Die Elfenbeinküste im Raumfahrtzeitalter
Das Schiller-Institut zu Gast bei einer Wissenschafts-Konferenz in der
Elfenbeinküste
Von Sébastien Périmony und Maëlle Mercier
Aufbauend auf dem Erfolg der Konferenz „Die Neuen Seidenstraßen und Afrika:
der Fall der Elfenbeinküste“, die am 15. Juni 2019 in Partnerschaft mit der
Houphouët-Boigny-Stiftung für Friedensforschung, dem Schiller-Institut, dem
Bezirk Yamoussoukro und dem Institut National Polytechnique Houphouët-Boigny
(INPHB) stattfand, veranstaltete die Vereinigung für die Bewahrung und
Verbreitung des Denkens von El Hadj-Boubacar Gamby Sakho (ASPP-BGS) am 11.
Juni 2021 eine Konferenz zum Thema „Afrika tritt in die Ära des Weltraums ein:
der Fall der Elfenbeinküste“.
Die Konferenz unter der Schirmherrschaft des Abgeordneten von Yamoussoukro,
Ahuili Naylor, fand vor etwa 200 Studenten im Amphitheater Koffi Allangba im
Forschungs- und Ausbildungszentrum (UFR) der medizinischen Wissenschaften der
Universität Houphouët-Boigny1 von Abidjan-Cocody statt. Naylor
betonte: „Houphouët-Boigny hat gerne gesagt, daß die Zukunft der Wissenschaft
und der Technik gehört... Diese Konferenz zielt darauf ab, die Elfenbeinküste
zu einem Land zu machen, das im Konzert der Nationen Gewicht hat.“
Die ASPP-BGS unter dem Vorsitz von Boubacar Fofana hat sich zum Ziel
gesetzt, den Dialog der Kulturen, Zivilisationen, Traditionen und
Wissenschaften zu fördern – ob traditionell oder modern, wie Medizin oder
Astronomie. Schließlich haben alle Völker schon immer zum Himmel geblickt und
versucht, die Ursachen für die Existenz des Universums zu verstehen.
Boubacar Fofana sagte in seiner Eröffnungsrede: „Heute morgen ziehen wir
die Verbindung zwischen Kopernikus, Leibniz, Kepler, den Dogon von Mali, den
Baule der Elfenbeinküste, den Fulbe von Massina und anderen Völkern Afrikas.“
Bevor er das Wort an die Podiumsteilnehmer übergab, dankte Boubacar Fofana
vor allem Professor Arsène Koka Kobéa, dem Kabinettsdirektor des Ministeriums
für Hochschulbildung und wissenschaftliche Forschung, der diese Konferenz
ermöglicht hatte.
Die Ivorische Gesellschaft für Astronomie: Los geht's!
Die Konferenz begann mit der Vorstellung der Ivorischen Gesellschaft für
Astronomie (AIA) durch Dr. Ackah Jean-Baptiste, Doktor der Physik an der
Universität Félix Houphouët-Boigny, Luftfahrtingenieur bei der ASECNA
(Flugsicherheitsagentur für Afrika und Madagaskar) und Kommunikations-Sekretär
der AIA. Die junge Vereinigung wurde im Februar 2021 am Fachbereich
Materialwissenschaften und -technologie (SSMT) der Universität Felix
Houphouet-Boigny der Elfenbeinküste gegründet, und ihr Ziel ist in ihren
eigenen Worten, „mehr zu investieren, damit junge Menschen wieder den Wunsch
haben, Wissenschaftler zu werden, da ihre Doktoranden-Forschungen sich mit
Weltraumphysik und Weltraumwetter befassen. Und das erste Ziel ist: ein
astronomisches Observatorium in der Elfenbeinküste zu bauen.“ Der junge Verein
hat sogar bereits sein erstes Teleskop erhalten, ein Geschenk der
französischen Vereinigung Uranoscope, um sein Astronomie-Ausbildungsprogramm
zu starten!
Wir hoffen, daß diese Vereinigung und diese Konferenz den Weg dafür ebnen,
daß die zuständigen Behörden in sehr naher Zukunft in der Lage sein werden,
ivorische Studenten mit einem Dutzend moderner Teleskope auszustatten, ohne
auf Hilfe von außen angewiesen zu sein. Schließlich kostet ein Teleskop nicht
mehr als ein SUV, und davon gibt es auf den Straßen Abidjans reichlich!
Keplersche klassische Bildung versus imperiale Entwicklungshilfepolitik
Nach den offiziellen einleitenden Worten wurde das Wort dem ersten
Podiumsteilnehmer übergeben: Sébastien Périmony vom Afrika-Referat des
Schiller-Instituts, einem Partner der Veranstaltung. Er stellte die
erkenntnistheoretische Arbeit der internationalen LaRouche-Jugendbewegung zur
wissenschaftlichen Methode vor. Dazu gab er einen Einblick in die Arbeit des
Vaters der modernen Astrophysik, Johannes Kepler (1571-1630), der in seinen
Büchern die Gedankengänge aller seiner Entdeckungen zugänglich machte. So
konnte er Newton in die Schranken weisen:
„Es wird oft Newton zugeschrieben, aber Johannes Kepler ist der wahre
Entdecker dessen, was wir heute als universelle Gravitation bezeichnen, und
der Begründer der Astrophysik. Newton, der an der Spitze der einflußreichen
britischen Royal Society stand, reklamierte die Entdeckungen von Kepler und
Huygens einfach für sich und behauptete, er habe die universelle Gravitation
entdeckt. Newton schrieb auch sich selbst die Entdeckung der
Infinitesimalrechnung zu, obwohl es ein deutscher Wissenschaftler war, der sie
bereits entdeckt hatte, nämlich Gottfried Wilhelm Leibniz.“
Er legte den Studenten eindringlich nahe, Kepler und Leibniz im
Originaltext zu lesen und die unterschiedlichen Methoden der
wissenschaftlichen Entdeckung zu verstehen.
Dabei verwarf er Aristoteles, der folgender Ansicht war: „Die unvollkommene
Welt des Menschen erlaubt ihm nicht, die Ursachen der Dinge zu verstehen (weil
die Stimmen Gottes undurchdringlich sind), sondern nur, die Phänomene mit
seinen Sinneswahrnehmungen zu beobachten und daraus logisch-deduktiv
geometrische Modelle abzuleiten.“ Tatsächlich gebe es keine schlechtere
wissenschaftliche Methode als die aristotelische, was später anhand von
Keplers Methode demonstriert wurde.
Anknüpfend an die Animationen der LaRouche-Jugendbewegung konnte er
aufzeigen, durch welche Paradoxien Kepler zu seiner Entdeckung des
universellen physikalischen Prinzips gelangen konnte – nämlich den
Gemeinsamkeiten der geometrischen Hypothesen in den Modellen von Ptolemäus,
Kopernikus und Tycho Brahe zur Erklärung der Retrozession des Mars. Obwohl die
drei Modelle unterschiedlich waren, entsprachen alle (fast) dem, was wir am
Himmel beobachten können. Anhand von Animationen und einigen Zitaten konnte
Sébastien Périmony zeigen, daß weder Ptolemäus noch Kopernikus, noch Brahe
nach den wirklichen Ursachen der Planetenbewegung suchten, sondern einfach nur
– mit Hilfe verschiedener Hilfsmittel wie Epizykel, Exzentrik, „mittlere“
Sonnen, Äquanten etc. – ihre Axiome verteidigten. Welche Axiome? Jene, wonach
die Bewegung der Planeten kreisförmig sei (gleichmäßige Krümmung) und eine
konstante Geschwindigkeit habe. Aber all das war falsch!
Das ließ sich mit Keplers wissenschaftlicher Methode nachweisen, weil sie
die physikalischen Ursachen der Bewegung (die Anziehung der Sonne) nicht bloß
zu beschreiben, sondern zu erklären suchte. Dank Kepler wissen
wir heute, daß die Bewegung der Planeten in unserem Sonnensystem elliptisch –
also nicht kreisförmig – ist, und daß sie sich ständig ändert – also die
Geschwindigkeit nicht konstant ist.
Diese Annäherung an die höhere Hypothese müsse heute Schüler und Studenten
inspirieren, damit sie die Entdecker von morgen werden, so Périmony. Und die
afrikanischen Behörden müßten in die Lage versetzt werden, ihnen zahlreiche
wissenschaftliche Programme auf hohem Niveau zu bieten.
Auffällig ist in diesem Zusammenhang das Paradoxon, von dem zwei
Studentinnen am Ende der Konferenz berichteten: Die eine strebt einen Abschluß
in humanitärer Hilfe an einem neuen Lehrstuhl an, den die UNESCO an der
Universität von Abidjan eingerichtet hat. Die andere, die sich seit ihrer
Kindheit für die Luftfahrt begeistert, aber aus bescheidenen Verhältnissen
stammt, muß sich enorm anstrengen, wenn sie sich nach ihren ersten Jahren in
der Wissenschaft auf diesen Bereich spezialisieren will, weil ihre einzige
Chance ein Stipendium für ein Studium in Frankreich in Toulouse ist, das sehr
selten und schwer zu bekommen ist!
Afrikanische Frauen in Pionierbereichen des Wissens
Die zweite Podiumsteilnehmerin, Dr. Marie Korsaga, hat diese Situation
selbst erlebt. Sie ist weithin bekannt als die erste weibliche Astrophysikerin
in Westafrika. Das wurde ihr selbst erst klar, als sie ihren Doktortitel
erhielt! So wurde sie zu einer Frau, deren Stimme heute in der Welt Gewicht
hat. Seitdem hat sie an vielen internationalen Veranstaltungen teilgenommen,
um die Wissenschaft in Afrika zu fördern, insbesondere für junge Studentinnen.
2020 hatte das Schiller-Institut die Ehre, sie als Rednerin für eine seiner
Konferenzen zu gewinnen.
Marie Korsaga erzählte zunächst, wie ihre Leidenschaft geboren wurde: „Seit
meiner Kindheit interessiere ich mich für die Phänomene des Universums, ganz
besonders für das Auftauchen von Leben auf der Erde, für Sternschnuppen und
Finsternisse.“ Wenn die Kinder in Burkina Faso während einer Mondfinsternis
fragen, was da passiert, sagt man ihnen: „Die Katze hat den Mond gefangen!“
Aber wie ist die Katze da hochgekommen und hat den Mond gefangen? „Man muß
viel Lärm machen, um die Katze zu verjagen, damit man den Mond wieder sehen
kann, sagten die Eltern.“
Dr. Korsaga wollte mehr wissen. Voller Leidenschaft für die Sache und
begeistert von Dokumentarfilmen über die Apollo-Mission, hätte sie sich nie
vorstellen können, daß sie eines Tages Astrophysikerin werden würde: „Es war
ein Gebiet, das in Burkina nicht bekannt war; außerdem hatte ich noch nie
einen Astrophysiker im wirklichen Leben getroffen!“
Erst während ihres Physikstudiums entschied sie sich für die
Spezialisierung auf Astronomie; leider gibt es in Burkina Faso heute noch
keinen vollständigen Studiengang in Astrophysik. Mit dieser Spezialisierung
begann sie, sich für die unsichtbare Materie zu interessieren – die 95%
unseres Universums ausmacht! Damals beschloß sie, eine Doktorarbeit zu
schreiben, um „dieses Geheimnis des Universums zu ergründen“.
Für Marie Korsaga ist es „sicherlich ein Privileg, aber ... nicht
schmeichelhaft, die erste Astrophysikerin in Westafrika zu sein, denn es
zeigt, daß es noch viel zu tun gibt, was die Gleichberechtigung der
Geschlechter im wissenschaftlichen Bereich angeht. In Burkina Faso
beispielsweise gibt es außer mir nur noch drei weitere promovierte Frauen in
der Astrophysik... Wir müssen daher Frauen ermutigen, sich für die
Wissenschaft und insbesondere für die Astronomie zu interessieren. Da ich
sehe, daß viele Frauen im Raum sind, und weil es noch so viele Rätsel im
Universum zu lösen gibt, lade ich euch ein: Zögert nicht und kommt und helft
uns!“
Erst 2006 wurde in Burkina ein Astrophysik-Programm begonnen, fuhr sie
fort, und dies auf Antrag des Ministeriums für Sekundarstufe, Hochschulbildung
und wissenschaftliche Forschung. 2007 wurde das Astrophysik-Programm am Labor
für Physik und Chemie der Umwelt (LPCE) eingerichtet, und es wurde eine
Sternwarte mit einem Lehrteleskop gebaut.
Weitere Projekte müßte man im Norden des Landes schaffen, darunter ein
Forschungsobservatorium. Leider läßt die politische und sicherheitspolitische
Lage im Land dies bisher nicht zu.
Planetologie und Astrophysik als Motor zur Mobilisierung der Jugend
David Baratoux, Planetologe und Mitglied des Instituts für Forschung und
Entwicklung (IRD) an der Universität von Cocody, erläuterte anschließend den
Zusammenhang zwischen Weltraumtechnologien und konkreten Anwendungen auf der
Erde. Zu einem Foto von Curiosity erläuterte er:
„Hier haben Sie den bekannten Rover Curiosity, der sich auf dem Mars
befindet und der einen Laserstrahl auf Marsgestein schießt, um dessen
chemische Zusammensetzung zu bestimmen. Das nennt man LIBS-Technologie
(Laser-Induced Breakdown Spectroscopy). Und um ein solches Objekt auf den Mars
zu schicken, der mehrere Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist, mußten
wir eine Technologie miniaturisieren..., die auch in tragbaren
Feldinstrumenten verwendet wird... Dank ihr können Geologen, die hier im Feld
arbeiten, in wenigen Minuten wissen, ob bestimmte Elemente im Gestein
vorhanden sind [insbesondere für Bergbauzwecke]... Und wir haben hier in der
Elfenbeinküste diese Instrumente, die Doktoranden an der Universität
Houphouët-Boigny im Rahmen ihrer Forschung nutzen.“
David Baratoux stellte auch die Arbeit eines seiner Studenten vor, der
Weltraumtechnologien nutzt. Diese basierte auf Arbeiten, die er selbst
durchgeführt hatte, um eine mineralogische Kartierung der Marsoberfläche mit
Hilfe von Spektraldaten im sichtbaren und nahen Infrarotbereich zu erstellen –
dank Omega, einem Instrument an Bord der Sonde Mars Express. Dieselbe
Technik wird heute in Niger eingesetzt, um den illegalen Goldabbau zu
bekämpfen. Man kann damit die dabei anfallenden Bergbauabfälle kartieren,
einschließlich der Zyanidierung, die erhebliche Umweltschäden verursacht, um
den Regierungen bei der Regulierung und Kontrolle dieses Wirtschaftszweigs zu
helfen.
Baratoux betont: „Es ist diese Brücke zwischen Erdbeobachtung und
Planetologie, die unsere Vision inspiriert, die afrikanische Jugend darauf
vorzubereiten, am Abenteuer Weltraum teilzunehmen.“ Deshalb hat er viele
Initiativen auf dem Kontinent ins Leben gerufen, einige davon zusammen mit
Maram Kaire, der ebenfalls an der Konferenz teilnahm – so 2017 die „Initiative
für Planeten- und Weltraumwissenschaften“ unter Jugendlichen, die schon
Workshops in Äthiopien und Kenia organisiert hat.
2018 nahm er im Senegal an einem Ereignis von globaler Bedeutung teil: der
Beobachtung einer Sternbedeckung durch den Himmelskörper Arrokoth. Die
Beobachtung wurde in Vorbereitung auf eine NASA-Weltraummission durchgeführt.
Bei einer stellaren Bedeckung (Sternenfinsternis) wird eine Reihe von
Teleskopen im ganzen Land platziert, um den Durchgang eines Asteroiden vor
einem Stern innerhalb einer Sekunde zu beobachten. 2019 konnten die
NASA-Experten wegen der Corona-Krise nicht anreisen und schickten zwei Tonnen
Ausrüstung in den Senegal – monatelange Vorbereitung, um eine einzige Sekunde
einzufangen. Das Ziel: das Mittel zu haben, um die Flugbahnen der Asteroiden
zu berechnen, die die NASA mit ihren Sonden besuchen will!
Für David Baratoux ist es von grundlegender Bedeutung, daß sich junge
afrikanische Forscher nicht darauf beschränken, wissenschaftliche Artikel zu
schreiben: Sie müssen auch vor Ort für die wirtschaftliche, soziale und
kulturelle Entwicklung ihrer Länder präsent sein. Deshalb fordert er seine
Studenten immer wieder auf, Vereinigungen zu gründen, um ihr Wissen mit der
afrikanischen Jugend zu teilen, so wie Cheikh Ahmadou Bamba Niang, Forscher
und Vizepräsident der Vereinigung junger Geologen und Umweltschützer des
Senegal.
Da er auch erkannte, daß es für Amateurastronomen schwierig war, Zugang zu
Informationen zu erhalten, rief er mit der Association Sénégalaise pour la
Promotion de l'Astronomie, die von Maram Kaire gegründet wurde, die erste
französischsprachige Zeitschrift zur Popularisierung dieser Wissenschaft ins
Leben: L'Astronomie Afrique (https://lastronomieafrique.com/).
Schließlich stellte Baratoux das AWA-Projekt (Astronomie und
Planetenforschung in Westafrika) vor, das die Unterstützung der nationalen
französischen Forschungsorganisation CNRS (Centre National de Recherche
Spatiale) erhalten hat, um Untersuchungen von Sternbedeckungen auf dem
afrikanischen Kontinent, von Meteoriten-Einschlagskratern usw.
fortzusetzen.
Er sieht Afrikas Jugend bereit und voller Leidenschaft für Astronomie und
Weltraumstudien, und alle konvergieren in Richtung eines gemeinsamen
Schicksals der Menschheit.
Maram Kaire: ein afrikanischer Asteroid am Firmament
Maram Kaire ist ein ehemaliger technischer Berater im Kabinett des
Ministers für Hochschulbildung, Forschung und Innovation des Senegal,
zuständig für die Förderung und Popularisierung der wissenschaftlichen Kultur
und die Beziehungen zu gesellschaftlichen Akteuren. Er ist einer jener Männer,
deren Leidenschaft die Welt verändert. So sehr, daß er der erste Afrikaner
ist, nach dem ein Asteroid benannt wurde! Es ist der Asteroid 1998 DW 23.
Kaire war es auch, der die Verantwortung für die gesamte oben erwähnte
NASA-Bedeckungsmission übernahm. In dieser Funktion wurde er in den Rang eines
Ritters im Nationalen Löwenorden erhoben, der höchsten Auszeichnung im
Senegal.
Seine Leidenschaft für die Astronomie, die ihn seit seiner Kindheit
begleitet, geht einher mit der Leidenschaft, sein Wissen mit der Jugend seines
Landes zu teilen. Er ist der Gründer und Präsident der ASPA (Association
Sénégalaise pour la Promotion de l'Astronomie) an der Cheikh Anta Diop
Universität – benannt nach Cheikh Anta Diop2, der zu seiner Zeit
sagte: „Wir müssen uns mit der Wissenschaft bis an die Zähne bewaffnen!“
Maram Kaire ist auch der Gründer des bereits erwähnten
populärwissenschaftlichen Magazins L'Astronomie Afrique sowie der
Initiative „SpaceBus“ im Senegal – die bislang größte Kampagne zur Förderung
einer Wissenschaftskultur, die jemals in Afrika organisiert wurde. Der
„SpaceBus“ wird in Marokko, Frankreich und Guyana eingesetzt und fährt durch
diese Länder, um „Tage zur Einführung in die Astronomie“ für die lokale
Bevölkerung und Schulkinder durchzuführen. Für die erste Tour 2015 wurden im
Senegal 45 Personen gewonnen, die innerhalb von 30 Tagen 14 große und drei
kleinere Städte besuchten, zusammen eine Tour von 3000 km. An jeder Station
wurde ein „Wissenschaftsdorf“ mit Ausstellungen, Konferenzen,
wissenschaftlichen Animationen und abendlichen Himmelsbeobachtungen
eingerichtet. Kaire betont:
„Über den Weltraum zu sprechen, über Astronomie, das ist so spannend, daß
man es Wochen und Monate tun könnte, ohne aufzuhören!“ Nachdem er eine
Himmelskarte und einige astronomische Begriffe präsentiert hatte, stellte er
die ganz wesentliche Frage: „Warum erzähle ich Ihnen das alles, wenn wir
Probleme mit Strom haben, mit der Trinkwasserversorgung, Probleme mit der
Regenzeit, mit der Landwirtschaft? Ich spreche das an, weil oft die gleichen
Fragen auftauchen... Wenn Sie in Ihrer Umgebung darüber sprechen, werden Sie
unweigerlich auf Leute treffen, die sagen werden: ,Aber warum? Warum sprechen
Sie mit uns über das Leben der Sterne, warum sprechen Sie mit uns über
Satelliten, wo wir doch viel dringendere Probleme haben?‘
Die Antwort ist ganz einfach: In dem Moment, als die Vereinten Nationen
sich an einem Tisch versammelten, um darüber nachzudenken, was die wahren
Quellen der Entwicklung sein könnten, und sie die Ziele für nachhaltige
Entwicklung (SDGs) festlegten, stellten wir fest, daß von den 17 Punkten [der
SDGs] die meisten einen direkten oder indirekten Bezug zur
Weltraumwissenschaft haben.“
Maram Kaire nannte einige Beispiele für diese Verbindungen zu den
Entwicklungszielen, insbesondere in den Bereichen Gesundheit und Bildung. So
konnte man dank der Methode, die entwickelt wurde, um die unendliche Anzahl
der Sterne aufzulisten, auch die unendliche Anzahl der Irisse auflisten und so
die Behandlung von Augenproblemen verbessern. Er führte auch das Beispiel der
Telemedizin an, die es dank Satelliten ermöglicht, medizinische Eingriffe aus
der Ferne vorzunehmen. So kann man von der Medizinischen Fakultät von Cocody
(dem Ort der Konferenz) aus potentiell Patienten in Yamoussoukro (zweieinhalb
Stunden Fahrt von Abidjan) oder in Dakar im Senegal behandeln. Als Beispiel
nannte er auch die leider immer noch zu häufigen Komplikationen bei Geburten
in Afrika – während der nächste Spezialist vier Stunden entfernt ist! Mit der
entsprechenden Ausrüstung kann ein solcher Spezialist live Anweisungen an das
Team vor Ort geben und Leben retten.
Im Bereich der Bildung engagiere sich Ruanda in Zusammenarbeit mit dem
Unternehmen OneWeb für den Aufbau einer Satellitenkonstellation, um auch den
Studenten in den entlegensten Gebieten des Landes Internetzugang zu
ermöglichen.
Schließlich stellte Maram Kaire die vielen Bereiche vor, die sich dank
Wissenschaft und Weltraumtechnologie weiterentwickeln werden: Meteorologie und
Klima, Meeresüberwachung, Katasterwesen, Sicherheit, etc. Geben wir ihm das
letzte Wort:
„Wenn man Astronomie, Raumfahrt betreibt, dann öffnet man die Türen zur
Zusammenarbeit... Ich möchte Ihnen sagen, daß die Entwicklung dieses
Kontinents, die Entwicklung der Elfenbeinküste, unserer verschiedenen Länder,
unweigerlich über Wissenschaften und Technologien führen wird. Wir können
Ihnen nicht die Wahrheit sagen und Ihnen dann etwas anderes vormachen. Die
Indianer haben versucht, den Regen durch Tanzen herbeizubeschwören, vielleicht
ist das möglich! Aber wir waren nicht dabei und können es daher nicht
garantieren.
Was wir garantieren können, ist, daß wir, wenn wir uns stark auf
Wissenschaft und Technik verlassen, in der Lage sein werden, das Gleiche zu
tun wie die Giganten, die wir als Bezugspunkte nehmen: die Vereinigten
Staaten, Frankreich, China, Japan usw. Und das ist sehr wohl möglich, das ist
keine Frage des Könnens. Es ist durchaus möglich, wir haben die gleiche Menge
an ,Brainpower‘. Wir können es, und wir haben keine Wahl, wir müssen es
tun.“
Anmerkungen
1. Félix Houphouët-Boigny: Ehemaliger Präsident der Elfenbeinküste
(1960-1993).
2. Cheikh Anta Diop (1923-1986) war ein senegalesischer
Historiker, Anthropologe und Politiker. Cheikh Anta Diop ist einer der
Hauptvertreter des Afrozentrismus und gilt als einer der bekanntesten
Ägyptologen des afrikanischen Kontinents.