Die "Verfassung" des Schiller-Instituts von 1984
Das folgende Dokument ist so etwas wie die "Verfassung" des
Schiller-Instituts, die am 24. November 1984 auf der 3. internationalen
Konferenz des Schiller-Instituts in Washington von über 1500 Bürgern
aus mehr als 50 Ländern der Welt verabschiedet wurde. Wenn Ihnen der
Text irgendwie bekannt vorkommt, dann ist das kein Zufall. Es handelt
sich nämlich in weiten Passagen wörtlich um die amerikanische
Unabhängigkeitserklärung von 1776. Helga Zepp-LaRouche hatte damals nur
wenige Stellen verändert (die Abweichungen sind kursiv gekennzeichnet
und in den Anmerkungen im Original wiedergegeben) und auf diese Weise
die Grundidee der amerikanischen Gründerväter vom unveräußerlichen
Recht auf "Leben, Freiheit und das Streben nach Glück" ausgedehnt auf
alle Menschen und alle Völker der Erde.
Erklärung der unveräußerlichen Rechte aller Menschen
Wenn
es im Zuge der menschlichen Geschichte für die Völker notwendig wird,
die politischen Bande zu lösen, die sie miteinander verbunden haben,
und unter den Mächten der Erde ihren selbständigen und gleichen Rang
einzunehmen, zu dem Naturrecht und göttliches Recht sie berechtigen, so
erfordert eine geziemende Rücksichtnahme auf die Meinung der
Menschheit, daß sie die Gründe darlegen, die sie zur Trennung
veranlassen.
Wir halten diese Wahrheiten für selbstverständlich: daß alle
Menschen gleich geschaffen sind; daß sie von ihrem Schöpfer mit
unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind; daß dazu Leben, Freiheit
und das Streben nach Glück gehören; daß zur Sicherung dieser Rechte
Regierungen unter den Menschen eingesetzt sind, die ihre rechtmäßige
Macht aus der Zustimmung der Regierten herleiten; daß, wann immer
irgendeine Regierungsform sich als diesen Zielen abträglich erweist, es
Recht des Volkes ist, sie zu ändern oder abzuschaffen und eine neue
Regierung einzusetzen und diese auf solchen Grundsätzen aufzubauen und
ihre Gewalten in der Form zu organisieren, wie es ihm zur
Gewährleistung seiner Sicherheit und seines Glückes geboten zu sein
scheint. Gewiß gebietet die Klugheit, daß von alters her bestehende
Regierungen nicht aus geringfügigen und vorübergehenden Anlässen
geändert werden sollten; und demgemäß hat jede Erfahrung gezeigt, daß
die Menschen eher geneigt sind zu dulden, solange Mißstände noch
erträglich sind, als sich unter Beseitigung altgewohnter Formen Recht
zu verschaffen. Aber wenn eine lange Reihe von Mißbräuchen und
Übergriffen, die stets das gleiche Ziel verfolgen, die Absicht erkennen
läßt, sie absolutem Despotismus zu unterwerfen, so ist es ihr Recht, ja
ihre Pflicht, eine solche Regierung zu beseitigen und neue Bürgen für
ihre künftige Sicherheit zu bestellen.
So haben die Entwicklungsländer1 geduldig ausgeharrt, und so stehen sie jetzt vor der zwingenden Notwendigkeit, das
System von Verletzungen ihrer nationalen Souveränität durch das Diktat
supranationaler Institutionen zu ändern. Die Geschichte der
gegenwärtigen internationalen Finanzinstitutionen2 ist
von unentwegtem Unrecht und ständigen Übergriffen gekennzeichnet, die
alle auf die Errichtung einer absoluten Tyrannei über diese Staaten
abzielen. Zum Beweise dessen seien der gerecht urteilenden Welt
Tatsachen unterbreitet:
Sie haben unseren Entwicklungsplänen3 ihre Zustimmung verweigert, die für das Wohl der Allgemeinheit äußerst nützlich und notwendig sind.
Sie haben ihren Banken verboten, Geschäfte zu gleichen
Bedingungen abzuwickeln, die für uns von unmittelbarer und dringender
Wichtigkeit sind.
Sie haben uns Geschäftsbedingungen und Währungsverhältnisse
diktiert, die unser Recht als Gleiche in der Weltgemeinschaft aufhoben,
ein für uns unschätzbar wichtiges Recht, das nur Tyrannen furchtbar ist. 4
Sie haben eine Konferenz nach der anderen5 nach
ungewöhnlichen und unbequemen Plätzen einberufen, die von dem
Aufbewahrungsort ihrer öffentlichen Urkunden und amtlichen Unterlagen
weit entfernt lagen, zu dem einzigen Zweck, uns zur willfährigen
Unterwerfung unter ihre Maßnahmen zu bringen.
Sie haben wiederholt rechtmäßige Regierungen gestürzt, 6 weil sie mit männlicher Festigkeit ihren Eingriffen in die Rechte des Volkes entgegengetreten sind.
Sie haben sich lange Zeit hindurch und in vielen Fällen geweigert, nach solchen Regierungsstürzen andere republikanische Kräfte demokratisch7
wählen zu lassen; dadurch ist die gesetzgeberische Gewalt, die
untilgbar ist, an das Volk zurückgefallen, dem es nunmehr freisteht,
sie auszuüben; der Staat aber bleibt in der Zwischenzeit allen Gefahren
eines Einfalles von außen und Erschütterungen im Innern ausgesetzt.
Sie haben sich bemüht, das zur Industrialisierung dieser Staaten
notwendige Bevölkerungswachstum zu verhindern; sie haben zu diesem
Zweck zwangsweise Sterilisierungsprogramme durchgeführt und verweigern
den notwendigen Technologietransfer unter dem Vorwand des sogenannten
Umweltschutzes.
Sie haben die Gerechtigkeit untergraben, indem sie
undemokratischen Kräften, die ihnen nützlich erschienen, Unterstützung
und Schutz gewährten.8
Sie haben Richter hinsichtlich der Amtsdauer und der Höhe und des
Zahlungsmodus ihrer Gehälter von ihrem Willen allein abhängig gemacht.
Sie haben eine Unzahl neuer Ämter geschaffen und Schwärme von
Amtsträgern ausgesandt, um unsere Völker zu drangsalieren und ihre
Substanz aufzuzehren.
Sie haben die militärische Macht von Regierungen
eingesetzt, um die Bedingungen des Kolonialismus de facto aufrecht zu
erhalten.
Sie haben in vielen Fällen Militärregierungen eingesetzt, um die verlangten Opfer erzwingen zu können. 9
Sie haben sich mit anderen zusammengetan, um uns eine Form der
Rechtsprechung aufzuzwingen, die unserer Verfassung fremd und von
unseren Gesetzen nicht anerkannt war; und sie haben ihren Akten
vorgeblicher Gesetzgebung ihre Billigung erteilt:
- um das Territorium unserer Länder für Stellvertreter- und Entvölkerungskriege zu nutzen; 10
- um unseren Handel mit allen Teilen der Welt zu unterbinden;
- um uns ohne unsere Einwilligung Bedingungen aufzuerlegen;
- um uns in vielen Fällen des Rechtes auf ein ordentliches Verfahren vor einem Geschworenengericht zu berauben;
- um unsere Freibriefe einzuziehen, unsere wichtigsten Gesetze aufzuheben und unsere Regierungsform grundlegend zu ändern.
In unseren Ländern haben sie Bedingungen verursacht, die
das Leben unserer Völker zerstörten; unsere Länder, bereits vom
Kolonialismus geschwächt und ausgebeutet, wurden mit einer Grausamkeit
und Niedertracht zum Zusammenbruch gebracht, 11 die ihresgleichen kaum in den barbarischsten Zeiten finden und den Menschen einer zivilisierten Nation völlig unwürdig sind.
Sie haben im Innern Aufstände in unserer Mitte angezettelt und
versucht, die rückständigsten und fanatischsten Wilden gegen uns
aufzuhetzen, deren Kriegführung bekanntlich darin besteht, ohne
Unterschied des Alters, Geschlechts oder Zustands alle niederzumetzeln.
In jenem Stadium dieser Bedrückung haben wir in der untertänigsten
Form um Abhilfe nachgesucht: Unser wiederholtes Bitten ist lediglich
durch wiederholtes Unrecht beantwortet worden. Institutionen, deren12
Charakter so durch sämtliche Handlungen gekennzeichnet wird, die einen
Tyrannen ausmachen, können nicht geeignet sein, über freie Völker zu
herrschen.
Wir haben an sie in unzähligen Konferenzen, Versammlungen
und Kongressen appelliert und uns an ihren Gerechtigkeitssinn gewandt,
doch ohne jeden Erfolg.13
Daher tun wir, die Repräsentanten der Völker der Welt, 14
unter Anrufung des obersten Richters über diese Welt als Zeugen für die
Ehrlichkeit unserer Absichten namens und im Auftrag aller
rechtschaffenen Menschen aller Länder feierlich kund, daß alle Länder der Welt15 freie und unabhängige Staaten sind und es von Rechts wegen sein müssen; daß
alle Menschen dieser Erde unveräußerliche Menschenrechte haben, die
ihnen Leben, Freiheit, menschenwürdige Lebensbedingungen und das Recht
garantieren, alle ihre geistigen und seelischen Anlagen umfassend zu
entwickeln; daß deshalb eine Änderung der gegenwärtigen Währungs- und
Wirtschaftsordnung notwendig und dringend ist, um unter den Völkern der
Welt Gerechtigkeit herzustellen.
Dies waren zu großen Teilen Formulierungen der amerikanischen
Unabhängigkeitserklärung, und kein ehrlicher Zeitzeuge kann leugnen,
daß alles, was wir wollen, die Abhilfe derselben ungerechten
Bedingungen ist, die die Gründerväter überwinden wollten, als sie ihren
kolonialen Zustand beendeten und die erste wirklich unabhängige
Republik gründeten. Dieses Beispiel wollen wir überall wiederholen, und
an diesen Prinzipien wollen wir festhalten.16 Und zur
Unterstützung dieser Erklärung verpflichten wir uns gegenseitig
feierlich in festem Vertrauen auf den Schutz der göttlichen Vorsehung
zum Einsatz unseres Lebens, unseres Gutes und der uns heiligen Ehre.
Anmerkungen
1. Kolonien
2. ihre früheren Regierungssysteme zu ändern. Die Geschichte des gegenwärtigen Königs von Großbritannien
3. Gesetzen
4. Er (der König) hat seinen Gouverneuren verboten,
Gesetze von sofortiger und drängender Wichtigkeit zu genehmigen, es sei
denn, daß ihr Inkrafttreten bis zur Erlangung seiner Zustimmung
suspendiert würden, und wenn sie suspendiert waren, unterließ er es,
sich irgendwie um sie zu kümmern.
Er hat es abgelehnt, weitere Gesetze zugunsten großer
Kreise von Menschen zu genehmigen, wenn diese Menschen nicht auf das
Recht der Vertretung in der Legislatur verzichten wollten, ein für sie
unschätzbares Recht, das nur Tyrannen furchtbar ist.
5. gesetzgebende Körperschaften
6. Volksvertretungen aufgelöst
7. Auflösungen neue
8. die Bevölkerung dieser Staaten zu hemmen, indem er
behufs dessen die Einbürgerungsgesetze für Fremde behindert hat, indem
er sich geweigert hat, andere zu bestätigen, die deren Einwanderung
nach hier fördern sollten, und indem er die Bedingungen des Neuerwerbs
von Land erschwerte.
Er hat die Rechtsprechung hintertrieben, indem er
Gesetzen, die richterliche Befugnisse errichten sollen, seine
Zustimmung versagte.
9. Er hat in Friedenszeiten bei uns stehende Heere unterhalten ohne Zustimmung unserer gesetzgebenden Versammlung.
Er hat danach gestrebt, die militärische Macht von der zivilen Macht unabhängig zu gestalten und sie ihr überzuordnen.
10. In betreff der Einquartierung starker Kontingente bewaffneter Truppen bei uns.
11. Er schafft gerade jetzt große Heere fremder
Söldner heran, um das Werk des Todes, der Verheerung und der Tyrannei
zu vollenden, das er bereits mit Akten der Grausamkeit und des
Wortbruchs begonnen hat
12. Ein Fürst, dessen
13. Auch haben wir es nicht unterlassen, unserer britischen Brüder hinlänglich eingedenk zu sein.
14. Vertreter der Vereinigten Staaten
15. diese Vereinigten Kolonien
16. daß sie von jeglicher Treuepflicht gegen die
britische Krone entbunden sind, und daß jegliche politische Verbindung
zwischen ihnen und dem Staate Großbritannien vollständig gelöst ist,
und es sein soll; und daß sie als freie und unabhängige Staaten
Vollmacht haben, Kriege zu führen, Frieden zu schließen, Bündnisse
einzugehen, Handel zu treiben und alle anderen Akte und Dinge zu tun,
welche unabhängige Staaten von Rechts wegen tun können.
Schiller-Institut bestätigt Vorstand
Unmittelbar vor dem Schillerfest des Schiller-Instituts in
Frankfurt fand auch die turnusmäßige Versammlung der aktiven Mitglieder des
Schiller-Instituts statt. Rainer Apel vom Vorstand des Vereins berichtete über
die Tätigkeit in den letzten zwei Jahren und verglich diese Zeit mit den Jahren
1989-90, in denen sich ebenfalls globale Umwälzungen abgespielt haben: Im
Sommer 2007 sei die Zusammenbruchskrise in Gang gekommen, vor der das
Schiller-Institut stets gewarnt habe. Im Herbst 2007 habe man dann bei einer
internationalen Konferenz in Kiedrich zum Thema „Die Weltlandbrücke wird
Realität“ mit rund 350 Teilnehmern aus 30 Ländern über Aufbauprogramme
diskutiert, mit denen sich die Welt aus dieser Krise herausarbeiten könnte -
nicht zuletzt das Projekt einer Eisenbahnverbindung unter der Beringstraße als
Grundlage für ein Bündnis der vier Nationen USA, Rußland, China und Indien zur
Neuordnung des Weltfinanzsystems. In diesem Sinne habe das Institut in vielen
Ländern der Welt eine intensive Lobbyarbeit entwickelt, und inzwischen sei es
in Ländern wie Dänemark oder Italien regelmäßig in den Diskussionsprozeß der
nationalen Parlamente eingebunden.
Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit sei die europaweite
Kampagne gegen den Lissabon-Vertrag gewesen, die von der Vorsitzenden des
Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, auf einer Konferenz in München im
Frühjahr 2008 in Gang gesetzt wurde.
Im Februar 2009 veranstaltete das Schiller-Institut dann -
auf dem Höhepunkt der Opelkrise - in Rüsselsheim eine weitere internationale
Konferenz mit 350 Teilnehmern aus 25 Ländern über den „Wiederaufbau der
Weltwirtschaft nach der Systemkrise“.
Außerdem habe man die Kampagne für ein „Neues Bretton
Woods“, konkretisiert als „LaRoucheplan“ für ein Viermächte-Bündnis zur Durchsetzung
dieser Bestrebungen, im Sommer 2009 wiederaufgenommen. Apel erinnerte an die
Teilnahme von Frau Zepp-LaRouche und Lyndon LaRouche an den sog. Rhodos-Foren,
was maßgeblich dazu beitragen habe, daß nun zwischen Rußland und China erste
konkrete Schritte in einer solchen Richtung unternommen werden.
Ein anderer wichtiger Schwerpunkt der Arbeit sei die
Förderung von klassischer Kultur und Wissenschaft, um die kreativen Fähigkeiten
der Menschen zu entwickeln, wofür er als Beispiele die Schillerfeste nannte,
die das Institut u.a. in Aachen, Essen, München, Berlin und in Frankfurt
organisierte, und die Sommerakademien für Mitglieder und Unterstützer der
LaRouche-Jugendbewegung.
An diesen Tätigkeitsbericht schloß sich dann eine Diskussion
an, in der u.a. Vorschläge für Publikationen und den Online-Auftritt des
Instituts besprochen wurden. Schließlich wurde der bisherige Vorstand - Helga
Zepp-LaRouche als Vorsitzende, Ulrike Lillge und Portia Tarumbwa-Strid als
weitere Vorstandsmitglieder und Rainer Apel als Schatzmeister – entlastet und
für die kommenden zwei Jahre im Amt bestätigt.
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