"Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen.
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst."
Friedrich Schiller
  Afrika

Äthiopiens Grand Renaissance Dam

Ein Modell für die Win-Win-Kooperation zwischen Europa, China und Afrika

Von Claudio Celani

Am 9. September wurde in Äthiopien in einer offiziellen Zeremonie das größte Wasserkraftprojekt Afrikas eingeweiht: der Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD, Abbildung 1). Bei der Veranstaltung empfing Premierminister Abiy Ahmed Ali die Präsidenten von Kenia, Dschibuti, Somalia und Barbados.

© Office of the Prime Minister of Ethiopia

© CC/TUBS
Abb. 1: Der Grand Ethiopian Renaissance Dam [oben].
Abb. 2: Geographische Lage Äthiopiens am Horn von Afrika [oben].
Abb. 3: Baustelle des Grand Ethiopian Renaissance Dam 2016 [unten].

© CC/Ana E. Cascão

Der GERD wird ganz Äthiopien und den Nachbarländern Zugang zu Elektrizität verschaffen und ist ein Beispiel dafür, wie Europa und China bei großen Entwick­lungs­projekten in Afrika erfolgreich zusam­menarbeiten können. Das von italienischen, französischen und chine­sischen Unternehmen gebaute Wasser­kraftwerk zeigt, daß der chinesische „Win-Win“-Ansatz nicht nur möglich ist, sondern auch als Modell für andere bahn­brechen­de Projekte auf dem afrikanischen Kon­tinent dienen kann, wie das Schiller-Institut in einer Studie vorgeschlagen hat, die auf seiner internationalen Konferenz in Berlin vom 12. bis 13. Juli vorgestellt wurde.

Einige Fakten zum Projekt

Der Damm befindet sich in der nord­west­lichen Region Benishangul-Gumuz in Äthiopien, weniger als 20 km von der Grenze des Sudan entfernt, am Blauen Nil (Abbildung 2). Mit einer Höhe von 145 Metern, einer Länge von 1780 Metern und einem Stausee von 74 Milliarden Kubik­metern ist er der größte Damm Afrikas und der siebtgrößte weltweit. Mit einer Stromerzeugungskapazität von mehr als 5.000 MW ist er auch das leistungs­stärkste Wasserkraftwerk des Kontinents.

Der Damm selbst wurde von dem ita­lie­nischen Unternehmen Webuild entworfen und gebaut, das bereits vier große Dämme in Äthiopien errichtet hat: den Legadadi-Damm, Gilgel Gibe I, Gilgel Gibe II und Gilgel Gibe III. Das Projekt umfaßt einen Hauptdamm aus Walzbeton mit zwei Kraftwerken, die am Fuße des Damms installiert sind. Die Kraftwerke befinden sich am rechten und linken Ufer des Flusses und bestehen aus insgesamt 13 Francis-Turbinen. Die Turbinen wurden von dem französischen Unternehmen Alstom (später General Electric, als GE den Geschäftsbereich Alstom Hydro übernahm) gebaut, während die chine­sischen Unternehmen Sinohydro, die Gezhouba Group, Voith Hydro Shanghai und die staatliche China International Water and Electricity Corporation die Stromleitungen gebaut haben. China hat das Projekt auch teilweise finanziert.

Im Zuge des umfangreichen Bauprojekts der letzten 14 Jahre sind zudem eine neue Stadt, eine komplette Straßeninfrastruktur, eine Schule und ein Krankenhaus entstanden. Darüber hinaus stehen jetzt 25.000 Arbeiter bereit, an weiteren Infrastrukturprojekten mitzuwirken.

Die Befüllung des Wasserreservoirs wurde 2020 begonnen und parallel zum Bau schrittweise weitergeführt. Die letzte Phase der Befüllung wurde im Oktober 2024 abgeschlossen. Auch die Turbinen wurden schrittweise installiert: Zwei (mit jeweils 375 MW) wurden im August 2022 in Betrieb genommen; zwei 400-MW-Turbinen kamen im August 2024 hinzu, und seit April dieses Jahres sind insgesamt sechs Turbinen in Betrieb, die rund 1,5 GW erzeugen. Wenn alle 13 Turbinen in Betrieb sind (zwei mit 375 MW und elf mit 400 MW), wird die volle Betriebskapazität des GERD von 5150 MW erreicht sein.

GERD, ein Beispiel für herausragende Ingenieurskunst

In Webuildvalue, dem digitalen Magazin des Unternehmens Webuild, wurden weitere Details zur herausragenden Ingenieurskunst des GERD veröffentlicht. Dort heißt es:

„Auch wenn der Grand Ethiopian Renaissance Dam von außen wie ein Koloß aus Beton erscheint, beherbergt er im Inneren modernste Technologien. Unterhalb des Hauptdamms verläuft ein Netz von Tunneln, in denen hochentwickelte Überwachungsinstrumente untergebracht sind. Sensoren und Pendel registrieren selbst kleinste Bewegungen der Konstruktion und überwachen die Dichtheit der Fugen, den Wasserdruck und die Belastung der Betonblöcke. Die Daten werden in Echtzeit erfaßt und in einer technologischen Zentrale, dem Engineering Building, am Fuße des Damms analysiert.

Es sei daran erinnert, daß die Betonmischung, die mit der Walzenverdichtungstechnik aufgebracht wurde und das Ergebnis jahrelanger Forschung ist, in einem Labor getestet wurde, das ihre Reaktionen auf Wasser zertifiziert und so die Qualität und Sicherheit verbessert hat.“

Pietro Salini, CEO von Webuild, erklärte gegenüber der italienischen Tageszeitung Il Messaggero, GERD sei ein Modell dafür, wie strategische Infrastrukturen das Gesicht einer ganzen Region verändern können. „Es ist ein gigantisches Projekt”, sagte Salini, der am 9. September bei der Einweihung des GERD in Addis Abeba anwesend war. „GERD ist das Symbol für ein Afrika, das sich mit Mut und Weitblick für Investitionen in seine eigene Zukunft entscheidet. Der Damm wurde vollständig von der Regierung und der Bevölkerung Äthiopiens finanziert, was zeigt, daß es möglich ist, auch unter schwierigen Bedingungen große Bauwerke zu errichten, wenn Entschlossenheit und Zuversicht vorhanden sind. Das Bauwerk ist ein vorbildliches Modell und zeigt, wie strategische Projekte echte Entwicklung bewirken können.“

Salini betonte, der GERD „ist auch eine Botschaft an unser eigenes Land [Italien]: Großprojekte erfordern Weitblick, Ausdauer und Zusammenarbeit. Und wenn sie fertig sind, verändern sie das Leben von Millionen von Menschen zum Besseren, wie im Fall der Brücke [über die Straße von Messina].“ (Webuild ist der Hauptpartner im Eurolink-Konsortium, das die Messina-Brücke bauen wird, die jetzt nach 50 Jahren Diskussion und Widerstand von Umweltschützern und der internationalen Gemeinschaft endlich genehmigt wurde.)

Einige regierungsfreundliche italienische Medien hatten sich bemüht, GERD in die Liste der Projekte aufzunehmen, die vom „Mattei-Plan” der Regierung gefördert werden, der benannt nach dem legendären Industriellen Enrico Mattei ist und darauf abzielt, Arbeitsplätze in Afrika zu schaffen. Wie Salini in seinem Interview jedoch diplomatisch erklärte, „wurde GERD bereits 2011 begonnen”, also lange vor dem Mattei-Plan, aber er „entspricht den allgemeinen Zielen” des Mattei-Plans.

Am Omo-Fluß baut Webuild derzeit das Koysha-Projekt, Äthiopiens zweitgrößtes Wasserkraftprojekt nach dem GERD, mit einem ebenfalls aus Walzbeton bestehenden Damm, der 190 Meter hoch und an der Krone 1 Kilometer lang ist. Nach seiner Befüllung wird der Stausee ein Fassungsvermögen von sechs Milliarden Kubikmetern erreichen, während seine sechs Francis-Turbinen jeweils 300 MW liefern und eine Gesamtleistung von 1.800 MW erzielen werden. Nach seiner Inbetriebnahme wird das Koysha-Projekt einen weiteren wesentlichen Beitrag zum Ziel Äthiopiens leisten, die Erzeugungskapazität des Landes von 5.300 MW im Jahr 2024 bis 2037 auf über 17.000 MW zu steigern.

Vom Stromimporteur zum Stromexporteur

Dank des GERD wird Äthiopien nicht nur seinen wachsenden Strombedarf decken und 100% seiner Bevölkerung mit Strom versorgen (bisher haben mehr als die Hälfte der 115 Millionen Einwohner Äthiopiens keinen Zugang zu Strom), sondern auch Strom in seine Nachbarländer exportieren, insbesondere in den Sudan, Dschibuti, Kenia, Eritrea und Somalia, wodurch deren Energiesituation erheblich verbessert wird. In diesen Ländern liegt der Zugang zu Strom unter dem afrikanischen Durchschnitt von 50%: Im Sudan haben nur 25 bis 39% Zugang, in Somalia nur 33 bis 50%.

Eine zuverlässige und erschwingliche Stromversorgung wird sowohl die ländliche als auch die städtische Entwicklung fördern, die Industrialisierung beschleunigen, Investitionen anziehen und die Beschäftigung erhöhen – und sogar das Aktienkapital und das Einkommen ungelernter Arbeitskräfte steigern. Das Volumen des GERD ist doppelt oder dreifach so groß wie des Tana-Sees weiter im Osten – groß genug, um möglicherweise einen Fischfang bis zu 7.000 Tonnen pro Jahr und auch die Entwicklung des Tourismus zu ermöglichen.

© OCHA/Lokuju Peter
Abb. 4: Der GERD liefert nicht nur Strom, er verhindert auch Überschwemmungen wie hier in Kassala, im Osten des Sudan.

Darüber hinaus werden die Länder am Unterlauf des Nils, Sudan und Ägypten, von der Funktion des Staudamms zur Regulierung des Wasserflusses profi­tieren. Da die äthiopische Regierung den Damm nur zur Stromerzeugung nutzt, wird der Wasserfluß nicht unterbrochen und letztendlich sogar mehr Wasser nach Ägypten gelangen. Tatsächlich wird die Regulierung durch den GERD dazu beitragen, die Überschwemmungen im Sudan zu verhindern, die jedes Jahr in der Regenzeit auftreten und neben den Überschwemmungsschäden auch zu einer hohen Verdunstung und damit zu Wasserverlusten führen (Abbildung 4). Der GERD wird während der kleinen (März bis Juli) und starken (Juli bis Oktober) Regenzeit Wasser im Stausee sammeln und es in der Trockenzeit (von November bis März) wieder abgeben.

Da es im Sudan keine Überschwemmungen mehr geben wird, ergeben sich klare Vorteile für die Landwirtschaft. In Ägypten wird der Nasser-Damm keinen Wasserverlust erleiden, sondern im Gegenteil eine zusätzliche Wassermenge erhalten, die der Menge entspricht, die bisher durch Überschwemmungen und Verdunstung stromaufwärts verlorengegangen ist.

Dessalegn Chanie Dagnew, außerordentlicher Professor für Wasserressourcen an der Bahir Dar University in Äthiopien und Mitglied des äthiopischen Parlaments, erklärte, der Damm könne zur Lösung verschiedener Probleme, darunter Überschwemmungen und Schlammmanagement, beitragen. Er ist der Ansicht, der neue Damm werde keine Spannungen hervorrufen, sondern „ein Projekt sein, das die regionale Integration und Zusammenarbeit wirklich voranbringen kann“.

Die Fertigstellung des GERD wird insbesondere neue Möglichkeiten für eine potentielle Zusammenarbeit zwischen Äthiopien und Ägypten im Sudan bieten, da alle drei Länder seit jeher großes Interesse am Bau des Jonglei-Kanals am Weißen Nil bekundet haben, einer Infrastruktur, die die allgemeine Wasserverfügbarkeit für alle Länder im riesigen Nilbecken erhöhen würde.

Der Westen schürt Zwietracht

Angesichts dieser Vorteile ist es unverständlich, warum der Streit zwischen Ägypten, Sudan und Äthiopien über den GERD kein Ende gefunden hat, sondern kürzlich sogar wieder aufgeflammt ist. Der jahrzehntelange Streit schien beigelegt, als sich die Außenminister der drei Länder 2015 in Khartum trafen und eine vorläufige Vereinbarung in Form einer „Prinzipienerklärung” (DoP) erzielten. Die DoP enthielt zehn Grundprinzipien, in denen die Bereitschaft zur Zusammenarbeit beim Verständnis der Wasserbedürfnisse flußabwärts und flußaufwärts zum Ausdruck gebracht wurde.

Als Äthiopien jedoch 2020 mit der Befüllung des Stausees begann, warf Kairo Addis Abeba plötzlich „einseitiges Handeln” vor. Die ägyptische Regierung war ernsthaft besorgt, während der Befüllungsphase werde nicht genügend Wasser flußabwärts fließen, um ihren Bedarf zu decken. Diese Sorge wurde durch die Entscheidung Äthiopiens ausgelöst, den Stausee in fünf statt wie ursprünglich geplant in zehn Jahren zu befüllen.

Erschwerend kam hinzu, daß Ägypten die US-Regierung und die Weltbank in den Versuch einbezog, den Streit beizulegen. Das Ergebnis war ein Vertragsentwurf, den Äthiopien mit der Begründung, er untergrabe seine Souveränität, nicht unterzeichnen wollte. Obwohl der Text des Vertragsentwurfs nie veröffentlicht wurde, liegt die Vermutung nahe, daß die Weltbank Auflagen hinzufügen wollte, die das Projekt verzögern oder gefährden würden.

Internationale Umweltorganisationen, hinter denen sich bekanntermaßen ehemalige Kolonialmächte verstecken, haben immer wieder versucht, den Bau des GERD zu stoppen. Im Jahr 2014 veröffentlichte das International Rivers Network (IRN) eine Erklärung, in der es die Einstellung der Bauarbeiten forderte und behauptete: „Das Projekt wird nach einem aggressiv beschleunigten Zeitplan vorangetrieben, der wenig Spielraum für Anpassungen wichtiger Elemente des Dammdesigns läßt, um Schäden zu reduzieren oder Probleme zu vermeiden.“1

Das IRN wurde von David Brower gegründet, der zuvor die Friends of the Earth ins Leben gerufen hatte, nachdem er Geschäftsführer des amerikanischen Sierra Clubs gewesen war, den er zu einer radikalen Umweltorganisation gemacht hatte.

Tatsächlich hat Ägypten trotz seiner Bedenken nie beanstandet, daß während der Befüllung nicht genügend Wasser zufloß. Unabhängig von den Bedenken Ägyptens und des Sudans hinsichtlich der von ihnen als einseitig bezeichneten Maßnahmen Äthiopiens gibt es nun, da der GERD gefüllt ist, keinen Grund mehr, einen Streit auf dieser Ebene fortzusetzen.

Selbst einige westliche Denkfabriken, die ansonsten die Wasser-Spannungen zwischen Ägypten, Sudan und Äthiopien schüren, haben eingeräumt, daß der GERD den Nil stromabwärts nicht beeinträchtigt hat. Gerrit Kurtz von der „Stiftung Wissenschaft und Politik“ wurde im vielgesehenen ZDF-Mittagsmagazin vom 9. September 2025 interviewt und sagte: „Die Bedrohung [durch Wasserknappheit] ist gar nicht so groß. Der Staudamm ist bereits in Betrieb und hat auch bisher in den letzten Jahren Ägypten nicht geschadet.“

In den kommenden Monaten und Jahren sollte der erwartete Nutzen des Staudamms für die flußabwärts gelegenen Länder vollends sichtbar werden. Eine Studie aus dem Jahr 2020 kam zu dem Ergebnis, daß die kumulierten BIP-Gewinne des Sudan aus dem Dauerbetrieb des GERD (2020-2060) zwischen 27 und 29 Milliarden US-Dollar liegen würden, verglichen mit einer Basislinie ohne den GERD.2

Ein 50-jähriger Traum wird wahr

Die Idee des GERD ist über fünfzig Jahre alt. Kaiser Haile Selassie, der eine Vision zur Modernisierung Äthiopiens verfolgte, wandte sich Ende der 1950er Jahre an die Vereinigten Staaten und beauftragte das U.S. Bureau of Reclamation sowie das Army Corps od Engineers, eine umfangreiche Studie über den Blauen Nil anzufertigen. Dies führte 1964 zu einem detaillierten Bericht mit dem Titel „Land and Water Resources of the Blue Nile Basin in Ethiopia”3 (Land- und Wasserressourcen des Blauen Nils in Äthiopien), in dem wichtige Standorte kartographisch erfaßt wurden – darunter auch der spätere Standort des GERD.

Aufgrund finanzieller Engpässe, aber auch wegen des ägyptischen Widerstands legte Haile Selassie den Plan wieder auf Eis. Er wurde erst von Präsident Meles Zenawi (1995-2012) wieder aufgegriffen, der 2011 ein ehrgeiziges Projekt auf der Grundlage einer modifizierten Version des US-Entwurfs von 1964 in Aussicht stellte.

Zenawi entwickelte auch ein durchdachtes Konzept zur Finanzierung des Staudamms, das ausländische Hilfe (IWF, Weltbank, Privatbanken) mit Ausnahme Chinas ausschloß. Letztendlich wurden 80% aus inländischen Mitteln und 20% von China finanziert. Die inländischen Kreditquellen setzten sich aus einer Kombination aus Haushaltsmitteln, dem Verkauf von Anleihen im Inland und in der Diaspora, Steuern und einem einmaligen Beitrag von Beamten zusammen, die mehrere Jahre lang ein Monatsgehalt spendeten. Die Exim Bank of China stellte Kredite in Höhe von rund 1,8 Milliarden US-Dollar zur Verfügung, die hauptsächlich für die elektromechanischen Anlagen, die von Voith Hydro Shanghai (einer chinesischen Tochtergesellschaft des deutschen Unternehmens Voith) geliefert und installiert wurden, sowie für Hochspannungsübertragungsleitungen (mehrere 500-kV-Leitungen nach Sudan, Dschibuti und Kenia) verwendet wurden.

Nach Zenawis Tod übernahm Premierminister Hailemariam Desalegn das GERD-Projekt und führte es fort, ebenso wie sein Nachfolger, der derzeitige Premierminister Abiy Ahmed.

Die Geschichte des GERD wäre nicht vollständig, ohne die Rolle von Simegnew Bekele (Abbildung 5) hervorzuheben, dem Chefingenieur und Projektleiter des GERD, der eine zentrale Rolle bei den ehrgeizigen Wasserkraftprojekten Äthiopiens spielte und weithin als das öffentliche Gesicht des GERD-Projekts galt.

© Justice for Engineer Simegnew Bekele Facebook page
Abb. 5: Der leitende Ingenieur für den Bau des Grand Ethiopian Renaissance Dam, Simegnew Bekele.

© Bonifica SPA
Abb. 6: Karte des vorgeschlagenen Transaqua-Projekts.

Tragischerweise wurde er am 26. Juli 2018, dem Tag, an dem er eine Presse­konferenz zum Fortschritt des Damms abhalten sollte, mit einer Schußwunde in seinem Fahrzeug im Zentrum von Addis Abeba tot aufgefunden. Obwohl die Untersuchung zu dem Schluß kam, es handle sich um Selbstmord, löste sein Tod Proteste und Zweifel aus.

Modell für die Zusammenarbeit
zwischen China, Europa und Afrika

Der Grand Ethiopian Renaissance Dam ist eine Erfolgsgeschichte der Zusammen­arbeit zwischen Europa, China und Afrika bei der Unterstützung unabhängiger afrikanischer Nationen bei der Verfolgung ihrer Entwicklungsziele. Die Lehre, die aus diesem Erfolg gezogen werden kann, ist, daß dieses Modell auf dem gesamten Kontinent repliziert werden kann, bei­spiels­weise für den Bau des Transaqua-Projekts zum Wassertransfer vom Kongo-zum Tschadbecken (Abbildung 6). Pläne für Transaqua gibt es, ähnlich wie GERD, seit über 50 Jahren. Die Herausforderung von Transaqua liegt nicht in der Größe der Dämme, da diese kleiner sein werden, sondern in der Anzahl der Dämme: fast 30 an den rechten Nebenflüssen des Kongo.

Ähnlich wie GERD wird auch Transaqua von Umweltorganisationen und ehema­ligen Kolonialmächten bekämpft. Dank der Schlüsselrolle des Schiller-Instituts wurde es jedoch 2018 von allen Mit­glieds­ländern des Tschadsee-Becken-Komitees befürwortet.4

Transaqua gehört zusammen mit dem Grand-Inga-Komplex am Unterlauf des Kongo und anderen Energie- und Verkehrs­projekten zu den Prioritäten, die das Schiller-Institut in seinem Berichtsentwurf vom Juli 2005 über die dreiseitige Zusammen­arbeit zwischen Europa, China und Afrika aufgeführt hat. Es ist an der Zeit, daß die europäischen Regierungen mit der selbst­mörderischen „Entkopplung“ oder „Risikominderung“ gegenüber China brechen und statt dessen gemeinsam mit China den afrikanischen Kontinent entwickeln.


Anmerkungen

1. https://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/98922/Egypt/Politics-/Ethiopia-slams-International-Rivers-organisation-f.aspx

2. https://erf.org.eg/app/uploads/2020/09/1600350720_784_1808539_195khalidsiddig_version2.pdf

3. http://myethiopedia.com/nile_basin/mydocuments/reports/Blue_Nile_Main_Report.pdf

4. https://larouchepub.com/eiw/public/2018/eirv45n10-20180309/06-13_4510.pdf