Gürtel und Straße:
China teilt seine Entwicklung mit Afrika und der
übrigen Welt
Von Prof. He Wenping
Prof. He Wenping (Abb. 1) ist die Direktorin für
Afrika-Studien an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften in
Beijing. Es folgt ein inoffizielles, für den Abdruck leicht überarbeitetes
Transkript ihres Vortrags, den sie bei der internationalen Konferenz des
Schiller-Instituts am 25.-26. November 2017 in Bad Soden am Taunus hielt; der
Titel lautete „Präsident Xis Perspektive für das Jahr 2050 und die Perspektive
der Entwicklung Afrikas“; die Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion
hinzugefügt.
Bild: Schiller-Institut/Christopher Lewis
Abb. 1: Prof. He Wenping
Guten Morgen, meine Damen und Herren. Es ist eine große Ehre für mich, hier
zu sein und an Ihrer wunderbaren Konferenz teilzunehmen. Vielen Dank an Frau
Zepp-LaRouche, die Präsidentin und Gründerin des Schiller-Instituts, daß Sie
mich eingeladen haben.
Ich war sehr beeindruckt von der Eröffnungsmusik, dem lieblichen Lied „Die
Jasmin-Blume“. Ich war versucht, auf die Bühne zu springen, um mit Ihnen
dieses wunderschöne Lied zu singen. (Applaus.)
Ich weiß, daß dieses Lied in der westlichen Gesellschaft sehr bekannt ist,
offenbar wie eines unserer chinesischen Gerichte, Gong Bao Ji Ding [Hühnchen
mit Erdnüssen in scharfer Soße], das in vielen europäischen Ländern und vor
allem in Deutschland sehr bekannt ist. Als ich meine Gastfellowship am
Deutschen Entwicklungs-Institut verbrachte, hatte ich eine sehr gute Freundin
– sie ist Deutsche –, die mich in ihre Wohnung einlud, um dieses Gong Bao Ji
Ding zu kochen, und sie befolgte die Zeremonie ganz genau von Anfang an, den
ersten Schritt, dann den zweiten Schritt usw. Es war ganz erstaunlich; selbst
ich konnte das Gong Bao Ji Ding nicht von Anfang bis Ende richtig machen. Und
so haben wie dieses köstliche Gericht zusammen gekostet.
Nun, wie Helga, die Gründerin und Präsidentin, schon sagte: die Chinesen
essen sehr gut, aber nicht so gesund! Wir müssen jetzt lernen, wie man Diät
hält! Früher, zu Maos Zeit, hatten wir eine Mangelwirtschaft, und seit Deng
Xioaping die „Reform und Öffnung“ machte, können die Chinesen sich selbst
ernähren. Aber nun lernen sie, wie man auch gesund ißt, wie man Diät hält,
damit wir eine gute Figur behalten.
Die Perspektive für China und für Afrika
„Den Traum der Menschheit verwirklichen“, das ist ein wunderbares
Konferenzthema. Ich habe die Ehre, über Präsident Xi Jinpings Perspektive für
das Jahr 2050 und die Perspektive der Entwicklung Afrikas zu reden. Mir wurde
gesagt, ich habe 20 Minuten, ich hoffe, daß ich alle meine Bilder innerhalb
von 20 Minuten zeigen kann.
Der erste Punkt ist Chinas „Fahrplan“ und sein Entwicklungsziel bis 2050.
2050 ist gar nicht so weit weg, jedes Jahr vergeht sehr schnell, wir werden
also bald das Jahr 2050 erreichen. Seine Perspektive ist, zunächst einmal in
China die Herausforderungen zu bewältigen, die sich bei uns zuhause stellen.
Dann gibt es für die Welt die friedliche Diplomatie, die man auch „Ein
Gürtel, eine Straße“ nennt. „Gürtel und Straße“ ist also etwas, was China mit
der gesamten übrigen Welt verbindet. Es ist wie unsere konfuzianische
Philosophie, ähnlich wie die deutsche – es kommen so viele berühmte
Philosophen von hier, Schiller und so viele andere! Und das Denken dieser
Philosophen muß miteinander verbunden werden.
Und dann Afrika. Afrika ist ein wunderbarer Kontinent, der meiner Meinung
nach immer noch im Stich gelassen wird. Wie sollten also China und die Welt
zusammenarbeiten, um den Menschen auf diesem Kontinent zu helfen? Das sind
meine Hauptpunkte.
Zwei Chinabilder
Kommen wir zuerst zu den Entwicklungszielen des Fahrplans. Wie Sie wissen,
hatten wir am 18. Oktober in Beijing den 19. Parteikongreß, und bei dem
Parteikongreß wurden alle diese wichtigen Dokumente veröffentlicht. Präsident
Xi Jinping stellte dort einen langfristigen Fahrplan für das chinesische Volk
vor. Das Ziel ist es, eine moderat prosperierende Gesellschaft zu schaffen,
was wir die „Xiaokang-Gesellschaft“ nennen. Xiaokang ist Mandarin und bedeutet
moderaten Wohlstand. Es ist noch keine Supermacht, sondern nur eine moderat
wohlhabende Gesellschaft. Und wenn wir richtig rechnen, dann sollten [bis
2020] alle 1,4 Milliarden Einwohner aus der Armut heraus sein.
Das ist eine ungeheure Aufgabe! Jetzt treten wir in eine neue Phase der
Armutsbekämpfung ein, die sog. „Phase der gezielten Armutsbekämpfung“. Was
bedeutet „gezielt“? Etwa vor einem halben Jahr reiste ich in eine arme Region
in der Provinz Shangxi, und in eine weitere, die Provinz Guizhou, um die armen
Regionen zu sehen. Und ich stellte fest, daß dort die örtlichen
Dorfbürgermeister herausfinden, welche Haushalte immer noch arm sind. Das
nennen wir „gezielt“. Und die Aufgabe der Bürgermeister und der Führungen der
Dörfer ist es, diesen von Armut betroffenen Haushalten zu helfen, daß sie
innerhalb einer bestimmten Zeit wohlhabend werden.
Bis 2020 alle unsere 1,4 Milliarden Menschen aus der Armut herauszuführen,
das ist keine leichte Aufgabe. Das BIP wird pro Kopf auf 10.000 $ ansteigen.
Chinas BIP/Kopf lag 2016 bei 8000 $, aber 1978 waren es nur 156 $ gewesen! Es
war also sehr, sehr arm, als diese Politik der Öffnung und Reform begann.
Zur Zeit Maos hatten wir eine interessante Phrase, um Chinas Denken über
unsere drei Generationen der Führung auszudrücken. Die erste Generation der
Führung, das war der Vorsitzende Mao. Der Vorsitzende Mao half dem
chinesischen Volk, „aufzustehen“, d.h. vorher lagen wir am Boden, waren halb
kolonisiert durch Japan. Mao half dem chinesischen Volk, aufzustehen. Aber es
war noch nicht gut ernährt, nicht gut gekleidet, es stand nur auf eigenen
Füßen: politische Unabhängigkeit.
Dann kam Deng Xiaopings Reform und Öffnung. Deng Xiaoping half dem
chinesischen Volk, gut zu essen und reich zu werden – aber nur wirtschaftlich.
Doch jetzt unter Xi Jinpings Führung stehen sie nicht nur auf eigenen Füßen
und ernähren sich gut und werden reich, sie sollen auch einen größeren Beitrag
für die Welt leisten. Sie sollen Menschen werden, die wirklich Freude am Leben
haben, und das Land genießt auch ein größeres Ansehen in der Welt. Das
bedeutet es, eine Xiaokang-Gesellschaft, eine wohlhabende Gesellschaft, zu
schaffen.
Wie erreichen wir dieses Ziel? In zwei Stufen zwischen 2020 und 2050. Die
erste Stufe, bis 2035, ist es, die sozialistische Modernisierung zu erreichen.
Das BIP pro Kopf soll auf 30.000 Dollar im Jahr ansteigen, das ist das Ziel.
Und das BIP insgesamt wird auf 43,6 Bio.$ ansteigen. Damit erreichen wir das
Niveau eines Landes mit einer sogenannten mittleren Entwicklung. Das ist die
erste Stufe.
Grafik: howmuch.net
Abb. 2: China erzeugt derzeit etwa ein Siebtel des weltweiten
Wirtschaftsprodukts. [Quelle: World Development database, Weltbank]
Und dann, von 2036 bis 2050, soll es ein Land von Wohlstand, Demokratie,
Zivilisation, Harmonie werden – eine schöne, sozialistische, moderne Macht.
Das ist das Ziel, das beim 19. Parteikongreß beschlossen wurde.
Wenn man an China denkt, dann gibt es, ganz allgemein gesprochen, zwei
Bilder von China. Wenn man in die Details geht, dann gibt es Tausende
verschiedener Bilder von China, aber generell gibt es diese beiden Bilder. Das
eine ist das einer aufstrebenden Macht. Sie scheint sehr stark, sie ist schon
die zweitgrößte Volkswirtschaft. Aber lassen Sie mich dieses Bild zeigen
(Abb. 2): das hier ist das allgemeine Bild von China. Das ist die
Weltwirtschaft, nach dem BIP betrachtet. Sie sehen oben rechts die Vereinigten
Staaten von Amerika, die etwa 24,32% des BIP der Welt stellen. Und oben links,
in gelb, sehen Sie China, China stellt 14,84% des globalen BIP. Und dann gibt
es noch etliche weitere, die ebenfalls größere Anteile am globalen BIP haben.
China ist also, im allgemeinen, sehr mächtig.
Aber wenn wir das BIP pro Kopf betrachten, dann sehen wir ein anderes Bild.
Wir haben eben über Xiaokang gesprochen. Wir kämpfen immer noch auf dem Weg
zum Xiaokang, nur um ein BIP pro Kopf von 10.000 $ zu erreichen.
Lassen Sie mich Ihnen mitteilen, was in den letzten Tagen eine hitzige
Debatte war. Erst vor einer Woche gab es in Beijing ein großes Feuer, ich
glaube, es war jenseits des fünften Rings im Norden. Dieses große Feuer
kostete 28 Menschenleben. Nach einer Untersuchung stellte sich heraus, daß das
Feuer während der Renovierung des Gebäudes im Keller ausgebrochen war. Und man
stellte fest, daß in diesem Gebiet viele Menschen lebten, Wanderarbeiter. Es
gab keine Brandschutzmaßnahmen. Schließlich traf die Stadtverwaltung die
Entscheidung, daß alle diese Gebäude, die nicht den Brandschutzvorgaben
entsprechen, abgerissen werden müssen. Und dann gab es viel Geschrei von den
reichen Leuten, daß diese Wanderarbeiter jetzt in ihre Heimatstädte
zurückkehren sollen.
Das ist das wirkliche Bild, es ist ein anderes Bild von China. Das BIP pro
Kopf ist sehr niedrig, und die Armen, die Wanderarbeiter, kämpfen immer noch
ums Überleben. In Beijing ist der Winter für diese Migranten sehr kalt. Sie
müssen mit sehr kurzer Vorwarnung zurück in ihre Heimatstädte. Das ist ein
anderes Bild von China. Man kann also nicht sagen, „alles ist in Butter“, es
gibt noch sehr große Herausforderungen.
China hat den Test bestanden
Diese beiden Stufen bis 2050 sind also für China eine große
Herausforderung.
Wie realisieren wir nun diese schönen Ziele? Ich denke, Präsident Xi
arbeitet daran schon seit 2013, als er sein Amt antrat. Er hat natürlich viel
im Inland getan. Bei der politischen Entwicklung geht es um eine Stärkung der
Kommunistische Partei, der Führung der regierenden Partei, durch Kampagnen
gegen die Korruption und gegen die Armut. Die Korruptionsbekämpfung ist eine
Aufgabe der Parteiführung, aber die Armutsbekämpfung muß von den Menschen vor
Ort bewältigt werden. Das sind also die beiden Seiten der Kampagne, aber diese
beiden Seiten sind miteinander verflochten. Wir fingen mit der
Korruptionsbekämpfung an, weil man sonst das Vertrauen der Menschen vor Ort in
die Partei nicht zurückgewinnen kann. Und auch wenn wir damit angefangen
haben, die Armutsfrage zu lösen, können wir das nicht für uns beanspruchen,
denn wir marschieren immer noch auf dem sozialistischen Weg.
Nun, wie gewinnt man das Vertrauen des Volkes zurück und baut die
Parteiführung auf? Es gibt die sog. „Drei Selbstvertrauen“. Diese „Drei
Selbstvertrauen“ sind das Vertrauen auf den Weg der Entwicklung – den Weg, den
wir gewählt haben, nennen wir das sozialistische System mit chinesischer
Prägung –, das Vertrauen auf die Theorie, und das Vertrauen auf das
Staatssystem. Eigentlich sind alle drei Dinge das gleiche, aber es hat drei
verschiedene Seiten.
Abb. 3: Der Schuh muß an den Fuß angepaßt werden, nicht der Fuß an den
Schuh.
Vielleicht sollte ich Ihnen die „Schuhtheorie“ zeigen, die Präsident Xi
erwähnt hat (Abb. 3). Sie besagt: Jeder trägt Schuhe, aber der Schuh
muß an den Fuß angepaßt werden, nicht der Fuß an den Schuh. Das ist eine sehr
einfach Erkenntnis, aber wenn man es mit diesen komplizierten Theorien zu tun
hat, dann verliert man die einfachen Dinge manchmal aus den Augen.
Es gibt bei uns zu dieser Schuhtheorie eine traditionelle Erzählung. China
hat eine 6000 Jahre alte Geschichte; der amerikanische Präsident Trump hat
neulich davon angesprochen. Präsident Xi Jinping traf Präsident Trump und die
First Lady zu einem Besuch in der Verbotenen Stadt, dem kaiserlichen Palast,
und er erwähnte, daß China eine Geschichte von 6000 Jahren hat. Und Präsident
Trump antwortete: „O ja, das weiß ich! Ägypten hat sogar eine noch längere
Geschichte, 8000 Jahre.“ Und Präsident Xi Jinping sagte: „Ja, ja. Ägypten hat
eine Geschichte, die 2000 Jahre länger ist als China, aber beide sind große
Zivilisationen.“
Jedenfalls, in unserer Geschichte haben wir diese geflügelten Worte. Wenn
Sie Chinesisch lernen, gibt es sehr viele dieser schönen Merksätze, und sie
alle beruhen auf einer kleinen Geschichte. In dieser speziellen Geschichte
geht es um einen Mann, der auf den Markt geht, um Schuhe zu kaufen. Vielleicht
waren es besonders schöne Schuhe, aber sie paßten ihm nicht. Da nahm er sein
Messer, um seine Füße kleiner beschneiden, damit sie in die Schuhe paßten. Das
ist die Geschichte. Alle unsere Grundschulkinder lernen diese Geschichte, wenn
sie die chinesische Schrift lernen, denn wenn man einen schönen Merksatz
kennt, dann bekommt man bessere Noten, weil man das Schriftzeichen gut
kennt.
Das sieht sehr einfach aus, aber mir scheint, daß der Zustand unseres
Landes mit unseren Füßen vergleichbar ist: der Zustand unseres Landes, unser
Charakter, unsere Geschichte, unsere Bevölkerung, unsere Philosophie, all das.
Wir können unsere Füße nicht ändern. Aber andere haben diese schönen Systeme,
wie die liberale Demokratie, und einige zeigen mit dem Finger auf China und
sagen: „Das ist ein Ein-Parteien-System“, es fehlt an Transparenz, es gibt
keine wirklichen Wahlen, bla bla bla. Doch wir wissen, was für China besser
ist.
Jedenfalls sind diese genannten drei Selbstvertrauen kein naiver Glaube:
„Ich bin super, ich bin der Größte!“ Wenn man in Wirklichkeit sehr schlechte
Leistungen hat, entsteht kein Selbstvertrauen, das Selbstvertrauen erwächst
aus einer guten Leistung.
Was haben wir getan, was so positiv ist? Bekanntlich sind wir, ausgehend
von einem BIP pro Kopf von 156 $, zur zweitgrößten Volkswirtschaft
aufgestiegen. Und wir haben eine Menge Prüfungen erlebt, wie den Arabischen
Frühling. Als 2011 der Arabische Frühling in Tunesien begann, wurde vielfach
vermutuet: „China ist der nächste“ – das nächste Land, in dem ein Arabischer
Frühling ausbricht. Jeden Tag versammelten sich viele Reporter am
Tiananmen-Platz, um das richtige Foto davon zu machen, um es dann den
Zeitungen zu verkaufen und auf die Titelseite zu kommen. Aber das war eine
große Enttäuschung, denn dort geschah nichts.
Und es gab viel Gerede nach der Finanzkrise 2008 an der Wall Street, wo die
Leute sagten: „China ist der nächste“, und sie kritisierten alle die
wirtschaftlichen Entwicklungen seit Deng. Sie sprachen sogar davon, daß China
auseinanderbrechen würde. Aber Chinas Volk und Regierung haben alle diese
Prüfungen durchgestanden. Die Wirtschaft läuft immer noch sehr gut, in der
Politik ist das Volk einig. Auch in der Frage des Terrorismus sind wir
wachsam. In Ägypten gab es gerade erst gestern wieder einen weiteren
Terroranschlag. China muß also sorgfältig auf alle diese potentiellen
Terroristen achten, vielleicht kommen sie aus Syrien und dem Irak zurück. All
das sind große Herausforderungen.
Aus diesen Dingen kommt das Selbstvertrauen. Wir haben alle diese Prüfungen
bestanden. Das sind keine leeren Phrasen.
Kommen wir nun zum „chinesischen Traum“ – ich gehe etwas schneller voran –,
eine Verjüngung zu erreichen. Ich habe hier nicht die Zeit, den chinesischen
Traum mit dem amerikanischen Traum zu vergleichen, es gibt einige Unterschiede
zum amerikanischen Traum.
Es kommt auf die Qualität an
Der nächste Bereich ist der Kampf gegen die Korruption. Präsident Xi
Jinping hat erwähnt, daß das System die Macht begrenzen muß und daß der
Rechtsstaat gestärkt werden muß. Auch hier gibt es mehrere Wege für die
Korruptionsbekämpfung. Der erste ist der, das Verhalten der Partei zu
verbessern und die Parteidisziplin zu stärken. Die wurde deutlich gestärkt. Es
gab viele korrupte Beamte auf der Ebene der „Tiger“ und auf der Ebene der
„Fliegen“. Egal ob man auf der hohen Ebene der Tiger ist, etwa auf dem Niveau
des Politbüros, der sehr hohen Beamten, oder auf der kleinen Ebene der
Fliegen, auf dem Lande, in den Dörfern: für alle diese korrupten Beamten gibt
es keine Nachsicht.
Wir haben auch die Parteischulen. Ich will hier aus Zeitgründen nicht auf
die Details eingehen, aber auf einen Faktor in der Antikorruptions-Kampagne.
Ich besuche von Zeit zu Zeit verschiedene Provinzen, und die Menschen in den
Provinzen, insbesondere die Menschen an der Basis, sind jetzt froh; denn
früher mußte man, wenn man zum Arzt ging oder seine Kinder in die Schule
schickte, durch die „Hintertür“ gehen, sonst gab es keine Chance für die
Armen, ihre Kinder auf eine gute Schule zu schicken, weil es überall korruptes
Verhalten gab, auf allen Ebenen. Aber jetzt sagen diese Menschen: „O, dank
Präsident Xi Jinping haben wir nicht mehr diese Beamten, die es wagen, rote
Umschläge einzusammeln.“ In China steckt man das Geld, das man dem Doktor
gibt, in einen roten Umschlag, damit er besonders sorgfältig ist, wenn er
operiert. Wenn er keinen roten Umschlag bekommt, dann ist er bei der Operation
vielleicht nicht so sorgfältig. Nun gibt es so etwas nicht mehr, vor allem bei
Beamten.
Und wir haben die Kampagne gegen die Armut.
Wirtschaftlich entwickelt sich die grüne Wirtschaft und der ökologische
Fortschritt – also von „auf das Tempo kommt es an“ zu „auf die Qualität kommt
es an“. Früher, zur Zeit Deng Xiaopings, hatten wir den Slogan: „Nur auf
Entwicklung kommt es an“. Entwicklung, Entwicklung, Entwicklung, BIP, BIP,
BIP! Beamte auf allen Ebenen konzentrierten sich nur darauf, wie groß das
BIP-Wachstum war, das erreicht wurde, sonst gab es keine Aussicht auf eine
Beförderung. Aber jetzt kommt es nicht mehr auf das BIP an, sondern auf die
Qualität! Deshalb ist unser Ministerium für Umweltschutz sehr mächtig. Sie
gehen in die verschiedenen Provinzen, um die Verschmutzung zu überprüfen. Wer
sich nicht auf die Qualität konzentriert, der wird auch nicht befördert.
Zur Zeit von Deng Xiaoping gab es einen berühmten Slogan: „Egal, ob die
Katze weiß ist oder schwarz, solange sie Mäuse fängt, ist es eine gute Katze.“
Damit bezog er sich auf die Tatsache, daß es egal ist, ob man den
kapitalistischen Weg oder den sozialistischen Weg geht, solange es das BIP
voranbringt, nehmen wir es. Aber jetzt sagen die Leute: „Es ist ganz egal, ob
die Katze schwarz ist oder weiß, über dieses ideologische Denken sind wir
längst hinaus; jetzt sollte die Katze grün sein.“ Wir können diese
Umweltverschmutzung nicht ertragen, und es gibt eine Menge sehr schlimmer
Luftverschmutzung.
In einem der Dokumente unseres Parteitags ist davon die Rede, ein „schönes
China“ zu schaffen., damit man einen blauen See sehen kann, einen blauen
Himmel, ganz sauberes Wasser, frische Luft – Dinge, die wir früher hatten.
Aber jetzt, nach „Entwicklung, Entwicklung, Entwicklung“, haben wir Geld in
der Tasche, dafür muß man sich Gesichtsmasken [zum Schutz vor der
Luftverschmutzung] aufsetzen.
Was ist die Bedeutung des Lebens? Denken wir an einen Menschen, zu dem die
Leute sagen: Bis du 40 bist, opferst du deine Gesundheit, um dem Geld
nachzujagen. Und wenn du 40 bist, mußt du all das angesammelte Geld ausgeben,
um deine Gesundheit zurückzubekommen!
Das ist die Bedeutung für China: Früher haben wir unseren blauen Himmel
geopfert, unser sauberes Wasser, um dem Wirtschaftsprodukt nachzujagen. Aber
jetzt müssen wir all das Geld vom Wirtschaftsprodukt wieder ausgeben, um den
blauen Himmel zurückzubekommen. Das ist ein Teufelskreis.
Wie kann man in der wirtschaftlichen Entwicklung auf Qualität achten? Wir
machten eine weitere Änderung – von der produktionsgetriebenen Wirtschaft zur
innovationsgetriebenen Wirtschaft. Woher kommt die Umweltverschmutzung? Sie
kommt vom „made in China“ – China dient der Welt als Fabrik, in der
alles „made in China“ ist, so daß alles in China eingekauft wird und
der Schmutz in China bleibt. Diese Weltfabrik verursachte die
Umweltverschmutzung. Aber wir wollen nicht die Fabrik der Welt bleiben, wir
wollen zum Büro der Welt werden, wie Indien. Der indische Präsident sagte
beispielsweise, sein Land sei ein Büro der Welt. Wir wollen auch das Büro der
Welt werden.
Nun, die Fabrik der Welt zu sein ist in Ordnung, aber wir müssen sie
verbessern, und von dieser schmutzigen Industrialisierung übergehen zu einer
sehr sauberen Industrialisierung. Statt nur Wachstumsraten des BIP zu haben,
während die Armen und die Migranten aus der Hauptstadt vertrieben werden. Wir
wollen inklusiv sein. Und alle diese Umweltverbesserungen im Inland und
international, für die Welt 2050, sind Teil von Chinas Gürtel- und
Straßen-Initiative.
Auf „Ein Gürtel, eine Straße“, denke ich, muß ich wohl nicht im Detail
eingehen, denn als ich hier den Saal kam, sah ich dort viele Bücher darüber.
Vielleicht mache ich etwas Werbung für diese Bücher, sie sind sehr reichhaltig
in Bezug auf die Welt von Gürtel und Straße. Das überspringe ich also.
Die „drei Nein“
Vorhin haben wir über den friedlichen Aufstieg Chinas gesprochen. Und weil
vielleicht ein amerikanischer Freund sagte, „Aufstieg“, das klingt so
aggressiv, weil das nicht so schön für das Ohr ist, änderten wir das in
„friedliche Entwicklung“. Als unsere amerikanischen Freunde dann ihren
„Schwenk nach Asien“ vorschlugen, da dachten wir auch, daß das ziemlich
aggressiv ist, dieser Schwenk nach Asien. Und da haben sie auch netterweise
den Namen geändert in „Asien wieder ins Gleichgewicht bringen“. Sie sehen
also, beide haben das geändert und konnten sich in der Mitte treffen.
Vom „friedlichen Aufstieg“ zur „friedlichen Entwicklung“ – das ist die
Richtlinie der chinesischen Diplomatie. Aber einige Leute haben zur Zeit von
Deng Xioaping bemerkt und gesagt, daß die chinesische Politik mehr oder
weniger unauffällig vorgeht. Und dann, zu Xi Jinpings Zeit, scheint sie
aktiver zu werden und mehr Beiträge zur Welt zu leisten. Das ist
wahrscheinlich richtig. Wer die Fähigkeiten dazu hat, der sollte vielleicht
mehr beitragen.
In dem Zusammenhang gibt es „drei Nein“, die drei Dinge, die wir nicht tun
werden.
Das eine „Nein“ ist: keine Absicht, sogenannten neuen Kolonialismus zu
betreiben. Man hat uns als die „neuen Kolonialisten in Afrika“ bezeichnet,
aber nicht einmal unsere amerikanischen Freunde hatten ein Recht, zu sagen, ob
China ein neuer Kolonialist ist oder nicht. Nur unsere afrikanischen Freunde
haben dieses Recht.
Das zweite „Nein“ ist: keine Absicht zur militärischen Expansion und zu
einem Krieg, wie ihn Deutschland und Japan im Zweiten Weltkrieg führten.
Und keine Absicht, das „chinesische Modell“ aufzudrängen oder eine
ideologische Konfrontation zu betreiben. Das sind also die „drei Nein“, die
erklären sollen, warum Chinas Politik friedliche Entwicklung ist.
Die Industrialisierung Afrikas
Kommen wir nun schnell zu „Ein Gürtel eine Straße“. Das hier
ist das, was ich die 1.0-Version von „Ein Gürtel, eine Straße“ nenne.
Das ist keine offizielle Bezeichnung, aber ich nenne das so, denn alles das,
was Sie hier sehen – die Maritime Seidenstraße und die Kontinentale
Seidenstraße, sie führen durch 64 Länder -: Das ist die 1.0-Version, von
diesen 64 Ländern liegt nur Ägypten in Afrika.
Aber jetzt, denke ich, tritt „Ein Gürtel, eine Straße“ in die 2.0-Version
ein – das heißt, sie spricht nun alle Länder der Welt an. Wie Präsident Xi
Jinping gegenüber den lateinamerikanischen Ländern sagte: „Ihr seid alle
willkommen, euch Gürtel und Straße anzuschließen.“ In der chinesischen Sendung
„40 Minuten“ sagte Xi, der ganze afrikanische Kontinent sei nun auf der Karte
von Gürtel und Straße – der ganze afrikanische Kontinent, vor allem nach dem
Gürtel- und Straßen-Forum in Beijing im Mai.
Nun steht sie also allen Ländern der Welt offen, sie ist inklusiv – für
jedes Land, das sich anschließen will, möchte ich sagen.
Auf diesem Bild sehen Sie die beiden mächtigsten Männer auf der Welt. Es
heißt, die Idee sei: „Amerika zuerst“. Wir sehen aus dem Ausland, wie Trump im
Weißen Haus sagt: „Amerika zuerst“. Wenn etwas nicht gut für Amerika ist, dann
ist es überhaupt nicht gut. Aber Präsident Xi Jinping geht es bei „Gürtel und
Straße“ darum, die ganze Welt zu verbessern. Es geht nicht darum, „China
besser zu machen“, denn mit Gürtel und Straße und den chinesischen
Devisenreserven sind wir nun die Nummer eins, wir haben die höchsten
Devisenreserven der Welt.
Diese Devisenreserven werden wir benutzen, um alle diese Straßen zu bauen –
Vernetzung! Man verbindet China und die anderen Länder miteinander, um den
Handel aufzubauen. Und wir reden von dreierlei Verbindungen. Das erste ist die
politische Verbindung. Chinas Gürtel- und Straßen-Initiative ist relevant für
diese Länder und ihre Entwicklungsstrategie. Beispielsweise für Äthiopien.
Äthiopien wurde jetzt zum „nächsten China“ auf dem afrikanischen Kontinent
erklärt. Das ist nicht meine Erfindung, viele Gelehrte haben in
Veröffentlichungen darüber geschrieben, welches Land in Afrika das nächste
China in Afrika sein werden, womit sie meinen, daß es sich schneller
entwickelt! Schneller und als Führung gegenüber den anderen Ländern. Und die
meisten verweisen auf Äthiopien.
Äthiopien erreicht jetzt eine Wachstumsrate des BIP von bis zu 8%, aber der
gesamte übrige Kontinent, insbesondere die ölreichen Länder, leidet unter dem
niedrigen Ölpreis. Sie haben eine Industrialisierungsstrategie entwickelt.
Ihre Strategie und Chinas Strategie sollten miteinander verknüpft sein. Das
nennt man die politische Vernetzung.
Es ist eine Sache, die Welt besser zu machen – „Amerika zuerst“, Amerika
besser zu machen, ist eine andere. Wir blicken also auf die ganze Welt,
Amerika nur auf Amerika, das ist der Unterschied.
Das ist die Vernetzung – die „politische Koordinierung“ unserer Pläne mit
dem jeweiligen Land, und das nicht nur in Afrika.
Zuerst also die politische Vernetzung, und dann kommt die physische
Vernetzung, um Infrastruktur aufzubauen, Infrastruktur, die die Länder
miteinander verbindet. Und dann setzen wir uns für einen unbehinderten Handel
ein.
Erlauben Sie mir, Ihnen eine Zahl mitzuteilen. Es gibt insgesamt 193 Länder
auf der Welt, und China ist der größte Handelspartner von 128 dieser Länder!
Wir stützen uns also auf das Wirtschaftswachstum, auf den Export, auf den
Handel. Jetzt hält Chinas Präsident Xi Jinping die Flagge des freien Handels
hoch, Freihandel und eine inklusive Globalisierung.
Als er Anfang des Jahres am Weltwirtschaftsforum in Davos teilnahm, war es
das erste Mal, daß ein chinesischer Präsident am Weltwirtschaftsforum
teilnahm; bis dahin war unser höchster Vertreter dort nur der
Ministerpräsident gewesen. Als er an diesem Forum teilnahm, schlug er zwei
Dinge vor, die China vorantreiben möchte: China treibt Gürtel und Straße
voran, um seine Entwicklung mit der übrigen Welt zu teilen, und der Weg, eine
so große Initiative voranzutreiben, war die Gründung der AIIB, der Asiatischen
Infrastruktur-Investitionsbank. Das ist eine multilaterale Bank. Und auch die
chinesische Währung, der Renminbi, wird mit den Ländern, die Geschäfte mit
China machen, viel genutzt.
Und die Vernetzung von Mensch zu Mensch – das ist eine weitere Vernetzung.
Wir sprechen in Gürtel und Straße von fünf Vernetzungen, die Vernetzung
zwischen den Menschen ist dabei sehr wichtig. Bisher hat Chinas schon viel
erreicht mit der Vernetzung zwischen den Regierungen („G2G“, government to
government), und es läuft auch sehr gut mit der Vernetzung zwischen den
Unternehmen („B2B“, business to business). Aber wir sind noch nicht so
vorangekommen beim „P2P“ – (people to people). Vielleicht sind die
Chinesen schüchtern, vielleicht ist das der Grund, warum sie beim P2P nicht so
gut sind. Wir sollten uns also öffnen und nicht so schüchtern sein.
In unserem Bildungssystem, ich sehe es auch bei meinem Sohn, gibt es vom
Kindergarten und der Grundschule bis zur Universität keine Diskussion im
Klassenzimmer. Sie machen nur Notizen, was immer der Lehrer unterrichtet. Sie
machen Notizen über Notizen, aber es gibt keinen Widerspruch, keine Debatte,
keine Fragen. Und wir haben keine politischen Wahlkämpfe. Es gibt also keinen
Raum für Gespräche, aber viel Raum zum Zuhören!
Jedenfalls brauchen wir bei den Kontakten zwischen den Menschen eine Menge
NGOs, um ins Ausland zu kommen.
Afrika erhebt sich
Bild: FOCAC
Abb. 6a, b: Diese Titelseiten des „Economist“ zeigen, wie stark sich die
Lage in Afrika verändert hat: der einst „hoffnungslose Kontinent“ erhebt
sich.
Karte: IWF
Abb. 7: In den blau gefärbten Gebieten lag das Wirtschaftswachstum in den
letzten zehn Jahren im Schnitt über 6%.
Bilder: He Wenping
Karte: Africa confidential
Abb. 11: Das Eisenbahnnetz der Ostafrikanischen Gemeinschaft
wird zügig
weiter ausgebaut.
Abb. 12, 13: Die Afrikaner sind begeistert über den Fortschritt
ihres Eisenbahnnetzes.
Kommen wir noch schnell auf Afrika zurück. In Afrika haben wir eine
Vereinbarung, FOCAC, das Forum für Chinesisch-Afrikanische Kooperation. Dieses
Forum wurde im Jahr 2000 gegründet, und alle drei Jahre findet ein
FOCAC-Treffen statt. Das FOCAC-Treffen 2015 fand in Johannesburg in Südafrika
statt. An diesem Treffen nahm auch Präsident Xi Jinping teil,
er legte dort zehn Kooperationspläne vor und sagte auch das Geld zu – bis zu
60 Mrd.$ – um alle zehn Bereiche abzudecken: Industrialisierung,
Landwirtschaft, Infrastruktur, Finanzen, Umweltschutz und noch mehr. Gürtel
und Straße sind sehr gut für die Schaffung von Arbeitsplätzen in Afrika. Für
die Industrialisierung Afrikas ist viel Geld vorgesehen.
Lassen Sie mich in meinen letzten zwei Minuten auf zwei Bereiche eingehen,
die wie Motoren sind. Wie in einem Flugzeug: Wenn man es starten will, braucht
man zwei Maschinen. Das eine ist die Industrialisierung, das andere die
Infrastruktur. Ohne gute Infrastruktur gibt es keine Basis für eine
Industrialisierung – wenn Elektrizität fehlt, Kraft fehlt, Straßen fehlen,
dann ist es sehr schwierig, Industrie in Gang zu bringen.
Wir haben viel getan. Afrika erhebt sich. Vor kaum mehr als 15 Jahren galt
Afrika als ein hoffnungsloser Kontinent. Aber jetzt, wo der Drache über ihnen
fliegt, ist für Afrika die Zeit gekommen, sich zu erheben (Abb. 6a, b).
Sehen wir uns diese Karte des Weltwährungsfonds an (Abb. 7): Nur in
den blauen Gebieten genoß man in den letzten zehn Jahren sehr hohe
Wachstumsraten – in Asien und in Afrika. Diese beiden blauen Gebiete haben
also Wachstumsraten über 6%. Sie dienen jeweils als Motoren für einander.
Asiens Wachstum kommt aus Afrika, und Afrikas Wachstum kommt aus Asien. Eine
boomende Zukunft, Industrialisierung, die Arbeitsplätze schafft.
Ich zeige Ihnen einige Bilder aus Äthiopiens „Östlicher Industriezone“. Ich
habe diese Zone besucht (Abb. 8-10). Es gibt dort eine Schuhfabrik, es
wurden viele Arbeitsplätze geschaffen, ich habe die Zone mindestens sechsmal
besucht, und jedesmal sah ich dort mehr Unternehmen.
Hier noch eine weitere Infrastrukturkarte: die Eisenbahn Mombasa-Nairobi
wurde gerade erste Ende Mai fertiggestellt. Jetzt bauen wir den zweiten
Abschnitt, von Nairobi nach Malaba in Uganda. Und dies hier ist das Bahnnetz
der Ostafrikanischen Gemeinschaft (Abb. 11). Als diese Eisenbahn
fertiggestellt wurde, sagte Präsident Uhuru Kenyatta, das schafft die
Grundlage für die Industrialisierung.
Hier sehen Sie die Menschen, die diese Eisenbahnverbindung feiern (Abb.
12). Und dieses hier (Abb. 13) zeigt jemand mit einem Schild:
„Bequem, praktisch, sehr weich, sicher, sehr schön.“ Und darunter steht: „Ich
bin hundert Jahre“, eine Großmutter. (Applaus.)
Vielen Dank.