Ghanas Präsident Akufo-Addo fordert umfassenden Schuldenerlaß für Afrika
Am 18. Mai fand in Paris auf Einladung des französischen Präsidenten
Emmanuel Macron ein Gipfel zur Finanzierung afrikanischer Volkswirtschaften
statt. Dies ist zweifelsohne ein wichtiges Thema, insbesondere nach über einem
Jahr verheerender Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die
Entwicklungsländer – sowohl direkt als auch und mehr noch indirekt durch die
wirtschaftlichen Folgen der Lockdowns in den Industrieländern. Leider waren
die Beschlüsse enttäuschend.
Man wird dem Kontinent 33 Mrd.$ mehr Sonderziehungsrechte des
Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Verfügung stellen, davon 24 Mrd.$ für
Subsahara-Afrika. Macron zeigte sich zuversichtlich, daß die Summe auf
mindestens 100 Mrd.$ erhöht werden kann, wenn andere Länder ihren Teil
beisteuern, aber der IWF selbst schätzt, daß Afrika bis 2023 unter einer
Finanzierungslücke von etwa 290 Mrd.$ leiden wird.
Das Problem für Afrika wurde recht eindringlich vom ghanaischen Präsidenten
Nana Akufo-Addo dargelegt. Er sagte, die derzeitige globale Finanzarchitektur
„hat sich als unfähig erwiesen, Leben und Lebensgrundlagen zu erhalten und
ausreichend langfristige Ressourcen bereitzustellen, um Afrikas
wirtschaftliche Transformation zu fördern“. Und nun, u.a. als Folge der
Pandemie, „stieg das Haushaltsdefizit Afrikas insgesamt von 4,7% des BIP im
Jahr 2019 auf 8,7% im Jahr 2020“. Gleichzeitig ist die Gesamtverschuldung „von
57% des BIP im Jahr 2019 auf 70% im Jahr 2021 gestiegen“. Damit Afrika nicht
tatsächlich „der vergessene Kontinent“ wird, „sind umfassende
Schuldenerleichterungen und Schuldenstreichungen dringend erforderlich“.
Akufo-Addo wies darauf hin, daß 2050 in Afrika ein Viertel der
Weltbevölkerung und mehr als die Hälfte der Jugend der Welt leben wird – und
daß es ein Wirtschaftsmotor werden könnte. Daher „ist es in unserem
kollektiven Interesse, die Bedingungen zu schaffen, die eine solche
Entwicklung zum Nutzen des gesamten Globus ermöglichen“.
Trotz dieses Appells aus Ghana gab es bei dem Gipfel in Paris offenbar
keine ernsthafte Diskussion über einen Schuldenerlaß. Die G20, die sich im
vergangenen Jahr darauf geeinigt hatte, wegen der Pandemie die
Schuldenrückzahlung der ärmsten Länder auszusetzen, hat sich darauf geeinigt,
dies bis Ende 2021 zu verlängern, aber das betrifft nur einen sehr kleinen
Teil der Schulden.
Ein großer Teil des Problems besteht darin, daß alle Berechnungen in
monetären Größen vorgenommen werden. Die eigentliche Herausforderung ist aber,
die Entwicklung der physischen Wirtschaft sicherzustellen, die konkret den
Lebensstandard erhöht. Realer Wohlstand entsteht nicht in Form von Geld,
dessen Wert enorm schwanken kann, sondern in Form von Infrastruktur,
Landwirtschaft, Bildung und Gesundheitswesen.
eir