Wenn Afrika zu den Sternen schaut
Von Sébastien Périmony
© Schiller-Institut
Sébastien Périmony
Die letzten Worte, die ich von Lyndon LaRouche hörte, waren: „Tut
es...“
Wir sind nicht hier, wie vielleicht zu viele Menschen meinen, um die Welt
zu beobachten und zu kommentieren, wie wir es bei einer Netflix-Serie tun. Wir
sind hier, um sie zu verändern. Das ist die wahre Natur des Menschen.
Und was ich Ihnen heute vorstellen möchte, ist:
- Menschen, die es „tun“,
- Menschen, die bereits die nächste Ära für die Menschheit
vorbereiten,
- Menschen, die das haben, was wir „einen galaktischen Sinn für
menschlichen Fortschritt“ nennen können.
Die erste Reaktion, die wir in unserer modernen, dekadenten westlichen
Gesellschaft erhalten, wenn wir über Weltraumpolitik sprechen, ist: „Warum
Geld für die Weltraumforschung ausgeben, wenn wir hier auf der Erde so viele
Probleme haben?“
Stellen Sie sich also vor, was für eine Antwort Sie erhalten, wenn Sie
„Weltraumpolitik“ und „Afrika“ assoziieren! Die Leute flippen auf unserer
westlichen Seite der Welt wirklich aus!
Ein Freund von mir, der Raumfahrtingenieur bei der National Space Research
and Development Agency of Nigeria ist, hat viel Spaß dabei! Als er in Europa
studierte, erzählte er mir, daß die Leute total überrascht waren, als sie
entdeckten, daß es in Nigeria eine Raumfahrtbehörde gibt, obwohl die NASRDA
seit 20 Jahren existiert!
Heute ist die Weltraumpolitik neben der Entwicklung der Kernenergie in
naher Zukunft einer der wichtigsten wissenschaftlichen Schrittmacher, um den
afrikanischen Kontinent wirklich zu industrialisieren und ihn aus der
neokolonialen und neomalthusianischen Politik herauszuführen, die Millionen
von Afrikanern unter der Diktatur des IWF und der Weltbank sowie dem, was wir
hier in Frankreich Françafrique nennen, getötet hat.
Jetzt ist es an der Zeit, Afrika mit den Augen der Zukunft zu sehen, mit
den Sternen im Blick!
So haben die Minister für Wissenschaft und Bildung der 55 Nationen der
Afrikanischen Union (AU) Anfang 2017 zum ersten Mal eine Raumfahrtpolitik für
ganz Afrika verabschiedet, um „Wissenschaft, Technologie und Innovation zu
fördern“, ein Schritt, der als „entscheidend für die wirtschaftliche
Entwicklung des Kontinents“ angesehen wurde.
Im Januar 2019 ratifizierte die AU die Gründung einer echten Afrikanischen
Weltraumagentur und wählte Ägypten als offiziellen Sitz.
Laut Sékou Ouédraogo, Luftfahrtprojektleiter bei Safran Aircraft Engines
und Autor des Buches African Space Agency, vector of development („Die
Afrikanische Weltraumagentur, ein Vektor der Entwicklung“, erschienen 2015),
werden „für jeden Euro, der in der Raumfahrtindustrie ausgegeben wird, 100
Euro an die Wirtschaft des Landes umverteilt“. Mit anderen Worten: „Die
Entwicklung des Kontinents geht durch den Weltraum.“
Wie wir sehen werden, ist die Weltraumpolitik der afrikanischen Staaten das
genaue Gegenteil von dem, was wir in Hollywood-Filmen oder in den Gedanken
derjenigen sehen können, die den Weltraum als geopolitischen
Herrschaftsbereich nutzen wollen.
Heute haben nur neun afrikanische Länder (von 54) ihre eigenen
Erdbeobachtungssatelliten: Algerien, Marokko, Angola, Ghana, Ägypten, Kenia,
Südafrika, Nigeria und Ruanda.
In den letzten zwei Jahrzehnten wurden 41 Satelliten von Afrika gestartet,
der erste im Jahr 1998 und 21 weitere in den letzten fünf Jahren. Diese Zahl
zeigt deutlich die afrikanische Dynamik in diesem Sektor, mit einer Zunahme
von 100% in fünf Jahren.
Wir hören jeden Tag: think local, think small, small is beautiful – denkt
lokal, denkt klein, klein ist schön. Darauf können wir nur antworten: Wir
können vor Ort nicht mehr tun als im Weltraum!
Während die afrikanischen Länder derzeit sehr ernsthaft von Hungersnöten
bedroht sind, z.B. durch Heuschreckeninvasionen, betreten wir ab heute den
Kern der Sache, wenn es um die Anwendungen der Raumfahrttechnologie auf dem
Kontinent geht.
Sind Sie gegen Krankheiten in Afrika? Nutzen Sie Weltraumtechnologie!
Der greifbarste Fall in diesem Bereich ist die Fähigkeit zur Vorhersage von
Malariaepidemien: Wir wissen, daß es eine Korrelation zwischen den
Mückenlarven, die die Malaria verbreiten, und den Feuchtigkeitskonzentrationen
gibt. Dank der Satelliten! Eine hohe Luftfeuchtigkeit irgendwo verrät, wohin
sich die Mücken ausbreiten werden. Die Behörden können also vorhersehen, wo
sie sich ausbreiten werden.
Die Erdbeobachtungssatelliten der NASA können die Kräfte verfolgen, die
Malariaausbrüche verursachen, und ihre Daten können den lokalen Gemeinschaften
helfen, dem Problem vorausschauend zu begegnen.
Das NASA-Projekt Land Data Assimilation System (LDAS) ermöglicht es
Satelliten, Umweltfaktoren (z.B. Regenfälle) und menschliche Aktivitäten (z.B.
Abholzung) zu verfolgen, die Moskitos, den Wirt der Malaria in der Region, von
weit her über dem Amazonas-Regenwald in Südamerika heranziehen können.
Sind Sie gegen Terrorismus? Nutzen Sie Weltraumtechnologie
Die nigerianische Raumfahrtbehörde wurde 2001 gegründet und hat bereits
ihre eigenen Satelliten hergestellt. Im Jahr 2003 startete sie
NigeriaSat-1, der die Ölaktivität im Nigerdelta überwacht. Im Jahr 2011
wurden NigeriaSat-2 und NigeriaSat-X von der russischen Basis
Yasny aus gestartet. Ihre Aufgabe ist es, Naturkatastrophen zu überwachen und
wertvolle Sicherheitsdaten zu liefern.
Am wichtigsten ist der Einsatz von Satelliten im Kampf gegen den
Terrorismus. Die Überwachung aus der Luft soll die Lokalisierung bewaffneter
Gruppen wie Boko Haram und ihrer Geiseln ermöglichen. Im Schiller-Institut
haben wir immer wieder wiederholt, daß ohne den sofortigen Start des
Transaqua-Projekts zur Rettung des Tschadsees Elend und Terrorismus für immer
bleiben werden.
Die im Mai 2019 von der Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen
veröffentlichten Zahlen zeigen, daß die Region des Tschadseebeckens mit einer
komplexen humanitären Notlage zu kämpfen hat. Über 3,3 Millionen Menschen
wurden vertrieben, darunter über 2,5 Millionen Binnenvertriebene im Nordosten
Nigerias, über 550.000 Vertriebene in Kamerun, Tschad und Niger und 240.000
Flüchtlinge in den vier Ländern. Dies hat auch in Europa große Auswirkungen,
da Tausende von Menschen versuchen, hierher zu kommen, aber leider sterben
viele von ihnen im Mittelmeer.
Um den Terrorismus zu stoppen, müssen wir also die Raumfahrttechnologie
nutzen.
Mögen Sie Tiere? Nutzen Sie die Weltraumtechnologie
Kenia ist eines der Länder, das seinen ersten Satelliten auf seinem eigenen
Territorium (an der Universität von Nairobi) gebaut hat. Er wurde dann im Mai
2018 in Japan gestartet. Es handelt sich um einen Nano-Satelliten namens
CubSat, 10 cm3, der 1,2 kg wiegt!
Sein Ziel ist es, Informationen für die Wettervorhersage, die Kartierung
der Ernährungssicherheit, die Grenzüberwachung oder das
Katastrophenmanagement, aber auch für die Überwachung von Wildtieren zu
sammeln.
Nach Angaben einer anderen Institution wird in Afrika alle 26 Minuten ein
Elefant wegen seines Elfenbeins getötet. Das bedeutet etwa 20.000 pro Jahr.
Deshalb startete Kenia sein „Teboma-Programm“, das seinen Namen einer
kenianischen Philosophie verdankt, die besagt, daß eine Gemeinschaft sicherer
wird, wenn zehn Häuser zusammenkommen, um aufeinander aufzupassen. Dieses
Programm wird die vom Satelliten gesendeten Daten nutzen, um die Wilderei von
Elefanten zu bekämpfen.
So, für diejenigen, die Tiere lieben, ist Weltraumpolitik auch
selbstverständlich!
Glauben Sie, daß Bildung für alle da ist, auch an abgelegenen Orten?
Nutzen Sie Weltraumtechnologie!
Wenn wir Ruanda betrachten, dann ist der Satellit Icyerekezo (d.h.
Vision) am Februar 2019 von Kourou in Französisch Guyana, in Partnerschaft mit
der britischen Firma OneWeb gestartet worden.
Die ruandische Ministerin für IKT (Informations- und
Kommunikationstechnologie) und Innovation, Paula Ingabire, sagte: „Der Start
dieses Satelliten ist ein Symbol für Ruandas Entschlossenheit, die
Raumfahrtindustrie zu entwickeln, lokale Kapazitäten aufzubauen und die neue
Generation zu inspirieren.“
Wie Sie wissen, wird sich die afrikanische Bevölkerung bis 2050 von 1
Milliarde auf mehr als 2 Milliarden Menschen verdoppeln. Und die gute
Nachricht ist, daß die unter 25-Jährigen 65% der Bevölkerung ausmachen
werden!
Welche Projekte werden diese Kinder wählen, und in welcher Welt? Ist es die
apokalyptische Vision von Greta Thunberg oder die einer Zukunft des
Erforschens und Entdeckens?
Am interessantesten ist, was der Zweck von Icyerekezo ist. Dieser
Satellit wird den Studenten auf der Insel Nkombo in Ruanda, am Kivu-See, eine
Internetverbindung ermöglichen! Wie alle ländlichen Schulen des Landes leidet
auch diese darunter, daß sie keinerlei Verbindungen hat.
Es gibt so viele Beispiele dafür, wie die Afrikaner die Weltraumtechnologie
nutzen, um lokale Probleme zu lösen. Ich wiederhole: Es gibt nichts Lokaleres
als ein raumfahrtpolitisches Programm!
Wie wir wissen, liegt es immer in der Verantwortung einer kleinen Gruppe
von entschlossenen Individuen, über die Zukunft nachzudenken und sie zu
gestalten. Eine Gruppe von Menschen, die gerne „Dinge tun“, unabhängig vom
Gruppendenken oder dem Zeitgeist. Wie Friedrich Schiller sagte: „Lebe mit
deinem Jahrhundert, aber sei nicht sein Geschöpf; leiste deinen Zeitgenossen,
aber, was sie bedürfen, nicht, was sie loben.“
Der Club der Verrückten
Nehmen wir ein letztes Beispiel, ich erzähle Ihnen kurz über den „Club der
Verrückten“!
Im Dezember 2019 wurde der erste äthiopische Satellit mit einer
chinesischen Rakete gestartet. Er wird für die Überwachung der Sektoren
Wasser, Landwirtschaft, Klima, Umwelt und Bergbau eingesetzt werden. Er wird
auch als Ausbildungshilfe für die Ingenieure des Landes dienen.
Die Äthiopische Gesellschaft für Weltraumwissenschaft (Ethiopian Science
and Space Society, ESSS) erhielt den Spitznamen „Crazy People Club“ (!), als
sie 2004 von einer kleinen Gruppe begeisterter Astronomen und Astrophysiker
gegründet wurde. Ihr Ziel ist es, über das unmittelbarere Ziel hinaus,
Anwendungen im zivilen Bereich zu entwickeln und „innerhalb von zehn Jahren
zur Entwicklung der Astronomie, der Weltraumwissenschaften und der damit
verbundenen Wissenschaften beizutragen.“
Dieser „Club der Verrückten“, hat seit seiner Gründung im Jahr 2004 10.000
Mitglieder gewonnen, und vor kurzem wurde das einzige Weltraumobservatorium in
Ostafrika auf dem 3.200 Meter hohen Gipfel des Entoto mit Blick auf Addis
Abeba eröffnet. Das mehrere Millionen Dollar teure Entoto-Observatorium und
Forschungszentrum ist zu einem der besten Orte geworden, um den Oriongürtel zu
betrachten – der hier größer und ausgeprägter erscheint als in anderen Teilen
der nördlichen Hemisphäre.
Heute führt die ESSS eine Machbarkeitsstudie für ein noch größeres und
höheres zweites Observatorium an der historischen Stätte von Lalibela durch.
Dieses Projekt wird von der Internationalen Astronomischen Union unterstützt,
die professionelle Astronomen aus mehr als 70 Ländern zusammenbringt.
Das französische Nationale Zentrum für Weltraumforschung (CNES), die
Regierungsbehörde, die für die Gestaltung und Umsetzung der französischen
Weltraumpolitik in der Welt zuständig ist, arbeitet offiziell mit Äthiopien im
Weltraum zusammen, und Macron selbst reiste im März 2019 nach Lalibela, um ein
Abkommen zu unterzeichnen. Lalibela gehört zu den heiligsten Stätten des
Landes, denn hier gibt es die berühmten monolithischen Kirchen aus
Felsgestein, und ganz Lalibela ist ein sehr alter Tempel der mittelalterlichen
und postmittelalterlichen Zivilisation Äthiopiens.
Die großartige Ironie ist, daß diese Tempel zu jener Zeit eine technische
Meisterleistung waren! Und jeder weiß dort, daß sie von Engeln erbaut
wurden!
So wird diese äthiopische Stätte die schönsten Werke der Vergangenheit
und der Zukunft beherbergen, indem sie die innere Betrachtung und die
Betrachtung des Universums miteinander verbindet. Ein Symbol der
Weltgeschichte, ein weiterer Beweis dafür, daß die menschliche Kreativität das
Prinzip ist, das es den Gesellschaften erlaubt, sich in Zeit und Raum zum
Wohle künftiger Generationen zu projizieren.
Es gibt so viele Raumfahrtprojekte in Afrika. Als ich letztes Jahr in
Angola war, hatte ich das Glück, dem Start des allerersten Satelliten
beizuwohnen, der von diesem Land hergestellt wurde. Sie können sich die
Aufregung all der Studenten, die an diesem Projekt mitgearbeitet haben, nicht
vorstellen.
Sie haben das, was Marie Korsaga gestern vorgestellt hat – Dutzende von
jungen Leuten in Südafrika, die sich mit dem Thema „Die Verteilung der dunklen
und sichtbaren Materie in spiralförmigen und irregulären Galaxien“ beschäftigt
haben!
Sie haben auch das Square Kilometre Array (SKA) in Südafrika, ein
internationales Projekt zum Bau des größten Radioteleskops der Welt mit einem
über einen Quadratkilometer großen Sammelfläche. Während 14 Mitgliedsländer
den Eckpfeiler der SKA bilden, sind rund 100 Organisationen aus etwa 20
Ländern an der Gestaltung und Entwicklung der SKA beteiligt. Weltweit führende
Wissenschaftler und Ingenieure arbeiten an einem System, für das Supercomputer
benötigt werden, die 25% leistungsfähiger sind als der beste Supercomputer der
Welt. Es kann unsere Sicht des Universums völlig verändern, indem es die
bestehenden wissenschaftlichen Axiome, Definitionen und Postulate in Bereichen
wie der Entwicklung der Galaxie, der dunklen Materie, des kosmischen
Magnetismus usw., usw. in Frage stellt.
Es ist faszinierend zu entdecken, daß wir noch so viele Dinge zu entdecken
haben. Und daß wir in Afrika so viele junge Wissenschaftler haben, die daran
arbeiten. Doch damit muß ich aufhören.
Gestatten Sie mir abschließend, das Ziel dieser Konferenz zu bekräftigen:
„Die Existenz der Menschheit hängt jetzt von der Etablierung eines neuen
Paradigmas ab!“
In den wenigen Beispielen, die ich heute hier vorgestellt habe, haben Sie
gesehen, daß ein afrikanisches Land mit Japan zusammenarbeitet, ein anderes
mit Rußland, Frankreich, China und anderen. Das ist die Art und Weise, wie man
die Zukunft der Welt betrachtet, und sie hat bereits mit der Belt and
Road-Initiative und der Raumfahrtzusammenarbeit in Afrika begonnen.
Wie die Präsidentin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-Larouche, sagte:
Dieses neue Paradigma „muß die dringende Reorganisation des bankrotten
Finanzsystems durch ein neues Bretton-Woods-System einleiten und eine neue
Ebene der internationalen Zusammenarbeit in strategischen Fragen, in der
Wissenschaft, in der physischen Wirtschaft und in einer kulturellen
Renaissance schaffen.“
Schließen Sie sich uns an, es ist Zeit, „es zu tun“.
Ich danke Ihnen.