des ganzen Großraums des Nahen und Mittleren
Ostens (Abb. 1). Und ich möchte, daß Sie sich die gesamte Region vorstellen.
Vielleicht können wir einmal das Bild der Region sehen, mit der Eurasischen
Landbrücke für die Region des Nahen Ostens: Kaukasus, Zentralasien, Iran,
Golfstaaten, die Arabische Halbinsel, Israel, die Palästinensische
Nationalbehörde, Jordanien, Libanon, Syrien, Türkei und Irak. Sehen wir das
als einen einheitlichen, integrierten Raum. Und statt diesen Raum zum
Schlachtfeld der thermonuklearen Zerstörung des Planeten zu machen, sollten
wir ihn lieber zu einer der blühendsten und entwickeltsten Regionen der Erde
machen.
Jetzt bitte das Bild der Wüsten (Abb. 2): Wenn Sie sich das betrachten,
dann sehen Sie ein enormes Wüstengebiet, das an der Atlantikküste Nordafrikas
beginnt und sich dann über die Arabische Halbinsel bis hin nach Westchina
hinzieht, es bedeckt eine Fläche von 13 Mio. km2.
Nun denken Sie an die zerbombten Städte in Gaza, Bagdad, großer Teile
Syriens - wir haben das ja oft genug im Fernsehen gesehen. Da sehen wir eine
Region, die völlig zerstört ist, mit einem Durchschnittseinkommen der meisten
Menschen von 800 $ - nicht im Monat, sondern im Jahr. Und das ist der Grund,
warum es nicht leicht ist, einen Frieden herzustellen, denn wenn solche Armut
herrscht und man sieht, was vor sich geht, dann ist es nicht schwierig, dort
Terroristen zu rekrutieren.
Aber dieses Bild muß nicht die einzige Vision bleiben, denn diese Region
sah nicht immer so aus. Am Ende der letzten Eiszeit war sie größtenteils von
Vegetation bedeckt. Wenn man die letzten 20.000 Jahre seit der letzten Eiszeit
in eine fünfminütige Computeranimation zusammenrafft, dann sieht man, wie sich
die Wüsten ausgebreitet haben. Und die Wüsten breiten sich immer noch aus. Vor
fünf Jahren warnten die Vereinten Nationen, wenn die Expansion der Wüsten
nicht rückgängig gemacht würde, könne dies zur Vertreibung von 50 Millionen
oder noch mehr Menschen führen.
Aber es gab auch eine Periode, in der dieser Teil der Welt fast der
höchstentwickelte war! Das war zur Zeit der Seidenstraße, der Zeit, als es in
dieser Region den größten Austausch von Waren und Kulturen gab, als der
Handel, die Urbanisierung, die Architektur blühte. Bagdad war zur Zeit der
Abbasiden-Dynastie die modernste Stadt der Welt. Es gab dort mehr gebildete
Menschen, mehr Bücher, mehr Bibliotheken als irgendwo sonst (Abb. 3).
Das war zu der Zeit, als der Kalif Harun Al-Raschid Beziehungen zu Karl dem
Großen hatte, und in dieser Zeit sammelten sie alles Wissen aus dem
Mittelmeerraum, aus Ägypten, aus Griechenland, Italien und Spanien. Boten
brachten dieses Wissen zu Kalifen wie Al-Mansur oder Harun Al-Raschid und die
wogen ihnen das, was sie gefunden hatten, in Gold auf. Als Europa nach dem
Ende des Römischen Reichs zerstört war, ging dort ein großer Teil des Wissens
über die hohe Zeit der griechischen Zivilisation und anderer fortgeschrittener
Perioden verloren, und nur durch die Beziehungen zwischen Harun Al-Raschid und
Karl dem Großen konnte Europa seine früheren Wurzeln wiederentdecken!
(Es folgen verschiedene Abbildungen:) Hier sehen Sie das erste
Krankenhaus; dies hier ist eine Wasseruhr, die Harun Al-Raschid überreicht
wurde, das ist ein wunderschönes Geschenk für ihn. Hier sehen wir Harun
Al-Raschid beim Polospiel (Abb. 4). Ich finde das sehr amüsant, denn es zeigt,
daß man damals die Muße für solche Dinge hatte. Dies hier ist das Haus der
Weisheit in Bagdad, hier sehen wir eine Schule mit Schülern.
Dies hier ist Ibn Sina, der nicht aus dem Irak stammt, sondern, soweit ich
weiß, aus einer Region, die heute zum Iran gehört, wo es viele Denker gab:
Al-Farrabi, Al-Kindi und Ibn Sina, der wirklich in der Tradition Platons stand
und Platons Werk fortführte. Ibn Sina war auch ein Meister der Medizin, er
hatte sehr fortschrittliche Kenntnisse über den Körper. Hier ist eine
lateinische Übersetzung seines Werks. Hier sehen Sie, wie sich sein Einfluß
verbreitete. Ibn Sina war so berühmt und in seinen medizinischen Studien so
fortschrittlich, daß sein Wissen erst im 17. Jahrhundert in Europa überholt
wurde.
Nun, es gibt keinen Grund, warum dieses Goldene Zeitalter der Persischen
und Arabischen Renaissance nicht wiederbelebt werden könnte. Es ist ähnlich
wie bei den europäischen Kulturen, die heute von ihren Höhepunkten
abgeschnitten sind: Italien ist nicht mehr auf dem Niveau der italienischen
Renaissance, Deutschland ist nicht auf dem Niveau seiner eigenen klassischen
Periode - aber es gibt keinen Grund, warum nicht nur Europa, sondern auch die
arabische, die persische und islamische Welt nicht auf einem modernen Niveau
wiedergeboren werden könnte, aber mit einer Verbindung zu ihren Wurzeln in
ihrem früheren Goldenen Zeitalter.
Vor allem herrscht ein schrecklicher Mangel an Infrastruktur und an
industrieller Entwicklung. Es gibt dort wegen des großen Wassermangels fast
keine Landwirtschaft. Man kann fünf, sechs, sieben Stunden lang über
Nordafrika und den Nahen Osten fliegen und hinaus sehen und sieht keinen
einzigen grünen Fleck. Ich habe das einmal getan und ich habe gesucht - wo
sind die Oasen? Es gab keine!
Wir müssen deshalb die Region als einen Teil der Weltlandbrücke behandeln.
Das ist ein Konzept, das sich aus einem Vorschlag entwickelte, den Herr
LaRouche und ich als Reaktion auf den Zusammenbruch der Sowjetunion machten
und 1991 vorstellten. Es war die Idee, die Bevölkerung und die
Industriezentren Europas mit denen Asiens durch sogenannte
„Entwicklungskorridore“ zu verbinden. Wir gingen dabei, nachdem wir das
gründlich studiert hatten, von den bestehenden Linien der Transsibirischen
Eisenbahn und der alten Seidenstraße aus, denn das waren einfach aus
geographischen Gründen die optimalen Orte, und wir schlugen eine intensive
Zusammenarbeit aller Länder entlang der Eurasischen Landbrücke vor.
Das war unsere Idee für eine Friedensordnung für das 21. Jahrhundert, und
wir veranstalteten buchstäblich Hunderte von Seminaren und Konferenzen
darüber. Und die Leute sagten: „Ja, das ist vielleicht eine nette Idee, aber
sie ist utopisch. Wer soll denn das bezahlen?“
Doch das wuchs zur Weltlandbrücke (Abb. 7) an: Was sich jetzt entwickelt
und in die Tat umgesetzt wird, und was zu Beginn nur eine Idee war, befindet
sich jetzt in verschiedenen Stufen der Realisierung durch die Regierungen
Chinas, Rußlands und Südkoreas. Die Idee dabei ist, das Entwicklungsprogramm
für den Nahen Osten als Ausweitung der Weltlandbrücke zu betrachten.
Denn was ich hier sage und was Hussein Askary später in seinem Vortrag
weiterentwickeln wird, das wird nur funktionieren, wenn wir die Regierungen
Rußlands, Chinas, Indiens, des Iran sowie einige europäische Nationen und
hoffentlich die Vereinigten Staaten überzeugen, daß sie die Politik der
besonderen anglo-amerikanischen Beziehungen aufgeben und zu John Quincy Adams’
Politik einer Allianz vollkommen souveräner Länder zurückkehren müssen. Dann
kann man das verwirklichen.
Erste Priorität muß ein Krieg gegen die Wüste haben, denn eines der größten
Probleme in diesem Gebiet ist das Fehlen von Frischwasser. Deshalb müssen wir
drei Schlüsselprobleme angehen: die Umleitung der arktischen,
mittelsibirischen Wasserläufe, aber auch Projekte wie das türkische
GAP-Projekt oder die Friedenspipeline der Türkei, die nie verwirklicht wurde.
Der Oasenplan, den LaRouche seit 1974 vorschlägt, sollte darin eingeschlossen
sein. Der Schwerpunkt muß dabei auf Meerwasserentsalzung durch Kernenergie und
auf der Anlage unterirdischer Wasserspeicher liegen.
Die Herangehensweise sollte dem entsprechen, was wir mit der
Nordamerikanischen Wasser- und Stromallianz (NAWAPA) vorgeschlagen haben. Das
ist das bisher größte Infrastrukturprojekt der Menschheit. Die in das
Nordpolarmeer abfließenden Wassermassen sollen über ein System von
Pumpstationen die Rocky Mountains entlang bis nach Mexiko gebracht werden. Das
würde sofort sechs Millionen Arbeitsplätze schaffen. Als Ergebnis unserer
Arbeit beschäftigen sich zur Zeit Kreise im US-Kongreß damit.
Die zugrunde liegende Idee dabei ist ein menschlicher Eingriff zur
Verbesserung der Biosphäre durch die Umleitung fließender Gewässer im großen
Maßstab, was ein Aufblühen der Vegetation verursacht. Diese Vegetation sorgt
dann mithilfe der Photosynthese für das Verdunsten von Wasser, es kommt zu
Wolkenbildung, neuen Regen- und Wettergebieten.
Ich will jetzt einige Schlüsselprojekte umreißen, was ich als Rahmen für
meine späteren Ausführungen brauche und die Hussein später genauer darstellen
wird. Erstens, wir wollen die Entwicklung des Aralseebeckens, weil der Aralsee
auf 10% seiner eigentlichen Größe zusammengeschrumpft ist (Abb. 8). Für alle
Länder Zentralasiens ist das zur Zeit ein akutes Problem. Das war das Resultat
der Erschöpfung der Wasservorräte durch Monokulturen in der sowjetischen Ära,
dadurch kam es zur Verwandlung weiter Gebiete in salziges Ödland. Stürme
tragen das Salz dann nach Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan, was die
Landwirtschaft und die Gesundheit der Menschen schädigt.
Zweitens wollen wir ein großes Projekt zur Umleitung von Flüssen, z.B. die
Umleitung des Wassers der Petschora, die ins Nordpolarmeer (Barentssee)
fließt, über die Kama in die Wolga. Dadurch werden 15 km³ Wasser in das
Kaspische Meer gebracht. Schon während der Breschnew-Ära beschäftigte man sich
mit diesem Projekt. Damals wurden die Kosten auf 4 Mrd.$ geschätzt, was
offensichtlich nicht viel ist. Dieses Projekt wurde während der
Gorbatschow-Ära völlig eingestellt.
Ebenso wollen wir die Umleitung der Flüsse Ob und Irtysch durch einen 2500
km langen Kanal, der durch ein System von sechs Pumpstationen um 300 Meter
angehoben und in den Aralsee geleitet wird (Abb. 9). Zu Beginn werden nur 7%
der Abflußmenge dieser beiden Flüsse 26 km³ Wasser in den Aralsee befördern.
In einer zweiten Phase sollen es durch die Vergrößerung des Kanals 60 km³
sein. Dadurch kann das Wasser dann auch größere Schiffe tragen.
Dann wollen wir auch, dem Turkmenischen Kanal (Abb. 10) folgend, den
Eurasischen Kanal für den Schiffsverkehr vom Schwarzen Meer über den
Don-Wolga-Kanal durch den russischen Teil des Kaukasus bis nach Afghanistan
und zum Aralsee ausbauen. Dann wird Zentralasien eine Verbindung über das
Mittelmeer zum Atlantik und über den Suezkanal zum Indischen Ozean haben. Das
wird nicht nur dem Schiffsverkehr dienen, sondern auch einer diversifizierten
Landwirtschaft, denn Baumwolle ist die wasserintensivste Nutzpflanze überhaupt
und sollte in diesen Regionen eigentlich nicht angebaut werden.
Wenn das gemacht wird, wird der Aralsee reichhaltig sein, wieder voller
Fischpopulationen wie früher, und die Bewässerung in dem Gebiet wird auch für
ein gemäßigteres Klima sorgen.
Ein weiteres Projekt ist dann eine unterirdische Pipeline von 4-5 m
Durchmesser, die Wasser vom Turkmenischen Kanal in die sehr fruchtbare
kaspische Zentralregion des Iran liefern wird. Das Wasser würde über die
Alborz-Berge zu den zentraliranischen Städten westlich von Maschhad gepumpt
werden. Diese Pipeline könnte sehr schnell gebaut werden, weil diese Region
schon gute Verbindungen zur Eurasischen Eisenbahn hat, die durch Maschhad
verläuft.
Die iranische Regierung hat bereits mehrere dieser Projekte begonnen, um
gegen die Ausbreitung der Wüste vorzugehen, und sie arbeitet dabei mit den
zentralasiatischen Nationen zusammen. Die iranische Regierung will Wasserwege
für Schiffe zwischen dem Kaspischen Meer und dem Persischen Golf schaffen, und
es gibt weitere wohldefinierte Projekte, zum Teil schon in Arbeit, zum Teil
noch in der Schublade, und einige bisher nur in den Köpfen der Ingenieure.
So gibt es beispielsweise das türkische Projekt namens GAP für das
südöstliche Anatolien, dessen Vorbild die amerikanische Tennesseetal-Behörde
(TVA) ist. Es begann vor 22 Jahren und wird am Ende aus 22 Staudämmen für
Stromerzeugung, Wasserregulierung, Bewässerung und Hochwasserschutz bestehen.
Das wird im Südosten der Türkei sein und 10% der Landfläche zwischen dem
Euphrat-Tigris-Becken und den südöstlichen Ebenen umfassen. Letztlich werden
dadurch 1,7 Mio. ha Land für die landwirtschaftliche Nutzung erschlossen.
Allerdings liegt dieses Gebiet an der Grenze der Türkei zu Syrien, Irak und
Iran und hat eine große kurdische Bevölkerung, und gegenwärtig ist es
offensichtlich einer der entscheidenden Gefahrenherde der Krise. Die
Entwicklungsperspektive ist aber der einzige Weg, wie in dieser Region Frieden
einkehren kann, und es ist ein sehr, sehr eindrucksvolles Projekt.
Das Kernstück des GAP ist der Atatürk-Damm, einer der größten der Welt. Er
bringt Wasser in die Ebenen von Harran, Mardin und Ceylandpinar und macht mehr
Landwirtschaft und Industrie möglich.
1993, zur Zeit des Osloer Abkommens, machte der arabisch-israelische
Friedensprozeß Fortschritte, und zu der Zeit entstand die Idee der türkischen
Friedenspipeline. Das wurde nie verwirklicht, aber der Plan war, Wasser aus
der Türkei nach Israel und Palästina, Jordanien und den arabischen
Wüstenstaaten der Golfregion zu bringen, dazu noch eine westliche Pipeline zum
Fluß Ceyhan, dessen Wasser bisher ungenutzt bei Adana ins Mittelmeer abfließt.
Diese beiden Leitungen sollen und werden Wasser liefern, die eine im Westen
durch Syrien, Jordanien, Israel, Palästina bis Saudi-Arabien, sie wird am Ende
2007 km lang sein, und die andere im Osten durch Syrien, Irak, Kuwait und
andere Golfstaaten, insgesamt 3900 km lang. Sie werden 16 Mio. m3
Wasser täglich liefern.
1975 reiste Herr LaRouche nach Bagdad zur Jahresfeier der Baath-Partei und
hatte dort Gelegenheit, mit vielen führenden Vertretern der arabischen Welt zu
sprechen. Er besichtigte einige der älteren Bewässerungssysteme im Irak und
kehrte zurück mit der Idee des „Oasenplans“. Das Entscheidende daran ist die
Idee, Kernkraftwerke für die Entsalzung von Meerwasser in sehr großen Mengen
zu benutzen.
In jüngster Zeit haben die Internationale Atomenergiebehörde, die iranische
Regierung, der Golf-Kooperationsrat und Frankreich verschiedene Studien über
die Kosten und Effizienz von Entsalzungsanlagen mit Kernkraft statt Gas
erstellt. Gegenwärtig ist der Iran das einzige Land der Region mit einem
großen zivilen Kernkraftwerk, Buschehr, seit 2001, das in Zusammenarbeit
zwischen dem Iran und Rußland entstand. Der ursprüngliche Entwurf von Siemens
aus den frühen siebziger Jahren schloß auch große Entsalzungsanlagen ein, die
bisher noch nicht dazugehören, und jetzt plant der Iran mehrere neue
Reaktoren, die auch zur Meerwasserentsalzung genutzt werden sollen.
Die Vereinigten Arabischen Emirate haben heute ein Abkommen, die Emirate
Nuclear Energy Corporation (ENEC), 2009 in Abu Dhabi gegründet, für ein
Geschäft mit Südkorea. In Zusammenarbeit mit der Korea Electric Power
Corporation (KEPCO) sollen bis 2020 vier Kernkraftwerke von zusammen 1400 MW
fertiggestellt werden. Das erste ist gerade im Juli 2012 angelaufen. Die
saudische Regierung plant, bis 2030 insgesamt 16 Kernkraftwerke zu bauen. Die
Zusammenarbeit der Emirate mit Südkorea sieht auch die Ausbildung von
Ingenieuren aus den Emiraten in Korea vor. In Saudi-Arabien war ursprünglich
auch in der König-Adullah-Stadt ein Ausbildungsprogramm für Atom- und
Erneuerbare Energien vorgesehen, das meines Wissens nicht fortgesetzt wird.
Die große Achillesferse für Saudi-Arabien ist, daß es sich bisher fast
ausschließlich auf Arbeitskräfte und Fachwissen aus dem Ausland verlassen
muß.
Es ist ganz offensichtlich, daß uns viel Blutvergießen und Elend erspart
geblieben wäre, wenn man LaRouches Oasenplan von 1975 verwirklicht hätte. Zu
verschiedenen Zeitpunkten waren führende Kräfte in Israel wie in Palästina mit
LaRouche darin einig, in diese Richtung zu gehen. So begannen z.B. der
damalige israelische Außenminister Schimon Peres und Ministerpräsident Jitzhak
Rabin 1985 eine Kampagne für einen Marshallplan im Nahen Osten.
Als 1993 das Osloer Abkommen unterzeichnet wurde, kam die Welt sehr nahe an
die Möglichkeit der Verwirklichung dieses Planes heran. Aber es gab ein großes
Problem, was Lyndon LaRouche besonders betonte: Dieser Friedensplan könnte nur
Erfolg haben, wenn die Bevölkerung in der armen Region, besonders in
Palästina, sofort sieht, daß die Bagger anfangen zu arbeiten, damit die
Bevölkerung eine Perspektive für eine bessere Zukunft hat.
Das wurde aber von der Weltbank und der internationalen Gemeinschaft völlig
sabotiert. Die Weltbank veranstaltete am 20. September 1993 eine Konferenz,
auf der sie die Finanzierung von Wasser- und Energieprojekten ausdrücklich
ablehnte. Peres und Rabin sprachen damals von einem Budget von 50 Mrd.$, um
dieses Programm in Gang zu bringen. 50 Milliarden, verglichen mit etwa 25
Billionen, die allein aufgewendet wurden, um die amerikanischen Banken zu
retten - das zeigt die Verhältnisse!
Was wir nun brauchen, ist die Erweiterung der Weltlandbrücke in diese
Region, und das muß mit anderen wesentlichen Infrastrukturprojekten
einhergehen, etwa der Begrünung der Wüsten und Wassermanagement und Schaffung
von Verkehrswegen. Die Staaten des Golf-Kooperationsrates bauen schon an einem
internationalen Bahnnetz, das 2017 fertiggestellt sein soll, und es gibt
Studien für eine Strecke von Saudi-Arabien nach Ägypten über den Akaba-Golf im
Süden durch Sinai. Das ist seit Jahren in Vorbereitung und wurde nur durch die
Krise unterbrochen.
Der Zweck dieses Projektes ist unter anderem, für die muslimischen Pilger,
die per Luft, See oder Land kommen, Bahnverbindungen zu schaffen. Ein anderes
Projekt ist die Brücke über die Straße von Bab-El-Mandeb zwischen Jemen und
Dschibuti. Das stammt von einer dänischen Firma, Cowi, brach aber praktisch
ab, als die Immobilienblase in Dubai platzte. Es könnte aber die wichtigste
Landverbindung zwischen Asien und Afrika südlich der Sahara werden. Außerdem
gibt es die Idee, eine Brücke oder einen Tunnel durch die Straße von Hormus zu
bauen und die vor mehr als hundert Jahren geplante osmanisch-deutsche
Hedschasbahn zu erneuern, um die heiligen Orte im westlichen Arabien über
Jordanien und Syrien mit der Türkei zu verbinden. Die Berlin-Bagdad-Bahn
existiert und soll zur Golfprovinz der Hedschasbahn erweitert werden, aber sie
muß dringend modernisiert werden. Saudi-Arabien hat Pläne für eine Anbindung
an die irakische Eisenbahn, und der Iran hat bereits eine Strecke vom
Golfhafen Bandar Abbas nach Turkmenistan geschaffen über die 1996 vollendete
Strecke Maschhad-Sarak, womit die alte Seidenstraße erneuert wurde.
Die Inbetriebnahme dieser Verbindung 1996 war ein wichtiger Durchbruch. Zu
der Zeit fand gerade in Peking die große Konferenz mit Vertretern aus 34
beteiligten Ländern statt, die über Projekte für die 34 Regionen entlang der
Eurasischen Landbrücke sprachen, und Peking erklärte das damals zur
langfristigen strategischen Perspektive Chinas. Das wurde wegen der Asienkrise
2007-08 unterbrochen, aber inzwischen steht die Eurasische Landbrücke wieder
voll auf der Tagesordnung.
Rußland, Iran und Aserbeidschan arbeiten auch an einer weiteren Strecke
durch den Kaukasus nach Europa. Zur Zeit arbeiten einzelne Länder an
verschiedenen Projekten. Manche davon verstauben in der Schublade, andere sind
noch nicht einmal in Machbarkeitsstudien ausgearbeitet.
Wie löst man nun das Problem, daß einige reiche Länder einen massiven
Mangel an Fachkräften haben, einige Länder sehr arm sind, und andere
ausgebildete Arbeitskräfte, aber keine Ressourcen haben? Wie schafft man
Entwicklung für die Region als ganzes? Dazu muß man mit einem Gesamtkonzept
anfangen, einer Vision, wie diese Region in 20, 40 oder sogar 50 Jahren
aussehen soll. Und dann müssen alle beteiligten Regierungen beschließen, als
bewußte Strategie zur Vermeidung von Kriegen diese Entwicklung zu verfolgen.
Es muß dann Vorbereitungskonferenzen der Verkehrs- und Forschungsministerien
geben, die die Einzelheiten des Planes, den wir hier nur grob umreißen,
ausarbeiten müssen, und dann muß das Ziel den Völkern der Region
bekanntgemacht werden.
Das sollte eine Erklärung in der Tradition von Teheran 1943 sein, als
Franklin Roosevelts persönlicher Repräsentant, Gen. Patrick Hurley, die
Erklärung zum Iran vorstellte, in der dem Iran unabhängige Souveränität und
territoriale Einheit zugesichert wurde. Roosevelt gab auch einen
wirtschaftlichen Entwicklungsplan in Auftrag und versprach Hilfe beim
anschließenden Aufbau der Wirtschaft. Ich zitiere nun aus dieser Erklärung von
Teheran, verändere sie aber so, daß nicht nur der Iran, sondern die ganze
Region eingeschlossen wird, ich ändere dazu drei Worte:
„Die Einführung der amerikanischen Methode der Selbstregierung und des
freien Unternehmertums in allen Ländern des Großraums Nahost“ - statt „Iran“ -
„wird eine Versicherung sein, daß die Einnahmen aus der Erschließung der
Rohstoffe der Länder der Region wesentlich dazu dienen, Schulen,
Krankenhäuser, Kanalisation, Bewässerungsanlagen zu bauen sowie alle
Einrichtungen, die zu Gesundheit, Glückseligkeit und Gemeinwohl der Menschen
der Region beitragen. Möge dieser Plan für den Aufbau von Nationen durch
unsere Erfahrung in der Region verbessert werden und zum Kriterium für die
Beziehungen der Vereinigten Staaten zu allen Nationen werden, die jetzt unter
den Übeln habgieriger Minderheiten, Monopole, Aggression und Imperialismus
leiden.“
Die Vereinigten Staaten müssen dafür nur zur Tradition ihrer Gründerväter
zurückkehren, von Benjamin Franklin, Lincoln, John Quincy Adams, Franklin D.
Roosevelt - und das ist auch heute in den Vereinigten Staaten eine starke
Tradition.
Wer soll das bezahlen?
Hier taucht natürlich die Frage auf: Wer soll das finanzieren? Man könnte
polemisch fragen: Wieviel ist es uns wert, diese Auslöschung der Zivilisation
zu verhindern, die es gäbe, wenn all das nicht umgesetzt wird? Nun, ich kann
Ihnen versichern: Im alten Paradigma der Globalisierung wird es niemals
zustande kommen, weil dieses System kurz davor steht, sich in einer
hyperinflationären Explosion aufzulösen.
Deshalb muß dieses System ersetzt werden durch ein Kreditsystem in der
Tradition von Alexander Hamilton, dem ersten Finanzminister der Vereinigten
Staaten, und die Gründung einer Nationalbank. Ein Widerhall dieser Politik war
Franklin Roosevelts Reconstruction Finance Corporation. Auch die Kreditanstalt
für Wiederaufbau nutzte sie bei der Entwicklung des Marshallplans in
Deutschland in der Nachkriegszeit, und mit Hilfe dieser Politik wurde
Deutschland aus dem Trümmerfeld von 1945 innerhalb weniger Jahre zu dem
Wirtschaftswunder, das von der ganzen Welt bewundert wurde.
Deshalb muß jede beteiligte Nation eine Nationalbank gründen, die
Kreditlinien für solche klar definierten Projekte vergibt. Und dann braucht
man ein multinationales, langfristiges Abkommen zwischen den Regierungen, ein
Abkommen, das dieses neue Kreditsystem verkörpert. Die Kredite müssen
langfristig und niedrig verzinst sein, und sie müssen ausschließlich an
realwirtschaftlichen Kriterien ausgerichtet sein. Sie müssen zu einem Maximum
an Energieflußdichte führen, was automatisch bedeutet, daß man beispielsweise
Erdöl nicht als Treibstoff, sondern als Rohstoff für die chemische Produktion
verwendet.
Man jagt dabei nicht ausländischen Investitionen hinterher, sondern das
Kreditsystem wird Kredite für die zukünftige Produktion realer, physischer
Güter bereitstellen. Kaum jemand versteht dieses Konzept, aber es ist ganz
entscheidend, diese Politik der Kreditlinien für zukünftige Produktion im
Gegensatz zu den Bankenrettungen der Vergangenheit zu verstehen.
Es besteht eine sehr gute Chance, daß in den Vereinigten Staaten in der
Übergangszeit bis zum neuen Jahr, wenn der neue Kongreß sein Amt antritt, das
Glass-Steagall-Gesetz beschlossen wird. Das ganze Land ist in der Hinsicht in
Bewegung, nicht nur im Kongreß und im Senat, sondern auch unter vielen
regionalen Sparkassen; sogar bei den Republikanern gibt es einen großen
Vorstoß. Einige Leute von der Wallstreet und sogar einige in der Londoner City
haben erkannt, daß alle diese Regeln - die Volcker-Regel, die
Vickers-Kommission, das „Zaunmodell“ (Ringfencing) -, alle diese verwässerten
Varianten nicht funktionieren und daß nur eine komplette Rückkehr zu Franklin
D. Roosevelts Glass-Steagall-Gesetz das Problem lösen kann.
Wenn das geschieht, werden die Geschäftsbanken unter staatlichen Schutz
gestellt und die Investmentbanken müssen ihre Bilanzen selbst bereinigen, ohne
Zugriff auf die Sparguthaben der Geschäftsbanken und ohne Rettungspakete aus
Steuergeldern. Und dann ist es sehr wahrscheinlich, daß einige dieser Banken
Insolvenz anmelden werden müssen.
An dem Punkt braucht man ein Kreditsystem, weil nicht genug Liquidität da
sein wird, damit die Wirtschaft arbeiten kann. An dem Punkt werden anstelle
hyperinflationärer Rettungspakete für alte Schulden Kreditlinien für
zukünftige Produktion ins Spiel kommen.
Das Amerikanische System
Dies reicht zurück zu den Konzepten von Friedrich List und der Zollunion,
der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands im 19. Jahrhundert, und es war
Friedrich List, der in seinen Schriften den Unterschied zwischen dem
britischen und dem amerikanischen Wirtschaftssystem sehr deutlich machte. Er
beschreibt ausführlich, daß das britische System auf Monetarismus und
Freihandel beruht. „Billig einkaufen und teuer verkaufen“ - das ist das
heutige System von Weltbank, IWF, WTO und allen maßgeblichen
Finanzinstitutionen, die jetzt vor dem Bankrott stehen.
Das zweite System, das Amerikanische System der Wirtschaft, ist ganz
anders. Es geht von der Annahme aus, daß die einzige Quelle des Reichtums in
der Steigerung der Produktivität der Arbeitskraft liegt, und daß es deshalb
das Interesse des Staates ist, die Erkenntniskräfte seiner Bürger bestmöglich
zu entwickeln.
Dieses Amerikanische System wurde von Henry C. Carey, Lincolns
Wirtschaftsberater, fortgesetzt und weiter ausgearbeitet, er umriß dies in
seiner Schrift Das Amerikanische System der politischen Ökonomie. Und
kaum bekannt ist die Tatsache, daß über den Einfluß des amerikanischen
Botschafters in Berlin, George Bancroft, und dessen Jugendfreundes John
Lothrop Motley sowie Wilhelm von Kardorff, den Gründer des Zentralverbands der
deutschen Industrie, der deutsche Kanzler Bismarck zum überzeugten Anhänger
des Amerikanischen Systems des Protektionismus und von Carey und List
wurde.
Hier lag der Grund dafür, daß Deutschland sich am Ende der Ära Bismarck und
danach sehr schnell von einer Feudalwirtschaft zu einer der führenden
Industrienationen der Welt entwickelte; daß Bismarck Freihandel und
Monetarismus ablehnte und sich für staatlichen Schutz des Aufbaus des Staates
entschied.
Das gleiche geschah in Japan mit der Meiji-Restauration. Japan war mehrere
Jahrhunderte lang isoliert gewesen, nachdem es Jesuiten und einige andere
Mönche ausgewiesen hatte, es war von der übrigen Welt völlig abgeschnitten.
Aber dann reisten Mitte des 19. Jahrhunderts einige Ökonomen von dort nach
Deutschland und Holland und wurden mit Lists und Careys Schriften bekannt, und
das setzten sie dann in der Meiji-Restauration um. Das machte auch Japan
innerhalb weniger Jahre zu einer der führenden Nationen der Welt.
Auch die Industrialisierung Rußlands unter Graf Witte, einem überzeugten
Anhänger Friedrich Lists, vollzog sich auf die genau gleiche Art und
Weise.
Was ich gerade sage, steht im völligen Gegensatz zur gegenwärtigen Politik
und zum „Projekt für die achtziger Jahre“, das 1975 vom Council on Foreign
Relations und der Trilateralen Kommission in Gang gesetzt wurde. Sie hatten
ein Projekt zur „kontrollierten Desintegration (Auflösung) der
Weltwirtschaft“. Das ließen sie in etwa 22 Einzelstudien ausarbeiten, die alle
im Verlag McGraw-Hill erschienen, und die Grundthese dabei war, niemals wieder
ein Japan-Modell zuzulassen. Eine „Verschmelzung von Sozialismus und
Merkantilismus“ - das war damals das Schlüsselwort für die Industrialisierung
von Ländern der Dritten Welt - müsse verhindert werden, sagten sie.
Das Problem ist: Wenn wir dieses kolonialistische Denken nicht aufgeben,
dann werden wir als Gattung nicht überleben. Deshalb brauchen wir einen
bewußten Sprung in der Evolution der Menschheit. Statt uns um begrenzte
Ressourcen zu streiten und vermeintliche gegensätzliche „geopolitische
Interessen“ zu verfolgen, müssen wir in dieser ernsten Stunde der Geschichte
die gemeinsamen Ziele der Menschheit definieren.
Strategische Verteidigung der Erde
Wenn nun der Nahe Osten ein Gebiet ist, wo dieser Paradigmenwechsel
stattfinden muß, so gibt es einen zweiten Bereich mit anderen Gefahren, die
den ganzen Planeten bedrohen. Es gibt die Gefahr durch Kernwaffen, das
Raketenabwehrsystem von NATO und USA, das Rußland als inakzeptabel betrachtet,
und darauf muß man so antworten, wie es der heutige russische
Vizeministerpräsident Dmitri Rogosin formuliert hat: mit der Strategischen
Verteidigung der Erde.
LaRouche und ein junges Forscherteam haben ein Konzept erarbeitet, das in
der Tradition der Strategischen Verteidigungsinitiative (SDI) steht, die mein
Ehemann Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre vorschlug. Es war
ein umfassender Vorschlag, Kernwaffen durch Waffen auf der Grundlage neuer
physikalischer Prinzipien zu ersetzen, später wurde daraus die SDI.
Tatsächlich erklärte US-Präsident Reagan dies am 23. März 1983 zur offiziellen
amerikanischen Politik.
Die russische Regierung lehnte das damals ab mit dem Argument, der Westen
hätte mehr Vorteile davon. Reagan schlug zweimal vor, daß die USA bei der
Anwendung dieser neuen physikalischen Prinzipien in der Zivilwirtschaft
mitarbeiten, insofern war dieses Argument Rußlands damals nicht
stichhaltig.
An dem Punkt erklärte Herr LaRouche, wenn die russische Regierung bei ihrer
Ablehnung bleibe, werde die Sowjetunion in fünf Jahren zerfallen. Niemand
glaubte ihm, aber die Geschichte gibt ihm recht - wegen dieser Ablehnung ist
die Sowjetunion verschwunden.
LaRouche hat diesen Vorschlag mit seinem Team weiterentwickelt zur
Strategischen Verteidigung der Erde (SDE), nicht nur als Schutz vor
Atomraketen, sondern auch vor der wachsenden Gefahr durch Asteroiden- und
Kometeneinschläge, die die Menschheit bisher noch nicht technisch verhindern
kann, aber auch für Frühwarnsysteme vor Erdbeben, Wetterextreme,
Vulkanausbrüche usw.
Das alles sind Gefahren, die sich nicht auf irgendein Land beschränken.
Aber das Überleben der ganzen Gattung hängt davon ab, ob wir diese Vorgänge
kontrollieren oder uns an sie anpassen können.
In diesem Jahr sind zwei kleine Asteroiden in nur 14.000 km Entfernung an
der Erde vorbeigeflogen. Der nächste, im Februar 2013, ein Asteroid namens
2012DA14, mit einem Durchmesser von ca. 45 m und Gewicht von 14.000 t, fliegt
ebenfalls relativ nahe vorbei. Er wird wahrscheinlich nicht auf der Erde
einschlagen, kann aber für die vielen kleinen Satelliten, die um die Erde
kreisen, zu einer echten Gefahr werden.
Ein größerer Felsbrocken, 2011AG5, wird 2023 und 2028 der Erde nahekommen.
2040 könnte es zu einem Einschlag eines Asteroiden von 140 m Durchmesser
kommen, und das könnte schon eine mittelgroße Nation zerstören.
Der Einschlag eines sehr großen Objektes mit etwa 10 km Durchmesser hat in
Chicxulub auf der Halbinsel Yucatan in Mexiko einen Krater von 180 km
Durchmesser gerissen. Es ist eine glaubwürdige Hypothese, daß dieser Einschlag
die Bedingungen schuf, unter denen nicht nur die Dinosaurier, sondern 80%
aller Gattungen von Lebewesen ausstarben. Der jüngste große Einschlag geschah
in Tunguska in Sibirien 1908. Das war nur ein Objekt von 30-50 m Durchmesser,
riß aber einen Krater von einer Größe, größer als New York City.
Tabelle 1 zeigt die Größe der Asteroiden im
Verhältnis zur freigesetzten Energie und den Folgen des Einschlags bzw.
vergleichbaren Ereignisses. Man sieht, daß schon bei einem 10.000 m großen
Objekt die ganze Menschheit ausgelöscht wird.
Tabelle 1: Größe der Asteroiden und die Wirkung ihres Einschlags auf der Erde
|
Größe (Durchmesser)
des Asteroiden
oder Kometen (m)
|
freigesetzte Energie (Megatonnen TNT)
|
Wirkung des Einschlags oder vergleichbare Ereignisse
|
30
|
2
|
Feuerball, Schockwelle, geringe Schäden
|
50
|
10
|
vergleichbar den größten existierenden thermonuklearen
Waffen
|
200
|
600
|
Zerstörungen im nationalen Maßstab
|
500
|
10.000
|
Zerstörungen im europäischen Maßstab
|
1000
|
80.000
|
globale Wirkungen, viele Millionen Tote
|
5000
|
10 Mio.
|
globale Klimaänderungen, Milliarden Tote
|
10.000
|
80 Mio.
|
völlige Auslöschung der menschlichen Gattung
|
Quelle: NASA/JPL-Caltech
|
Und hier (Tabelle 2) sieht man, daß nur eine kleine Anzahl dieser Asteroiden
überhaupt bekannt ist. Es gibt viele Asteroiden, die noch auf keinem Radarschirm auftauchen.
Tabelle 2: Nur ein kleiner Teil der vorhandenen Asteroiden ist bisher entdeckt worden
|
Größenordnung
|
geschätzte Anzahl
|
gefundene Anzahl
|
Anteil der bisher gefundenen Asteroiden
|
> 1 km
|
900
|
850
|
94%
|
300 m - 1 km
|
4800
|
2400
|
50%
|
100 - 300 m
|
21.000
|
2100
|
10%
|
30 - 100 m
|
ca. 500.000
|
ca. 1950
|
0,4%
|
Quelle: NASA/JPL-Caltech
|
Wie gesagt, existiert bisher noch keine Methode, den Planeten Erde wirksam
zu schützen. Und natürlich respektieren solche Asteroiden keine
Schengen-Abkommen oder andere Grenzabkommen - was sollte also dagegen
sprechen, eine internationale Zusammenarbeit zum Schutz der Menschheit vor
solchen Gefahren zu organisieren?
Nach dem Erdbeben und Tsunami in Fukushima am 11. März 2011 reagierten
offensichtlich nicht alle auf der Welt darauf so verrückt wie die deutsche
Regierung, ohne angemessenen Ersatz aus der Kernkraft auszusteigen und sich in
die Utopie einer „Dekarbonisierung der Weltwirtschaft“ zu stürzen.
„Dekarbonisierung“ ist die Formulierung des Potsdam-Instituts für
Klimafolgenforschung und Herrn Schellnhuber, Commander des Britischen Empire,
wie er sich stolz nennt, und es bedeutet, nicht nur aus der Kernkraft
auszusteigen, sondern auch aus Gas, Öl usw., und damit hätte die Erde nur noch
eine Tragfähigkeit von einer Milliarde Menschen.
Im Gegensatz zu dieser verrückten deutschen Politik erweiterten viele
Länder ihre Forschungen über seismische Vorboten für Erdbeben,
Vulkanausbrüche, aber auch zum Aufspüren von Großfeuern, Wetterextremen, sowie
eine Integration der Forschung zur Interaktion verschiedener Effekte, die vor
solchen Erdbeben auftreten. Das sind beispielsweise Anomalien der Gravitation,
ungewöhnliche Effekte in der Ionosphäre, Gasaustritt aus der Erdkruste,
Temperaturveränderungen der Erdkruste, Abweichungen der Erdrotation und andere
Phänomene mit Folgen für die Erde, wie Sonnenaktivität u.a.
Der extraterrestrische Imperativ
Wir brauchen offensichtlich ein integriertes Netz solcher Frühwarnsysteme.
Und aus dem gleichen Grund brauchen wir für den nächsten Sprung in der
Evolution der Menschheit bei der bemannten Raumfahrt das, was der
Raketenforscher Krafft Ehricke, der am Apollo-Programm mitarbeitete, den
„extraterrestrischen Imperativ“ nannte.
Er hat diesen Gedanken sehr schön entwickelt: Wie in der Evolution erst das
Leben im Ozean entstand und dann mit Hilfe der Photosynthese das Land
eroberte, wie dann der Mensch auftrat und zuerst die Küsten und Flußmündungen
besiedelte, dann mit Hilfe des Aufbaus von Infrastruktur wie Straßen und
Kanälen das Landesinnere eroberte, und wie dann die Menschheit dank der
Erfindung der Eisenbahn die Kontinente weiter erschließen konnte - ein Prozeß,
in dem wir noch mittendrin stecken, wie wir beim Mangel an Infrastruktur im
Größeren Nahen Osten gesehen haben.
Und Krafft Ehricke war überzeugt davon, daß der nächste notwendige Schritt
in dieser Evolution in der Erschließung des Weltraums und besonders der
bemannten Raumfahrt bestehen muß. Anfangs ist es das nähere Umfeld mit Mond
und Mars, weiter in der Zukunft aber auch darüber hinaus. Die Landung des
Marsrovers Curiosity bietet uns eine fantastische Vorschau auf die
zukünftigen Möglichkeiten der Menschheit. Mit nur 14 Minuten Verzögerung - das
ist die Zeit, bis die Signale von der Erdstation den Mars erreichen - können
wir nun sinnliche Eindrücke vom Mars bekommen. (An dieser Stelle
zeigte sie einen kurzen Film von Curiosity auf dem Mars.)
Bild: NASA

Abb. 15: Der Marsrover „Curiosity“
Wir können sozusagen dort hören und sehen, wir können Experimente mit
Lasern durchführen, wir können die Eigenschaften des Mars erforschen, wir
können die Experimente des Fahrzeugs verfolgen, und das alles ist ein Grund
für enormen Optimismus. Einen solchen Optimismus gab es nicht mehr seit dem
Apollo-Programm. Wenn man damals junge Menschen fragte, was sie einmal werden
wollen, antworteten sie häufig: „Ich möchte Astronaut - oder Kosmonaut -
werden. Ich möchte das weiterentwickeln.“ Das kommt jetzt wieder auf die
Tagesordnung.
Die Menschheit ist die einzige Gattung, die immer neue physikalische
universelle Prinzipien entdecken kann - Universalprinzipien der Wissenschaft
und der klassischen Kunst. Die Wahrheit liegt nicht in den
„Sinneserfahrungen“, sondern im Prozeß der fortschreitenden Erkenntnis dieser
Prinzipien. Was den Menschen zur ständigen Perfektionierung dieses Prozesses
befähigt, ist die ihm angeborene Schöpferkraft. Nikolaus von Kues, der große
Philosoph des 15. Jahrhunderts, nannte das die vis creativa, die
kreative Kraft des Menschen. Wenn der Mensch schöpferisch ist, entdeckt er
neue Prinzipien, die den realen Gesetzes des physischen Universums
entsprechen, und er kann durch das Eingreifen der „Noosphäre“, wie Wladimir
Wernadskij es nannte, die Biosphäre auf eine höhere Stufe heben.
Die Tatsache, daß der Mensch diese Prinzipien entdecken kann, ist der
Beweis dafür, daß zwischen der Gesetzmäßigkeit des schöpferischen Geistes und
den Gesetzen der Schöpfung, des physischen Universums, Übereinstimmung
herrscht. Denn wenn eine immaterielle Idee - eine Hypothese, ein Gedanke - zu
Veränderungen und Verbesserungen des physischen Universums führt, dann muß
eine solche Übereinstimmung existieren, sonst würde das nicht
funktionieren.
Man nennt das auch Naturrecht; und dieses Naturrecht kann man zwar eine
gewisse Zeit lang verletzen, aber nicht für sehr lange Zeit, sonst werden die
Gesetze des Universums sich rächen. An einem solchen Punkt stehen wir jetzt,
wo eine fortgesetzte Verletzung der Gesetze des Universums - die
Nichtanwendung der Kreativität als Grundlage unseres täglichen Handelns - zu
einer Bedrohung wird.
Ein moralischer Test für die Menschheit
Das ist jetzt ein ungeheurer Test für die Moral der Menschheit: Gibt es
genug entschlossene Menschen angesichts der möglichen Auslöschung durch
thermonuklearen Krieg, können wir entsprechend reagieren? Wir werden auf die
Probe gestellt: Finden sich ausreichend Menschen, die gemeinsam für einen Plan
arbeiten, der klar und deutlich einen Ausweg zeigt? Können Sie uns helfen bei
der Mobilisierung, um die Regierungen der Welt zu bewegen, eine kleingeistige
geopolitische Konfrontation aufzugeben und die Veränderungen vorzunehmen, die
notwendig sind, um das Überleben der Menschheit zu sichern?
Ich weiß, daß das möglich ist. Ich weiß, daß der menschliche Geist voll und
ganz fähig ist, solche Sprünge zu machen und sich etwas im Geist vorzustellen
wie ein großer Komponist, Dichter, Künstler. Und ich denke, wir brauchen die
Mitarbeit der weisen Menschen dieses Planeten, der Wissenschaftler, der
Künstler, für einen gemeinsamen Zweck und für das gemeinsame Überleben der
Zivilisation.
Ich möchte aber die Gefahr nicht beschönigen, denn die Gefahr ist einfach
gewaltig! Ich denke, die meisten Menschen könnten nicht mehr schlafen, wenn
sie wüßten, wie nahe wir am Rande des Atomkriegs stehen. Und ich möchte nicht,
daß Sie aus dieser Konferenz herausgehen, um zu schlafen. Sie sollten
aufgebracht sein! Ich will, daß Sie äußerst aufgebracht und besorgt sind, denn
nur dann haben Sie die Energie, uns zu helfen, zu versuchen, das zu
ändern.
Aber ich bin trotzdem optimistisch. Denn wenn man einem Steinzeitmenschen
ein Bild von Curiosity gezeigt hätte, dann hätte der wahrscheinlich
gesagt: „Pah! Ihr seid verrückt, so etwas gibt es doch gar nicht!“ Und das ist
nur wenige Jahrtausende her. Und wenn wir diese Projekte verwirklichen, die
ich beschrieben habe, um auf der internationalen Politik die Ebene der
Vernunft - eine Plattform der Zusammenarbeit von Nationen - zu erreichen, wenn
Sie sich dann versuchen vorzustellen, wo die Menschheit in tausend Jahren sein
wird, können wir dann das fertige Bild sehen? In tausend Jahren kann sich die
Menschheit gegenüber heute mehr entwickeln als heute im Vergleich mit dem
Steinzeitmenschen.
Vielen Dank.