Nein zur EU als politischer Union -
für ein gemeinsames Europa souveräner Staaten
Während die EU-Regierungen beim Brüsseler Gipfel wieder einmal die Gelegenheit verpaßten, eine wirkliche Lösung für die Finanzkrise oder die Eurokrise anzugehen, mehren sich - nicht zuletzt von seiten der SPD und der Grünen - Stimmen, die die Krise benutzen wollen, um durch die Umwandlung der EU in eine politische Union die letzten Reste nationaler Souveränität zu beseitigen. Das wird die Krise jedoch nur verschlimmern.
Der jüngste EU-Gipfel in Brüssel hat zwar nichts
Substantielles getan, um Lösungen für die globale Finanzkrise oder für die
Eurokrise vorzuschlagen oder zu beschließen, dafür brachten die
Auseinandersetzungen in seinem Umfeld aber eine Reihe interessanter Tatbestände
ans Tageslicht. Auch wenn dank der von Bundeskanzlerin Merkel vertretenen
Position die schlimmsten Varianten der Umwandlung der EU in eine Transferunion
zumindest für den Augenblick aufgehalten wurden, so wurde erneut deutlich, daß
die diversen Vertreter der EU-Institutionen sich primär als Verfechter des ach
so „notleidenden“ Bankensektors, und das heißt konkret, der Inter-Alpha-Gruppe
des Britischen Empires - verstehen; „koste es, was es wolle“, wie Barroso es
formulierte. Vor allem SPD und Grüne offenbarten sich in einer skandalösen
Weise als Protagonisten dieser imperialen Europa-Konzeption.
Eines ist sicher: Die Eurokrise wird als Teil des
Systemzusammenbruchs voll weitergehen. Die Ankündigung der Schaffung eines
permanenten Krisenmechanismus ab 1.1. 2013 hat nichts bewirkt, um weitere
Spekulationen gegen Irland, Portugal, Spanien, Italien etc. zu stoppen. Noch
während der Gipfel tagte, stufte die Ratingagentur Moody’s die Kreditwürdigkeit
Irlands um fünf Stufen drastisch herab, was die Zinsaufschläge für Irland
nochmals verteuern und damit die Krise weiter zuspitzen wird. Der vor dem
Gipfel von der spanischen Finanzministerin Elena Delgado erhobenen Forderung nach
einer massiven Ausweitung des Europäischen Stabilitätsfonds wird sehr bald die
nach einem Rettungspaket für Spanien folgen, ebenso für Portugal, Italien,
selbst Frankreich wurde schon genannt. Die Verdopplung des Kernkapitals der EZB
heißt nichts weiter, als daß diese weiter toxische Staatsanleihen aufkaufen
will - ein nutzloses und in Richtung Hyperinflation führendes Unterfangen, denn
die Schulden des Systems sind unbezahlbar.
Als schändlich in die Geschichte eingehen wird allerdings
die Rede Frank-Walter Steinmeiers, mit der er auf die Regierungserklärung von
Frau Merkel am Tage vor dem Gipfel geantwortet hatte. Frau Merkel habe das
Alarmsignal aus Frankfurt nicht verstanden, die EZB stehe „an der Kante“, und
jetzt müsse man den Geburtsfehler der Wirtschafts- und Währungsunion beseitigen
und „den Mut zu dem nächsten großen europäischen Sprung aufbringen, das Europa
der Nationalstaaten schrittweise überwinden und diese Europäische Union zu
einer politischen Union fortentwickeln“.
Der Euro ist gescheitert, weil er von Anfang an eine
Fehlkonstruktion war, und anstatt die Fehler rückgängig zu machen, schlägt
Steinmeier eine EU als Bundesstaat vor - eine Vorstellung, die das
Verfassungsgericht in Karlsruhe in seinem Lissabon-Urteil ausdrücklich
ausgeschlossen hat!
Diese Transformation der EU in eine politische Union wäre
eine grundsätzliche Änderung des Grundgesetzes und verlangt nach Artikel 146
eine Volksabstimmung, die der Bevölkerung bisher bei all den haarsträubenden
EU-Verträgen von Maastricht bis Lissabon verweigert wurde. Die Bevölkerung
empfindet aber sehr wohl das gigantische Demokratie-Defizit dieses EU-Monsters,
dessen Richtlinien zumeist in Absurdistan ausgedacht werden.
Ein EU-Bundesstaat wäre vollständig ein Gebilde des
Britischen Empire, das schon jetzt immer mehr Positionen besetzt, wie man an
den jüngsten Ernennungen des bekennenden EU-Imperialisten und Blair-Mentors
Robert Cooper zum Top-Berater der „Hohen Repräsentantin“ Ashton sehen kann
sowie an der Ernennung des Gouverneurs der Bank von England Mervyn King zum
stellvertretenden Vorsitzenden des European Systemic Risk Board (ESRB). Die
EU-Außenpolitik wird damit von Briten bestimmt, und der britische
Zentralbankchef wird totalen Einblick in die europäischen Bankgeschäfte
erhalten! Erinnern wir uns, daß es London und Washington waren, die gegen
minimale Versuche der Bundesregierung jegliche Reregulierung des Bankensektors
blockiert haben! Dann kann man auch gleich den Bock zum Gärtner machen!
Die Befürworter eines imperialen EU-Bundesstaates werden mit
allen Tricks und Schlichen ihr Ziel verfolgen. Zwar konnte Frau Merkel auf diesem
Gipfel noch Euro-Bonds und die Verdopplung des EFSB verhindern, aber noch in
der anschließenden Pressekonferenz sagte sie: „Es geht wieder ein Stück in
Richtung Wirtschaftsregierung“, eine Vorstellung, die sie vor einem Jahr
vehement abgelehnt hatte, ebenso wie zuvor den Rettungsschirm. Es verlautete
außerdem, daß „2011 das Jahr der EU-Integration“ werden solle. Und Juncker
erklärte trotz der gerade erfahrenen Zurückweisung seines Projektes, die
Eurobonds seien auf einem guten Weg. Und da die Eurokraten bewiesen haben, daß
sie der Direktive von Carl Schmitt folgen, daß nur der Macht besitzt, der in
der Krise den Ausnahmezustand nutzt, um seine Ziele zu verwirklichen, kann man
gewiß sein, daß sie versuchen werden, die nächste „drohende Kernschmelze“ für eine
neue Steigerung der Finanzdiktatur zu nutzen.
Noch abscheulicher waren eine ganze Reihe von Äußerungen
Helmut Schmidts, der zunächst den berechnenden und schlüpfrigen Eurokraten Jean
Claude Juncker (die Bundesregierung habe seinem Vorschlag nicht „unter den Rock
geschaut“?!) als Frau Merkel an Überblick und Urteilskraft überlegene
europäische Führungskraft bezeichnete, um dann eine ganze Menge ökonomischen
Unrat von sich zu geben. So vertrat er die offizielle Linie der Globalisten,
daß eine Rückkehr zur D-Mark den deutschen Export schwer behindern und die
Basis unseres hohen sozialen Wohlstandes vernichten würde - als exportiere
Deutschland Kik-Ware und nicht in der ganzen Welt einzigartige
Spezialwerkzeugmaschinen und andere gesuchte Produkte. Diese Spitzentechnik war
auch zu D-Mark-Zeiten der Grund für den Erfolg der deutschen Exporte, sie ist
es während des Euros und sie wird es während einer künftigen neuen D-Mark auch
wieder sein. Andererseits werden sich die Volkswirtschaften der jetzigen
EU-Pleitestaaten nicht erholen können, weil sie ihre Währungen nicht abwerten
können, wenn sie im Euro bleiben, sie werden unter der Schuldenlast
zusammenbrechen, wie man jetzt an Griechenland und Irland schon sehen kann, und
fallen dann als Exportpartner für Deutschland aus.
Ein Straucheln der Europäischen Union sei auch eine
moralische Katastrophe, so Schmidt weiter, weil Deutschland der größte
Nutznießer der politischen und wirtschaftlichen Einigung Europas war und ist.
Das genaue Gegenteil ist richtig. Weil Mitterrand, Thatcher und Bush senior
Deutschland den Euro aufzwangen und es in die europäische Integration
„eindämmten“, wurde u.a. die sich als natürlich anbietende wirtschaftliche Zusammenarbeit
des wiedervereinten Deutschlands mit den Staaten des ehemaligen Comecon
unterbunden, die gemeinsam mit den neuen Bundesländern dem wirtschaftlichen
Kahlschlag der Reformpolitik preisgegeben wurden. Wenn heute ganze Regionen im
Osten Deutschlands verarmt und demographisch überaltert sind, dann ist das
dieser Politik zu „danken“.
Nutznießer waren höchstens die Firmen im Exportgeschäft,
aber Binnenmarkt und Löhne stagnieren seit der Einführung des Euro. Und wenn
Herr Schmidt auch nur die geringste soziale Antenne hätte, dann wüßte er, daß
angesichts des katastrophalen Zustands in den Gemeinden und bei den
Sozialsystemen weitere „Länderfinanzausgleiche“ und „Solidaritätsabgaben“ für
die insolventen EU-Staaten einer Lebensverkürzung für viele Menschen gleichkommen.
Vollends unerträglich aber sind solche Sätze, die sich in seinem
neuen Zeit-Artikel finden: Die Unterstützung für den Euro werde uns
Deutsche abermals viel Geld kosten, da aber Deutschland „erheblich zum
Unfrieden in Europa und in der Welt beigetragen“ hätte, müßten die Deutschen
nun „auf eine ganz andere Weise dazu beitragen, daß die Schrecken der
Vergangenheit sich nicht wiederholen können. Dafür sind weitere Opfer an
Souveränität und Geld geboten.“
Zunächst einmal sei festgestellt, daß angesichts der heute
bekannten Fakten über die Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges von der in
Versailles angenommenen Alleinschuld Deutschlands keineswegs die Rede sein
kann. Es waren aber die völlig maßlosen Finanzforderungen an Deutschland, die
erst die Krisen von 1923, 1929 und 1933 verursacht haben. In dieser Hinsicht
weist das Schuldenkorsett, in das die EU die Pleitestaaten und auch Deutschland
zwingt, durchaus eine Parallele zum Diktat von Versailles auf, und daher droht auch
eine mögliche Wiederholung der „Schrecken der Vergangenheit“. Die Gefahr ist
eine weitere Ausbreitung des Chaos, das die EU-Politik schon jetzt in
Griechenland oder Irland angerichtet hat.
Zweitens soll nicht vergessen werden, daß Hitler
einflußreiche Unterstützer in den USA und England hatte, wie z.B. Montagu
Norman, den Gouverneur der Bank von England. König Edward VIII. z.B. empfand
für Hitler noch mehr „Bewunderung und Sympathie“ als selbst der
Beschwichtigungspolitiker Neville Chamberlain und war selbst nach der
Niederlage Frankreichs 1940 noch nicht bekehrt. Erst danach wandte sich die
britische Regierung an die USA mit der Bitte um Unterstützung gegen Hitler.
Vielleicht haben die britische Kriegsgefangenschaft, der in
Hamburg historisch besonders starke britische Einfluß und die Tatsache seiner
Ehrenpräsidentschaft in der Deutsch-Britischen Gesellschaft den Blickwinkel der
Geschichtsbetrachtung Helmut Schmidts beeinflußt. Auf jeden Fall kann sich
niemand, der die Interessen des Gemeinwohls in Deutschland im Sinn hat, seine
Argumentation zu eigen machen.
Aber auch das Argument, daß die Einbindung Deutschlands in
die EU als Friedensprojekt nötig sei, um eine Wiederholung der „Schrecken der
Vergangenheit“ zu verhindern, stellt sich bei näherem Hinsicht als
vorgeschobenes Argument heraus. Die zugrundeliegende Annahme, daß ein
imperiales Europa nötig sei, um sich gegen das wachsende China, Amerika und
andere Großmächte durchsetzen zu können, ist schlichtweg falsch. Dahinter
verbirgt sich die gleiche Axiomatik des geostrategischen Denkens, das in der
Vergangenheit zu Kriegen geführt hat.
In der realen Welt von heute kann eine nachhaltige
Kriegsvermeidungsstrategie nicht darin bestehen, daß man einen europäischen
Bundesstaat mit möglichst großem Territorium und möglichst großer Bevölkerung
schafft, der sich gegenüber den jetzigen und kommenden Supermächten „behaupten“
kann, sondern man muß z.B. im Geiste Wernadskijs die Wirkung der Noosphäre im
Universum vergrößern. Praktisch heißt dies u.a., daß Deutschland zusammen mit
diesen Mächten wie Rußland, China, Indien, USA etc. sich an der Erforschung und
Weiterentwicklung von Technologien mit hoher Energieflußdichte beteiligt, um
damit die Energie- und Rohstoffsicherheit der Menschheit für das nächste
Jahrhundert zu garantieren. Aber um in diesen Dimensionen denken zu können,
dafür ist die SPD seit langem viel zu grün. Und daran ist Helmut Schmidt auch
nicht ganz unschuldig.
Wir sollten uns heute die Sichtweise der beiden Männer zu
eigen machen, die unbestreitbar mehr für die Aussöhnung in Europa getan haben
als irgend jemand anderes: Charles de Gaulle und Konrad Adenauer. Für de Gaulle
war die Brüsseler Kommission bestenfalls ein vielleicht nützlicher Beamtenstab,
dem aber nichts das Recht gab, sich als eine Art Superregierung zu gebärden.
Gegenüber Adenauer sagte er in Rambouillet: „Es sind supranationale Organe geschaffen
worden, weil die Anhänger eines vereinten Europas vor einigen Jahren die
Zwistigkeiten zwischen Franzosen und Deutschen, auch den Italienern, für
unüberwindlich hielten, weshalb man etwas erfinden müsse, was jenseits der
Staaten stehe. Das war jedoch eine falsche Sicht der Dinge. Gewiß muß Europa
werden, aber auf anderen Grundlagen.“
De Gaulle blieb Zeit seines Lebens auf der Hut, daß die Zusammenarbeit
in Europa nicht in die Supranationalität abglitt. Und Adenauer insistierte
sogar noch mehr als de Gaulle, daß er die Briten, deren Politik er stets mit
Argwohn betrachtete, bei dem Projekt der Kooperation in Europa nicht dabei
haben wollte. Adenauer hatte recht.
Eine Zusammenarbeit zwischen souveränen Staaten in Europa
braucht keine supranationale Bürokratie, und schon gar keine, die sich
aufspielt wie Herren eines neuen Weltreiches, die zudem den Bürgern weder in
Wahlen noch in anderer Form Rechenschaft schuldig sind. Und eine Zusammenarbeit
in Europa mit Großbritannien wird solange nicht funktionieren, wie es seinen
Status als Welthauptquartier der „Finanzindustrie“ behalten will.
Die einzige Weise, wie Europa sich in der Welt behaupten
kann, besteht darin, daß seine souveränen Staaten jeweils ihre eigene
Hochkultur wiederbeleben und das ganze kulturelle Paradigma der Globalisierung
durch eine kulturelle Renaissance ersetzen. Wenn in Deutschland wieder der
Geist von Nikolaus von Kues, Schiller, Beethoven und Humboldt lebendig ist, in
Frankreich die Ideen von Ludwig XI., François Villon, Rabelais und der Polytechnique,
in Italien Dante, Petrarca, Leonardo, Verdi - um nur einige zu nennen -, dann
herrscht der universelle Geist, der die wunderbare Gemeinschaft der Völker in
Wirklichkeit verbindet.
Nur wenn wir innerhalb kürzester Zeit ein Trennbankensystem
einführen, die souveräne Kontrolle über unsere Währung und Wirtschaft wieder herstellen
und die zutiefst kriminelle Kasino- Ökonomie durch ein am Gemeinwohl
orientiertes Kreditsystem ersetzen, können wir einem Absturz in das Chaos eines
neuen finsteren Zeitalters entgehen.
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