An „Gürtel und Straße“ entsteht das neue Afrika
Das schwedische Belt and Road Institute (BRIX) veranstaltete
am 5. Dezember ein Seminar über die Rolle Afrikas in der Gürtel- und
Straßen-Initiative.
Spitzendiplomaten der Afrikanischen Union, der chinesische Botschafter in
Schweden und Mitglieder des Belt and Road Institute (BRIX) berichteten in
einem Seminar in Stockholm am 5. Dezember über die großen Fortschritte bei der
Verwirklichung der Entwicklungsziele Afrikas im Rahmen der Belt &
Road-Initiative (BRI). Noch wichtiger war jedoch der Aspekt, das enorme
Potential zu erforschen, wie Afrika in den kommenden Jahrzehnten der größte
Wirtschaftsmotor der Welt werden kann und wie Schweden, Europa und China mit
den afrikanischen Nationen zusammenarbeiten können, um diese vielversprechende
Perspektive zu beschleunigen und zu nutzen.
Alle Bilder: © Belt & Road Institute in Sweden (BRIX)
Der ägyptische Botschafter in Schweden Alaa Hegazy.
Gui Congyou, Botschafter der Volksrepublik China in Schweden.
Äthiopiens Botschafter in Schweden, Deriba Kuma.
Duncan Sebefelo, Südafrikas Chargé d'Affaires in Schweden.
19 Diplomaten aus 15 Ländern, überwiegend aus Afrika, nahmen an dem Seminar
teil, insgesamt waren es 60 Gäste. Stephen Brawer, Vizepräsident des BRIX und
Moderator der Veranstaltung, begrüßte die Teilnehmer und gab einen kurzen
Überblick über die Entstehung des Instituts und die beiden bisherigen,
hocherfolgreichen Seminare des Jahres 2019. Das Institut war erst vor einem
Jahr aus einem hochrangigen Seminar des Schiller-Instituts und des
China-Sweden Business Council (CSBC) über die strategischen und
wirtschaftlichen Auswirkungen der BRI im Mai 2018 hervorgegangen. Brawer
betonte, BRIX habe das Ziel, Fakten und Wissen über die BRI als globalen
Entwicklungsprozeß zu verbreiten und sich dabei auf gründliche Überlegungen zu
stützen, anstatt bloß auf oberflächliche Meinungen, die auf Vorurteilen und
geopolitischen Hintergedanken beruhen. BRIX sei überzeugt, daß man in Zukunft
klarer und energischer gegen Desinformationen und Propaganda vorgehen sollte,
die in Schweden gegen die BRI verbreitet werden.
Der ägyptische Botschafter Alaa Hegazy begrüßte die Teilnehmer als
Vertreter der Afrikanischen Union (AU), deren Vorsitz Ägypten derzeit innehat.
Er betonte die Bedeutung der Belt & Road-Initiative für die Umsetzung der
afrikanischen Entwicklungspläne, die seit langem existieren und nur auf den
Baubeginn warten. Er stellte den Plan der AU „Agenda 2063“ für ein
kontinentales Schienen- und Straßennetz, Elektrifizierung und
Industrialisierung vor. Botschafter Hegazy erklärte, die AU verfüge über
mehrere Kooperationsmechanismen mit der EU, den Vereinten Nationen, Japan
usw., aber die Zusammenarbeit mit der BRI sei der dynamischste und effektivste
dieser Mechanismen.
Der Botschafter der Volksrepublik China in Schweden, Gui Congyou, hielt die
Hauptrede, in der er ein Bild der umfangreichen Zusammenarbeit zwischen China
und Afrika im Rahmen der BRI vermittelte. Botschafter Gui verwies auf den
Gipfel des China-Afrika-Forums (FOCAC) im September 2018 in Peking und sagte:
„Der gemeinsame Aufbau der Belt & Road-Initiative durch China und Afrika
hat sich beschleunigt, und 40 afrikanische Länder und die AU-Kommission haben
Kooperationsdokumente mit China über die Belt & Road-Initiative
unterzeichnet. Wir haben einen Länderplan formuliert, der auf den
tatsächlichen Bedürfnissen Afrikas basiert. In den nächsten drei Jahren werden
wir insgesamt mehr als 880 China-Afrika-Kooperationsprojekte durchführen.“
Zu den chinesisch-schwedischen Perspektiven erklärte der Botschafter, die
schwedische Regierung habe viele Hilfs- und Kooperationsprojekte für Afrika,
und viele große schwedische Unternehmen wie Volvo, Scania und ABB seien
umfangreich in Afrika tätig. China sei bereit, mit Schweden wie mit vielen
anderen Ländern der Welt zusammenzuarbeiten, um jeweils die Stärken des
anderen zu ergänzen und positive Beiträge zu Frieden, Stabilität und
Entwicklung in Afrika zu leisten.
Äthiopiens Botschafter Deriba Kuma zeigte dem Publikum, wie die Pläne
Afrikas für Modernisierung und Industrialisierung umgesetzt werden. Äthiopien,
wo sich der Hauptsitz der AU befindet, sei auf dem besten Weg, seine Pläne zu
verwirklichen, bis 2025 ein Land mit mittlerem Einkommen zu werden und sich
von einer Agrargesellschaft zu einer Industriegesellschaft zu wandeln.
Äthiopien sei ein wichtiger Nutznießer der Belt & Road-Initiative.
„Seitdem hat das Land damit begonnen, sein Infrastrukturnetz im ganzen Land,
wie Straßen, Eisenbahnen, Telekommunikation und Flughäfen auszubauen, dabei
hat die technische und finanzielle Unterstützung durch Chinas Regierung sehr
geholfen“, sagte Botschafter Deriba. Für die Vision, bis 2025 ein Land mit
mittlerem Einkommen zu werden, habe Äthiopien einen ehrgeizigen Plan zur
Errichtung von zwölf Industrieparks im ganzen Land gestartet. Große
chinesische Unternehmen beteiligen sich am Bau dieser Industrieparks, und
einige bauen sogar eigene Industriezonen auf. Bis 2025 wolle Äthiopien 30
solche Industrieparks errichten. „Ich möchte hiermit alle kompetenten
Unternehmen auffordern, sich aktiv an diesem Vorhaben zu beteiligen, entweder
durch den Bau der Industrieparks oder durch Pachten der Gebäude, die ihnen
helfen könnten, sich mit der Herstellung verschiedener Produkte zu
beteiligen.“
Botschafter Kuma erinnerte auch daran, daß der Premierminister seines
Landes, Dr. Abiy Ahmed, den Friedensnobelpreis erhält. Dies sei eine
angemessene Anerkennung des Weges, den Äthiopien in Richtung sozialer,
politischer und wirtschaftlicher Reformen eingeschlagen hat.
Der südafrikanische Chargé d'Affaires Duncan Sebefelo – Südafrika übernimmt
im neuen Jahr turnusmäßig den Vorsitz der AU – sprach über die
wirtschaftlichen Visionen und Pläne seines Landes und über aktuelle
Herausforderungen und Chancen. Er verwies auf die großen Investitionen, die
China in Schlüsselprojekte in seinem Land getätigt hat, und legte das Denken
und die Prinzipien der AU für die Projekte der wirtschaftlichen Zusammenarbeit
dar. Sebefelo betonte, wie wichtig die BRI für die Entwicklungsziele des
afrikanischen Kontinents ist.
Hussein Askary, Vorstandsmitglied von BRIX, hielt einen ausführlichen
Vortrag über die neuen Wege beim Aufstieg Afrikas. Anhand von Diagrammen,
Fotos und Karten zeigte er, wie die BRI zur Realisierung der Entwicklungsziele
Afrikas beiträgt. Er betonte, das BRIX-Institut sei nicht dazu da, Lobeshymnen
auf China oder Afrika zu singen, die könnten durchaus für sich selbst sorgen.
Vielmehr sei das Ziel des BRIX, daß Schweden sich an diesem Prozeß der
Zusammenarbeit beteiligt und den Zug zu Wohlstand und Stabilität auf der Welt
nicht verpaßt. Dazu müßten Schweden und Europa zuerst ihre Einstellung
gegenüber Afrika ändern. Er verglich ihre Haltung und die Chinas: Schweden und
die EU sehen Afrika als Problem, China dagegen sieht Afrika als Chance. Ein
großes Hindernis sei dabei die „Hilfsmentalität“. Chinas Herangehensweise,
Afrika zu stärken, indem es ihm Mittel zur wirtschaftlichen Entwicklung wie
Infrastruktur, Industrialisierung und Technologietransfer liefert, anstatt nur
Hilfsgüter zu schicken, sei für Schweden und Europa das beste Vorbild. Unter
dem Schlagwort „Denkakrobatik bei den Nachhaltigen Entwicklungszielen“
berichtete er, wie Schweden und die EU die UN-Entwicklungsagenda für 2030
eigenmächtig umdefinieren, so daß die wichtigsten Prioritäten – wie Armut,
Hunger, Gesundheitsversorgung, Wasser, Strom, Industrialisierung – plötzlich
ganz unten auf der Liste stehen, dagegen stehe der Klimaschutz, früher das
Ziel Nr. 13, nun ganz oben. Abschließend erklärte er, Afrika sei heute mit
Hilfe Chinas und der BRI auf dem besten Wege, seine Agenda 2063 zu
verwirklichen. Aber wieviel schneller könnte man diese Agenda umsetzen, wenn
auch Schweden und die EU dazu beitragen?
Der ehemalige norwegische Parlamentsabgeordnete und Mitbegründer der
Ichi-Stiftung, Thore Vestby, sprach über die Zusammenarbeit Norwegens mit
Afrika, die sich lange weitgehend auf Hilfe über die norwegische
Entwicklungsgesellschaft NORAD beschränkt hat. Eine neue Herangehensweise, bei
der die wirtschaftliche Zusammenarbeit im Mittelpunkt steht, wurde jedoch 2012
begonnen, als führende norwegische Unternehmen die Norwegian African Business
Association (norwegianafrican.no) gründeten. Auch Norwegen müsse eine
Zusammenarbeit mit BRI aufbauen, betonte Vestby, und dazu sei eine neue
Haltung Norwegens gegenüber China und der BRI notwendig. Er gratulierte dem
schwedischen BRIX zur erfolgreichen Arbeit und kündigte an, daß im neuen Jahr
auch ein BRIX Norway starten wird.
Lars Aspling, privater Unternehmensberater und BRIX-Mitglied, erklärte in
seinem Vortrag, daß inzwischen bereits 16 von 28 EU-Ländern Abkommen (MOU) mit
China über die Zusammenarbeit mit der BRI unterzeichnet haben. Dies zeige, daß
solche Abkommen oder auch nur positive Stellungnahmen zu BRI, wie es sie von
Frankreich und Finnland gab, die EU nicht spalten, wie behauptet wird. Die
schwedische Regierung folge mit dem Entwurf ihrer neuen Chinastrategie der
EU-Politik, aber rechtlich gesehen hindere Schweden nichts daran, der BRI
beizutreten – es fehle nur am politischen Willen. Aspling gab auch einen
Überblick, welche Investitionen in Nordeuropa notwendig sind, um die
erforderliche Produktivität der neuen BRI-Ära zu erreichen.
Aspling nutzte die Gelegenheit, um anzukündigen, daß BRIX gerade einen
neuen Bericht über die Bedeutung der schwedischen Zusammenarbeit mit der BRI
veröffentlicht hat, der von der BRIX-Webseite heruntergeladen werden kann.
Stephen Brawer leitete die abschließende Diskussionsrunde, in der sich die
Referenten den Fragen des Publikums stellten. Der BRIX-Vorsitzende Ulf
Sandmark kommentierte darin auch die Diskussionen über Korruption in Afrika:
Bei der BRI gehe es um realwirtschaftliche Investitionen, diese werden nicht
einfach als Geldbeträge überwiesen wie die westlichen Investitionen. Die
BRI-Investitionen werden in Form von Zement, Stahl, Maschinen und Vorprodukten
für die Projekte geliefert. Es sei schwierig, Zement auf ein Bankkonto
einzuzahlen, daher habe die BRI quasi einen eingebauten Mechanismus, der
Korruption verhindere.
Zum Abschluß des Seminars betonte Brawer nochmals die Notwendigkeit,
faktenbasierte Informationen und Kenntnisse über BRI zu verbreiten, und dankte
TV100 und Fredrik Vargas für ihre wichtige Arbeit bei der
Berichterstattung über den Verlauf des Seminars. Die Reden und Diskussionen
werden auf der BRIX-Website (www.brixsweden.org) und in den sozialen Medien
veröffentlicht.
usk