Ägypten unterstützt Versöhnung in Libyen mit wirtschaftlichen
Maßnahmen
Ägypten setzt kluge Diplomatie und wirtschaftliche Initiativen ein, um eine
endgültige Beilegung des Bürgerkriegs in Libyen zwischen der Regierung der
Nationalen Übereinkunft (GNA) in Tripolis und der Nationalversammlung in
Bengasi sowie der Libyschen Nationalarmee (LNA) zu erreichen. Der von der UNO
im Oktober vermittelte Waffenstillstand hält zwar, ist aber immer noch
brüchig. Äußere Akteure und insbesondere die Türkei versuchen, die LNA und
ihren von Kairo unterstützten Anführer Khalifa Haftar auszuschalten.
Die Stabilisierung der Lage in Libyen ist für die gesamte Region
entscheidend. Seit dem Sturz Gaddafis und dem Ausbruch des Bürgerkriegs ist
das Land eine Brut- und Ausbildungsstätte für internationale Terroristen und
Extremisten sowie Transitroute für Migranten nach Europa.
Am 27. Dezember reiste eine hochrangige ägyptische Delegation, darunter der
Geheimdienst-Staatssekretär, nach Tripolis, um sich mit Vertretern der
GNA-Regierung zu treffen. Es war der erste derartige Besuch seit dem Putsch
2014 und dem Angriff auf die ägyptische Botschaft, der den zweiten libyschen
Bürgerkrieg auslöste. Auf der Tagesordnung standen die Wiedereröffnung der
ägyptischen Botschaft, Erneuerung von Wirtschaftsabkommen und Wiederaufnahme
von Flugverbindungen zwischen beiden Ländern.
Wie die ägyptische Tageszeitung Al Ahram betonte, repräsentierten
die libyschen Gesprächspartner alle aktiven politischen und sozialen Kräfte im
Westen des Landes. GNA-Innenminister Bachagha bezeichnete die Gespräche als
„fruchtbar und konstruktiv“ und sagte, er freue sich darauf, die Beziehungen
zu Kairo zu stärken. Obwohl er früher als Vertreter der Muslimbruderschaft und
„Mann der Türkei“ galt, stattete Bachagha im Dezember Kairo einen offiziellen
Besuch ab, was einige Kommentatoren zu der Aussage veranlaßte, er sei bereits
„umgedreht“ worden.
Vor dem Besuch der Delegation in Tripolis hatte sich Ägyptens
Geheimdienstchef Gen. Abbas Kamel in Bengasi mit Haftar und Parlamentssprecher
Aguila Saleh getroffen. Kamel bekräftigte Ägyptens volle Unterstützung für die
Einheit Libyens und Ablehnung jeder weiteren ausländischen Einmischung.
Kairo spielt eindeutig die wirtschaftliche Karte aus und bietet Libyen an,
beim Ausbau der Gürtel- und Straßen-Initiative in Afrika mitzuwirken. Im
November kündigte Verkehrsminister Kamel Al-Wasir an, daß Ägypten den Bau
einer Eisenbahnlinie nach Bengasi plant, wodurch Libyen direkten Zugang zum
ausgedehnten ägyptischen Eisenbahnnetz sowie zur ehrgeizigen
Wirtschaftssonderzone am Suezkanal erhielte. Und im Februar wird eine libysche
Wirtschaftsdelegation Kairo besuchen, um die Stärkung der Zusammenarbeit bei
Handel und Investitionen, u.a. im Lebensmittelsektor, zu besprechen.
Unterdessen unterstützt die Türkei zwar verbal die Gespräche über eine
politische Einigung, agiert aber weiter gegen Haftar und die LNA, die für eine
tragfähige Einigung unerläßlich sind. Verteidigungsminister Hulusi Akar flog
am 26. Januar, einen Tag vor der ägyptischen Delegation, nach Tripolis, um
sich mit dem „Mann der Türkei“, GNA-Verteidigungsminister Salahuddin Al
Namrusch, zu treffen. Letzterer flog am 10. Januar nach Istanbul, um sich mit
Akar und wahrscheinlich auch mit Präsident Erdogan zu treffen.
dea