S C H I L L E R J A H R

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F R I E D R I C H   S C H I L L E R

Das große Schillerjahr 2005 möchten wir feiern, indem wir jede Woche Friedrich Schiller selbst zu Wort kommen lassen, denn er selbst kann seine wunderbaren Gedanken und Ideen natürlich besser ausdrücken als jeder Kommentator und Ausleger.
Friedrich Schiller:
Die Worte des Glaubens, Die Worte des Wahns

Die Worte des Glaubens

Drei Worte nenn' ich euch, inhaltschwer,
   Sie gehen von Munde zu Munde,
Doch stammen sie nicht von außen her;
   Das Herz nur gibt davon Kunde.
Dem Menschen ist aller Wert geraubt,
Wenn er nicht mehr an die drei Worte glaubt.

Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei,
   Und würd' er in Ketten geboren,
Laßt euch nicht irren des Pöbels Geschrei,
   Nicht den Mißbrauch rasender Toren!
Vor dem Sklaven, wenn er die Kette bricht,
Vor dem freien Menschen erzittert nicht!

Und die Tugend, sie ist kein leerer Schall,
   Der Mensch kann sie üben im Leben,
Und sollt' er auch straucheln überall,
   Er kann nach der göttlichen streben,
Und was kein Verstand der Verständigen sieht,
Das übet in Einfalt ein kindlich Gemüt.

Und ein Gott ist, ein heiliger Wille lebt,
   Wie auch der menschliche wanke;
Hoch über der Zeit und dem Raume webt
   Lebendig der höchste Gedanke,
Und ob alles in ewigem Wechsel kreist,
Es beharret im Wechsel ein ruhiger Geist.

Die drei Worte bewahret euch, inhaltschwer,
   Sie pflanzet von Munde zu Munde,
Und stammen sie gleich nicht von außen her,
   Euer Innres gibt davon Kunde.
Dem Menschen ist nimmer sein Wert geraubt,
So lang er noch an die drei Worte glaubt.

Die Worte des Wahns

Drei Worte hört man, bedeutungschwer,
   Im Munde der Guten und Besten.
Sie schallen vergeblich, ihr Klang ist leer,
   Sie können nicht helfen und trösten.
Verscherzt ist dem Menschen des Lebens Frucht,
So lang er die Schatten zu haschen sucht.

So lang er glaubt an die goldene Zeit,
   Wo das Rechte, das Gute wird siegen -
Das Rechte, das Gute führt ewig Streit,
   Nie wird der Feind ihm erliegen,
Und erstickst du ihn nicht in den Lüften frei,
Stets wächst ihm die Kraft auf der Erde neu.

So lang er glaubt, daß das buhlende Glück
   Sich dem Edeln vereinigen werde -
Dem Schlechten folgt es mit Liebesblick;
   Nicht dem Guten gehöret die Erde,
Er ist ein Fremdling, er wandert aus
Und suchet ein unvergänglich Haus.

So lang er glaubt, daß dem ird'schen Verstand
   Die Wahrheit je wird erscheinen -
Ihren Schleier hebt keine sterbliche Hand;
   Wir können nur raten und meinen.
Du kerkerst den Geist in ein tönend Wort,
Doch der freie wandelt im Sturme fort.

Drum, edle Seele, entreiß dich dem Wahn
   Und den himmlischen Glauben bewahre!
Was kein Ohr vernahm, was die Augen nicht sahn,
   Es ist dennoch das Schöne, das Wahre!
Es ist nicht draußen, da sucht es der Tor;
Es ist in dir, du bringst es ewig hervor.