Industrielle Entwicklung Afrikas ist die Antwort auf Migration und
Terrorismus
Mehrere afrikanische und europäische Staats- und Regierungschefs
bekräftigten in der vergangenen Woche die Auffassung, daß die Ursachen für
Migration und Terrorismus nur durch die wirtschaftliche Entwicklung und
Industrialisierung Afrikas und besonders der Sahelzone beseitigt werden
können.
Dieses Konzept stand im Mittelpunkt eines zweitägigen Besuchs (15-16.
Januar) des italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte in Niger und dem
Tschad, zwei Mitgliedsländern der Kommission für das Tschadsee-Becken (LCBC),
sowie Erklärungen des nigerianischen Präsidenten Buhari und einer Vertreterin
der deutschen Industrie.
In der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Präsidenten des Tschad, Idriss
Déby, verwies Conte in Ndjamena auf das Transaqua-Projekt zur Wiederauffüllung
des Tschadsees als Beispiel für Entwicklungsprogramme. Conte betonte, die
europäischen Länder „können gegenüber dem Austrocknen des Tschadsees nicht
gleichgültig sein. Wenn das weitergeht, wird es mehr Elend und dadurch mehr
Emigration und terroristische Bedrohung geben. Wenn wir zu diesen Fragen keine
Vision haben, wird uns das überwältigen. Ich habe Präsident Déby daran
erinnert, daß das vielleicht älteste Projekt gegen das Austrocknen des
Tschadsees von italienischen Experten stammt. Es gibt ein Projekt für
Staudämme und Kanäle zur Bewässerung. Das bedeutet, die Grundlage für die
wirtschaftliche Entwicklung dieser Gebiete zu schaffen und dadurch die
Migrationsströme besser zu steuern.“ (Die von Italien mitfinanzierte
Machbarkeitsstudie für Transaqua wird voraussichtlich beginnen, sobald im
Frühjahr der gemeinsame Ausschuß Italiens und der LCBC zusammenkommt.)
Conte beklagte sowohl im Niger als auch im Tschad, die EU tue nicht genug
für die Entwicklung Afrikas, und forderte die Ausweitung des EU-Treuhandfonds
für Afrika.
Auf der gemeinsamen Pressekonferenz in Niamey dankte der nigrische
Präsident Mahamadou Issofou Italien für die Unterstützung der multinationalen
Streitmacht Sahel-5 bei der Bekämpfung des Terrorismus. Er betonte jedoch
mehrfach: „Die Lösung ist, Afrika zu entwickeln und zu industrialisieren.“
Auch der nigerianische Präsident Muhammadu Buhari betonte in dieser Woche
erneut, wie wichtig es ist, den Tschadsee wieder aufzufüllen. Er warnte, wenn
der See vollständig austrockne, „werden die rund 40 Millionen Einwohner der
Region eine große negative Migrations- und Sicherheitsherausforderung für die
Welt bilden“. Er forderte ein größeres Engagement der internationalen
Gemeinschaft für die Umleitung von Wasser in den Tschadsee. „Künftig werde
ich, wenn ich zu einem internationalen Treffen oder in ein anderes Land reise,
die Welt immer auf die negativen Folgen des Klimawandels für den See und die
daraus resultierenden negativen Auswirkungen aufmerksam machen.“
Bemerkenswerterweise hat zum ersten Mal auch ein Vertreter der deutschen
Industrie das europäische Versagen bei der wirtschaftlichen Entwicklung
Afrikas scharf kritisiert. In einem Interview mit der Dezemberausgabe der
österreichischen Zeitschrift CorporAID sagt Judith Helfmann-Hundack vom
Deutschen Afrika-Verein: „Mich verwundert der Innovationshype zunehmend.
Davon, daß alle Apps schreiben, entsteht noch keine Wertschöpfung. Davon ist
noch kein Schuh genäht, der nachher per App verkauft werden kann. Und dann die
hundertste App zur Gesundheits-, Schwangerschafts-, Ernährungsberatung. Ich
glaube, wir brauchen einfach eine solide Industrialisierung, qualifizierte
Handwerker, die gute Häuser und Straßen bauen, geschulte Elektriker, die
verläßliche Stromleitungen legen. Wünschenswert sind bessere Ergebnisse in der
Landwirtschaft, höhere Ernteerträge.“ (Siehe http://www.corporaid.at/?story=3307)
ccc