Was ich hier darstellen will, ist die Kehrseite der Medaille zu dem, was
sich derzeit in der Südwestasien abspielt, wo ständig Krieg geführt wird. Aber
all das, wovon ich sprechen werde, muß von den gleichen Nationen ausgehen, die
jetzt in Kriegshandlungen verwickelt sind oder sich gegen Angriffe verteidigen
müssen. Alle diese Länder sind Nationalstaaten, und in einer gerechten neuen
Weltwirtschaftsordnung werden alle diese Länder etwas zu dieser Entwicklung
beitragen müssen. Es ist deswegen gleichgültig, um wen es hier geht -
Saudi-Arabien, Iran oder Katar: alle diese Länder müssen als Nationalstaaten
und als souverän angesehen werden. Nur die Politik muß sich ändern.
Im übrigen wird an vielen Projekten, die ich vorstellen will und über die
Helga [Zepp-LaRouche in ihrer Eingangsrede der Konferenz] gesprochen hat,
bereits gearbeitet. Einige davon sind sogar schon fertiggestellt. Das Problem
ist, daß dies lokale Projekte sind und ihnen eine globale Dimension und
Perspektive fehlt. Genau diese wollen wir mit unserem Plan hinzufügen. Dies
ist eine planetare Mission.
Ich beschäftige mich als Mitglied unserer Organisation seit vielen Jahren
mit den Fragen Südwestasiens. Dabei taucht immer wieder das gleiche Problem
auf: Immer wenn ich mich mit Bürgern und Politikern aus dieser Region
unterhalte, fragen sie, wie man in Zeiten, wo auf sie geschossen werde, ein
wirtschaftliches Entwicklungsprogramm vorlegen könne? Es herrsche Krieg. Wie
könne man inmitten eines Kriegs von Wirtschaftsentwicklung und großen
Projekten sprechen?
Es gibt viele weitere solcher Ausreden, denn die meisten Länder haben nicht
getan, was wir ihnen vorschlugen und was sie hätten tun müssen, bevor
man auf sie schoß. Es wurden viele Jahre versäumt, seit Lyndon LaRouche
1974 in Bagdad war und sein Entwicklungskonzept erstmals vorstellte.
Darüber hinaus sagen einige, sie hätten nicht genug Geld. Doch sobald das
Gespräch beendet ist, verschwinden sie um die Ecke und kaufen Waffen für
Hunderte Milliarden Dollar, weil sie sich ja, wie sie sagen, im Kriegszustand
befinden.
Es gibt eine weitere Ausrede, mit der man schwieriger umgehen kann, denn es
stimmt, wenn es heißt, diese Projekte könnten nicht von einem Land allein
verwirklicht werden, weil die Weltpolitik nicht von ihnen, sondern von den
Großmächten bestimmt werde. Das trifft zu, und darüber kann man diskutieren.
Und das muß geändert werden. Wenn es unseren Freunden in den USA gelingt,
Präsident Obama des Amtes zu entheben, und wenn unsere Freunde in England
helfen könnten, Tony Blair hinter Gitter zu bringen, sähe die Lage völlig
anders aus, und man könnte über diese Dinge reden. Dann gäbe es keine Ausreden
mehr, denn die ganze imperiale Politik wäre dann über den Haufen geworfen.
Und vielleicht kann jemand Frau Merkel mitteilen, daß sie aufwachen sollte;
das wäre sehr aufmerksam. Denn bald haben wir das Jahr 2013, und Deutschland
geht die Luft aus. Deutschland ist eine technologische Großmacht, die auf der
ganzen Welt gebraucht wird. Doch es wird von der derzeitigen Politik erstickt
- der Umweltpolitik, den Grünen und der monetaristischen Finanzpolitik. Aber
die Rolle Deutschlands wäre in dieser Lage äußerst wichtig.
Eine Frage des Prinzips
Ich möchte zunächst einige Grundsatzfragen ansprechen, denn es geht ja
darum, zu definieren, was der Daseinszweck der Menschheit überhaupt ist. Es
geht dabei nicht um Wettbewerb, wie die heutigen Ökonomen sagen würden, oder
um die Begleichung alter politischer Rechnungen oder darum, Anderen Land
wegzunehmen.
Das eigentlich wichtige an der menschlichen Existenz ist, daß wir über
schöpferische Fähigkeiten verfügen, das uns umgebende Universum zu verändern.
Man muß nicht unbedingt Physiker oder Astronaut zu sein, um das Universum zu
verändern. Auch jeder Landwirt, Lehrer oder Schmied bemüht sich, in seinem
Arbeitsbereich seine Kreativität und Leidenschaft einzusetzen, um seine
Mitmenschen glücklich zu machen.
Aber wir brauchen Wissenschaftler, wir brauchen Astrophysiker. Deswegen
möchte ich hier den deutschen Raumfahrtpionier und großen Denker Krafft
Ehricke zitieren, der in seinem Buch Der extraterrestrische Imperativ
sagte:
„Die Tatsache, daß weder Technologie noch das Verlassen der Erde unbedingt
neu, sondern schon früher ausgeübte Optionen des natürlichen Wachstums sind,
rückt die menschliche Realität unserer Zeit ins rechte Licht. Diese Realität
hat zwei Ankerpunkte:
Erstens, das Chlorophyll-Molekül - das für die Photosynthese verantwortlich
ist - und der menschliche Geist sind die einzigen wahren Supermächte auf
diesem Planeten.
Zweitens, die Menschheit lebt nicht als Menschengeschlecht allgemein,
sondern ist als Gesamtheit von etwa 140 Ländern [heute noch mehr] organisiert.
Die meisten dieser Länder versuchen, ihren Lebensstandard zu verbessern oder
soziale Standards zu sichern und sie auch den weniger Begünstigten zu
ermöglichen. Ohne die Mittel zum Wachsen - und zu diesen Mitteln gehören, ob
es einem gefällt oder nicht, materielle Ressourcen und die Fähigkeit, sie zu
verarbeiten - wird die allgemeine Stagnation die Welt zu einem schrumpfenden
Wassertropfen machen, worin sich der Wettbewerb um Wachstum in einen
verbissenen Kampf ums Überleben verwandelt.“
Regierungen und politische Institutionen haben somit die Aufgabe, ein
Umfeld zu schaffen, in dem der einzelne Bürger seine Kreativität entfalten
kann. Uns als Bürgern und politischen Aktivisten obliegt es, den gewählten
Politikern und Regierungen nachdrücklich klar zu machen, daß sie dieser
Aufgabe nachkommen müssen. Wir können ihnen auch nützliche Vorschläge
unterbreiten, was getan werden muß, und das wollen wir hier heute tun.
Die Perspektive, von der wir in dieser geopolitischen Lage ausgehen,
erfordert vom höchstmöglichen Standpunkt der Verteidigung der Erde eine klare
Vorstellung darüber, was statt dessen in dieser Region geschehen muß. Drei
Grundprinzipien sollen dabei betrachtet werden:
1. Ausbau der Ressourcenbasis, insbesondere von Wasser, indem die derzeit
verfügbaren Grundlagen auf eine höhere Ebene gebracht werden.
2. Erschließung neuer Rohstoffquellen und Erhöhung der verfügbaren Energie
pro Flächeneinheit.
3. Schaffung einer neuen produktiven Plattform, wie LaRouche sie
bezeichnet, im Infrastruktur- und agroindustriellen Bereich, auf sozialer und
wissenschaftlich-technologischer Ebene der Gesellschaft.
Die gleichen wissenschaftlichen und moralischen Prinzipien lagen bereits
dem ursprünglichen „Oasen-Plan“ zugrunde, den LaRouche 1974 in Bagdad
vorgeschlagen hatte.
Die Weltwüste
Helga ist bereits auf die Frage der Weltwüste eingegangen, die global 30
Mio. km2 groß ist. Vergleicht man diese
Fläche, die weitgehend unbevölkert ist, mit den Flächen, wo 6 Mrd. Menschen
auf dieser Erde leben, dann ist das ein fast größeres Gebiet als das, das der
gesamten Menschheit zum Leben zur Verfügung steht. In Ländern wie Ägypten
leben 80 Mio. Menschen auf nur 4% des Landes. 96% der Landfläche sind
vollkommen menschenleer. Dennoch spricht man hier in Europa und den
Vereinigten Staaten von einer „Überbevölkerung“ des Planeten. Wir sind
unterbevölkert! Es gibt nicht genug Menschen auf der Erde. Es gibt
genug Platz, aber dieser Platz ist leblos.
Betrachtet man sich die Größenordnung zwischen den Wüsten und der
Eurasischen bzw. Weltlandbrücke, wie Helga sie dargestellt hat, dann wird
klar, welch riesige Aufgabe hier auf uns wartet. Man kann dies nur von einer
planetaren Perspektive betrachten, was auch bedeutet, daß es eine Einigung
zwischen den Groß- und Mittelmächten zur Zusammenarbeit geben muß, um die
Wüsten zurückzudrängen.
Bild: NASA
Abb. 2a: Südwestasien wird häufig von Sandstürmen heimgesucht, die meist im syrisch-türkischen Grenzgebiet entstehen.
Ich möchte den Blick direkt nach Südwestasien richten und einige Bilder von
Sandstürmen zeigen (Abbildung 2a). Sand- und Staubstürme sind in
Südwestasien, besonders in der Golfregion und selbst bis weit nach Iran und
Afghanistan, seit jeher sehr häufig. All das sind Satellitenaufnahmen -
weswegen wir unbedingt die Raumfahrttechnik brauchen, um zu sehen, was auf der
Erde vor sich geht. Man sieht, wo die Standstürme ihren Ausgang nehmen und
sich dann von Nord nach Süd ausbreiten. Das sind arktische Jetstreams, Winde,
die von Hochdruckgebieten kommen und in Richtung der Tiefdruckgebiete am Golf
und am Arabischen Meer ziehen.
Man sieht sehr gut, daß die Sandstürme meist in der Grenzregion zwischen
Irak und Syrien beginnen, genau dort, wo der Euphrat verläuft. Von dort wehen
sie unter Verstärkung südwärts und erfassen den Irak. Die Bilder stammen,
soweit ich weiß, von Satelliten der NASA und der ESA. Im März 2011 gab es
einen riesigen Sandsturm, der die gesamte Gegend erfaßte.
Bild: NASA
Abb. 2b: Im Windschatten des saudi-arabischen Hochlandes, dem „leeren
Viertel“, wird ein Teil des Sandes abgelagert.
Wenn sich ein solcher Sandsturm einer Stadt bemächtigt, entstehen
apokalyptische Bilder. Sandstürme reichen Dutzende Meter hoch; Staubstürme
können sogar mehrere Kilometer in die Atmosphäre reichen. Sie bedecken ganze
Länder. Flughäfen, Häfen, Krankenhäuser, Schulen - alles muß geschlossen
werden. Sie ziehen dann zum Persischen Golf, nach Katar und Saudi-Arabien. Im
zentralen Hochland von Saudi-Arabien biegen sie ab und laden den Sand im
sogenannten Leeren Viertel ab (Abbildung 2 b). In Jemen und Oman gibt
es eine Bergkette, weswegen das Leere Viertel der trockenste Teil der
Weltwüste ist. In diesem Fall war der Sandsturm jedoch so stark, daß er sogar
über diese Bergkette im Jemen und Oman hinwegzog und bis zum Golf von Oman
reichte.
Bild: NASA
Abb. 2c: Oft ziehen die Sandstürme auch bis zum Arabischen Meer, zum Iran und nach Afghanistan.
Auf anderen Bildern ist zu sehen, daß Sandstürme bis zum Arabischen Meer
gezogen sind (Abbildung 2c). Auch Iran und Afghanistan werden nicht
verschont.
Das ist also ein immer wiederkehrendes Problem. Mit Hilfe der
Weltraumtechnik können wir sehen, wo die Sandstürme entstehen und wo man
Ansätze zu ihrer Bekämpfung finden kann.
Wüsten zurückdrängen
Auch für Katar und Saudi-Arabien stellt sich die Frage, wie man Sandstürme
stoppt. Dabei ist es wenig hilfreich, islamistische Kämpfer und Waffen nach
Syrien und Irak zu schicken, um Zivilisten umzubringen. Damit kommt man dem
Problem nicht bei. Dazu braucht man eine völlig andere Perspektive.
Entsprechend kann man gegen die Wüste in verschiedenen Gegenden und mit
unterschiedlichen Technologien vorgehen. Es gibt verschiedene lokale Pläne in
diesen Regionen, die aber ein Bild abgeben: Dort, wo die Sandstürme ihren
Ausgang nehmen, ist heute Kriegsgebiet, das Land verkommt und die Wüste dehnt
sich aus.
Aber es gibt hier auch den sogenannten Fruchtbaren Halbmond. Das ist nicht
der schiitische Halbmond, sondern er heißt aus naheliegenden Gründen der
Fruchtbare Halbmond. Das war einmal eine sehr fruchtbare Gegend mit sehr viel
Wasser. Einige Historiker meinen sogar, daß in dieser Gegend die
Landwirtschaft überhaupt entstanden sei.
Allerdings ist diese Region heute nicht mehr fruchtbar; sie ist
heruntergekommen. Die Wasservorkommen schrumpfen. Es wird noch von türkischen
Staudammprojekten die Rede sein, die die Wasserführung beeinträchtigt haben.
Aber das ist nicht der einzige Grund. Die gesamte Infrastruktur ist durch
Kriege, Sanktionen und mangelnde Investitionen zugrundegerichtet worden, was
zu der heutigen Situation geführt hat.
Abb. 3: Schon seit Jahrzehnten gibt es den Plan, den „irakischen Grüngürtel“ zu schaffen, um das Land vor Sandstürmen und der Wüste zu schützen.
Hier sind einige Ideen, wie man zum Beispiel das Sandsturm-Problem
bekämpfen kann. Eine davon nennt sich „Grüngürtel“. Diese Idee stammt
ursprünglich vom irakischen Landwirtschaftsministerium (Abb. 3). Als
ich noch ein Kind war, haben wir in der Schule gelernt, daß es ein nationales
Programm gibt, um das Land vor Sandstürmen und vor der Wüste zu schützen. Das
war ein beeindruckender Plan, der aber nie verwirklicht wurde. Ich wurde 1968
geboren; unmittelbar danach kam es 1973 zum Bürgerkrieg, dann brach 1980 der
Iran-Irak-Krieg aus, 1990 kam es zum Golfkrieg, es gab Sanktionen, und so geht
es weiter. Nichts ist seither geschehen.
Es gibt einige mutige Anstrengungen, zumindest Teile davon umzusetzen. So
gibt es ein irakisch-iranisches Abkommen zur Errichtung eines Grüngürtels um
die heiligen Städte Nadschaf und Kerbala (Abb. 4). Dabei werden
verschiedene Baumsorten gepflanzt, überwiegend Palmen, Olivenbäume,
Eukalyptusbäume, Tamarindenbäume - Bäume, die auch großer Wärme, Salz und
Wasserknappheit trotzen. Sie können im Trockenklima überleben.
Abb. 4: Realisiert wurden aber nur kleine Teile des Programms, etwa zum
Schutz der heiligen Städte Nadschaf und Kerbala.
Das ist ein kleines Projekt im Irak, doch man bekommt dadurch eine Vorstellung, was insgesamt getan werden muß. Anstatt nur wenige hundert Meter
sollte ein Grüngürtel mehrere Kilometer breit sein, und das in mehreren
Reihen. Wie der irakische Plan vorsah, erweitert man diesen Schutzschild von
Grüngürteln immer weiter in die Wüste hinein. Über Bewässerung und andere
Techniken wollen wir später noch sprechen.
Abb. 5: Schon im Altertum pflanzte man verschiedene Gewächse zwischeneinander, wie man hier auf einer Wandmalerei in einer ägyptischen Grabkammer sehen kann.
Die Idee, verschiedene Gewächse zu pflanzen ist jedoch nicht neu. Man kennt
sie bereits aus der Grabkammer in einer der ägyptischen Pyramiden
(Abbildung 5). Auf einer Wandzeichnung dort sieht man unterschiedliche
Palmen, Obstbäume und auch Nutzpflanzen, aus denen Nahrungsmittel gewonnen
werden: Weizen, Getreide usw. Diese Ideen sind also sehr alt und existierten
damals schon.
Auch heute gibt es sehr fähige Bauern, aber ihnen fehlen die Mittel. Wie
Helga bereits erwähnte, sind das keine Dinge, die man erst in 10 oder 20
Jahren schaffen könnte; all das ließe sich schon in der nächsten Woche machen.
Die Bauern dort und viele arbeitslose junge Leute könnten sofort - in der
nächsten Woche - mit der Arbeit beginnen. Mit dem Pflanzen von Bäumen könnte
man schon in der nächsten Woche beginnen. Kein Problem. Was fehlt, ist die
richtige Politik. Derzeit gibt es nur eine Politik der Zerstörung und keine
Politik des Aufbaus.
Ein interessantes Bild (Abbildung 6) wurde mir von einem unserer
Freunde in Ägypten, einem Agraringenieur, zugeschickt. Es zeigt ebenfalls
Palmen. Das besondere an ihnen ist, daß sie als Windschutz dienen, aber auch
den Boden festhalten. Außerdem erzeugen sie Schatten für andere
Baumsorten.
Pflanzt man Olivenbäume allein unter der direkten Sonneneinstrahlung, sinkt
ihre Ergiebigkeit um fast die Hälfte, denn in der Hitze leidet der Olivenkern.
Pflanzt man sie jedoch im Schatten anderer Bäume, steigt ihre Ergiebigkeit in
dieser kühleren Umgebung.
Auch im Koran gibt es einen interessanten Hinweis darauf. Dort wird die
Geschichte von zwei Männern wiedergegeben, die miteinander in Streit geraten
sind. In der Höhlen-Sure (Al-Kahf) heißt es in Vers 32-35: „Und stelle
ihnen das Gleichnis von zwei Männern: für den einen von ihnen schufen Wir zwei
Rebengärten und umgaben sie mit Dattelpalmen, und dazwischen legten Wir
Kornfelder an. Beide Gärten brachten ihre Früchte hervor und versagten in
nichts. Und in ihrer Mitte ließen Wir einen Strom fließen.“
Abb. 6: Palmen als Schattenspender
Abb. 7: Palmen bieten nicht nur Schutz vor Staub und Sonne, sondern sie sind auch eine Nahrungs- und Energiequelle für die Bevölkerung.
Genauso so müßte man vorgehen. Das sind Anbautechniken, wie sie der Koran
lehrt. Mit den heutigen Techniken sollte man nur eines verändern: Es wird
keine offenen Wasserläufe mehr geben, weil sonst das meiste Wasser verdunsten
würde. Alle Wasserläufe werden abgedeckt. Der Koran mag es uns nachsehen, daß
wir diesen Aspekt verändern, denn wir brauchen die modernen Techniken und
müssen sie auf die heutige Situation anwenden.
In diesem Bild (Abbildung 7) sieht man Palmen; das sind sehr
ertragreiche Bäume. Sie alle werden schon einmal Datteln und andere Früchte
gegessen haben. Palmen bieten nicht nur Schutz vor Staub, sondern sie sind
auch eine Nahrungs- und Energiequelle für die Bevölkerung.
Abb. 8: Dünenbefestigung in Libyen
Es gibt unterschiedliche Verfahren, um das Vordringen der Wüste zu stoppen.
Eines ist die Dünenbefestigung, wie sie in China verbreitet verwendet wird.
Das Problem dabei ist, daß diese Methode sehr arbeitsintensiv ist. Man schafft
hierbei Querschnitte aus trockenen Bäumen oder Schilf und bepflanzt dann die
Zwischenräume. Allerdings muß man die Wasserinfrastruktur schon vorher
eingerichtet haben. Das läßt sich nicht später nachholen. Das gleiche Konzept
wurde auch in Libyen in den fünfziger Jahren angewendet (Abbildung 8).
In China versuchte man die Taklamakan-Wüstenautobahn vor Sandverwehungen zu
schützen, denn Sand ist in ständiger Bewegung - wie der Schnee in der Arktis.
Man hat dort Wasser aus dem Untergrund gepumpt - das ist zwar salzig, aber man
pflanzte Gewächse, die salzresistent sind.
Hier liegt auch ein weiteres Forschungsgebiet. Es müssen neue
Pflanzensorten entwickelt werden, die Salzwasser vertragen können und der
Hitze widerstehen. Das ist eine Frage des technologischen Niveaus.
Das ist eine Idee. Man muß jedoch immer den größeren Zusammenhang beachten,
ansonsten hat man gegen die Wüste keine Chance. Auf den Bildern sieht man
Beispiele für das, was getan wird, aber das Vorgehen muß verallgemeinert
werden.
Wasser für das Leben
Wenn man all diese Beispiele gesehen hat, wird jeder vernünftige Mensch
sofort fragen: „Wo soll das Wasser hierfür herkommen?“ Das ist eine gute
Frage, und in unserem Bericht haben wir drei Quellen von Wasser definiert, die
verfügbar sind oder verfügbar gemacht werden können.
Abb. 9: Schon zur Zeit der Sowjetunion gab es Pläne, Wasser aus dem wasserreichen Norden Rußlands zum Kaspischen Meer und zum Aralsee zu leiten.
Erstens kann man mit Hilfe sogenannter Umleitungssysteme Wasser aus
wasserreichen Gebieten in wasserarme Gebiete führen. Helga hatte bereits die
Umleitung des Irtysch zum Aralsee erwähnt. Eine weitere wäre auf der anderen
Seite des Urals - der sogenannte Petschora-Kama-Wolga-Kanal (Abbildung
9). Ähnlich wie bei dem NAWAPA-Projekt mündet der Petschora im
Nordpolarmeer, aber dieser Wasser soll teilweise in Flüsse umgeleitet werden,
die in die entgegengesetzte Richtung fließen.
Abb. 10: Mit dem Iran-Rood-Projekt soll Wasser in die Wüstengebiete im Osten des Iran gebracht und eine schiffbare Wasserstraße vom Kaspischen Meer zum Persischen Golf geschaffen werden.
Über das sogenannte Iran-Rood-Projekt hat bereits der Herr Botschafter [Ali
Reza Sheikh Attar] gesprochen (Abbildung 10). Da darüber nur wenig
bekannt ist, ist die Feststellung des Botschafters wichtig, daß es darüber
inzwischen eine Machbarkeitsstudie gebe. Allerdings stellen sich dabei große
technische Probleme. Iran ist eine semi-arides Land mit zwei großen Wüsten,
der Dasht-E-Kavir und der Dasht-E-Lut. Iranische Ingenieure haben sogar
überlegt, Salzwasser dorthin zu führen, denn das Land dort ist ohnehin sehr
salzhaltig. Früher gab es dort Seen, die mit dem Meer verbunden waren. Als der
Meeresspiegel sank, blieb das Salz zurück. Auch wenn man heute lediglich
Salzwasser in die Region zurückbringt, würde sich ein kühleres Klima
entwickeln, was sich nicht nur auf die unmittelbare Region, sondern auch auf
Afghanistan auswirken würde.
Gleichzeitig könnte man Entsalzungsanlagen bauen, um Frischwasser für die
Landwirtschaft, in den Städten usw. zu gewinnen. Die ganze Region könnte zu
neuem Leben erwachen, und auch Afghanistan wäre gedient, wenn sich die Wüste
nicht weiter ausdehnt. In der gesamten Region könnten Wälder und Grüngürtel
entstehen.
Es gibt einen weiteren Plan für die Wasserversorgung an der
gegenüberliegenden Küste des Kaspischen Meeres. Man könnte Wasser über den
eben erwähnten Petschora-Kama-Wolga-Kanal durch das Kaspische Meer bis in den
Iran führen. Das einzige technische Problem dort wäre, es über einen Paß im
Elburs-Gebirge zu bringen, aber das wäre durchaus möglich.
Das Wasser könnte man dann den Flüssen Karkheh und Karun zuführen. In
dieser Gegend werden zwar viele Staudämme gebaut, aber die Wassermenge
insgesamt nimmt ab, so daß die Zufuhr neuen Wassers erforderlich ist. Im Irak
hat sich wegen der iranischen Staudämme am Karun bereits eine Krise
entwickelt, da der Wasserstand am Schatt el-Arab auf irakischer Seite immer
weiter absinkt. Das Meerwasser vom Golf drückt dadurch immer weiter
landeinwärts und beeinträchtigt Basra und die anderen Regionen.
Der Bau der Staudämme läßt sich nicht aufhalten, deswegen muß die
Entwicklung beschleunigt werden. Man darf nicht rückwärts schauen, sondern muß
vorwärts gehen, wenn es ein Problem gibt. Man zerstört keinen Staudamm, wenn
der Wassernachschub nachläßt.
Bild: EIRNS
Abb. 11: Durch das Südostanatolien-Projekt sollen die Wasserressourcen im Südosten der Türkei nutzbar gemacht werden.
Das gleiche gilt auch für das von Helga beschriebene riesige
Südost-Anatolien-Projekt (GAP) in der Türkei (Abbildung 11). Dabei
entstehen einige Probleme, aber das Projekt an sich ist in Ordnung. Politische
Unstimmigkeiten und eine falsche Agrarpolitik beeinträchtigen seine Effizienz.
Dabei sollen am Oberlauf von Euphrat und Tigris Staudämme gebaut werden,
wodurch u.a. der riesige Atatürk-Stausee entsteht.
Der Atatürk-Stausee faßt soviel Wasser, wie im Nil ein gesamtes Jahr fließt
- ein gesamtes Jahr; das sind etwa 49-50 Mrd. m3. Bei Trockenheit
ist dieses Wasser sehr nützlich, aber es muß auf vernünftige Weise genutzt
werden.
Damit wäre der östliche Teil des sogenannten Mittleren Ostens erfaßt. Das
Problem dabei ist, daß der Begriff Mittlerer Osten aus rein britischer Sicht
geprägt wurde. Wenn man sich die Region mit britischen Augen betrachtet, gibt
es den Fernen Osten, den Nahen Osten und den Mittleren Osten. Wir sollten die
Gegend lieber Südwestasien nennen. Das ist ein passenderer Name.
Es gibt einen weiteren Wasserumleitungsplan, bei dem das Wasser nicht aus
dem Tigris-Euphrat-Becken, sondern aus den Flüssen Seyhan und Ceyhan mehr im
Westen der Türkei stammt, die beide ins Mittelmeer münden. Ein Teil des
Wassers könnte über Pipelines bis hinab zur Arabischen Halbinsel geleitet
werden.
Abb. 12: In den letzten Jahrzehnten ist der Tschadsee immer weiter ausgetrocknet, was bereits heute eine schwere Krise für Mensch und Umwelt bedeutet.
Von Südwestasien gehen wir weiter nach Afrika. Dort könnte Wasser aus dem
Kongo über den Transaqua-Kanal zum Tschadsee geleitet werden, der vom
Austrocknen bedroht ist, was bereits heute eine schwere Krise für Mensch und
Umwelt bedeutet (Abbildung 12). Die gesamte Region muß entwickelt
werden, denn dort in Afrika spielen sich derzeit ungeheuerliche Verbrechen ab.
Die Rohstoffe werden für die Weltwirtschaft ausgebeutet, aber die Bevölkerung
wird dezimiert und von ihrem Land vertrieben, um für die multinationalen
Rohstoffkartelle Platz zu machen. Im östlichen Kongo geht das bereits lange
Zeit so.
Die Entwicklung Afrikas muß deshalb unbedingt in dieser Perspektive
berücksichtigt werden, und unser Freund aus Afrika [Aiman Rscheed], der über
das Afrika-Pass-Projekt spricht, wird weiter darauf eingehen.
Wasserentsalzung
Die zweite Quelle ist natürlich die Wasserentsalzung. In vielen
Golf-Ländern, besonders in Saudi-Arabien, fließt viel Geld in
Entsalzungsanlagen für die Trinkwasserversorgung und andere Verwendungen in
den Städten. In Saudi-Arabien stammen 50-70% des Trinkwassers aus
Entsalzungsanlagen. Dort wird die Hälfte des entsalzten Wassers auf der Welt
erzeugt - riesige Mengen, aber bei weitem nicht genug. Auch in den Vereinigten
Arabischen Emiraten, in Bahrein und Katar wird massiv in den Bau von
Entsalzungsanlagen investiert.
Das Problem ist, daß dabei als Energiequelle vor allem Gas und Öl verbrannt
wird. Mit der so entstehenden Wärme wird der Verdunstungsprozeß angetrieben,
um dem Wasser das Salz zu entziehen. In den kommenden Jahrzehnten werden die
Golfstaaten die doppelte bis dreifache Menge an entsalztem Wasser brauchen, um
die wachsende Bevölkerung und Industrie zu versorgen. Schon heute verbrennt
beispielsweise Saudi-Arabien 1,5 Mio. Barrel Öl pro Tag, um Trinkwasser zu
produzieren. In 10 bis 15 Jahren werden dies bis zu 4 Mio. Barrel pro Tag
sein, nur um Trinkwasser für die Städte bereitzustellen. Das ist in keiner
Weise nachhaltig.
Bild: EIRNS
Abb. 13: Das Grundkonzept des nuklearen agro-industriellen Komplexes
(„Nuplex“) sieht vor, Strom und Wärme aus Kernkraftwerken zur Entsalzung von
Meerwasser für Landwirtschaft und Industrie zu nutzen.
Lyndon und Helga LaRouche haben statt dessen vorgeschlagen,
Entsalzungsanlagen mit Kernkraft zu betreiben - sogenannte Nuplexe
(Abbildung 13). Im Grunde ist diese Idee nicht neu. Schon Präsident
Eisenhower hatte vor, zur Lösung des arabisch-israelischen Konflikts Ägypten,
Israel und anderen Ländern Hilfe zum Bau kleiner Kernkraftwerke für die
Entsalzung von Meerwasser anzubieten.
Tatsächlich hatten die meisten israelischen Kriege gegen arabische Länder
nichts mit Religion zu tun, sondern zielten auf die Kontrolle über das Wasser
ab. Immer wenn die Israelis ein neues Gebiet besetzten, muß man einmal
nachschauen, ob es dort Flüsse, Grundwasser, Wasserspeicher oder Seen gibt.
Dabei sind die Israelis in den Palästinensergebieten immer sehr brutal
vorgegangen, wodurch zum Beispiel die heutige Krise in Gaza entstanden
ist.
Im Oktober hat die UNO einen Bericht veröffentlicht, worin es heißt, daß
der Gazastreifen 2020 nicht mehr bewohnbar sein wird. Die Grundwasserleiter
sind leer. Die Israelis nahmen sich, was sie konnten, bevor sie abzogen. Heute
sind die Grundwasserleiter unter Gaza, die sehr flach in Meeresnähe verlaufen,
bereits mit Salzwasser versetzt, das vom Meer eingedrungen ist. Menschen, die
dieses Wasser trinken, werden krank. Gaza braucht deshalb sofort eine
Entsalzungsanlage, die jährlich 500 Mio. m3 Wasser produziert.
Ich habe kürzlich den palästinensischen Wasserminister auf einer Konferenz
in Stockholm getroffen, und er sagte, man bettle in Europa um weitere 250 Mio.
Dollar. Katar und Saudi-Arabien hätten bereits 250 Mio. Dollar zugesagt - die
Hälfte der veranschlagten Kosten. Doch aus Europa käme nichts. Dabei könnten
250 Mio. Dollar Millionen von Menschenleben in Gaza retten! Gleichzeitig
stützen die Europäische Zentralbank und die europäischen Regierungen die
Banken - nicht mit Hunderten Millionen, sondern mit Hunderten
Milliarden Dollar. Das ist eine wahrhafte Tragödie und ein moralisches
Desaster. Und das ist nur ein Aspekt des Wasserproblems.
Inzwischen gibt es auch schwimmende Kernkraftwerke, die die Russen für ihre
arktischen Regionen bauen. Das sind kleine Kernreaktoren, die auf Schiffen
montiert sind und entlegene Regionen an der Küste mit Strom versorgen sollen.
Das gleiche ließe sich natürlich auch im Mittleren Osten verwirklichen, und
zwar sehr schnell. Solche Anlagen könnten in Deutschland, Schweden, Frankreich
oder anderen Ländern gebaut und dann an beliebige Küstenregionen gebracht
werden, wo sie Wasser entsalzen oder Strom für die Industrie und andere
Verwendungen produzieren würden. Helga erwähnte bereits, daß es Pläne gibt,
Kernkraftwerke in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Saudi-Arabien zu
bauen - das wäre ein erster Anfang.
Nur eines zu den Vereinigten Arabischen Emiraten: Die vier Kernreaktoren,
die Korea dort baut, sollen etwa 20 Mrd. Dollar kosten. Man macht sich keine
Vorstellung davon, was für eine Verschwendung in diesen Ländern herrscht. Abu
Dhabi zum Beispiel - das die Reaktoren finanziert - zahlt an Dubai, ein
anderes Emirat, 20 Mrd. Dollar pro Jahr, um Schulden an die internationalen
Banken zu begleichen, die ihrerseits den Immobilienboom in Dubai finanzieren.
Das gesamte Dubai-Wunder basiert auf Schulden - eine der größten Gaunereien in
der Geschichte. Dabei wird noch nicht einmal moderne Technologe verwendet.
Wenn man nach Dubai kommt, sieht man sofort die riesigen Verkehrsstaus, denn
man hat zwar riesige Hochhäuser gebaut, aber die Straßen sind nicht groß
genug, um den Autoverkehr zu fassen. Jetzt denkt man in Dubai darüber nach,
Nahverkehrssysteme zu bauen, aber das ist schwierig, weil man dafür Gebäude
abreißen müßte. Was für eine Verschwendung!
Der sogenannte Souveräne Fonds der Vereinigten Arabischen Emirate enthält
750 Mrd. Dollar, die in Fußballvereinen in Frankreich, England und anderswo
angelegt werden. Es ist schon fast sprichwörtlich, daß jeder Scheich dort
einen Fußballverein besitzt!
LaRouches Oasenplan
Im Grunde gibt es keinen Mangel an Ressourcen für Entwicklung. Der Iran
ist, wie Helga bereits sagte, das einzige Land im Mittleren Osten mit einem
aktiven Kernkraftwerk. Der ursprüngliche deutsche Entwurf von Siemens für das
Kernkraftwerk Buschehr sah sogar eine Entsalzungsanlage vor; beim jetzigen
russischen Entwurf fehlt diese. Der Iran muß also neue Pläne entwickeln, um
die Kernkraft auch für die Meerwasserentsalzung zu nutzen.
Man ist sich in der Region durchaus darüber bewußte, was erforderlich ist.
Auch in Ägypten gibt es Pläne, am Mittelmeer ein Kernkraftwerk zu bauen, wie
der ägyptische Wasserminister sagte, den ich in Stockholm traf. Pläne dieser
Art gibt es seit langem, da klar ist, daß man ohne Kernkraft die
Wasserversorgung in den Küstengebieten im Westen Ägyptens nicht sicherstellen
kann.
Bild: EIRNS
Abb. 14: Schon in den 1980er Jahren legte Lyndon LaRouche seinen Oasenplan
als Grundlage für einen Frieden im Nahen Osten vor.
Dieses gesamte Konzept basiert auf LaRouches Oasenplan (Abbildung
14), wie ihn Helga schon beschrieben hat. Danach sollen Kanäle zum Roten
Meer und zum Toten Meer führen. Das Tote Meer liegt 430 m unter dem
Meeresspiegel, und es verliert immer mehr Wasser, weil Israel, Syrien und
Jordanien Wasser aus dem Jordan, dem Litani und anderen Flüssen entnehmen.
Somit sinkt der Wasserspiegel des Toten Meeres erheblich ab, doch man kann es
mit Salzwasser aus dem Mittelmeer wiederauffüllen.
Außerdem könnte man einen Kanal vom Roten Meer zum Toten Meer bauen, wobei
man den Höhenunterschied zur Erzeugung von Wasserkraft nutzen kann. Mit dem so
erzeugten Strom könnte man Wasser entsalzen, das in Jordanien dringend
gebraucht wird. Wegen all der politischen Instabilitäten liegt das Projekt
derzeit jedoch auf Eis. Allerdings wären die Ingenieure jederzeit bereit, es
wieder in Angriff zu nehmen.
Hieran wird klar, das Paradox, von dem ich bereits sprach - daß man keine
Entwicklungsprojekte beginnen könne, bevor nicht Frieden herrsche, oder daß
man erst politische Stabilität schaffen müsse, um dann die Wirtschaft
aufzubauen - in keiner Weise zutrifft. Genau das war auch das Problem mit dem
Osloer Friedensprozeß.
In einem Interview nach Unterzeichung der Osloer Verträge im Weißen Haus im
September 1993 hatte Herr LaRouche gesagt, am vordringlichsten sei jetzt,
sofort mit der Umsetzung wirtschaftlicher Entwicklungsprojekte - wie dem Kanal
von Gaza zum Toten Meer - zu beginnen. Denn wenn man warte, bis alle Fragen
politisch ausdiskutiert wären, würde es den Feinden des Fortschritts und der
Menschheit wie Kissinger und seinen Kumpanen gelingen, Leute wie [den früheren
israelischen Ministerpräsidenten] Scharon dazu anzustacheln, das ganze
Abkommen in Blut und Chaos zu ertränken.
Genau das ist auch passiert. Oslo und der Friedensprozeß sind jetzt tot.
Sie können jedoch wiederbelebt werden. Wir dürfen ihn nicht aufgeben, das wäre
das letzte, was man tun sollte.
Frieden und Stabilität lassen sich nur durch wirtschaftliche Entwicklung
erreichen. Das wäre mit dem Osloer Abkommen möglich gewesen, aber die
Vereinigten Staaten und Europa wollten es nicht. Sie ermunterten die
Palästinenser lediglich zu Tourismusprojekten in Bethlehem und Jerusalem, um
europäischen und amerikanischen Touristen ein paar Souvenirs zu verkaufen. Auf
Feldern in den Palästinensergebieten, wo es kaum Wasser gibt, wurden sogar
Blumen für den Export angebaut. Es hieß, damit ließe sich schnelles Geld
verdienen, das man dann in wirtschaftliche Entwicklungsprojekte stecken
könnte. Auf diese Weise wurde mit dem Wasser, das eigentlich gebraucht wurde,
um die palästinensische Bevölkerung zu ernähren, Gemüse und Blumen für den
Export nach Europa produziert.
Das gleiche passiert in Ägypten. Das Land exportiert Gemüse und Früchte,
aber muß Weizen und Reis aus den Vereinigten Staaten importieren, um die
eigene Bevölkerung zu ernähren.
Die gesamte Politik der Vereinigten Staaten und Europas gegenüber Palästina
und Israel war ein einziges Desaster. Sie leistete überhaupt keinen Beitrag,
sondern besiegelte das Scheitern des Friedensprozesses.
Das haben LaRouche und seine Organisation die ganze Zeit lautstark
ausgedrückt. Und das war der Grund, warum ich mich 1994 dieser Organisation
angeschlossen habe. Ich lebte damals in Oslo, wo ich verschiedene
Palästinenser und Israelis getroffen habe. Ich hatte als Übersetzer mit
palästinensischen und israelischen Kindern zu tun, die sich dort zu einem
Kulturfestival anläßlich der Unterzeichnung des Osloer Abkommens aufhielten.
Erstmals traf ich dort auch Leute vom Schiller-Institut, die ständig über
Wirtschaftsentwicklung sprachen. Ohne wirtschaftliche Entwicklung werde es
keinen Frieden geben.
Ich dachte mir: O mein Gott! Zwei Jahre zuvor hatte ich den Irak nach den
schrecklichen Kriegen verlassen und war noch ganz eingenommen davon. Dann kam
jetzt jemand daher und sagte, Kriege könne man durch wirtschaftliche
Entwicklung verhindern: Ohne Entwicklung der Wirtschaft oder wenn Länder für
ihr Überleben voneinander abhängig sind, werde es weder Frieden noch
Stabilität geben. Aus diesem Grund trat ich der Organisation bei. Es gab
natürlich noch andere Gründe, aber das war das wichtigste: Jemand hatte eine
neue Idee, nachdem alle anderen Ideen nicht funktionierten. Und das konnte
funktionieren.
Das Schiller-Institut kann diese Projekte jedoch nicht allein umsetzen. Wir
müssen die Politiker und Nationen dafür gewinnen.
Die zweite Quelle zur Bereitstellung von Wasser ist, wie gesagt, die
Entsalzung von Meerwasser, das es praktisch überall gibt. Man muß nur das Salz
entfernen und man hat Trinkwasser. Dafür braucht man gewaltige Energiemengen.
Die Kernkraft und vor allem neue Generationen von Kernkraftwerken -
Hochtemperaturreaktoren - können diese Energie erzeugen.
Grundwasser richtig nutzen
Die dritte Wasserquelle sind die sogenannten Grundwasserleiter. Und es gibt
sogenannte Wasserscheiden.
Die Eindämmung der Wüsten muß als globale Aufgabe verstanden werden. Ich
würde sogar sagen, wir müssen Krieg führen. Ich wünsche mir eine andere Art
des Krieges in Südwestasien, einen Krieg gegen die Wüste. Man kann der
Wüste nicht mit kleinen Projekten hier und da beikommen, wie es von seiten der
Vereinten Nationen, der FAO und der Europäischen Union geschieht. Diese helfen
niemandem. Man muß solche Projekte generalisieren.
Dabei hilft es zu wissen, daß die Wüste bestimmte Schwachstellen hat. Man
kann die Wüste somit in einzelne Regionen unterteilen, wo es verschiedene
Wasserquellen gibt. Nehmen wir als Beispiel die Atlas-Gebirgskette in
Nordafrika, die eine Wasserscheide hat. Franklin Roosevelt sprach in dem Buch
seines Sohnes bereits von unterirdischen Flüssen und fragte, warum diese
Wüstengegenden nicht entwickelt seien. Er meinte, der Regen, der in den Bergen
fällt, versickere im Boden und verschwinde unter dem Sand. Würde man dieses
Wasser umleiten, könnte man die Wüste begrünen. Das waren Roosevelts
Vorstellungen schon in den 1940er Jahren. In den Vereinigten Staaten hatte er
es geschafft, das Imperial Valley zu begrünen, und er hatte die Tennessee
Valley Authority aufgebaut. In den Vereinigten Staaten wußte man also, worum
es hier ging.
Ich werde auf die Frage der Wasserscheide und die Regenfälle in den Bergen
weiter unten noch zurückkommen.
Bild: http://www.transaquaproject.com
Abb. 15: Das Transaqua-Projekt sieht vor, durch den Bau eines schiffbaren
Kanals Wasser aus dem Kongo-Becken nach Norden zu führen, um den Tschadsee
wieder aufzufüllen.
Mitten in Afrika kann man mit Hilfe des Transaqua-Projekts (Abbildung
15) neue Wasserquellen nutzen, man kann die Kernkraft einsetzen und die
Wüsten vom Norden und Westen angreifen, und der Transaqua-Kanal durchschneidet
die Wüste. Man verkleinert die kumulativen Effekte der Wüste insgesamt, indem
man sie in Sektoren unterteilt und gegen diese Sektoren mit den drei genannten
Wasserquellen vorrückt.
Außerdem gibt es den Afrika-Paß, worüber unser Freund Aiman sprechen wird.
Man hat Entsalzungsanlagen, es gibt die türkischen Projekte, die
Grüngürtel-Projekte, das Iran-Rood-Projekt, das Aralsee-Projekt und auch
Projekte in China. Allein über die chinesischen Projekte könnte man einen
ganzen Tag diskutieren. Das sind unglaubliche Vorhaben - die größten
Wasserumleitungsprojekte in der Menschheitsgeschichte. Darauf möchte ich aber
nicht weiter eingehen.
Generell ist aber die Vorgehensweise, die Wüste in Sektoren, in einzelne
Frontabschnitte zu unterteilen und jeden davon mit den verfügbaren
Wasserquellen zu attackieren. Dann ist Entwicklung möglich.
Die dritte Quelle ist also das Grundwasser, wogegen aber in internationalen
Organisationen wie dem UN-Entwicklungsprogramm, in Umweltorganisationen und
anderen Gruppierungen eine enorme Angstmache betrieben wird. Sogar Regierungen
beteiligen sich daran.
Das Schauermärchen lautet: Man darf kein Wasser aus dem Boden abpumpen,
insbesondere deshalb, weil das Wasser irgendwann versiegt und der Boden
versalzt und vergiftet wird. Gleichzeitig heißt es, Kernkraft ist verboten. Es
wird ein ungeheurer Aufwand betrieben, um Länder daran zu hindern, das
Grundwasser zu nutzen; sie sollen lieber verdursten, als die Möglichkeiten zu
nutzen, die es gibt.
Die Megawasserscheide
Hierfür ist die Raumfahrttechnologie, mit der sich Ali [Sharaf] intensiv
beschäftigt hat, sehr nützlich. Ich möchte hier nur zwei Wissenschaftler
nennen, die vor allem für das von ihnen entwickelte Modell der
Megawasserscheide bekannt geworden sind. Das sind Robert Bisson und Farouk El
Baz, ein ägyptisch-amerikanischer Wissenschaftler, der schon vor der
Mondlandung für die NASA arbeitete und damals den Mond vermessen hat. Er ist
inzwischen sehr alt, aber noch aktiv. Immer wieder fährt er nach Ägypten und
wirbt dort für sein Projekt, das er als „Entwicklungskorridor“ bezeichnet -
ein Niltal neben dem Nil.
Abb. 16: (a) Die übliche Vorstellung des Wasserkreislaufs (oben) und
(b) das von Robert Bisson und Farouk El Baz entwickelte Modell der Megawasserscheide (unten)
Aber das nur am Rande. Die beiden Forscher widersprechen vor allem der
traditionellen Sicht, wie das Grundwasser entsteht. Nach traditioneller
Auffassung fließt der meiste in den Bergen fallende Niederschlag als
Oberflächenwasser über Bäche und Flüsse letztlich ins Meer ab. Vieles davon
verdunstet (Abbildung 16a). Ein kleiner Teil aber versickert im Boden
und sammelt sich in dem Sedimentgestein und den darunter liegenden
Gesteinsschichten. Das so eingeschlossene Wasser bildet dann horizontale,
lokale Grundwasserleiter (Abbildung 16b).
Das Problem in Südwestasien, wo es nicht immerzu regnet, ist, daß das
eingeschlossene Wasser übermäßig genutzt wird, was sicherlich zutrifft. Im
Falle Gazas kann das zu einem großen Problem werden. Die herkömmliche Theorie,
die bei den Vereinten Nationen und anderen Organisationen als Zweig der
Meteorologie akzeptiert ist, klammert aber eine andere Idee aus, die von El
Baz und Bisson aufgebracht wurde: Das sogenannte
Megawasserscheiden-Modell.
Es beruht auf Fernerkundungsverfahren mit Hilfe der Weltraumtechnologie.
Hier ist eine Kurzfassung ihrer Idee - die ausführliche Studie findet sich im
Internet. Sie gehen davon aus, daß die meteorologischen Meßstationen
weitgehend nur den Regen und Schnee erfassen, der in niedrigeren
Gebirgsregionen fällt. Ihrer Meinung nach fällt jedoch der meiste Niederschlag
in den hohen Bergregionen, wo er nur schwer zu messen ist. Somit werden bis zu
80% des tatsächlich anfallenden Regenwassers gar nicht erfaßt.
Aufgrund von Verschiebungen der Erdkruste bei der Entstehung der Gebirge in
früheren geologischen Zeitaltern haben sich viele Spalten gebildet - sogar
sehr große Spalten, die meist senkrecht verlaufen. Über diese Spalten findet
das Wasser seinen Weg in zum Teil weit entfernte Gebiete. Das sind riesige
Wassermengen, die nirgends erfaßt werden, und sie haben die besondere
Eigenschaft, Hunderte und manchmal Tausende Kilometer zu wandern. Man findet
tatsächlich unterirdisches Wasser an Stellen, wo man es nie vermuten würde.
Die beiden Wissenschaftler haben auf diese Weise riesige unterirdische
Wasserspeicher gefunden, so wie Farouk El Baz 2006 in Darfur. Inmitten der
Darfur-Krise besuchte er den Sudan und stellte der Regierung seine
Untersuchungsergebnisse vor.
Die Kämpfe in Darfur waren ursprünglich keine politischen Kämpfe, sondern
wurden erst von den Briten und ihren Anhängern in den USA zu einem politischen
Konflikt gemacht. In Darfur stritten sich verschiedene Stämme seit einiger
Zeit um das Wasser - Nomadenstämme gegen seßhafte Stämme. Bis dann einige
Leute auf die blendende Idee kamen, daraus eine politische Krise zu
machen.
Zu diesem Zeitpunkt fuhr El Baz in den Sudan und teilte der Regierung mit,
daß sich unter Darfur ein riesiger See befinde, der so groß wie der Erie-See
in den USA sein könnte. Man könnte sofort 100 große Brunnen bohren, aus denen
sich 100 Jahre lang Wasser pumpen ließe. Er würde dafür bürgen. Mit diesem
Wasser könnte man in Darfur Frieden schaffen.
Bild: NASA
Abb. 17: Durch den Einsatz von Erderkundungs-Satelliten wurden unterirdische Flüsse entdeckt - wie hier unter der Wüste im Osten Libyens
Bei ihren Untersuchungen entdeckten die beiden Forscher mit Hilfe von
Satellitendaten sogenannte unterirdische Flüsse, die dadurch entstanden sind,
daß Regen, der in den afrikanischen Bergen gefallen ist, sich im Untergrund
gesammelt und sog. antike Flüsse gebildet hat (Abbildung 17).
Bild: NASA
Abb. 18: Unter der sudanesischen Provinz Darfur liegt ein unterirdischer See von der
Größe des Eriesees, dessen Wasser genutzt werden könnte, um die Region zu entwickeln
In Darfur, so zeigte Al Baz, hätte sich schon während der Eiszeit unter dem
Sand ein riesiger See gebildet, den man nicht direkt sehen, sondern nur mit
Hilfe von Raumfahrttechnologien sichtbar machen könnte. Dieser See existiere
bereits seit mindestens 5000 Jahren und speise die tiefen Grundwasserleiter,
die jetzt unter Darfur liegen (Abbildung 18).
Die Entdeckung von Wasser im südlichen Ägypten wird ausgedehnten Landbau
direkt in der Wüste ermöglichen. Der „Große von Menschen gemachte Fluß“ in
Libyen, über den Wasser abgepumpt wird, ist ein weiteres Beispiel. Das Problem
dabei ist, daß das gesamte Wasser zur Küste, in die Hauptstadt und andere
Landesteile gepumpt wird und so die Wüste keinerlei positiven Nutzen von dem
Wasser hat.
Einen antiken Fluß gibt es auch unter Saudi-Arabien. Er kommt aus dem
Hochland, an dem, wie ich gezeigt habe, die Sandstürme abbiegen, und auch von
den Hedschas-Bergen wird Wasser nach unten geführt. Früher war dies ein
oberirdischer Fluß, von dem heute nur noch einige Oasen übrig geblieben sind.
Zu Harun al-Raschids Zeiten nahmen die Pilger diesen Weg, der sich damals
Zubaida-Straße nannte. Als die Frau von Harun al-Raschid nach Mekka pilgerte,
machte sie auf ihrem Weg vom Irak Rast an diesen Oasen. Darüber gibt es viele
historische Belege.
Man kann also Wasser in sehr großer Menge finden, das genauso wie das Öl im
Boden liegt. Es werden ja am Boden und aus dem Weltraum enorme Anstrengungen
gemacht, um weitere Ölquellen zu finden, aber nur sehr wenig wird unternommen,
um Wasser zu finden. Tatsächlich befinden sich unter der saudischen Wüste und
unter der afrikanischen Wüste gewaltige Wassermengen; allerdings stimmen nicht
alle dieser Theorie zu, obwohl El Baz sie wiederholt bewiesen hat.
Dann wieder heißt es, das Wasser sei seit Millionen von Jahren dort
gespeichert, und es müsse für zukünftige Generationen bewahrt werden. Man
dürfe es der Nachwelt nicht wegnehmen. Wenn es denn aber für zukünftige
Generationen bestimmt ist, muß eine Generation damit anfangen. Für die
Menschen vor uns sind wir die nächste Generation. Aber nach dieser verrückten
Idee darf das Wasser nicht angerührt werden; es sei für die zukünftigen
Generationen.
Natürlich wird es zukünftige Generationen geben, und wir können diesen
Generationen mit Hilfe des Wassers begrünte Wüsten hinterlassen! Aber damit
müssen wir heute beginnen.
Die Wasserscheiden-Theorie ist ein praktisches Modell, und eine Firma
namens Earth Water Technology, über die sich auf YouTube einiges
findet, hat nach diesem Modell Brunnen in Trinidad-Tobago gebohrt, als es dort
eine schwere Wasserkrise gab. Sie half der Regierung, mit niedrigen Kosten
nach Wasser zu bohren, anstatt einen teuren Staudamm zu bauen. Das war ein
schlagender Beweis.
Auch im Leeren Viertel, der riesigen Sandwüste im Süden Saudi-Arabiens, hat
man Brunnen bis über einen Kilometer tief gebohrt und ist auf Wasser gestoßen.
Das Wasser wird vom Leeren Viertel nach Jeezan City im Südwesten
Saudi-Arabiens geleitet. Das ist ein begrenztes Projekt, weil es sich um
Wasser und nicht um Öl handelt, und nur daran wäre die Ölindustrie
interessiert.
Agrarpolitik
Neben den Wasserquellen muß natürlich auch die Landwirtschaft selbst
entwickelt werden. Dabei steht eine Frage ganz im Vordergrund. Meistens geht
es dabei nur um die Wassermengen. Aber genauso wie bei der Energie spielt auch
der hierfür von Lyndon LaRouche geprägte Begriff der Energieflußdichte eine
Rolle. Es geht nicht nur darum, genügend Energie zu haben, sondern man muß die
Energie in möglichst konzentrierter Form nutzen, um den größten Effekt zu
erzielen.
Das gleiche läßt sich auf Wasser anwenden, so daß man auch von
Wasserflußdichte sprechen kann. Man darf Wasser nicht einfach irgendwie
benutzen, denn ein Kubikmeter Wasser ist keineswegs ein Kubikmeter Wasser im
herkömmlichen Sinn. Seine Nutzung hängt von der technologischen Höhe der
Wirtschaftsentwicklung ab. Es müssen neue wassersparende Bewässerungs- und
Anbautechniken, und mit der Biogenetik müssen neue resistente Samen, Pflanzen
und Bäume entwickelt werden.
Zwei neue Techniken für den Treibhausanbau, die Hydroponik und Aeroponik,
sind sehr effizient. Man braucht keine Erde dafür. In den Vereinigten
Arabischen Emiraten, aber auch in Australien und anderen Ländern sind sie
schon recht verbreitet. Die Aussaat erfolgt in faserhaltige Behälter, die in
mit Nährstoffen angereichertes Wasser gestellt werden. Keimung und Wachstum
sind sehr schnell und die Erträge hoch.
Das andere Verfahren heißt Aeroponik. Dabei sind die Wurzeln nicht von
Wasser umgeben, sondern sie hängen - wie bei den Hängenden Gärten - in der
Luft und werden direkt mit nährstoffhaltigem Wasser befeuchtet. Auf diese
Weise spart man große Mengen Wasser. Auch stellt sich die Frage der
Verdunstung nicht, weil sich alles in Treibhäusern abspielt und alles
verdunstete Wasser recycled wird.
Statistisch gesehen ist diese Methode im Vergleich zum Feldanbau extrem
effizient.
Im Mittleren Osten ist es durchaus üblich, daß man die Felder mit Wasser
überflutet, die Pflanzen soviel Wasser aufnehmen läßt, wie sie brauchen, und
der Rest wird Gott (oder der Verdunstung) überlassen. Das ist nach unserem
Plan nicht mehr zulässig! Wir werden moderne Techniken einsetzen, um die
gleiche Menge Wasser effizienter einzusetzen, zum Beispiel mit der sogenannten
Tropfen-Methode, die verbreitet in Australien und Israel verwendet wird. Vor
allem an der Universität des Negev sind in Israel solche Technologien
entwickelt worden. Es gibt umfangreiche Studien darüber.
Wenn man das Wasser direkt der Pflanze zuführt, wird kein Wasser in der
Umgebung verschwendet. Noch höher entwickelt ist die unterirdische
Bewässerungstechnik. Vor der Pflanzung müssen Schläuche in den Boden
eingebracht werden, so daß das Wasser direkt an die Wurzeln gelangt. Es muß
dann nicht mehr von der Oberfläche bis zu den Wurzeln durchsickern. Auf diese
Weise läßt sich bis zu 90% Wasser sparen. Mit Hilfe der modernen Wissenschaft
und neuen Technologien kann man die Wasserflußdichte erhöhen, indem man das
Wasser höchstmöglich konzentriert.
Eine Warnung
Ich möchte jedoch zwei Dinge zu bedenken geben. Eines betrifft die Türkei.
Bei dem beeindruckenden türkischen Projekt, über das wir gesprochen haben,
gibt es ein großes Problem. Denn die türkische Regierung will unter Mithilfe
des US-Landwirtschaftsministeriums die Region zu einem der größten
Baumwollanbaugebiete der Welt machen. Baumwolle ist jedoch bekanntermaßen eine
der durstigsten Feldfrüchte. Sie benötigt vier- bis fünfmal soviel Wasser wie
Weizen. Das heißt, eine Baumwollplantage braucht ungeheure Mengen Wasser und
auch Düngemittel. Der Aralsee ist nahezu ausgetrocknet, weil die Sowjets an
den Ufern des Sees Baumwolle anbauten. Deswegen ist das ein wirkliches
Problem.
Man meint, man könne die Baumwolle billig exportieren, weil man ja genug
Wasser habe. Aber das Wasser ist überhaupt nicht billig. Wenn man es richtig
benutzen würde, wäre es mehr wert als Öl. Das Problem hier ist also eine
falsche Agrarpolitik.
Ein anderes Beispiel. In Saudi-Arabien gab es in den achtziger und
neunziger Jahren ein beeindruckendes Projekt zur Erzeugung von Weizen, wodurch
das Land vom Nettoimporteur zum sechstgrößten Exporteur von Weizen auf der
Welt wurde. Auf den Bildern sieht das sehr imposant aus. Die Anbauflächen
lagen in einem Hochland, wo der erwähnte alte Fluß verlief, und man hat
einfach Wasser hochgepumpt. Die Weizenfelder wurden mit
Kreisberegnungssystemen bewässert, was in einem anderen Klima durchaus
effektiv ist. Aber wenn man sich umschaut, findet man keine Bäume. Wo sind die
Palmen, die Schatten spenden? Wo sind Olivenbäume oder Weinstöcke?
Deswegen meine ich, die Saudis sollten den Koran etwas genauer lesen!
Es wurde solange angebaut, bis der Boden ausgelaugt war, und dann suchte
man sich eine neue Fläche. Und da sonst nichts anderes geschah, blieben die
Sandstürme und die Wüste unbeeinflußt.
Das Projekt wurde inzwischen eingestellt, weil es ein Totalausfall war.
Saudi-Arabien hat keinen eigenen Agrarsektor; man holte ausländische Firmen
ins Land, die den Weizen produzierten und exportierten. Es gibt keine
erfahrenen Landwirte, und vor Ort wurde keinerlei Infrastruktur aufgebaut. Es
wurde nicht versucht, Wälder anzupflanzen, die das Klima verändern und Wasser
und Boden schützen würden. Eine solche Politik ist völlig verfehlt.
In zehn Jahren wurden bei dem Projekt schätzungsweise 300 Mrd.
m3 Wasser verbraucht, das ist sechsmal des jährlichen Ablaufs des
Nils, und es hatte keinerlei Effekt auf die Wüste. Das Wasser wurde einfach
vergeudet.
Natürlich sollen die Länder ihre Nahrungsmittel anbauen, aber nicht so. Man
muß so vorgehen, wie wir es eben beschrieben haben: Feldfrüchte werden
kombiniert, um so ein anderes Klima zu schaffen, und man wechselt die
Fruchtfolge. So wird der Boden geschont, man spart Wasser und verändert das
Klima. Alles andere ist der falsche Weg. Es sieht zwar beeindruckend aus, aber
es verändert nichts. Inzwischen ist dort fast der gesamte Anbau eingestellt
worden; nur sehr wenig ist noch übrig.
Das gleiche gilt für die petrochemische Industrie, die nur auf billige
Exporte aus ist, wie wir in einer neuen EIR-Studie zeigen werden. Am
Golf wird zwar massiv in die petrochemische Industrie investiert, aber alles
ist exportorientiert; das Land und die Bevölkerung haben nichts davon.
Ausländische Konzerne kommen nach Saudi-Arabien und nutzen das billige Gas, um
Aluminium, Eisen usw. zu produzieren, aber alles geht in den Export. Nichts
verbleibt im Land. Es hat keine Auswirkungen auf die Realwirtschaft und die
Bevölkerung.
Verkehr und soziale Entwicklung
Die Saudis und andere bauen in der Region zwar Eisenbahnen, die aber nur zu
den Phosphat- und Bauxitminen im Norden Saudi-Arabiens führen. Nur wenn wir so
vorgehen, wie Helga es vorgeschlagen hat, kann man die Region sehr schnell an
den Rest der Eurasischen Landbrücke anschließen. Ansonsten bleibt die Region
so isoliert, wie sie ist.
Am Golf gibt es riesige Häfen und Flughäfen, wie etwa in Dubai. Aber sie
haben keinen Effekt. Man braucht vielmehr landgestützte Transportsysteme, mit
denen sich die Verbindung nach Asien herstellen ließe, denn Dubai, Iran und
Irak sind die größten Einfuhrländer von Gütern, die in Dubai ankommen. Die
dortige Wirtschaft sollte deswegen mit der iranischen Wirtschaft integriert
werden, anstatt ständig neue Kriege anzuzetteln.
Auch die Frage der sozialen Entwicklung spielt bei der Erstarkung des
Fundamentalismus und der Gefahr von Religionskriegen eine entscheidende
Rolle.
In Südwestasien ist die Lage sehr paradox, was Lebensstandard, Kultur,
Bildung, wirtschaftliche und finanzielle Stärke angeht. Spätestens seit der
Ölkrise 1973 zerfallen die Länder in zwei Kategorien: Die reichen Ölstaaten
und die armen Vettern. Die ölexportierenden Staaten des Golf-Kooperationsrates
sind die reichen, mit kleiner Bevölkerung und großen Bodenschätzen. Sie
gehören dem britisch-imperialen Club an und werden von den USA und Europa
gehätschelt. Die anderen haben weniger Bodenschätze und große Bevölkerungen,
sind aber bei Großbritannien und den Vereinigten Staaten in Ungnade gefallen.
Das sind Iran, Irak, Syrien, Libanon, die Palästinenser und Ägypten. Jordanien
bewegt sich zwischen diesen beiden Lagern hin und her.
Ein weiteres Paradox ist, daß in den scheinbar armen Ländern das Niveau an
Bildung, Berufsausbildung und historischer Identität sehr viel höher ist. In
den reichen Ländern herrscht eine merkwürdige Mischung zwischen materiellem
Reichtum, primitiven Traditionen und religiösem Fundamentalismus, vor allem
dominiert durch die salafistische Wahabi-Lehre.
Das Vorbild dieser sogenannten reichen Länder ist das venezianische
oligarchische System. Technologischer Fortschritt ist willkommen, aber nur als
pragmatisches Machtinstrument, nicht zur Hebung der kulturellen und
materiellen Lebensbedingungen der Bevölkerung oder der zukünftigen
Generationen. Eine gebildete Mittelschicht wäre eine politische Gefahr für die
herrschenden Familien.
Es herrscht ein gewaltiges Ungleichgewicht zwischen den wenigen
einheimischen Arbeitskräften und ausländischen Arbeitskräften. Im Privatsektor
Saudi-Arabiens sind 80-90% der Beschäftigten Gastarbeiter, während viele
saudische Jugendliche arbeitslos sind. Sie besuchen statt dessen
Religionsschulen. Daraus werden in naher Zukunft noch schwerwiegende Probleme
erwachsen, wenn die Arbeitslosigkeit unter den Einheimischen weiter zunimmt
und sich die Arbeitsbedingungen unter den Gastarbeitern verschlechtern, da
deren Löhne mit dem globalen Preisanstieg nicht mithalten werden. Es ist immer
schwierig gewesen, eine Gesellschaft mit Haussklaven aufrechtzuerhalten.
Anderswo müssen viele der besten und gebildetsten Köpfe aufgrund der vielen
Kriege, Bürgerkriege, politischer Unterdrückung und des Überfalls
ausländischer Armeen - wie im Irak - oder des Unwesens vom Ausland
unterstützter Terrorgruppen - wie heute in Syrien - ihre Länder verlassen.
Die Wirtschaftssanktionen gegen den Irak, Iran und Syrien sowie die gegen
Ägypten betriebene Politik von IWF und Weltbank haben zu einer
Verschlechterung des Lebensstandards, der Infrastruktur und des Bildungswesens
geführt.
All das hat diese Länder um viele Jahrzehnte zurückgeworfen. Unser
Entwicklungsprogramm für die Region würde diese Ungleichgewichte drastisch
verschieben, da es darauf abzielt, den Finanz- und Rohstoffreichtum, die
Fähigkeiten der Menschen und der Industrie auf ein Ziel für alle diese Länder
auszurichten. Die einheimische Jugend erhielte eine Ausbildung, um sich beim
Aufbau ihrer Länder beteiligen zu können - auf ähnliche Weise, wie Franklin
Roosevelt mit dem New Deal und dem damit verbundenen Civilian Conservation
Corps (CCC) die Arbeitslosen Amerikas während der Depression von den Straßen
holte und die USA während und nach dem Zweiten Weltkrieg so zur stärksten
Wirtschaftsmacht der Erde machte.
Die Abwanderung der besten Arbeitskräfte würde aufhören, und
Hunderttausende Wissenschaftler und gut ausgebildete Fachkräfte, die jetzt im
Ausland arbeiten oder nach Europa oder Amerika ausgewandert sind, könnten
gefahrlos in ihre Heimat zurückkehren und wieder ihren Ländern dienen.
Der Finanz- und Rohstoffreichtum sowie der gesamte Kredit, der sich in den
reichen Ländern erzeugen läßt, könnte kurzfristig mit den fachlichen
Fähigkeiten der Arbeitskräfte in den anderen Ländern aufgewogen werden, damit
der wirtschaftliche Wiederaufbauprozeß sofort in Gang gesetzt werden kann.
Durch die Gründung einer gemeinsamen Behörde als oberstes Vollzugsorgan der
relevanten Länder in der Region, die für die gemeinsame Umsetzung der Projekte
und die Verteilung der Kredite an die einzelnen Länder verantwortlich ist -
anstatt radikale Kämpfer und Waffen über die Grenzen in andere Länder zu
entsenden -, können diese Projekte sofort anlaufen.
Jedes Land würde an seinen nationalen sowie gleichzeitig an regionalen
Projekten arbeiten, die an einer gemeinsamen Infrastrukturentwicklung
orientiert sind und geeigneten technischen Baustandards und Systemabläufen
entsprechen. Ein gemeinsames Kreditsystem, das über eine Entwicklungsbank oder
einen Marshallplan-Fonds abgewickelt wird, kann die Kreditlücke zu den öl- und
wasserarmen Ländern schließen. Länder wie Jemen und Jordanien dürfen nicht der
Gnade des IWF oder Obamas Drohnen überlassen bleiben. Ein Land wie Jordanien
wird Hilfe beim Bau seines ersten Kernkraftwerks erhalten, um seine
Bodenschätze wie Phosphat und Uran nutzen zu können. Es könnte innerhalb von
einer Generation zu eigenem Reichtum gelangen, anstatt verzweifelt auf Almosen
aus den USA, der EU, vom IWF oder der Weltbank zu warten.
Durch den Austausch von Knowhow, beispielsweise im Umgang mit Wüsten,
lassen sich landwirtschaftliche Fragen sehr wirksam durch die Einrichtung
gemeinsamer Forschungseinrichtungen unter dem gemeinsamen Vollzugsorgan
angehen. Dadurch, daß Briten, Saudis und Amerikaner in der gesamten Region bis
hin zum Kaukasus und China religiösen Haß und Feindseligkeiten anzetteln,
droht dort überall ein Dreißigjähriger Religionskrieg, von dem sich die Region
nie mehr erholen könnte.
Es brauchte Hunderte von Jahren, um die Wunden der Kreuzzüge und
Mongoleninvasion gegen die östlichen Islamstaaten mit ihrem Zentrum in Bagdad
zu heilen. Selbst nach vielen hundert Jahren gleicht die Region nicht im
entferntesten der Zeit unter dem frühen Abbasiden-Kaliphat und der
Renaissance, die im 8. und 9. Jahrhundert in Bagdad aufgeblüht war. Den
Kreuzzügen und der Mongoleninvasion 1258 waren fast einhundert Jahre ähnliche
religiöse Auseinandersetzungen vorausgegangen. Genauso wie heute wurden
Zwietracht und politische Manipulationen über religiöse Fragen in der gesamten
Region gesät.
Dieser Teufelskreis muß und kann durchbrochen werden. Am allerwichtigsten
ist es natürlich, das mörderische geopolitische System des Teile und Herrsche
und das damit zusammenhängende Finanz- und Bankensystem unter Kontrolle des
Britischen Empire zu zerschlagen. Das wäre das beste Signal an diese Nationen,
von Zerstörung auf Wiederaufbau umzustellen.
Ich möchte mit einem Zitat Wilhelms von Kardorff aus seinem Buch „Gegen den
Strom“ schließen, der eine klare Vorstellung davon hatte, was das
Amerikanische System wirklich ist. Er schrieb:
„Nationaler Reichtum beruht laut Carey auf der hervorragenden,
vervollkommneten Herrschaft eines Volkes über die unentgeltlichen Kräfte der
Natur.
In je höherem Grade eine Nation 1. durch Fülle und Üppigkeit der
Vegetationskraft des Landes und die Mannigfaltigkeit seiner natürlichen
Erzeugnisse; 2. durch Vervollkommnung der Werkzeuge, mittels deren die
Naturkräfte den Menschen dienstbar gemacht werden (Kapital); 3. durch
intellektuelle Ausbildung ihrer Angehörigen (menschliche Arbeit) - befähigt
ist, sich jene Herrschaft zu erwerben, um so größer wird der Vorsprung sein,
den sie anderen Nationen im Wohlstande abzugewinnen vermag.“
Das ist die Voraussetzung dafür, die Gesellschaft umzugestalten.
Ich möchte Sie alle auffordern, sehr bald den Bericht zu lesen, den wir
derzeit zusammenstellen. Wie Helga sagte, kann man zwischen zwei Weltsichten
wählen. Man kann sich auf die Seite des Krieges für das Empire stellen und die
Zivilisation zerstören, oder man kann mithelfen, die Zivilisation
wiederaufzubauen.
Vielen Dank
Die Recherchen für diesen Vortrag entstammen der Arbeit eines Teams von
Executice Intelligence Review aus Europa und den Vereinigten Staaten, darunter
Dean Andromidas, Ali Sharraf, Marcia Merry Baker und Dennis Small. Chance
McGee und Matthias Kraume haben bei der Erstellung der Animationen für dieses
Projekt geholfen.