Müller will Investitionen statt traditioneller „Entwicklungshilfe“
Das deutsche Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (BMZ) veröffentlichte am 18. Januar das lang erwartete
Grundsatzpapier Afrika und Europa – Neue Partnerschaft für Entwicklung,
Frieden und Zukunft. Eckpunkte für einen Marshallplan mit Afrika (http://www.bmz.de/de/mediathek/publikationen/reihen/infobroschueren_flyer/infobroschueren/Materialie310_Afrika_Marshallplan.pdf)
Betont wird dabei der Marshallplan „mit“ Afrika. Die wirtschaftliche
Zusammenarbeit soll grundlegend verändert werden, wie es in der Einleitung des
34seitigen Dokuments heißt: „Die Eigenverantwortung der afrikanischen Staaten
muß gestärkt, die Zeit der ,Entwicklungshilfe’ und die Zeit von ,Geber und
Nehmer’ abgelöst werden.“ Gefordert wird eine „partnerschaftliche und
wirtschaftliche Kooperation, die auf Eigeninitiative und Eigenverantwortung
setzt“. Kleine und mittelständische Unternehmen sollen gegründet und Millionen
Kleinbauern gefördert werden.
Das BMZ hält die neue Herangehensweise, die Afrikaner zu Partnern und
Mit-Entscheidern zu machen, für unverzichtbar, damit für die wachsende
Bevölkerung in Afrika jährlich 20 Millionen neue Arbeitsplätze, besonders für
junge Menschen, in den Städten und auf dem Land geschaffen werden können.
Die Bundesregierung hat angekündigt, daß sie Afrika zu einem Schwerpunkt
der G-20 machen will, deren Vorsitz Deutschland dieses Jahr innehat,
einschließlich des G-20-Gipfels im Juni. Entwicklungsminister Gerd Müller hat
oft betont, wenn es in Afrika keine Entwicklung mit Wirtschaftswachstum gebe,
werde es unmöglich sein, den Flüchtlingsstrom nach Europa aufzuhalten.
Müller und das BMZ planen dazu viele Veranstaltungen. Sehr wichtig ist ein
Besuch in China, der zu einer aktiven Partnerschaft der Deutschen und Europäer
mit den Chinesen bei Investitionen und Projekten in Afrika führen soll. Dies
ist wesentlich, weil chinesische Unternehmen beim Aufbau von Infrastruktur,
Industrie und Landwirtschaft in Afrika führend sind und daran keine
Bedingungen knüpfen wie die westlichen Staaten.
Laut UN-Experten erfordert eine Strategie zur Entwicklung Afrikas etwa 600
Mrd.$ jährlich. Man erwartet, daß ein steigender Teil davon von den beiden
neuen Finanzinstituten AIIB (Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank) und
NDB (Neue Entwicklungsbank der BRICS) kommen wird, zusätzlich zu
traditionellen Kreditgebern wie IWF, Weltbank und EIB. Es sollen auch eigene
afrikanische Finanzinstitute gegründet werden, die Kontinuität und
Zuverlässigkeit der Geldmittel für konkrete Entwicklungsprojekte sicherstellen
sollen.
Der Vorschlag des BMZ ist noch keine offizielle deutsche Politik, er muß
noch mit den Wirtschafts-, Finanz- und Außenministerien abgesprochen werden –
ebenso wie mit den zuständigen EU-Gremien, die nicht gerade für ihr
Verständnis von Wirtschaft bekannt sind. Neben den bürokratischen Hürden wird
man auch den Widerstand radikaler Umweltschützer und Malthusianer überwinden
müssen, die traditionell in der Entwicklungshilfe das Sagen haben.
eir