"Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen.
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst."
Friedrich Schiller
  Afrika

Die einzige humane Lösung für die Flüchtlingskrise

Von Hussein Askary

Hussein Askary, der Südwestasien-Koordinator des Schiller-Instituts, eröffnete am 30.6.2018 mit dem folgenden Vortrag die zweite Vortragsrunde der Bad Sodener Konferenz des Schiller-Instituts.

Cover: Schiller-Institut

Abb. 1: Cover Afrikabericht.

Grafiken: NASA, EIR

Abb. 2: Afrika bei Nacht, 2015 und 2050.


Abb. 3: Panafrikanisches Straßennetz


Abb. 4: Hochgeschwindigkeitsbahn


Abb. 5: Eisenbahnstrecke Mombasa-Nairobi


Abb. 6: Ostafrikanisches Eisenbahnnetz


Abb. 7: Irakische Flüchtlinge 1991


Ich freue mich und bin sehr geehrt, diese hochgeschätzte und interessante Vortragsrunde eröffnen zu dürfen.

Mein Name ist Hussein Askary, ich bin der Südwestasien-Koordinator des internationalen Schiller-Instituts und arbeite seit 23 Jahren für das Schiller-Institut. Ich bin auch Koautor des Sonderberichts „Die Neue Seidenstraße nach Westasien und Afrika verlängern“, der hier in diesem Saal bei einer internationalen Konferenz im vergangenen November vorgestellt wurde (Abbildung 1).

Dieser Bericht – den wir hier haben, jeder sollte ein Exemplar davon haben – ist ein wunderbares Zeugnis des Optimismus, der dadurch ausgelöst wurde, daß Afrika sich dem Neuen Paradigma, das durch die Gürtel- und Straßen-Initiative 2013 und die Erklärung der BRICS-Staaten von Fortaleza 2014 definiert wurde, angeschlossen hat. Die meisten afrikanischen Nationen arbeiten jetzt zusammen mit China und anderen Ländern intensiv an konkreten Entwicklungsplänen.

Der Bericht ist zudem ein Fahrplan in eine glänzende Zukunft, die auf die kommenden Generationen der Afrikaner und der Menschen in Südwestasien, dem sog. Nahen Osten wartet. „Naher Osten“ ist der falsche Ausdruck, man sollte von Südwestasien sprechen.

Afrika ist ein wunderbarer Kontinent

Dies hier (Abbildung 2) ist Afrika bei Nacht. Links sehen wir eine echte Aufnahme von Afrika bei Nacht, aufgenommen von Satelliten der NASA. Man sieht einen in völlige Dunkelheit gehüllten Kontinent – schlicht und einfach, weil es dort keine Elektrizität gibt. Das Bild daneben, von Afrika 2050, wurde nach meinen Anleitungen von meinem Freund Chance McGee erstellt, es zeigt, wie wir uns Afrika bei Nacht im Jahr 2050 vorstellen.

2030 wird der größte Teil des Bevölkerungswachstums aller Regionen der Welt auf Südwestasien und Afrika entfallen, eine Zunahme um 46,9% gegenüber 2015. Bis 2030 wird ihre Bevölkerung auf 1,9 Mrd. steigen, bei einem erstaunlich jungen Durchschnittsalter von nur 23 Jahren. Um 2050 wird dann das Bevölkerungswachstum der Welt vor allem in Afrika stattfinden. Von den zusätzlichen 2,4 Mrd. Menschen, die voraussichtlich zwischen 2015 und 2050 geboren werden, werden 1,3 Mrd. Menschen in Afrika hinzukommen.

Viele Menschen, die von der britischen Propaganda beeinflußt sind, halten so etwas für ein Problem oder sogar eine Katastrophe, wir dagegen sind überzeugt, daß es eine wundervolle Herausforderung und eine große Chance ist. Und ich denke, so sieht auch China Afrika. Wenn man sich Präsident Xi Jinpings Reden bei den China-Afrika-Gipfeln anhört, spürt man, daß er in Afrika eine große Chance sieht.

Wie Helga Zepp-LaRouche heute vormittag schon gesagt hat, müssen wir in das neue Paradigma einsteigen – Europa muß sich dem neuen Paradigma anschließen. Dabei geht es keineswegs nur darum, sich am Bau von Eisenbahnen in Afrika zu beteiligen. Wir müssen unsere Einstellung zu Afrika und seinen Menschen grundlegend ändern! Denn in Europa und Amerika verbindet man Afrika immer nur mit Problemen, weil sie das einzige sind, was über Afrika berichtet wird. Deshalb müssen wir ein Umdenken der Politiker und der Bevölkerung in Europa und den Vereinigten Staaten bewirken, denn Afrika ist kein „Problem“. Afrika ist eine große Herausforderung, aber es ist auch eine große Chance. Ich denke, das ist etwas, was wir alle aus Chinas Engagement in Afrika lernen sollten.

Ich will hier unseren Bericht nicht im Detail vorstellen, das habe ich schon im letzten Jahr getan, Sie sollten ihn einfach selbst lesen. Einige der Projekte, die in diesem Bericht beschrieben werden, sind bereits fertiggestellt, andere sind im Bau oder es wird ernsthaft darüber verhandelt, worüber einige unserer verehrten Redner uns sicherlich noch mehr sagen werden. Mindestens ein Land in Afrika – Äthiopien – wird jetzt auch „das Land mit dem zweistelligen Wirtschaftswachstum“ genannt, und viele weitere werden diesem Club noch beitreten. Was auf diesem wunderbaren Kontinent erreicht werden kann, hat keine Grenzen, und dieser Herausforderung müssen wir auch mit unserem Ehrgeiz, unseren Visionen und Plänen gerecht werden.

Dies (Abbildung 3) ist eine Karte des afrikanischen Netzes von Hochgeschwindigkeitsbahnen (Abbildung 4), wie wir es uns vorstellen. Dieser Plan existiert bei der Afrikanischen Union schon seit vielen, vielen Jahren, aber er zeigt Autobahnen, die nie gebaut wurden. Nun jedoch werden Schritt für Schritt Eisenbahnen gebaut, wie die Eisenbahn Dschibuti-Addis Abeba, die 2017 mit Chinas Hilfe fertiggestellt wurde. Es gibt die Eisenbahn Mombasa-Nairobi, die im vergangenen Jahr festiggestellt wurde (Abbildung 5). Diese Projekte brechen alle früheren Rekorde, was den Bau an geht, die Geschwindigkeit, die Effizienz und die Kosten. Der Plan, von dem die Afrikanische Union träumt und für den sie Pläne erstellt hat, wird nun verwirklicht (Abbildung 6). Die sprichwörtlichen Spatenstiche werden getan. Es ist nichts, was erst irgendwann in der Zukunft geschehen wird.

Ich war selbst ein Flüchtling

Unsere Vortragsrunde zum Thema „Wie die Gürtel- und Straßen-Initiative Afrika verändert: die einzige humane Lösung für die Flüchtlingskrise“ könnte zu keinem passenderen Zeitpunkt stattfinden. Denn das alte Paradigma richtet leider immer noch in vielen Ländern Unheil an, wie in Syrien und im Jemen, und man spürt immer noch die Folgen der fehlgeleiteten und bewußt destruktiven Politik, die den Ländern seit 40 oder mehr Jahren aufgezwungen wurde, in Form von weitverbreitetem Hunger, Epidemien, Nahrungsmittelknappheit und Mangel an lebenswichtigen Dienstleistungen.

Ich selbst war ein Flüchtling und habe mit meiner Familie enorm gelitten, als wir – ich selbst, mein Vater, meine Mutter, zwei jüngere Schwestern und ein jüngerer Bruder – im April 1991 als Folge des von George Bush senior gestarteten Golfkriegs oder Kuwaitkrieges, von dem schon Herr Scholz gesprochen hat [siehe Neue Solidarität 28/2018] – aus der irakisch-kurdischen Stadt Sulaimaniyya fliehen mußten.

Wir liefen sechs Tage und Nächte lang bei schlechtem Wetter durchs Gebirge (Abbildung 7), es regnete, zeitweise schneite es sogar. Wir hatten nichts bei uns außer kleinen Taschen mit getrocknetem Obst, bis wir zur iranischen Grenze gelangten, wo wir in riesigen Zelten untergebracht wurden.

Als wir in diesen Flüchtlingslagern ankamen, war die Lage schrecklich und demoralisierend. Die physischen Bedingungen waren schrecklich, dennoch gelang es uns – meiner Familie und mir, und besonders meinen Schwestern –, den Staub von den Füßen zu schütteln und uns über die Zustände zu erheben. Wir arbeiteten für internationale Organisationen wie das Rote Kreuz und Ärzte ohne Grenzen. Ein Jahr später kam ich schließlich nach Norwegen. Ich war später sogar die Hauptfigur eines Dokumentarfilms über die Flüchtlingskrise, der 1994 in Norwegen ausgestrahlt wurde. Das war Teil einer Serie von Dokumentarfilmen mit dem Titel „Besichtigung der Realität: einer der Glücklichen“. Damit war ich gemeint; ich war damals 23 Jahre alt.

Wie Helga schon sagte: Wenn man diese Flüchtlinge sieht – das sind nicht nur Objekte auf dem Bildschirm. Es sind ganz reale Menschen. Viele haben ihre Hoffnungen, sie sehen für sich eine Aufgabe im Leben, sie sind nicht bloß Zahlen. Zwei Jahre, nachdem ich 1992 nach Norwegen gekommen war, lernte ich in Oslo das Schiller-Institut kennen.

Ich weiß also aus erster Hand, was es bedeutet, als Flüchtling zu leiden – alles zurückzulassen und sein Leben zu riskieren, um einen Ort zu erreichen, von dem man hofft, daß er sicher ist und man dort in Würde leben kann.

Aber ich war schon immer davon überzeugt, daß die Lösung für alle diese vielen Flüchtlingskrisen nicht darin liegen kann, nur die Symptome zu lindern, indem man den Flüchtlingen Hilfe leistet, auch wenn das notwendig ist und unbedingt getan werden muß, sondern indem man die Ursachen aller dieser Krisen an der Wurzel packt. Das kann und wird nur geschehen durch die Schaffung einer neuen und gerechten Weltwirtschaftsordnung.

Daher war es für mich ganz natürlich, mich 1994 dem Schiller-Institut anzuschließen und meine Zeit und Energie dafür einzusetzen, zum Aufbau dieses neuen Paradigmas beizutragen, zusammen mit Helga und Lyndon LaRouche und den vielen anderen wunderbaren Menschen, die ich in all diesen Jahren kennengelernt habe und mit denen ich zusammenarbeite.

Deshalb sollten Sie sich alle, ob sie nun ein Flüchtling sind oder ein Einheimischer, ein Bürger, ein Einwohner Europas oder der Vereinigten Staaten oder sonst irgendwo, dem Schiller-Institut anschließen. Denn das ist der einzige Weg, das sagt meine Erfahrung, um die Welt so zu verändern, daß es für jeden Menschen auf diesem Planeten etwas bewirkt. Inzwischen sind wir viele, mit der Weltlandbrücke. Ganze Länder schließen sich dem Neuen Paradigma an. Und wir alle können sehen, daß die Aussicht auf eine schöne und blühende Zukunft für alle Nationen in greifbarer Nähe ist.

So lege ich es allen ans Herz: Richten wir auch inmitten der schlimmsten Leiden unsere Augen nicht auf den Schmutz unter unseren Füßen, sondern erheben sie zu den glänzenden Sternen über uns.

Vielen Dank!