BRICS-Staaten im Zentrum einer neuen
gerechten Weltwirtschaftsordnung!
Von Helga Zepp-LaRouche
Inspiriert vom sagenhaften Aufstieg Chinas findet derzeit eine strategische
Neuausrichtung der Schwellen- und Entwicklungsländer statt, bei der Schritt
für Schritt eine auf völlig anderen Prinzipien basierende
Weltwirtschaftsordnung entsteht. Während der Westen vergebens versucht, das
alte Paradigma des neoliberalen Wirtschaftssystems aufrecht zu erhalten,
arbeiten mehr und mehr Nationen mit den BRICS-Staaten, der Shanghai
Cooperation Organization (SCO) und weiteren regionalen Organisationen im
Rahmen der Neuen Seidenstraßen-Initiative auf der Basis einer
Win-Win-Kooperation zusammen und demonstrieren, daß die Welt viel menschlicher
gestaltet werden kann, als es die EU mit ihrer barbarischen Flüchtlingspolitik
vorexerziert.
„Ich will das chinesische Modell. Weil das, was China erreicht hat,
unglaublich ist. Die Art und Weise, wie sie die Armut überwunden haben, hat es
noch nie in der Geschichte gegeben!“ – dies sind die Worte des soeben neu
gewählten Premierministers Pakistans, Imran Khan, der gleichzeitig ankündigte,
er werde jeden positiven Schritt Indiens hinsichtlich der Verbesserung des
Verhältnisses zu Pakistan mit zwei Schritten seinerseits beantworten. Genau
dies war auch die Stimmung beim soeben beendeten zehnten Jahresgipfel der
BRICS – also Brasilien, Rußland, Indien, China und Südafrika – in
Johannesburg, der vollkommen vom Geist der Neuen Seidenstraße geprägt war, der
nichts weniger besagt, als daß alle Nationen dieser Welt das Recht auf
Entwicklung auf der Basis des wissenschaftlichen und technologischen
Fortschritts haben und daß eine neue Ära der Menschheit angebrochen ist.
Der chinesische Präsident Xi Jinping betonte in seiner Rede vor der
Konferenz, an der auch Indonesien, die Türkei, Argentinien und sehr viele
Staatschefs afrikanischer Staaten teilnahmen, die internationale Gemeinschaft
befinde sich an einem Scheideweg und müsse eine völlig neue Art der
internationalen Beziehungen aufbauen. Mit einem begeisternden
Kulturoptimismus, der in Europa völlig abhanden gekommen ist, betonte Xi die
entscheidende Rolle des wissenschaftlichen Fortschritts als Motor des
wirtschaftlichen Aufbaus: „Wissenschaft und Technik als die primären
Produktivkräfte generieren eine unerschöpfliche Kraft, die den Fortschritt der
menschlichen Zivilisation vorantreibt.“ Die Menschheit habe riesige Sprünge
von einer landwirtschaftlichen zur industriellen Zivilisation gemacht und
stünde nun erneut vor neuen wissenschaftlichen und technologischen
Revolutionen und industriellen Transformationen, und wenn die Staaten die
Chancen ergriffen, die sich für sie böten, könnten sie ein dynamisches
Wirtschaftswachstum und damit ein besseres Leben für ihre Menschen
erreichen.
Xi fuhr fort, in Afrika lägen mehr Entwicklungsländer als in irgendeinem
anderen Kontinent, und deshalb habe es ein größeres Entwicklungspotential als
irgendeine andere Region der Welt. Die BRICS würden deshalb die Kooperation
mit Afrika verstärken und diese Zusammenarbeit zum Modell für den Ausbau der
Süd-Süd-Beziehungen werden lassen. Diese Intensivierung werde beim
bevorstehenden Forum für China-Afrika-Kooperation im September in Beijing noch
eine Steigerung erfahren und die Integration mit der
Wirtschaftsgürtel-Initiative weiterführen. Auch der indische Premierminister
Modi führte aus, für seine Regierung habe die Erhaltung des Friedens und die
Entwicklung Afrikas die höchste Priorität. Es wurde auch die Eröffnung eines
Mahatma Gandhi-Nelson Mandela-Zentrums bekanntgemacht. Präsident Putin
kündigte in seiner Rede an, Rußland werde auf dem afrikanischen Kontinent „das
Licht anmachen“ und ihn mit Energie versorgen, vor allem im Bereich der
Kernenergie, wo Rußland inzwischen der technologische Führer in der Welt
sei.
Die Steigerung des Handels zwischen China und Afrika in den letzten 40
Jahren ist enorm: von 765 Millionen $ im Jahre 1978 hat der Warenaustausch
2017 bereits 170 Milliarden $ erreicht und wird demnächst bei 400 Milliarden $
pro Jahre liegen. Insgesamt steigt die wirtschaftliche Bedeutung der
BRICS-Staaten rasant an, im vergangenen Jahr betrug das gesamte
Bruttoinlandsprodukt dieser Staaten mehr als 17 Billionen $ und damit mehr als
das der EU. Präsident Xi hatte vor dem Gipfel neben den Vereinigten Arabischen
Emiraten auch Senegal, Ruanda und Südafrika Staatsbesuche abgestattet, gefolgt
von Mauritius im Anschluß an den Gipfel. Modi seinerseits besuchte Uganda,
Ruanda und Südafrika. Die Regierungen Chinas und Indiens haben auch gemeinsame
Investitionen in Afrika im Kontext der Neuen Seidenstraßen-Initiative
beschlossen.
Ein weiterer Baustein der neuen Wirtschaftsordnung ist das Konzept
„BRICS-Plus“, womit eine Plattform für die wirtschaftliche Assoziation
weiterer Staaten und Regionen und die Verstärkung der Kooperation in
wirtschaftlicher, aber auch strategischer Hinsicht ausgebaut wird. Es ist u.a.
die Absicht der teilnehmenden Länder, durch eine immer größere Anzahl von
Mitgliedsstaaten die Stimmrechte dieses Blocks beim IWF zu stärken und damit
Schlüsselentscheidungen zu beeinflussen.
Kooperation oder Konfrontation
Xi Jinping vertrat im Rahmen des Gipfels auch emphatisch die Ansicht, mit
einem deutlichen Hinweis auf Donald Trumps Androhungen von Zöllen auf Importe,
daß es in einem Handelskrieg keinen Gewinner geben könne. Man stünde vor der
Wahl zwischen Kooperation und Konfrontation, zwischen gegenseitigem Vorteil
und der Möglichkeit, seinen Nachbarn zum Bettler zu machen, aber diejenigen,
die diesen Kurs verfolgten, würden sich am Ende nur selber schaden.
Ebendieser Effekt ist bereits seit den Sanktionen gegen Rußland zu
beobachten, die viele Experten in diesem Land für ein Glück im Unglück halten,
da sie Rußland gezwungen haben, viele Bereiche der Produktion, die während der
Schocktherapie der Jelzin-Jahre abgebaut worden waren, wieder aufzubauen und
gleichzeitig die Beziehung zu China und Asien insgesamt zu vertiefen. Ebenso
wie die (vom US-Kongreß erzwungenen) Sanktionen der USA und der EU gegen
Rußland hat Trumps Drohgebärde bezüglich der Importzölle gegen China den
offensichtlich von ihren Autoren in ihrer Arroganz übersehenen Effekt, daß sie
das Zusammenrücken der BRICS-Plus-Staaten und ihren Wunsch nach einer
gerechteren und ausgewogeneren Wirtschaftsordnung noch beschleunigen.
Bei einem Seminar des Chongyang Financial Institute an der
Renmin-Universität in Beijing wies Putins Wirtschaftsberater Sergej Glasjew
darauf hin, daß es angesichts des schlechten Zustands der westlichen
Ökonomien, die immer noch einen starken Fokus auf die Spekulation statt der
Realwirtschaft setzten, zu einer immer engeren Kooperation zwischen der Neuen
Seidenstraßen-Initiative, den BRICS, der SCO und weiteren Organisationen käme.
Wenn der Druck auf diese Staaten weiter anwachse, würde dies die Tendenz, den
Handel nicht mehr in Dollar, sondern in den jeweiligen Währungen abzuwickeln,
nur beschleunigen.
Aus dem Jahresbericht der chinesischen Regierung, den Premierminister Li
Keqiang kürzlich bei einem Führungstreffen des Staatsrats präsentierte, wird
deutlich, daß China binnenwirtschaftlich alles tut, um das Land gegen die
Auswirkungen eines neuen Crashs des transatlantischen Finanzsystems zu
schützen. Angesichts großer internationaler Herausforderungen werde China ein
ganzes Paket von Maßnahmen für die Stärkung der Realwirtschaft umsetzen,
darunter Steuererleichterungen für Investitionen in die Grundlagenforschung,
200 Milliarden $ für Infrastruktur, eine Förderung der Kreditvergabe an kleine
und mittelständische Firmen sowie ein eindeutiges Vorgehen gegen
„Zombie-Firmen“ und jegliche Form der Spekulation.
Die Dynamik, die sich jetzt um das chinesische Modell und die BRICS als
Zentrum eines neuen globalen Wirtschaftssystems entwickelt, ist das Resultat
einer jahrzehntelangen Politik von IWF und Weltbank, die mit ihren Forderungen
nach sogenannten Strukturanpassungen und Konditionalitäten in den
Entwicklungsländern nicht nur deren Entwicklung verhindert, sondern darüber
hinaus einen gigantischen Kapitaltransfer dieser Staaten an die Banken des
neoliberalen Finanzsystems organisiert haben. Aus dieser Politik, der wir
unter anderem einen großen Teil der Flüchtlingskrise zu verdanken haben –
neben den auf Lügen aufgebauten Kriegen in Südwestasien und Nordafrika –,
haben die BRICS und viele Entwicklungsländer ebenso die Lehren gezogen wie aus
der Asienkrise von 1997, in der Megaspekulanten wie George Soros die Währungen
vieler asiatischer Staaten innerhalb von Tagen um bis zu 80%
herunterspekulierten.
Wir im Westen haben genau die Wahl, die Xi Jinping identifiziert hat. Wir
können die vielfältigen Angebote Chinas annehmen und gemeinsam mit den BRICS
und anderen Staaten Afrika, Südwestasien, Lateinamerika industriell aufbauen
helfen, und damit gleichzeitig eine Zukunftsperspektive für uns selbst
verwirklichen. Das würde allerdings einen Abschied von der Kasinowirtschaft
bedeuten und die Einführung eines Glass-Steagall-Trennbankensystems sowie die
Schaffung von Nationalbanken und einem Neuen Bretton Woods-Kreditsystem
erfordern.
Oder wir können versuchen, an dem gegenwärtigen hoffnungslos bankrotten,
neoliberalen Finanzsystem festzuhalten, das auf die Profitmaximierung für das
Establishment auf Kosten eines großen Teils der Bevölkerung und der
Entwicklungsländer ausgerichtet ist. Dann haben wir die Wahl zwischen einem
neuen Crash, diesmal weit schlimmer als 2008, und einem durch einen
Dollarkollaps ausgelösten Finanzkrach, falls sich die Staaten des neuen
entstehenden Wirtschaftsblocks gegen die Konfrontation seitens der USA
gemeinsam wehren.
Wir haben die Wahl: entweder wir erinnern uns in den USA und Europa an
unseren besten Traditionen, d.h. das Amerikanische System der Ökonomie von
Alexander Hamilton und die Prinzipien des Wirtschaftswunders in Deutschland
nach dem Zweiten Weltkrieg und die Tradition unserer klassischen Kultur – und
dann arbeiten wir mit China und den BRICS zusammen an der Entwicklung der
Welt, – oder wir sind selbst schuld, wenn unsere Kulturen sehr bald in den
Museen Afrikas und Asiens ausgestellt werden, als Beispiele für
Gesellschaften, die in moralischer Hinsicht nicht überlebensfähig waren.
zepp-larouche@eir.de