Projekt Renaissance

Die Renaissance

- oder die Wiederentdeckung Platons und der alten Griechen

Von Torbjörn Jerlerup
- 1. Teil -

Was tut der Mensch, wenn er gerne eine neue kulturelle Blütezeit herbeiführen möchte? Er sieht in der Geschichte der Menschheit nach, wie andere es vor ihm gemacht haben.


Die Geburt der Renaissance
Ein Brief an Homer

Die Renaissance

Der Schwarze Tod

Ursache und Wirkung

Francesco Petrarca

    "Es war im Mittelland zwischen den berühmten Flüssen Po, Ticino, Adda und anderen, von dem unser Mailand nach Aussage einiger seinen Namen ableitet, am neunten Tag des Oktobers im 1360. Jahr dieses letzten Zeitalters der Welt."

Für die Menschen, die in Mailand oder einem der umliegenden Dörfer lebten, mag es wie ein ganz gewöhnlicher, wenn auch kalter Herbstmorgen ausgesehen haben. Es war Freitag. Der Stadtrat und der Bischof von Mailand stritten sich wahrscheinlich gerade wieder einmal über den Bau der neuen Kathedrale - es sollten noch 25 Jahre ins Land gehen, bis der Bau begann. Die Universitätsprofessoren und die Barbiere, die Ärzte jener Zeit, sorgten sich wahrscheinlich wegen der Gerüchte über eine neue Pestwelle, der dritten seit der Großen Pest 1348, und die Mailänder Bürger klagten vermutlich wie immer über zu hohe Steuern. Und die Bauern, die ihr Vieh auf die Weide trieben, schimpften bestimmt auf das Wetter, das ungewöhnlich launisch war.

Wenn sie nicht zu sehr mit ihrem Vieh beschäftigt waren, konnten sie vielleicht einen flüchtigen Blick auf den Mönch werfen, der auf dem matschigen, grasbewachsenen Pfad, der zur Hauptstraße zwischen Florenz und Mailand gehörte, an ihnen vorbeiritt. Und wenn sie ihn sahen, fragten sie sich wohl auch, warum er so froh vor sich hinlächelte.

Es war einer jener kostbaren Augenblicke, an denen die Menschheitsgeschichte kurz vor einer großen Wende steht. Vielleicht wußte das der Mönch - oder vielleicht lächelte er auch, weil er jetzt sein Ziel erreichte: das Haus des Dichters Francesco Petrarca, wo er die Briefe, die er bei sich trug, aushändigen sollte und wo er etwas zu essen und vielleicht sogar ein oder zwei Gläschen vom köstlichen farnesischen Wein bekommen würde.

Francesco Petrarca (1304-1374)
Der überglückliche Dichter, der die Briefe empfing, wußte mit Sicherheit, daß es ein historischer Moment war. Er hatte das Schreiben schon seit einiger Zeit ungeduldig erwartet. Sobald er es in Händen hielt, eilte er damit in sein Quartier im Schloß der mailändischen Herrscher, der Familie Visconti. Dort angelangt, setzte er sich auf einen Schemel vor seinem Holztisch, zündete eine Kerze an und öffnete den Brief. Er enthielt das erste Kapitel der Odyssee des antiken griechischen Dichters Homer.

Die Geburt der Renaissance

Das Wort Renaissance kommt aus dem Französischen und Lateinischen und heißt Wiedergeburt. Der Brief an Petrarca war einer der ersten Schritte zu einer Wiedergeburt der Zivilisation durch die Renaissance.

Es war das Erbe der europäischen Zivilisation, das wiedergeboren werden sollte...

Zu Beginn des 14. Jahrhunderts war Homer völlig vergessen, und fast niemand im ganzen katholischen Westeuropa hatte jemals ein Werk Platons gelesen. Keiner kannte Staatsmänner und Denker wie Solon oder Xenophon, wenige hatten von Archimedes oder Pythagoras gehört, und die Theaterstücke des Sophokles und Aischylos waren längst vergessen. Selbst die griechische Sprache war im katholischen Westeuropa der Vergessenheit anheim gefallen. Die Kirchenführer konnten den Originaltext des Neuen Testaments nicht lesen, weil er auf griechisch, der Hauptsprache der frühen Kirche, verfaßt war.

Mit jedem Jahr war es schlimmer geworden.

Wenige griechische Manuskripte kannte man aus Übersetzungen aus dem Arabischen (siehe Kasten), doch leider waren das in der Hauptsache gerade solche Denker wie Aristoteles, die zur Zerstörung der griechischen Zivilisation beigetragen hatten. Abgesehen von einigen wenigen Abschriften seines Timaios kannte man Platon nur durch antiplatonische, heidnische Kommentatoren und aus Bemerkungen von Kirchenvätern wie Augustinus, die sich indirekt auf ihn bezogen. Zwar hatten trotzdem Denker wie Thierry von Chartres und Abaelard den Timaios genauestens studiert. Aber als Petrarca um 1330 eine Abschrift des Timaios suchte, konnte er in ganz Italien und Frankreich keine finden!

In der orthodoxen Ostkirche lagen die Dinge etwas besser. Griechisch war die Hauptsprache der Kirche und der Diplomatie. Aber die orthodoxen Fundamentalisten taten zu Beginn des 14. Jahrhunderts alles, um sämtliche griechisch-sprachigen Bücher außer der Bibel und den Werken einiger ausgesuchter christlicher Autoren zu vernichten oder zu verstecken.

In dieser Lage tat sich eine Handvoll Menschen in Ost und West zusammen, um das griechische Erbe und insbesondere die platonische Methode wiederzubeleben und so die europäische Zivilisation zu retten. Eines der wichtigsten Ziele war, die Ost- und die Westkirche, die sich seit Jahrhunderten bekriegten, zu vereinen und so Frieden und Wohlstand zu schaffen.

Wie wir noch im einzelnen schildern werden, stand im Osten Georgios Gemistos Plethon (1355/60 bis 1450/52) an der Spitze dieser Bewegung zur Wiederbelebung des Platonismus und des Studiums der alten Griechen. In Westeuropa war es der Dichter und Diplomat Francesco Petrarca (1304-74), den wir gerade an seinem Holztisch verlassen haben, der den Vorstoß zur Wiederbelebung der griechischen Sprache und platonischen Tradition anführte. Petrarca wiederum war von dem großen Dichter und Humanisten Dante Alighieri (1265-1321) inspiriert. Eine Beschreibung von Dantes Werk würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Doch sein Werk zur Schaffung der italienischen Sprache und seine Arbeiten zur Staatskunst und Philosophie hatten einen ganz entscheidenden Einfluß auf die Bewegung zur Wiederentdeckung Platons und der Griechen, mit der wir uns hier befassen.

Ein Brief an Homer

Nachdem er den Brief seines Freundes Boccaccio aus Florenz gelesen hatte, ließ Petrarca eine Flasche vom besten Wein öffnen.

Giovanni Boccaccio (1313-75), von dem das Schreiben kam, war Schriftsteller und Diplomat. Boccaccio hatte vor einiger Zeit einen Mönch namens Leontius Pilatus kennengelernt, der an der Schule eines früheren Freundes Petrarcas, Barlaam von Kalabrien (um 1290-ca.1350), Griechisch gelernt hatte. Hocherfreut, jemanden zu finden, der Griechisch konnte, überredete Boccaccio Leontius Pilatus, in Florenz zu bleiben und dort den Homer zu übersetzen und Griechisch zu unterrichten. Pilatus blieb drei Jahre in Florenz und übersetzte die Ilias und die Odyssee ins Lateinische. Das Buch, das er dazu verwendete, war Petrarcas Homer-Abschrift - soweit bekannt damals die einzige in ganz Westeuropa. Petrarca hatte die Übersetzung bezahlt, und nun hielt er das erste Kapitel in den Händen.

Nachdem er einige Zeit über die historische Bedeutung dieses Briefes nachgedacht hatte, griff Petrarca zur Feder, tunkte sie in die Tinte und schrieb einen Brief an den Dichter, an Homer. Er wollte ihn zusammen mit dem ersten Kapitel der Odyssee einem Schreiber im nahegelegenen Kloster zum Abschreiben geben. Die Kopien würde er an alle seine Freunde senden, die schon sehnsüchtig auf Neuigkeiten über die Übersetzung warteten. Er benötigte acht Abschriften. Im ganzen waren es in ganz Westeuropa elf Menschen, er selbst eingeschlossen, die sich für Homer und das Vorhaben zur Wiedererweckung des griechische Erbes interessierten.

    "Schon lange bevor Dein Brief mich erreichte", schrieb Petrarca an Homer - der "Brief" war der erste Teil der Übersetzung - , "hatte ich die Absicht gefaßt, Dir zu schreiben, und ich hätte es auch getan, wenn uns nicht eine gemeinsame Sprache gefehlt hätte. Ich hatte nicht das Glück, Griechisch gelernt zu haben, und die lateinische Sprache, die Du einmal mit Hilfe unserer Schriftsteller gesprochen hast, hast Du durch die Nachlässigkeit ihrer Nachfolger in letzter Zeit offenbar weitgehend vergessen. Beide Wege der Verständigung blieben mir daher versperrt, und so schwieg ich. Aber jetzt kommt ein Mann, der Dich uns wiedergibt und wieder zum Lateiner macht.

    Deine Penelope kann auf ihren Odysseus nicht länger und sehnsüchtiger gewartet haben als ich auf Dich. Zuletzt war meine Hoffnung immer geschwunden. Außer wenigen Anfangszeilen gewisser Bücher, aus denen das Gesicht eines Freundes, das zu sehen ich mich gesehnt hatte, aufzublitzen schien, ein flüchtiger Schimmer, durch die Entfernung undeutlich, oder vielmehr der Anblick seines wehenden Haares, während er meinem Blick entschwand - außer dem stieß ich auf keinen Hinweis auf einen lateinischen Homer, und ich hatte keine Hoffnung mehr, Dich jemals von Angesicht zu Angesicht kennenzulernen. Was nun das Büchlein betrifft, das unter deinem Namen umläuft, so kann ich zwar nicht sagen, von wem es stammt, aber ich bin mir sicher, daß in diesem Buch nur einiges von Dir herausgepflückt und Dir zugeschrieben ist, es aber keineswegs Dein wahres Werk ist. Aber dieser unser Freund wird, wenn er lebt, Dich uns zur Gänze wiedergeben. Er ist jetzt an der Arbeit, und wir fangen an, uns der Schätze der Weisheit, die in Deinen göttlichen Gedichten lagern, aber auch der Süße und Anmut Deiner Rede zu erfreuen. Ein Teilstück halte ich bereits in meinen Händen: kostbare griechische Salbe im lateinischen Gefäß."

Petrarca unterzeichnete mit seinem Namen und dem Datum "am neunten Tag des Oktobers im 1360. Jahr dieses letzten Zeitalters der Welt".

Der erste Schritt zur Wiederentdeckung der Griechen war getan. Wenn das Buch vollständig übersetzt war, wollte er es abschreiben und verbreiten und vielleicht sogar einige junge Leute ausbilden, die Griechisch lernen würden.

Petrarca starb, bevor er die Früchte seiner Arbeit sehen konnte, aber die Geschichte bezeugt, daß sie erfolggekrönt war. Die Renaissance erhob die Welt aus der großen Krise des 14. Jahrhunderts und das griechische Erbe wurde für die Nachwelt gerettet.

Die Renaissance

Es gibt in einigen Bereichen der öffentlichen Meinung eine gefährliche Tendenz, die Renaissance zu vereinfachen und zu idealisieren. Viele schildern sie als eine Art Utopia, wo die Menschen allezeit von schöner Architektur und Kunst umgeben waren und einfache Bauern bei der Feldarbeit fröhlich die Werke Dantes und anderer großer Dichter rezitierten. Oft werden Menschen mit völlig unterschiedlicher Weltsicht in einen Topf geworfen und als fortschrittliche "Renaissancemenschen" eingestuft, nur weil sie alle zufällig in dieser Zeit lebten.

Häufig verbindet man die Renaissance mit ihren wundervollen sichtbaren Resultaten. Man denkt an die Malerei und die anderen Künste, die vollkommener und "realistischer" waren als zuvor, an die großartigen geographischen Entdeckungen und vielleicht sogar an die intensive philosophische Debatte. Manche werden vielleicht sogar behaupten, mit der Renaissance habe die industrielle Revolution begonnen, und begründen dies mit dem Aufstieg der Manufakturen oder des Bankenwesens.

Andere betonen einige höchst negative Aspekte wie den beginnenden Kolonialismus und der Sklaverei oder die Vertreibung der Juden und Mauren aus Spanien im 15. Jahrhundert.

Anders als allgemein angenommen, war die Renaissance, die Periode zwischen 1400 und 1520, in erster Linie ein Kampf um Ideen, besonders um den Wert und die Rechte des Menschen. Kann der Mensch verstehen, wie der "Geist" des Schöpfers arbeitet, und kann er seine Erkenntnis der Naturgesetze für das allgemeine Wohl nutzen - oder nicht? Darum ging es.

Die wahre Renaissance zielte auf die Wiederbelebung und Weiterentwicklung der menschlichen Zivilisation und wollte das griechische und platonische wissenschaftliche, künstlerische und philosophische Erbe zu neuem Leben erwecken.

Wir haben unsere Reise in die Anfänge der Renaissance schon begonnen, doch bevor wir zu Petrarca zurückkehren, sollten wir uns die Zeit vor der Renaissance ansehen.

Der Schwarze Tod

1348 wütete die Pest auch in Florenz
Petrarca und Boccaccio lebten in der Zeit der Pest, des Schwarzen Todes. Italien wurde 1348 davon heimgesucht, und ein Drittel bis zur Hälfte seiner Bevölkerung starb. Zahllose Dörfer, Kirchen und Klöster in der Umgebung Mailands waren verlassen und verfallen.

Boccaccio, den Petrarca zwei Jahre danach kennenlernte, beschrieb die Pest etwas später in seinem Dekameron sehr anschaulich:

    "Ich sage nun, daß im Jahr 1348 nach der fruchtbaren Fleischwerdung des Gottessohnes die hervorragende Stadt Florenz, die schönste unter den Städten Italiens, von einer tödlichen Seuche heimgesucht wurde.

    Ein Bürger mied den anderen, man achtete nicht auf seinen Nachbarn und besuchte Eltern und Verwandte gar nicht oder selten, es sei denn aus der Ferne; die göttliche Prüfung ließ die Herzen der Männer und Frauen so verkümmern, daß der Bruder den Bruder im Stich ließ, der Onkel seinen Neffen und die Schwester ihren Bruder, Frauen ihre Ehemänner, und, was noch unglaublicher und grausamer ist, Väter und Mütter verließen ihre Kinder und weigerten sich, sie zu sehen.

    Überall lagen Leichen herum, und die Nachbarn, die von der Furcht, sich an den befallenen Körpern anzustecken, mindestens ebensosehr bewegt wurden wie vom Mitleid mit den Verstorbenen, gingen mit diesen allen mehr oder weniger gleich um. Man schleifte die Leichname aus ihren Häusern und ließ sie vor ihrer Tür liegen. Man war so tief gesunken, daß Menschen etwa so weggeworfen wurden, wie wir es heute mit einer toten Ziege täten.

    Überall in den Dörfern und auf den Feldern starben die armen, elenden Bauern und ihre Familien, denen kein Arzt beistand und kein Diener half, eher wie Tiere als Menschen, Tag und Nacht, auf den Straßen und auf ihren Feldern... So trieb es ihr Vieh, ihre Esel, Schafe, Ziegen, Schweine, Hühner und sogar ihre Hunde, den besten Freund des Menschen, auf die Felder, wo das Getreide verlassen stand, ungeerntet, ja nicht einmal geschnitten."

Ursache und Wirkung

Die Pest des 14. Jahrhunderts ist weithin bekannt, aber nur wenige Menschen wissen, daß dieses Unglück durchaus von Menschen gemacht war und daß die Bevölkerung Europas schon Jahrzehnte vor dem Ausbruch der Seuche schrumpfte.

Im 11. Jahrhundert wuchs die Bevölkerung Westeuropas um ein Fünftel, im 12. Jahrhundert um mehr als ein Viertel und im 13. Jahrhundert um ein Drittel. Technische Neuerungen wie die Windmühle, das technische und architektonische Wissen der Kathedralenbauer und Verbesserungen in der Landwirtschaft hatten zu einem erfreulichen Wirtschaftswachstum beigetragen. Viel davon war damaligen "Hightech"-Produkten zu verdanken, die man von den Arabern und Chinesen einführte.

Doch am Ende des 13. Jahrhunderts wuchs die Wirtschaft nicht mehr, und schon am Beginn des neuen Jahrhunderts begann die Einwohnerzahl Europas zurückzugehen. Nur weil die Menschen bereits geschwächt waren, konnte die Pest dann ein Drittel oder die Hälfte der Einwohner Europas dahinraffen.

Die Ursache des Niedergangs zu Anfang des 14. Jahrhunderts war, daß die vorhandene Bevölkerungszahl nicht mehr erhalten werden konnte, weil die produktiven Kapazitäten und die Produktion in der Gesellschaft zusammenbrachen. Die Spekulation auf zukünftige Preise ließ die Nahrungsmittelpreise steigen, gleichzeitig sank das Niveau der Technik, weil es in der Landwirtschaft keine Verbesserungen mehr gab.

Der Grund für diesen Zusammenbruch läßt sich mit einem Wort beschreiben: Spekulation! Paul Gallagher hat in dem Artikel "Die Schwarze Pest und die Getreidekartelle" (Neue Solidarität Nr. 23/1996) beschrieben, wie Europa in der Zeit, als Petrarca ein junger Mann war, von der Finanzoligarchie ausgeplündert wurde. So wie heute hielten die Bankiers das Bezahlen von Schulden und Zinsen für wichtiger als das Wohl der Menschen. Die Einnahmen der Fürsten gingen unmittelbar an die Banken, und eine kleine Minderheit beherrschte den Handel.

Ein typisches Beispiel war Norwegen. In Südeuropa beherrschte Venedig Handel und Geldgeschäft. Seine Verbündeten im Stadtstaat Lübeck wandten im Norden dieselben Methoden an. Norwegen konnte sich nicht ausreichend selbst mit Nahrungsmitteln versorgen und brauchte Salz, um Lebensmittel zu konservieren. Der Handel mit Nahrungsmitteln und Salz wurde vollkommen von Lübeck beherrscht. Weil es das Handel- und Bankenmonopol hatte, konnte es für Nahrungsmittel Wucherpreise verlangen und gleichzeitig noch den norwegischen Händlern und dem norwegischen König Geld zu geradezu absurd hohen Zinsen leihen. Als die Norweger versuchten, Essen und Salz billiger aus England einzuführen, begann Lübeck einen Krieg, bis Norwegen durch Aushungern zur Kapitulation gezwungen wurde.

1343 brach das Finanzsystem Westeuropas zusammen, als die beiden größten Bankhäuser der Zeit, Bardi und Peruzzi in Florenz, bankrott gingen, weil England seine Schulden nicht mehr zahlen konnte. Dies trug viel dazu bei, daß die Pest so verheerend wüten konnte.

Hinzu kamen noch einige politische Katastrophen, an denen die Macht- und Habgier der weltlichen und kirchlichen Führung schuld war. Um nur ein Beispiel anzuführen: Ab 1309 wurde die Kirche durch die "babylonische Gefangenschaft" des Papstes schwer erschüttert. Der Sitz des Heiligen Stuhls wurde von Rom nach Avignon im heutigen Frankreich verlegt. Rasch verwandelte sich die neue heilige Stadt in ein wahres "Sündenbabel" mit Prostitution, Orgien und Ausschweifungen aller Art, wie u.a. Petrarca berichtet.

Bald stellten die Gegner der Avignon-Fraktion einen, sogar zwei Gegenpäpste auf. Die Kirche, die schon in Ost- und Westkirche geteilt war, wurde nochmals gespalten.

Die Aussichten für die Menschheit waren düster.

Francesco Petrarca

Das toskanische Arezzo, die Geburtsstadt Petrarcas
Die Geschichte der Renaissance des 14. und 15. Jahrhunderts begann im norditalienischen Arezzo, wo Francesco Petrarca 1304 geboren wurde. Die Familie zog später in die Papststadt Avignon, wo er aufwuchs und fast 25 Jahre seines Lebens verbrachte, allerdings unterbrochen von seinem Studium in Bologna in den 20er Jahren sowie vielen Reisen. Petrarca nannte Avignon später das "Babylon des Westens", wo "Himmel und Hölle zusammenlaufen". Die Stadt war der Mittelpunkt der weltlichen Macht eines der beiden damaligen Päpste, und ihre Dekadenz schockierte den jungen Petrarca. Allerdings kamen ihm die reich ausgestatteten Bibliotheken der Stadt sehr zugute, und er lernte Gelehrte aus ganz Europa, darunter auch Diplomaten aus dem orthodoxen Osteuropa, kennen.

In den 20er Jahren studierte Petrarca die Werke Dante Alighieris, der 1321 starb, und begann die italienische Sprache zu erforschen. Er schrieb auch Gedichte und wurde bald ein bekannter Dichter. In den 30er Jahren verfaßte Petrarca seine berühmten Sonette an seine geliebte Laura (die später ein Opfer der Pest wurde). Zu der Zeit war er schon für seine Dichtungen berühmt und beliebt, und als er 1341 Rom besuchte, rühmte man ihn als größten Dichter seiner Zeit, den "neuen Dante".

Wie sein Vorgänger Dante warnte Petrarca schon als junger Mann, wenn die Führung der damaligen Gesellschaft nicht zur Vernunft käme, werde dies in einer großen Katastrophe für die Menschheit enden. Avignon war das Paradebeispiel für diesen Verfall. Petrarca wußte, daß die einzige Rettung für die Zivilisation darin bestand, alle bestehenden Axiome zu verwerfen und eine bessere philosophische Grundlage für die Gesellschaft zu finden. Deshalb wollte er eine Jugendbewegung aufbauen, die die größten Denker und Kulturen und größten kulturellen und wissenschaftlichen Errungenschaften der Vergangenheit wiederentdeckt. Vor allem sollte sie sich auf die Wiederentdeckung Platons und die Entwicklung des menschlichen Geistes gründen.

Politisch bedeutete dies, die Westkirche und letztlich die gesamte Christenheit zu einen. Dazu mußten die Zustände verändert werden. Und dazu wandte sich Petrarca dem griechischen Philosophen Platon zu.

Weiter mit:    Augustinus und Platon / Das Griechische wird wiederbelebt /
Die Übersetzer / Leonardi Bruni / "Buchjäger"
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