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Mai 2002 Projekt Renaissance

Die wissenschaftliche Renaissance
der mittelalterlichen Kathedralen

Von Philippe Messer

Das Mittelalter war alles andere als ein durchgängiges finsteres Zeitalter. Es war die Zeit, in der die westliche Wissenschaft wiedergeboren wurde, und ihre Blüte war die Kathedralenbewegung. Die Kathedralen waren Schulen, ihre Baustellen Laboratorien für neue Erfindungen. Die Kathedralenbewegung war der Auftakt der Renaissance im 15. Jahrhundert. Der Artikel erschien zuerst in der Ausgabe September-Oktober 2000 der französischen Wissenschaftszeitschrift Fusion.


Gerbert, der Wegbereiter
Vernunft versus Materialismus und Obskurantismus

Jenseits der Gesetze der Schwerkraft

Die Kathedralen als Spiegel des Universums

Die Wirkung dieser wissenschaftlichen Renaissance

Der Weg des Wissens

    "Wir sind Zwerge auf den Schultern von Riesen. Zwar reicht der Blick dort oben weiter, doch das ist noch kein ausreichender Grund, hoffärtig zu werden. Ohne die Alten wären wir nichts."
    Thierry von Chartres, um 1142
Im Jahre 48 vor Christus brach ein großes Unglück über die Geschichte menschlichen Denkens herein: Die Bibliothek von Alexandria wurde vollständig niedergebrannt. Die Soldaten Julius Cäsars vernichteten 700000 unersetzliche wissenschaftliche Werke, und die Wirkung dieser Zerstörung ist bis heute spürbar.

Erst mit dem Bau der etwa 80 Kathedralen des europäischen Kontinents im 12. und 13. Jahrhundert wurde das wissenschaftliche Denken in Europa wiedergeboren. Es wäre falsch, in den Kathedralen nur Statussymbole zu sehen, errichtet von wenigen geschickten Künstlern oder einer kleinen Elite mit Zugang zu Geheimwissen. Sie sind die Früchte der Anstrengungen, das Wissen der Alten wiederzuentdecken und dem einfachen Volk einen Zugang zu diesem Fundus von Ideen zu ermöglichen.

Der Vorstoß zur Erziehung der Menschen begann mit dem Hl. Columban (ca. 530-615) und einer Handvoll irischer Augustinermönche, die zwischen 575 und 725 auf dem europäischen Kontinent ein Netz von etwa 150 Klöstern schufen. Einige davon wurden wahre "Bienenstöcke" des geistigen Lebens. Sie waren offen für alle, auch für solche Leute, die nicht die Absicht hatten, einem kirchlichen Orden beizutreten. Karl der Große machte sich dieses Bildungsprojekt zu eigen und berief im Jahre 782 den Mönch Alkuin aus York zu seinem Berater und zum Leiter der Schule der Aachener Kaiserpfalz.

Alkuin war nicht daran gelegen, die Heiden mit roher Gewalt zu bekehren und zum bloßen Auswendiglernen christlicher Dogmen anzuhalten. Er vermittelte die Bedeutung der Heiligen Schrift mit Hilfe von Wissensgebieten, die außerhalb der Bibel lagen: "Der wissenschaftliche Grad in Grammatik und Philosophie führt zur höchsten Fülle des Evangeliums." Er schrieb an Karl:

"Wenn sich viele deinen Absichten anschließen, so wäre Franken der Sitz eines neuen Athens, sogar eines neuen Athens, das schöner wäre als das alte. Denn das unsrige würde, durch Christi Lehre erhoben, alle Weisheit der Akademie übertreffen. Das alte konnte nur Platons Disziplinen lehren; trotzdem glänzt es, durch die sieben freien Künste geformt, noch heute. Unseres aber wird sich der siebenfachen Fülle des Geistes erfreuen und weit über alle Würde weltlicher Weisheit erheben."

Diese Worte verhallten nicht ungehört. 789 ließ Karl in der Admonitio generalis ("Allgemeine Ermahnung") verkünden: "Laßt Schulen sein, auf daß die Kinder lesen lernen. Laßt in jedem Bischofssitz und Kloster Psalmen, Noten, Singen, Arithmetik, Grammatik lehren..." Die Richtlinien zur Missi Dominici aus dem Jahr 805 zeigen, welche Bedeutung der Bildung unter Karl beigemessen wurde: "Lesungen. Lied. Schreiben, damit sie nicht die Seite verunzieren. Chronik. Andere Disziplinen. Arithmetik, die Kunst der Medizin." Die von den Iren aufgebauten Klöster bildeten die Speerspitze, aber auch die einzelnen Gemeinden eröffneten Grundschulen, denn man wollte Laien wie Kirchenleute zu zukünftigen Führern der Gesellschaft bilden.

Zusätzlich zu den Richtlinien des Kaiserstuhls unternahm die Kirche weitreichende Maßnahmen. 789 setzte eine Synode fest, daß jeder Bischof in seiner Gerichtsbarkeit eine Schule zu errichten habe; 813 ordnete ein Konzil die Eröffnung von Schulen an, die Lesen und Schreiben und die Heilige Schrift lehrten; 816 organisierte ein anderes Konzil die Geistlichkeit in Kapiteln und bestimmte, wie jedes Kapitel eine Schule führen solle. Als Karl starb, litt das Reich zwar weiterhin an den feudalen Strukturen, aber die Schulen blieben, auch als sich die Machtstrukturen auflösten.

Gerbert, der Wegbereiter

972 wurde der Gelehrte Gerbert zum Leiter der bischöflichen Schule in Reims ernannt. Gerbert hat zwar nie eine Kathedrale gebaut, aber er führte in Frankreich bisher unbekannte Wissenschaften ein, ohne die die Revolution der Gotik niemals stattgefunden hätte. Indem er die Bildung einer politischen Elite betrieb, die sich dem Gemeinwohl verpflichtete, fand die Kathedralenbewegung immer mehr Verbündete.

Gerbert wurde in Aurillac geboren, ging in Vich in Katalonien zur Schule und studierte wahrscheinlich in Cordoba, wo eine Bibliothek von 400000 Bänden christliche wie jüdische Denker anzog. Bekannt ist, daß Gerbert die arabische Wissenschaft in Frankreich einführte: die Arithmetik mit den indo-arabischen Zahlen, die Astronomie durch die Arbeit über die Präzession der Tag- und Nachtgleiche sowie andere Studien in Physik und Optik.

970 hielt sich Gerbert in Rom auf, und sein Wissen über Astronomie und Mathematik fand die Beachtung des Papstes. In dieser Stadt traf er auch Kaiser Otto I. Beeindruckt von Gerberts geistigen Fähigkeiten, bat der Kaiser den Papst, "den jungen Mann bei sich zu behalten und ihm auf keinen Fall zu gestatten, in sein Heimatland zurückzukehren". Gerbert blieb zwar trotzdem nicht in Rom, wurde dann aber, wie gesagt, 972 Leiter der Domschule von Reims.

Dort erweiterte er den Lehrplan. Zu Alkuins Zeiten hatten Theologie und Grammatik im Mittelpunkt gestanden. Gerbert legte den Schwerpunkt auf die freien Künste, weil er fest davon überzeugt war, daß zwischen Glauben und Vernunft kein Widerspruch bestehe.

"Gott machte dem Menschen ein großes Geschenk, als er ihm den Glauben gewährte, ohne ihm die Wissenschaft vorzuenthalten. Der Gerechte lebt im Glauben, aber die Wissenschaft muß hinzutreten, sagt man doch, den Narren fehle die Wissenschaft."

Diese Überzeugung gab er an seine zahlreichen Schüler weiter. Einige davon wurden große Persönlichkeiten, wie der französische König Robert der Fromme und Fulbert, Bischof von Chartres. Die zahlreichen von Gerbert und seinen Schülern hinterlassenen Abhandlungen, insbesondere De Geometrica und De Astrolabio, sowie die Schilderungen eines Schülers namens Richer geben uns einen Einblick in die Tiefe seines Wissens. Gerbert entwickelte einen neuartigen Abakus, der, so Richer, "es einem erlaubt, eine große Menge von Zahlen so schnell zu dividieren und zu multiplizieren, daß man die Operation in kürzerer Zeit ausführen konnte, als jemand bei einer solchen Menge von Zahlen allein für die Formulierung gebraucht hätte".

Dieser Abakus war ein hölzernes Brett mit Unterteilungen, deren Spalten den Zehner- und Hundertereinheiten entsprachen, jeweils innerhalb einer Einheit von Tausendern, Millionen usw. Das alte römische Rechenbrett verwendete runde Marken, die jede den Wert einer einfachen Einheit besaßen. Auf Gerberts Marken, genannt "Apices", war jeweils eine der neun arabischen Ziffern eingraviert. Er erklärt, warum er sich dafür entschied:

"Bekanntlich schreitet die gesamte Folge der Menge der Zahlen von einer Grenze, die ein Ausgangspunkt ist, voran, und diese Folge geht bis ins Unendliche. Weil er diese unendliche Größe nicht durch eine Menge einfacher Namen einschränken wollte, hat der Philosoph das Problem auf folgende Weise gelöst: Er entschied, daß man die Grenze einer Grundeinheit definieren sollte; Namen, die nicht zusammengesetzt sind, wurden nur für die Zahlen definiert, die sich innerhalb der Grenzen dieser Menge befinden." Weniger Erfolg hatte Gerbert mit dem Einführen der Null in seine Rechentafel; der Platz, den die Null einnehmen sollte, blieb leer.

Über seinen historischen Beitrag zur Arithmetik hinaus, stellte Gerbert die Grundlagen der Geometrie zusammen und machte sie bekannt. Er definierte sie als "die Wissenschaft der meßbaren Proportionen oder die demonstrierbare Dimension, die man durch Lehrsätze sucht, die zum Zwecke des Messens entwickelt wurden".

Auf den Werken des Pythagoras und Boethius aufbauend, beschäftigte sich sein Hauptwerk in diesem Bereich mit den Problemen der Winkel und Dreiecke. Für Gerbert waren die verschiedenen Arten von Dreiecken keine selbstevidenten Tatsachen. Weiter zeigte er mögliche Lösungen des Problems der Messung unzugänglicher Objekte - die Breite eines Flusses, die Tiefe einer Quelle oder die Höhe eines Turmes. Zur Lösung des letzteren Problems verwendete Gerbert nicht den Schatten, den der Turm wirft, wie es vor ihm Thales tat, sondern einen Spiegel. Auch das Astrolabium wurde als Visiereinrichtung benutzt. Für Gerbert war die Geometrie aber nicht nur ein Hilfsmittel, um konkrete Probleme zu lösen, sondern auch eine Methode, um das Universum zu begreifen:

"Für alle, die wahre Weisheit erstreben, ist diese Wissenschaft von großem Wert. Sie ist das geeignetste Mittel, die Kräfte des Geistes und Intellektes zu bewaffnen und den Verstand zu schärfen, und darüber hinaus ist sie eine ergötzliche Disziplin, die unseren Verstand weiterführt, viele wahre Dinge zu entdecken, die der Menge erstaunlich und höchst bemerkenswert erscheinen, und um über die außerordentlichen Eigenschaften der Natur und Kraft sowie die unbeschreibliche Weisheit ihres Schöpfers nachzudenken, der alles in Zahl, Dimension und Gewicht setzte."


Abbildung 1:  Das Astrolabium und die stereographische Projektion.

Die Wissenschaft, mit der Gerbert sich am meisten beschäftigte, war die Astronomie. Wir verdanken ihm ein zuverlässiges Astrolabium; er ließ volle und hohle Kugeln anfertigen, um anhand davon die Bewegungen der Planeten und Sternbilder zu beschreiben. Mit dem Astrolabium wurde eine stereographische Darstellung der Welt möglich. (Abbildung 1) Es war eine Scheibe, auf deren einer Seite der Erd- und die Himmelskörper abgebildet waren und auf der anderen ein drehbares Lineal mit eingeschlitzten Kupferteilen an beiden Enden befestigt war. Wenn man den Stern durch diese Schlitze anvisierte, konnte man anhand der Position des Lineals relativ zu den Kerben auf der Scheibe dessen Höhe bestimmen.

Gerbert baute auch Himmelsgloben, um die Planetenbewegungen, aber auch die Ekliptik, den Äquator, die Tropen- und die Polarzonen darzustellen. Durch den Globus verlief eine Röhre, welche die Achse angab, die zum Himmelspol zeigt. In den Worten Richers: "Wenn man darauf blickte, stellte die Konstruktion die Himmel dar. Sie war so gebaut, daß die Sterne aller Sternbilder durch Zeichen auf der Kugel dargestellt wurden. Die Konstruktion war göttlich, weil sogar derjenige, der von dieser Wissenschaft gar nichts verstand, nachdem man ihm nur ein Sternbild gezeigt hatte, alle anderen auf dem Globus ohne Unterrichtung finden konnte".

Darüber hinaus unterrichtete Gerbert Musik, was es in Frankreich bis dahin nicht gegeben hatte. Richer erklärte dazu: "Er ordnete die Noten auf dem Monochord und unterschied sie anhand von Konsonanz und Zusammenklang Töne, Halbtöne, Erniedrigungen und Erhöhungen, und indem er Töne und Laute vernünftig ordnete, machte er ihre Beziehungen verständlich."

980 kehrte Gerbert nach Rom zurück, wo er Otto II. in diesen Wissenschaften unterrichtete. Otto ernannte ihn 983 zum Abt von Bobbio, einem vom hl. Columban gegründeten Kloster, das für seine hervorragende Bibliothek bekannt war. Als Otto im selben Jahr in Rom an einem Fieber starb, mußte Gerbert nach Reims fliehen. Unterstützt vom ansässigen Erzbischof Adalbert half er dabei, 987 Hugo Capet an die Macht zu bringen, und unterstützte den gefährdeten Otto III., damals noch ein Knabe, und dessen Mutter Theophania. Gerbert war zunehmend isoliert und wurde Opfer etlicher Intrigen, bis er schließlich 997 einen Brief von Otto III. erhielt:

"Ich weiß nichts, meine Bildung ist schludrig, hilf mir: Stelle richtig, was falsch gemacht wurde, und zeige mir, wie ich dieses Reich richtig regieren kann... Erkläre mir das Buch der Arithmetik, das du mir geschickt hast."

Daraufhin ging Gerbert nach Italien, wo er für seinen jungen Schüler die Abhandlung Über die Vernunft und den Gebrauch der Vernunft schrieb.

999 wurde Gerbert Papst unter dem Namen Silvester II.; der französische König Robert der Fromme, Boleslaus von Polen und Stephan von Ungarn huldigten ihm. Der Traum von Otto III. und Silvester II., Karls Weg fortzusetzen, begann Form anzunehmen. Sie gingen sogar so weit, byzantinische Eroberungen in Süditalien wieder zurückzugewinnen. Byzanz war nicht blind gegenüber der Gefahr, die durch diese Entwicklungen für seinen Machtanspruch erwuchs. Schon 809 hatte Karl auf dem Aachener Konzil versucht, das Prinzip des "Filioque" auch in Byzanz durchzusetzen, wo man dieses Prinzip, daß der heilige Geist vom Vater und vom Sohn ausgehe, bestritt. Dies bedeutete, nichttheologisch ausgedrückt, Byzanz leugnete, daß der Mensch fähig sei, durch einen bewußten Willensakt die Gesetze des Universums zu verstehen und zu meistern.

Byzanz reagierte. 1001 brachen in Rom von der örtlichen Aristokratie geschürte Revolten aus, in deren Verlauf Otto und Silvester aus Rom fliehen mußten. Einige Monate später starb Otto III. im Alter von 22 Jahren. Silvester kehrte nach Rom zurück, starb aber schon 1003. Obwohl man daraus auf den ersten Blick folgern könnte, daß ihr Versuch der Wiederbelebung von Karls Vorhaben gescheitert sei, hatte der von Gerbert gesäte Samen Wurzeln geschlagen. Sein Schüler Fulbert kam 987 nach Chartres, um das Werk seines Lehrers weiterzuführen.

Vernunft versus Materialismus und Obskurantismus

Als Fulbert mit Gerberts Abhandlungen im Gepäck nach Chartres kam, hatte er seine Ausbildung in den "freien Künsten" abgeschlossen und wollte als Lehrer arbeiten. Fulberts Ruf breitete sich aus, und bald kamen Studenten aus Tours, Besançon, Poitiers, Orléans und sogar aus Lüttich und Köln, um ihn zu hören. 1006 wurde er von Robert dem Frommen zum Bischof von Chartres ernannt, und er mobilisierte die Unterstützung von Königen wie Stephan von Ungarn und Knut von Dänemark, um den Kathedralenbau zu finanzieren. Aber er beschränkte seinen Unterricht nicht auf die "Elite": Ein Nachruf aus dem 11. Jahrhundert zeigt ihn Männer, Frauen und Kinder lehrend. Das Heptateuch, die Abhandlung über die Sieben freien Künste des Thierry von Chartres - Kanzler in Chartres von 1120 bis 1153 und Abaelards Lehrer - gibt ein deutliches Bild davon, was in Chartres studiert wurde.

Die weltlichen Wissenschaften waren aufgeteilt in Trivium und Quadrivium. Das Trivium umfaßte:

Grammatik: Prosa und Verskomposition, und das Studium der lateinischen Klassiker;

Rhetorik: kirchliche und weltliche Redekunst;

Dialektik: Aristoteles war der Mittelpunkt für die abstrakte Logik, besonders aber beschäftigte man sich mit dem Hl. Augustinus, Boethius, Johannes Scotus Eriugena und Dionysius Areopagita.

Das Quadrivium war weitaus bedeutender. Wie Thierry von Chartres schreibt: "Es gibt vier Arten des Verstandes, welche den Menschen zum Wissen über den Schöpfer leiten, und diese sind die Beweise der Arithmetik, Musik, Geometrie und Astronomie."

Das Quadrivium bestand aus:

Arithmetik und Geometrie: Die Arbeiten von Euklid, Pythagoras, Platon und Boethius sowie neuere Abhandlungen wie die von Gerbert;

Musik: Fulbert galt als bemerkenswerter Cantor, und in Chartres wurde großer Wert auf das Lehren von Musik gelegt. Fulbert und sein Freund Signon brachen mit der Monotonie der gregorianischen Melodie und entwickelten polyphone Formen. Daraus entstand eine große Schule des kirchlichen und weltlichen Gesangs, begleitet von Flöte, Leier und Orgel. Man hatte erkannt, daß eine einzelne Melodie - Monodie - nicht mehr ausreichte, um musikalische Ideen angemessen auszudrücken. So schrieb Franconius von Köln in De Diaphonia, die zweite musikalische Phrase könne sich von der ersten unabhängig machen und ihr mit Noten unterschiedlicher Länge, mehrfacher Einsätze und verschiedenen Sätzen folgen.

Astronomie: Die Autoren, mit denen man sich vor allem auseinandersetzte, waren Beda Venerabilis, Abbaonios und verschiedene arabische Wissenschaftler. Einer der Meister der Chartres-Schule, Rudolph von Lüttich, liebte es, in der Messe die Funktionsweise des Astrolabiums zu erklären.

Fulberts größte Errungenschaft lag jedoch nicht in den Fächern, die er lehrte, sondern in der Art und Weise, wie er lehrte. Er war es, der den platonischen Geist in der Schule von Chatres zur vorherrschenden Richtung machte. Platon war für ihn der größte der alten Denker, und Fulbert selbst wurde von seinen Studenten der "ehrwürdige Sokrates" genannt. Für ihn liegt das Denken nicht in der Welt der Sinneswahrnehmungen, sondern in den Ideen. Wissen bedeutet nicht, eine Inventur der Objekte des Universums zu machen und sie zu klassifizieren, wie Aristoteles es tun würde, sondern Hypothesen über die Prinzipien zu bilden, die dem Universum zugrunde liegen. Platon war natürlich bewußt, daß die Sinne notwendig sind, um das Universum wahrzunehmen, doch er warnte vor ihnen: "Wir können weder eindeutig hören noch sehen", und wenn man den Dingen auf den Grund gehen möchte - "was Dinge an sich sind" - , könne das nur durch Vernunft geschehen.

Thierry von Chartres unterschied die verschiedenen Fähigkeiten der Seele auf folgende Weise: "Die Seele liegt auf gleicher Ebene mit dem Tier, wenn sie nur ein Gefangener des Gefühls und der Einbildung ist. Wenn sie der Vernunft auf den kleinsten Wink folgt, dann ist sie dem Menschen eigen. Wenn sie zur Ebene der Ideen aufsteigt, wird sie etwas Höheres als der Mensch, weil sie sich dann nur noch auf sich allein verläßt. Und wenn sie schließlich versucht, zur höchsten Grenze ihrer Fähigkeit aufzusteigen, zum Einfachen, einigenden Ganzen, und die Gedanken zum Verstehen (Intelligibilität) bringt, dann stützt sie sich auf sich selbst, wächst sie über sich hinaus und wird ein Gott."

Die Anhänger der Chartres-Schule lehnten die Vorstellung ab, daß der Mensch nur blind dem Aberglauben, der Meinung oder der Tradition folgen solle. Sie setzten dagegen, daß der Mensch als Gottes Ebenbild geschaffen sei und jeder sich dieser göttlichen Eigenschaft erfreuen und sie fördern solle. Diese Qualität ist aber nicht so zu verstehen, daß Gott jedem Einzelnen etwas Bestimmtes schenkt, und es handelt sich nicht um irgendeine geheime Kraft, die der Einzelne herbeirufen muß. Es gibt auch kein Rezept, nach dem man die verschiedenen Elemente des Wissens zusammenmischen müßte. Man wird nicht Musiker, Wissenschaftler oder Ingenieur, weil Gott es einem so in die Wiege gelegt hätte. Denn wäre dem so, dann hätte der Mensch keine Würde, weil er nur einem vorherbestimmten Schicksal folgt; er wäre nur ein Automat, dessen Lebensmechanismus Gott von aufgezogen würde.

Die Chartres-Schule verkündete die Souveränität des Individuums. Sie ging davon aus, daß der Menschen nach Gottes Ebenbild schöpferisch ist. Diese Kreativität stammt allerdings nicht von einem besonderen "Geschenk" in einem Spezialgebiet her, sondern sie ist die Fähigkeit aller Menschen, das Universum zu begreifen und auf dieser Grundlage die Welt, in der sie leben, umzugestalten. Die Harmonie des Universums ist nun nicht mehr nur Gegenstand der stillen Betrachtung. Thierry von Chartres schreibt: "Indem er ordnete, was in Unordnung war, machte [Gott] sich auch für die, die nur sehr wenig wissen, sichtbar." Der Mensch ist also nicht mehr nur irgendein "Teil" von vielen in der Schöpfung. Der Mensch nimmt eine Sonderstellung ein, welche Honorius von Autun wie folgt beschreibt:

"...selbst wenn alle Engel im Himmel geblieben wären, so wären der Mensch und die nachfolgenden Generationen dennoch geschaffen worden. Denn diese Welt wurde für den Menschen geschaffen, und mit der Welt meine ich die Himmel und die Erde und alles, was im Universum enthalten ist."

Der Gedanke, den Menschen ins Zentrum der Schöpfung zu stellen, traf selbst innerhalb der Kirche nicht auf ungeteilte Zustimmung. Es gab zwei Strömungen, die dem Humanismus von Chartres fundamental entgegengesetzt waren. Die erste war der Aristotelismus. Die Schule von Chartres setzte sich zwar mit Aristoteles vom formallogischen Standpunkt aus auseinander, lehnte jedoch seine Weltsicht ab. Fulbert beteiligte sich an einer theologischen Kontroverse mit Berenga von Tours über die Frage der wirklichen Präsenz Christi in der Eucharistie. Die Probleme, die sich in Berengas Denken zeigen, gehen weit über den Rahmen einer Polemik, über ein doktrinäres Problem hinaus. Berenga nahm für sich in Anspruch, die Vernunftfähigkeit des Menschen, als Abbild Gottes, zu verteidigen. Sein Ansatz war allerdings stark materialistisch geprägt, denn nach seiner Auffassung gelangt die Seele ausschließlich durch sinnliche Wahrnehmung zur Erkenntnis:

"Nur das, was man sehen und anfassen kann, existiert... Jede Realität ist individuell und nicht universell: denn die Sinne, die obersten Instanz aller Existenz, nehmen nur das Einzelne auf. Das Universelle, das Subjekt der Ideen, existiert nicht, hat keine Realität, es ist nicht mehr als ein Konzept oder ein Name." Für Berenga ist der Mensch unfähig, ein universelles Prinzip zu entdecken. Wogegen das Ziel der Schule von Chartre genau darin bestand, die Gesetze des Universums verstehbar zu machen und zu zeigen, daß es wohl möglich ist, etwas zu verstehen, das man weder sehen, riechen noch anfassen kann.

Die andere oppositionelle Strömung wurde von Bernhard von Clairvaux, dem Abt des dortigen Zisterzienserklosters, und seinem Freund William von Saint-Thierry angeführt. Diese beiden Personen waren bekannt dafür, gegen den Widerstand des späteren Bischofs von Chartre, führend an den Angriffen gegen Abälard beteiligt gewesen zu sein. Im Gegensatz zu den irischen Mönchen und den Mönchen von Chartre vertrat Bernhard eine krasse Abkehr von der Welt. Er schrieb: "Wir jedoch, die wir nicht länger zur Welt gehören, haben um Christi Willen das Schöne der Welt hinter uns gelassen, und wir wissen, daß es nicht die Pflicht eines Mönches ist, zu lehren, sondern zu beweinen."

Denn was solle auch das Ziel und der Inhalt des Lehrens sein, da alle Menschen "gezeugt in Sünde, Sünder sind und Sünder hervorbringen; geborene Schuldiger, bringen wir Schuld hervor; geborene Verdorbene, bringen wir Verderben hervor; geborene Sklaven, bringen wir Sklaven hervor. Sobald wir diese Welt betreten, während wir hier leben und wenn wir sie verlassen, sind wir verwundet; von der Sohle bis zum Kopf, nichts ist ganz in uns."

Der Mensch ist nach Bernhard ein Sünder, und die einzige Rettung besteht in Buße und Reue. Bernhard stand der Vernunft mißtrauisch gegenüber, da er sie für eine Quelle menschlicher Arroganz hielt - ein früher Ökologe. Er rief die Menschen auf, die Städte zu verlassen, "da sie in den Wäldern mehr finden, als in den Büchern". William von Saint Thierry berichtete, daß Bernhard dachte, es sei das Beste, im Wald und auf den Feldern zu meditieren und zu beten... und die Eiche und die Birke zu schützen. Dieses Beten im Wald bedeutete mystische Ekstase durch Kasteiung und Buße. Des Menschen Beziehung zur göttlichen Ordnung war nicht durch Vernunft verstehbar, sondern vielmehr eine unerklärliche Art von Sinneswahrnehmung, wie Bernhard selbst erklärte: "Oft geht der Geist in mich ein und oft bemerke ich nicht, daß er gekommen war und ich erinnere mich seiner Anwesenheit. Und wenn ich das Vorherwissen hatte, daß er käme, hatte ich weder ein Gefühl dafür, noch, wenn er mich verließ. Wie kam es, daß er in meine Seele trat? Wohin ging er beim Verlassen?"

William von Saint Thierry ging sogar so weit, die Schule von Chartres anzugreifen, weil sie die Schöpfung des ersten Menschen "nicht durch Gott, sondern durch die Natur, Geister und Sterne" erkläre. William von Conches, der Verfasser einer im Mittelalter viel gelesenen "Philosophia mundi", erwiderte folgendes: "Sie selbst kennen die Kräfte der Natur nicht, und damit sie Genossen ihrer Unwissenheit haben, wollen sie nicht, das andere forschen, sondern wir sollen wie die Bauern glauben, ohne Rechenschaft zu fordern."

Verstehen, Lehren, Erläutern - das waren die Ziele der Kathedralenbauer. Durch die genaue Betrachtung der Kathedralen wird das wissenschaftliche Streben jener Zeit deutlicher für uns.

Jenseits der Gesetze der Schwerkraft

1122 wurde Suger Abt von Saint-Denis. Nachdem er die Abtei mit Unterstützung von Abälard reformiert hatte, begann er 1140 die Abtei von Saint-Denis in einer Art zu bauen, die von einigen italienischen Künstlern der Renaissance (Lorenzo Valla, Giorgio Vasari) verunglimpfend als "gotisch" im Sinne von "barbarisch" bezeichnet wurde. Indem er den Anstoß zu dieser wissenschaftlichen und technischen Revolution gab, kann Suger als die Schlüsselfigur der Kathedralenbauerbewegung bezeichnet werden. Er war zu dieser Zeit eine der mächtigsten Persönlichkeiten im Königreich. Suger war Gesandter und Ratgeber Ludwig VI. und gelangte auch unter Ludwig VII. zu großem Einfluß; bei dessen Kreuzzug 1147-49 war er Regent.

Es wäre absurd, zu glauben, daß Suger lediglich einen neuen Architekturstil einführen wollte. Für ihn war eine Kirche, unabhängig von ihrem Stil, nicht nur ein Objekt, sondern eine sichtbar gewordene Idee. Er schrieb über die neue Abtei: "Durch die richtige Anordnung der bewundernswerten Kraft eines einzelnen höchsten Grundes, läßt sich die Verschiedenheit zwischen dem menschlichen und göttlichen verwischen. Und was scheinbar aufgrund seines niedrigeren Ursprungs dazu im Gegensatz steht, und die Gegensätzlichkeit seiner Natur sind verbunden durch die einfache, leuchtende Einheit einer höheren, wohltemperierten Harmonie."

Das Mittel, wodurch das Bauwerk "die Verschiedenheit zwischen dem Menschen und Gott verschwinden" läßt, zeigt sich darin, wie sich in seinem Aufbau die harmonische Ordnung des Universums widerspiegelt. Die Erbauer der romanischen Kirchen vertraten den gleichen Ansatz. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß der "gotische Durchbruch" aus den Reihen dieser Bauherren kam, die dieser Idee noch größere Kraft verliehen. Was also beinhaltete diese Revolution? Die Baumeister waren mit einem schwer lösbaren Problem konfrontiert: dem Gewicht! Wie der Historiker Jean Favier schrieb: "Bogen und Gewölbe üben Druck auf die Wände aus. Sichert man das Gewölbe nicht, drückt es die Gewölbeanfänger aus ihrer Lage und bringt die Wand zum Einstürzen. Je schwerer das Gewölbe ist, desto dicker werden die Wände, und desto stabiler scheint der Bau zu sein... Äußere Widerlager leiten den Schub ab. Das Ganze steht aufrecht, doch im Innern sieht man nichts mehr."

Je größer die Bauwerke wurden, desto massiver mußten sie werden. Wenn die Architekten mit dem Bau immer größerer Bauwerke erfolgreich sein wollten, mußten sie die Fragen von Kraft und Druck in der Natur studieren. Es wurden auch Tricks angewandt, um einige der Schwierigkeiten zu umgehen. So verstärkte man das Gewölbe mit einer Reihe zusätzlicher Gurtbögen, die das Gewölbe stützen sollten, um etwas dünnere Wände und größere Fenster zu ermöglichen. Andere entwickelten den Spitzbogen, indem sie das zentrale Drittel des traditionellen Bogens wegließen, d.h. jene Steine, die über den leeren Raum zu setzen waren und deren Gewicht jene Steine zur Seite drückte, die sich näher an der Wand oder einem Pfeiler befanden.

Um 1100 wurde in England das Kreuzrippengewölbe erfunden: Zwei diagonale Bögen, die sich im Mittelpunkt kreuzten, wurden unter dem Kreuzbogen plaziert, was das Gewölbe entlastete, aber das Gewölbe noch schwerer machte und durch den zusätzlichen Druck auf die Jochecken die Einsturzgefahr erhöhte. Die wahre Kühnheit, die der nordfranzösischen Architektur ihren eigenständigen, Schule machenden Charakter verleiht, ist die Umkehrung der Rolle von Gewölbe und Kreuzrippen. Mitte des 12. Jahrhunderts sicherte der Bogen - die Kreuzrippe - den Zusammenhalt des Baus. Gotische Architektur ist nicht nur festgelegt auf technische Aspekte wie Spitzbögen, den Strebebogen oder Kreuzgewölbe - all das, was auch schon den Römern bekannt war.

Das neue Konstruktionsprinzip brachte es mit sich, daß das Gewölbe die Funktion der diagonalen Rippen oder Spitzbögen übernahm und umgekehrt. Die Funktion der Kreuzrippen bestand darin, das Gewölbe zu versteifen und den Druck aufzufangen. Die Erbauer entwarfen ein Bauwerk, bei dem das Gewölbe und die Mauern nicht mehr die Hauptlast trugen. Der Druck wurde mehr zu den vier Stützpunkten geleitet, an denen die diagonalen Bögen der Kreuzrippen endeten, als zu den Wänden, die dann große Fenster ermöglichten und damit Licht in die Kathedrale brachten. Den Architekten gelang die Errichtung von Gebäuden, die lichterfüllter und zugleich größer waren.


Abbildung 2: Die gleichmäßige Verteilung der Gewichte.
Um die Wände zu entlasten, wurde der Gewölbedruck auf bestimmte Bereiche gelenkt. Im vierteiligen Gewölbe waren es die vier Eckpunkte (Bild oben), im sechsteiligen Gewölbe (mittleres Bild) wurde die Last auf sechs Punkte (a,b) verteilt, wobei die Punkte a größere Lasten zu bewältigen hatten. Im querrechteckigen Gewölbe war das Gewicht gleichmäßig verteilt.


In der gleichen Zeit veränderte sich das Gewölbe. Beim romanischen Kreuzgewölbe wie beim Kreuzrippengewölbe beschränkte das quadratische Joch die Schiffbreite. Jede Verbreiterung führte dazu, daß sich die Gewölbefänger weiter voneinander entfernten, daß also die Last für jeden zunahm. Im 12. Jahrhundert entwickelte man das sechsteilige, querrechteckige Gewölbe. Ein zusätzlicher Bochen entlastete das Joch in der Mitte, so daß die Gewichte gleichmäßig verteilt waren (Abbildung 2). Übrig blieb das Problem der gigantischen Schubkraft, verursacht durch das Gewicht der Gewölbe und des Daches auf die Pfeiler. Anstatt im Inneren des Gebäudes Unterstützungswände zu bauen, entschieden sich die Erbauer diese Kräfte durch ein äußeres Strebewerk - Strebepfeiler und Strebebögen - abzuleiten. Zusammen mit den Gurtbögen, Kreuzrippen und Gewölbekappen über Mittel- und Seitenschiffen bildet es eine unlösbare Einheit und sorgt für die Standfestigkeit der Konstruktion.

Aber man sollte betonen, daß es noch andere Gründe, als nur rein technische, gab, um das gotische Gewölbe zu benutzen. Die von Abt Suger 1140 verfaßte Inschrift auf den vergoldeten Bronzetürflügeln im Westprotal von Saint-Denis, der Grabeskirche der französischen Könige, besagte es deutlich: "Edel erstrahlt das Werk, doch das Werk, das edel erstrahlt, soll die Herzen erhellen, so daß sie durch wahre Lichter zum wahren Licht gelangen. Der schwerfällige Geist erhebt sich mit Hilfe des Materiellen zum Wahren." Hier kommt die Idee der Erhebung zum Ausdruck, die einen unwillkürlich ergreift, wenn man eine gotische Kirche betritt. Obwohl Gemälden und Zeichnungen zu dieser Zeit alle Formen der Perspektive fehlten, trat diese Wissenschaft nicht nur im Gesamtentwurf des Kathedralenbaus hervor. Auch in den Rosettenfenstern, welche eine Kegelprojektion auf einer Ebene darstellen, weisen alle Elemente auf das Zentrum. So war es möglich, daß Bauten, die vielleicht massiv und überwältigend schienen, in lichtgefüllte Räume umgewandelt wurden. Licht wurde zu einem Haupt-"Material" der Kathedralen, aber nicht von der mystischen Art, bei der Licht eine magische Kraft auf den Geist ausübt.

Ein in diesen Tagen viel gelesenes Dokument von Dionysus Areopagita, die Hierarchie des Himmels liefert ein besseres Verständnis dessen, was dieses Licht den Erbauern zu dieser Zeit bedeutete: "Alle Kreaturen, ob sichtbar oder unsichtbar, sind ein Licht, fließen vom Vater des Lichts... Dieser Stein, dieser Holzblock, ist ein Licht für mich... wie ich es beobachtete, daß es gut und schön ist, daß es in Übereinstimmung mit den eigenen Regeln der Proportion steht, daß es sich in Gattung und Art von anderen Gattungen und Arten unterscheidet... Indem ich solche Dinge beobachte, werden sie Licht für mich, daß heißt, sie füllen mich mit Licht. Ich wundere mich dann, wenn es die Eigenschaften eines Steins bekommt... Und so, geführt durch Verstand, werde ich durch alle Dinge zu der Ursache aller Dinge geleitet, welche ihnen den Platz und die Ordnung, Zahl, Art und Geschlecht, Güte, Schönheit und Wesen, als auch alle anderen Eigenschaften und Qualitäten, zuweist."

Die Kathedralen als Spiegel des Universums

Abbildung 3: Die Zeichnung eines stehenden Mannes von Villard de Honnecourt. Roland Bechmann konnte zeigen, daß man die Figur in zwei Rechtecke unterteilen kann, deren Diagonale der dreifachen Länge der kurzen Seite entspricht.

Ein Wissenschaftler mag durch und durch ein Formalist sein, aber selbst er wird sich nur schwer der Schönheit des Universums entziehen können. Hat er einmal den inneren Zusammenhang des Universums, seine Schönheit aufgedeckt, die sich im unendlich Großen und im unendlich Kleinen zeigt, wird er selbst Freude und Schönheit empfinden. Die Kathedralen vermitteln uns dieses Gefühl der Freude und Schönheit, weil das ihnen zugrundeliegende Kompositionsprinzip mit der Harmonie des Universums übereinstimmt. Dabei ahmen die Katehdralen die Natur nicht einfach nach, denn die Rosettenfenster bspw. sehen nicht exakt wie Rosen aus. Die Rosettenfenster sind schön, weil sie ein Prinzip der Natur verkörpern. Es geht nicht darum, "magische" Zahlen, Verhältnisse oder Symbole aufzuspüren oder geometrische Figuren an sich zu entdecken. Auf diese Weise würden wir uns vom Wesentlichen entfernen, weil wir nicht eine "Zahl" oder "Form" suchen. Symbolisten würden beispielsweise dazu tendieren anzunehmen, der Architekt verwende willkürlich eine bestimmte Zahl oder geometrische Form, die auch in der Natur vorkommt. Aber es gibt keine esoterischen Geheimnisse in den Kathedralen, und man muß kein "Eingeweihter" sein, um ihre "Kompositionsmethode" zu verstehen.

Einen Anhaltspunkt lieferte Roland Bechmann, der die Notizbücher von Villard de Honnecourt untersuchte. (Villard de Honnecourt war ein französischer Baumeister, nachweisbar um 1230-35, der das einzige aus dem Mittelalter erhalten gebliebene Bauhüttenbuch hinterließ. Es enthält eine Mustersammlung von Federzeichnungen, die, von erklärenden Texten begleitet, Bauten, Bildwerke, Tiere, Werkzeuge u.a. darstellt.) Einige von de Honnecourts Zeichnungen zeigen einen stehende Menschen, auf die ein und der selben Umriß gelegt wurde (Abbildung 3). Bechmann schreibt: "Das Rechteck scheint sehr genau aus zwei Rechtecken zusammengesetzt zu sein, auf der Grundlage eines Quadrats und der Diagonalen, wobei die Diagonale dreimal so lang ist wie die kleine Seite." Diese Art der Proportion scheint interessanterweise als Entwurf für verschiedene Kathedralen, wie Reims, Bourges, Troyes oder Tours (Abbildung 4) benutzt worden zu sein.

Abbildung 4: Die Grundrisse der Kathedralen von Bourges, Troyes und Reims entsprechen genau der Proportion des "stehenden Mannes".


Einen weiteren Anhaltspunkt liefert die Korrespondenz zweier Zeitgenossen Fulberts - Rudolph von Liege und Ragimbald von Köln - geliefert. Beide waren Meister der Schule von Chartre. Sie warfen das Problem der Verdoppelung einer Quadratfläche auf. Obwohl sie Platons Dialog Menon nicht kannten, kamen sie zu dem Schluß, daß es für dieses Problem nur eine geometrische und keine arithmetische Lösung gebe. Wenn man die Diagonale eines Quadrates nimmt und diese zur Seitenlänge eines neuen Quadrats macht, so besitzt das neue Quadrat die doppelte Fläche des ersten (Abbildung 5). Und wenn man die Augen "geleitet von Vernunft" zum Licht der Rosettenfenster von Chartres hebt, kann man dieses "Gesetz der Proportion", das auf der Verdoppelung des Quadrats beruht, entdecken: In den eingeschriebenen Kreisen befinden sich verschiedene Quadrate, die den Ort der drei Rosettenfenster der Kathedrale bestimmen. Dieselbe Anordnung findet sich im Entwurf der Kathedrale.

Abbildung 5: Wenn man die Diagonale des dunkel gezeichneten Quadrats zur Grundseite eines neuen Quadrates macht, erhält man ein Quadrat mit der doppelten Fläche des ersteren.

Die Baumeister waren teilweise sehr an dem Verhältnis zwischen Quadrat und dessen Diagonale interessiert. Warum? Das Bemerkenswerte ist die Inkommensurabilität zwischen Quadratseite und der Diagonalen. Nikolaus von Kues versuchte zu zeigen, daß der Kreis mit dem Vieleck inkommensurabel sei. In ähnlicher Weise hatten die Konstrukteure der Kathedralen verstanden, daß es für unterschiedliche Arten verschiedene Formen der Ordnung und Organisation gibt. Vom arithmetischen Standpunkt ist die Diagonale des Quadrats nicht zu begreifen. In der Geometrie wird es ganz verständlich und nutzbar. Sie stellt eine höhere Ebene dar, und nach den Architekten jener Tage entspricht diese höhere Art der Geometrie der Natur des Universums. Man könnte hinzufügen, daß die geometrische Folge verschiedener Quadrate in den Rosettenfenstern mit den Ordnungsprinzipien übereinstimmt, die man in einer Blume oder einer weit entfernten Galaxis findet. Kepler versuchte in der Beschreibung dieser "Harmonie des Universums" weiter zu gehen. Jonathan Tennenbaum und Lothar Komp haben Keplers Arbeit ergänzt, indem sie die Rolle von selbstähnlichen zylindrischen Spiralen, im wohltemperierten System der Musik und in der Organisation des Sonnensystems, aufzeigten und sie als Ausdruck einer höheren Ordnung betrachten. In diesem Sinne sind die Rosettenfenster keine feststehenden zweidimensionalen Objekte, sondern sie reflektieren ein Lebensprinzip.

Die Wirkung dieser wissenschaftlichen Renaissance

In De sex dierum operibus (Über die Arbeit von sechs Tagen) erklärt Thierry von Chartres: "Die Ursachen der Realität in der Welt sind vier an der Zahl: die wirksame Ursache, das ist Gott, die formelle Ursache ist Gottes Weisheit, die letzte Ursache ist seine Güte, die materielle Ursache sind die vier Elemente."

Der Mensch wurde als Gottes Abbild geschaffen und mit dieser einzigartigen schöpferischen Qualität und Erkenntniskraft ausgestattet. Er strebt danach, die Gesetze des Universums (Gottes Weisheit) erkennen, um in das Universum (die vier Elemente) tätig einzugreifen und die Welt, in der lebt, zu verbessern (Güte). Diese verschiedenen Elemente sind untrennbar miteinander verbunden. Der Kathedralenbau, das Ergebnis von Kunst und Wissenschaft, war erfüllt von diesem Gedanken.

Die technologische Herausforderung, die der Bau der Kathedralen theoretisch wie praktisch darstellte, erfordert ein besseres Verständnis der Gesetze der Natur, aber auch besser ausgebildete Menschen, einen höheren Lebensstandard, einen größeren Aufwand an Energie und bessere Werkzeuge. Alle diese Fortschritte wirkten sich auf die regionale und die gesamte Wirtschaft aus. So wird es besser verständlich, wie der Kathedralenbau zu einem entscheidenden Faktor des europäischen demographischen Wachstums und der Urbanisation zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert wurde. Die "geistigen Väter" der Kathedralenschulen vergaßen niemals, daß Zeit keine absolute Größe ist, sondern in Beziehung zum gestalterischen Eingreifen des Menschen in seine Umwelt und den Verbesserungen steht, die er bewirken kann. Diese Überlegung wird oft in den bunten Glasfenstern der Sakralgebäude und Skulpturen dargestellt. Die zwölf Monate des Jahres werden dabei oft durch die zwölf Tierkreiszeichen symbolisiert, deren Darstellung mit den typischen menschlichen Aktivitäten, die mit der Zeit des Jahres in Verbindung stehen, abwechselt. Neben dem März findet man den Fisch, und ein Winzer schneidet seinen Wein. Im April (Steinbock) bearbeitet ein Mann einen Baum, der mit Blüten und Blättern geschmückt sind. Der Stier, der den Mai symbolisiert, taucht neben einem Jäger mit seinem Falken auf, und die Zwillinge (Juni) werden von einem Bauern begleitet, der mit seiner Sichel das Gras schneidet, usw.

Die Kathedralenbewegung war vom wissenschaftlichen und ökonomischen Standpunkt aus gesehen ein wirkliches Großprojekt und kann annähernd mit dem Apollo-Programm verglichen werden. Die Bauplätze waren Forschungs- und Entwicklungslabors, in denen neue Werkzeuge für den Bau oder auch zum Beispiel für die Arbeit auf den Feldern entwickelt wurden. Der Bau der Kathedralen machte eine Mechanisierung der Produktion notwendig, die alles bis dahin Bekannte übertraf. Die Arbeitskraft mußte von schwerer körperlicher Arbeit befreit und zu mehr "Facharbeitertätigkeiten" geführt werden. Die Einführung der Nockenwelle ermöglichte es bspw., eine Kreisbewegung in eine Hin-und-Her-Bewegung umzuwandeln, was es ermöglichte, Getreide zu mahlen, Säcke zu füllen, Holz zu sägen, Erz zu zerkleinern. Ebenso konnten das Gebläse und die Schmiedehammer in der Eisenhütte mit höherer Produktivität arbeiten. Die Mechanisierung der Schmieden führte zu stabileren und präziseren Werkzeugen, die in hohen Stückzahlen produziert wurden. Durch diesen Fortschritt konnten immer mehr Häuser aus Stein gebaut und immer größere Landflächen erschlossen werden.

Über allem liegt das zentrale Anliegen und die Bedeutung der Kathedralenbewegung in dem Willen, das ungerechte Feudalsystem zu beenden. In einer Epoche, in der die große Mehrzahl der Menschen nicht besser als Vieh behandelt wurde, wurden die Kathedralen unwiderlegbarer Beweis der menschlichen Schöpferkraft, seines göttlichen Funkens. Sugers Idee, die absolute Trennung zwischen Mensch und dem Göttlichen zu überwinden, forderte die Feudalordnung heraus. Im Mittelalter waren die "Nationen" in Ländereien, Herzogtümer und wechselnde Lehensgüter zersplittert. Über jedes dieser Lehensgüter besaß ein Feudalherr die ererbte Macht über alle Dinge und alle Wesen. Der einzige vereinheitlichende Faktor war die Feudalordnung, welche die Gesellschaft auf eine relativ feste Ordnung von Adligen, der Geistlichkeit und Bauern festlegte.

An der Spitze der "Hackordnung" standen die Grundherren, die von der Arbeit der anderen Menschen lebten. Jeder dieser Grundherren besaß die relativ uneingeschränkte Herrschaft. Ihm gehörten die Produktionsmittel, der Boden, die darauf lebenden Tiere und Leibeigenen. Seine Hauptaktivitäten bestanden in der Jagd und dem Krieg, welcher ihm Reichtum einbrachte, der größtenteils aus geplündertem Gut und Lösegeld bestand. Die ganze Existenz der Region hing von den Launen der Feudalherren ab, der in seiner großen Güte über seine Habe, in jeglicher Form, wachte. Die unterste Schicht bildeten die Bauern, die zahlenmäßig den weitaus größten Anteil an der Bevölkerung stellten. Die meisten von ihnen waren Leibeigene, daß heißt keine freien Bürger: Sie konnten nicht ihre eigenen Waren vertreiben, konnten nicht die Gerichte anrufen und sie konnten sich nicht frei bewegen. Ihr Leben hing, etwa im Falle einer Heirat, die ohne Erlaubnis des Feudalherrn unmöglich war, oder auch einer Erbschaft, von der Gnade und dem Wohlwollen ihres Herrn ab. Mit dem Tod gingen alle oder ein großer Teil der weltlichen Güter eines Leibeigenen an den Herrn zurück. Die Leibeigenen wurden mit verschiedenen Steuern und gesetzlicher Arbeit, wie dem Frondienst, unterdrückt und ausgebeutet. Aber auch das Los des sogenannten "freien" Mannes war nur ein wenig besser. Kurz, der Leibeigene mußte nach der Pfeife seines Herrn tanzen. Und da man nicht zwei Herren dienen kann, waren Leibeigene strikt von den religiösen Orden ausgeschlossen.

Einer der Verfechter der Feudalordnung, auch innerhalb der Kirche, war der heilige Bernard. Er selbst war der Sprößling eines Feudalherrn. Er selbst führte den "ritterlichen Geist" im Zisterzienserkloster ein. Als Sproß der militärischen Aristokratie war die Feudalordnung in seinen Augen perfekt und von Gott gewollt. Der hl. Bernhard predigte nicht nur den Zweiten Kreuzzug von Vezelay im Jahre 1146; er war auch daran beteiligt, wie er es nannte, eine "neue Ritterschaft, Gottes Ritterschaft" - den Templerorden aufzubauen. Bernhard genügte es, wenn ein Ritter auf irdische Wonnen verzichtete, die Vorrechte der Ritterlichkeit könnten so bestehen bleiben, wie sie waren. Er hielt es für völlig normal, daß Ritter weiter über ihre Gefolgsleute herrschen sollten, da er die irdische Herrschaft als Abbild der himmlischen Hierarchie ansah.

Die Abtei von Citeaux, der Ursprung der Zisternzienser, war tatsächlich ein perfektes Abbild der Feudalordnung. Sie war in zwei Klassen geteilt, die Chormönche und die Konvertierten. Die Chormönche gehörten zur Klasse der Feudalherren, Ritter und Geistlichen. Ihnen war es vorbehalten, sich mit Büchern auseinanderzusetzen und so eine gewisse Bildung zu erwerben, und, obwohl sie auch einige Handarbeit verrichteten, waren sie es, die an der liturgischen Feier teilnahmen. Die Konvertierten wurden aus den bäuerlichen und anderen niederen Ständen genommen, und sollten auch in diesem Stand verbleiben. Die beiden Klassen waren klar definiert und voneinander getrennt. Georges Duby, Historiker und Bewunderer des Heiligen Bernard, beschrieb die Welt der Konvertierten wie folgt: "Die Konvertierten waren für sich untergebracht; sie hatten ihren eigenen Schlafsaal in der Nähe der Keller, wo sie ihren Hungerlohn verschlangen. Ihre Quartiere waren von denen der Mönche durch fensterlose Mauern abgeschirmt. Sie mußten sich auf einem schmalen Weg in die Kirche runterschlängeln, wo sie sich drängten, eine stille, schwarze und übelriechende Gruppe... Ihnen wurde gelehrt, sich im Namen von Demut und Nächstenliebe in ihre Lebensumstände zu fügen und für die schlechten Lebensmittel, mit den sie ernährt wurden, dankbar zu sein."

Man kann sagen, daß die örtliche Bevölkerung unter der Errichtung eines Zisterzienserklosters eher gelitten hat. Um das Bedürfnis der Mönche nach Einsamkeit zu befriedigen, wurden oft ganze Dörfer geräumt. Letzten Endes, da der Mensch laut Bernhard nichts Gutes zu tun vermag, ist Beten noch das Beste, was er tun kann, in der Hoffnung, daß Gott ihm seine Sünden vergibt. Und alles, was ihn von diesem Kurs abbringt, ist zu unterlassen. Zum Beispiel verbot Bernard, Kirchen oder andere klösterliche Bauten mit Skulpturen oder Malereien zu verzieren. Und er untersagte bunte Glasfenster, da, wie er meinte, ihre Betrachtung oft von der richtigen Meditation und Disziplin der religiösen Ernsthaftigkeit ablenke.

Vor diesem Hintergrund läßt sich besser verstehen, wie revolutionär Sugers Konzepte waren. Ihm ging es darum, das Land wieder zu einigen, indem er die Macht wieder zurück in königliche Hände brachte. Und er förderte den Städtebau an den Baustellen der Kathedralen und gründete von Feudalherrschaft freie Städte. Es war Suger, der die Stadt Vaucresson begründete, wo etwa 60 Familien siedelten, die von einer Charta geschützt wurden, die erklärte: "All jene, die es wünschen, in einer neuen Stadt mit dem Namen Vaucresson ansässig zu sein, sollen ein und einen halben Morgen Land, für 12 deniers zur Pacht, erhalten und frei von allen Steuern und Forderungen sein."

Hier finden wir den Keim staatlicher Verantwortung für das Gemeinwohl, und diese Idee überlebte zusammen mit dem wissenschaftlichen und technischen Wissen. Im Jahre 1439 wurde auf dem Konzil von Florenz der Grundstein für die Renaissance gelegt. Einer der Schlüsselfiguren des Konzils, Nikolaus von Kues, schrieb im Jahr darauf ein Werk mit dem Titel De docta ignorantia (Die belehrte Unwissenheit) und vieles in dieser Schrift geht auf die Konzepte von Thierry de Chartres zurück. Auf vielfältige Weise markiert die Docta ignorantia den Beginn der modernen Wissenschaft. Zum Netzwerk des Nikolaus von Kues gehörte auch Jacques Coeur, der unter Ludwig XI. wesentlich zum Zustandekommen des modernen Nationalstaates in Frankreich beitrug.

Der Weg des Wissens

Auf dem Fußboden der Kathedrale von Chartres befindet sich ein Labyrinth, und der Ort, an dem es sich befindet, ist nicht zufällig gewählt. Der Abstand zwischen dem Labyrinth und dem großen Portal ist der gleiche, wie der Abstand zwischen dem großen Portal und dem Rosettenfenster. Das Labyrinth hat genau die gleiche Größe wie das Rosettenfenster und ist auf diese Weise die eindeutige Projektion des Rosettenfensters auf den Fußboden. Wenn man sich das Prinzip des Rosettenfensters, wie wir es beschrieben, im Geiste vorstellt, kann man sich denken, daß der Weg, dem das Labyrinth in das Zentrum folgt, den Weg symbolisiert, den unsere eigenen Gedanken nehmen. Aber eigentlich handelt es sich nicht um ein Labyrinth, denn es gibt es nur einen Weg in das Zentrum. Dieser Weg ist der längstmögliche, und er erstreckt sich über die ganze Oberfläche des Kreises. Wenn man dem Weg geduldig folgt, kommt man dem Zentrum manchmal sehr nahe, um sich dann wieder zu entfernen. Trifft dasselbe nicht auch für das Leben des Menschen zu? Wenn wir handeln, ohne vom Weg der Vernunft abzuirren, werden wir sicherlich das Zentrum ohne Hindernis erreichen. Aber es gibt keine Abkürzung, und keine leichte Lösung wird uns schneller zu "unserem Himmel" bringen.


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