März 2005 Jugendbewegung


Politik als Poesie

Einige Gedanken über die Jugend

Von Alexander C. Pusch, LYM

    Zweierlei Wirkungsarten
    Wirke Gutes, du nährst der Menschheit göttliche Pflanze;
    Bilde Schönes, du streust Keime der göttlichen aus.
    - Friedrich Schiller

Viele der Jugendlichen, die in den letzten Wochen in verschiedenen Städten des Ruhrgebiets von einem Revolutionär der LaRouche-Jugendbewegung angesprochen wurden, zeigten auf die Herausforderung, selber in die Politik zu intervenieren, eine Reaktion, die man nur als Ekel beschreiben kann. Es scheint so, daß Politik und der Begriff, den viele Menschen in Deutschland davon haben, sie so abstößt, daß sie lieber das Schlimmste ertrügen, weiterhin Opfer und Untertan zu sein, als den Schritt in die politische Wirklichkeit zu wagen. Darum ist dieses Land auch in einem Zustand, der an die Unregierbarkeit grenzt, und der gerade die älteren Generationen sehr erschreckt, weil sie ahnen, welche Gefahren dies birgt.

Aber dies ist eine Revolution, und wir, die weltweite LYM und die BüSo, sind Revolutionäre, d.h. wir sind nicht mit solchen Ausreden abzuspeisen. Kürzlich sagte jemand zu mir: "Ich habe noch nie zuvor Menschen getroffen, die so denken wie ihr!" Ich erwiderte, daß dies Denken ja auch verboten sei, und daß es darum nicht gelehrt würde. - Wir sind schlicht und einfach nicht bereit anzunehmen, daß wir die Generation am Ende der Zivilisation sein sollen. Und wir wissen, daß wir drohen, es zu werden, wenn wir nicht die falschen Axiome und die krankhafte Lethargie unserer Gesellschaft aberziehen und die Selbstbesessenheit der 68er Generation und die Orientierungslosigkeit ihrer Kinder überwinden.

Dazu muß man in die Politik, und das ist die einzigartige Rolle die Herr und Frau LaRouche zusammen mit führenden Mitgliedern ihrer internationalen politischen Organisation übernehmen: Als Lehrer und Vorbilder unserer Generation Werkzeuge an die Hand zu geben, diesen Planeten nach menschlicheren Prinzipien und der Würde unseres Geschlechts angemessen umzugestalten.

Was ist also die Politik wirklich, fragt sich ein junger Idealist, im Begriff sich abzuwenden vom lärmenden Karneval der grinsenden Gesichter auf lästigen Plakaten, die der Wahlkampfalltag mit sich bringt. Man frage sich einmal folgendes: Wie würden Sie damit umgehen, wenn Sie mit einem Menschen konfrontiert wären, der von klein auf konditioniert wurde zu glauben, er sei blind, und der daher die Augen nie öffnete. Dieser Mensch wandert nun an Ihnen vorbei auf eine Mine zu, die, wenn er darauf tritt, nicht nur ihn selbst, sondern auch Sie und die Mehrheit der Menschen in Ihrer Umgebung vernichten wird. Die meisten Umstehenden bemerken diese Gefahr nicht und reagieren auf Ihre Warnungen mit Ablehnung und Spott. Wie vermitteln Sie Ihren Mitmenschen die Verantwortung, die Sie tragen? Wie inspirieren Sie den "Blinden", seine Augen zu öffnen?

Nicht unähnlich gestaltet sich die politisch-strategische und vor allem die wirtschaftliche Lage unserer Gesellschaft in dieser Zeit. Das internationale Finanzsystem ist in den letzten Zügen eines Kollapses, einer Desintegration, die sich die meisten Menschen nicht vorstellen können. Und das Ausmaß dieses Kollapses übersteigt den des Zusammenbruchs vom November 1929 bei weitem. Die politische Führung in unserem Land versucht, sich durchzumogeln, möglichst ohne anzuecken, und es besteht die Gefahr eines neuen Faschismus. Warum also handelt unsere "politische Führung" nicht? Die Wahrheit ist, daß viele auf hoher Ebene zwar eingestehen, daß das System am Ende ist, aber sie haben weder den Mut, sich öffentlich dazu zu äußern, noch das Verständnis, wie diese Krise zu lösen sei.

Wie Jonathan Tennenbaum auf einer Konferenz des Schiller-Instituts im September vergangenen Jahres beschrieb, hat diese Krise viele Facetten. Er sprach von einem "Dreifach-Schock", der die Menschen treffen wird. Dieser Dreifach-Schock, der sich als kultureller ebenso wie als wirtschaftlicher Schock ankündigt, ist gleichzeitig eine letzte Chance, endlich die Herrschaft des anglo-holländischen liberalen Systems der unabhängigen Zentralbanken zu beenden. Das ist der andere Grund dafür, warum unsere Politiker noch nicht gehandelt haben: Sie haben Angst vor den Finanzinteressen, die dieses System auf Kosten der Bevölkerung schützen wollen.

LaRouche sagte einmal, es gebe keine Geheimnisse, sondern nur Blindheit. Er sagte dies, um deutlich zu machen, daß die einzigartige Kompetenz seiner Langzeitprognosen und das völlige Versagen seiner Rivalen auf diesem Gebiet daher kommen, daß sie blind sind für die Realität der physischen Ökonomie - das Gebiet, auf dem LaRouche seine Entdeckung machte. Diese anerzogene Blindheit sowohl unserer Bevölkerung im allgemeinen als auch unserer politischen Elite zu heilen, ist nun die eigentliche Aufgabe der Politik, wie ich sie verstehe.

Dazu braucht man die Poesie, denn wie der englische Dichter Percy Shelley einst schrieb:

    "Der unfehlbarste Bote, Begleiter und Nachfolger des Erwachens eines großen Volkes, eine wohltuende Veränderung der Meinung oder von Institutionen, ist die Poesie. In solchen Zeiten gibt es eine Akkumulation der Fähigkeit, tiefgründige und leidenschaftliche Konzepte über den Menschen und die Natur zu kommunizieren und zu empfangen."

Die tiefgründigste Idee und das wichtigste Konzept, das unseren Mitmenschen kommuniziert werden muß, wenn wir diese turbulente Zeit heil überstehen wollen, ist eben diese fundamentale Entdeckung LaRouches. Die physische Ökonomie, als die Wissenschaft des Überlebens von Zivilisationen, muß zum Grundinventar eines jeden zukünftigen Revolutionärs werden. Geschieht dies in der kommenden Zeit, dann wird das 21. Jahrhundert dasjenige sein, von dem die Historiker noch kommender Zeiten als dem "Beginn der Schillerzeit" sprechen werden, als die Menschheit eine Prinzipiengemeinschaft gründete für das Wohl aller Nationen - man könnte auch sagen, eine planetare Zivilisation, in der kein Mensch mehr Armut erfahren muß, und niemandem mehr Blindheit anerzogen wird.

Damit dies tatsächlich Wirklichkeit werden kann, braucht Deutschland wieder Dichter, große Geister, die in der Lage sind, eben jene tiefgründigen und leidenschaftlichen Ideen zu vermitteln und ein Umdenken einzuleiten. Schiller schrieb dazu:

    An den Dichter
    Laß die Sprache dir sein, was der Körper den Liebenden. Er nur
    Ist's, der die Wesen trennt und der die Wesen vereint.

Wahre Politik ist immer revolutionäre Bildung und leidenschaftliche Kommunikation zwischen Menschen, und das ist es, was die weltweite LYM und die BüSo in ihren Wahlkämpfen tun, sei es im entscheidenden Kampf gegen die Bush-Cheney Regierung und deren wirtschaftsfaschistische Agenda, oder anderswo auf der Welt.

Beispielsweise überreichte ein Mitglied der LaRouche Jugendbewegung in Bogota/Kolumbien dem Leiter des IWF bei einer Pressekonferenz vor laufenden Kameras die "Shylock-Auszeichnung für Wucher", ein Pfund rohes Fleisch, um der Weltöffentlichkeit deutlich vor Augen zu führen, daß - wie auf dem dort verteilten Flugblatt stand - die Folgen der Politik des IWF "hundertmal schlimmer als Hitler" seien. In Paris veranstalten die Mitstreiter Straßentheater mit selbstgedruckten Dollarnoten, auf denen steht "Bitte geben Sie diesen Dollar sofort aus, er wird innerhalb der nächsten Sekunden nichts mehr Wert sein", um deutlich zu machen, daß Geld keine Sicherheit bringt. Und im Ruhrgebiet in Nordrhein-Westfalen ziehen wir mit Gesang in die U-Bahnen, zuletzt in Köln, wo durch unseren Optimismus und unsere Entschlossenheit, die Menschen zu verstehen beginnen, daß sie selbst es sind, die sich verändern müssen.

Wir forderten die Mitfahrer heraus ihren Mitmenschen eine Alternative zu bieten, indem sie kandidierten, damit sie nicht bloß immer das altbekannte "geringere Übel" wählen müssen oder gar nicht wählen gehen. Viele, viele lächelnde Deutsche - eine Seltenheit - wurden an jenem Tag in Köln gesichtet. Die Schönheit des Gesangs ist es, die in ihnen etwas rührt, wogegen nur sehr wenige blind bleiben können: ihre eigene Menschheit. Und wie mein Freund Schiller es ausdrückt:

    Tonkunst
    Leben atme die bildende Kunst, Geist fordr' ich vom Dichter,
    Aber die Seele spricht nur Polyhymnia aus.

Sie werden in den nächsten Wochen bis zur Landtagswahl am 22. Mai und darüber hinaus noch soviel von uns sehen und hören und lernen, daß sie uns nie vergessen werden. Das ist unsere Aufgabe, keine einfache, aber eine, für die es wert ist, zu leben.

    Aufgabe
    Keiner sei gleich dem anderen, doch gleich sei jeder dem Höchsten!
    Wie das zu machen? Es sei jeder vollendet in sich.
    - Friedrich Schiller



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