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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Die wissenschaftlichen Herausforderungen des neuen Paradigmas

Von Jason Ross

Jason Ross ist wissenschaftlicher Berater des Schiller-Instituts und Sekretär-Schatzmeister der LaRouche-Organisation (TLO). Es folgt eine bearbeitete Abschrift seiner Grundsatzrede beim dritten Panel der Konferenz des Schiller-Instituts „Der Mensch ist nicht des Menschen Wolf“ am 12.-13. Juli 2025. Die Untertitel wurden hinzugefügt. Das Video ist hier verfügbar: https://www.youtube.com/watch?v=zs9bsTyYMxo&t=7m00s

© Jason Ross, Daten aus der Paläobiologie-Datenbank
Abb. 1: Diese Grafik zeigt die Entwicklung einer Lebensform auf der Erde. Welche ist es? (Antwort im Text.)

© Jason Ross, Daten von Our World in Data
Abb. 2: Entwicklung der Weltbevölkerung über 5000 Jahre.

Ich werde über die wissenschaftlichen Herausforderungen sprechen, denen wir im neuen Paradigma gegenüber­stehen, und über die Art der wissenschaftlichen Forschung, die sich in der Vergangenheit als die beste zur Lösung solcher Herausforderungen erwiesen hat. Dabei werden wir den Zusammenhang zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sowie die Probleme der Informationstheorie erörtern und Ihnen die Möglichkeit bieten, die Wissenschaft von innen heraus besser kennenzulernen.

Abbildung 1 zeigt eine Lebensform auf der Erde. Sie ist nicht beschriftet – kann jemand erraten, um was es sich handelt? Es ist eine Lebensform auf der Erde, welche? Das Wachstum der menschlichen Bevölkerung? Kryptowährungen?

Tatsächlich zeigt die Grafik die Vielfalt der Säugetiere in den letzten 150 Millionen Jahren. Die Säugetiere haben die früheren Reptilien und Dinosaurier verdrängt und verfügen über ein höheres technologisches Niveau. Dieses Wachstum kann man über 150 Millionen Jahre beobachten.

Und hier ist nun das Bild, das meiner Meinung nach die meisten wohl erwartet haben – Abbildung 2. Es zeigt die menschliche Bevölkerung über einen Zeitraum von 5000 Jahren. Der Zeitraum, den wir hier sehen, entspricht also einem Dreißigtausendstel der ersten Grafik. In einem kurzen Augenblick der Evolutionszeit haben wir die Beziehung unserer Gattung – und eigentlich allen Lebens – zur Natur und zueinander grundlegend verändert. Das haben wir wiederholt getan.

Was ist also der Unterschied zwischen diesen beiden Arten des Wachstums? Es dauert Millionen von Jahren, um etwas einzuführen, was man als eine neue biologische Technologie, als evolutionäre Technologie bezeichnen könnte. Der Zellkern von Eukaryoten, die Photosynthese, der Übergang zum Leben auf dem Land, die Warmblütigkeit oder die Flugfähigkeit – all das hat sehr lange gedauert.

Die menschliche Entwicklung hingegen vollzieht sich rasant, wie durch einen diskontinuierlichen Sprung, eine unüberbrückbare Veränderung von einem grundlegend niedrigeren Zustand zu einem höheren, der nicht quantitativ ist und für die niedrigere Form nicht erreichbar oder ausdrückbar ist.

Diese Sprünge, diese Entdeckungen, finden im individuellen menschlichen Geist statt. Sie werden zwar über die Gesellschaft eingeführt, aber sie werden in einzelnen Köpfen entdeckt. Das ist ein grundlegender Unterschied zwischen uns und den Tieren. Es gibt menschliche Individuen, aber außerhalb ihrer Beziehung zur menschlichen Kultur gibt es keine historisch bedeutenden Tiere. Nennen die Geschichtsbücher die erste Otter, die Muscheln auf ihrer Brust geknackt hat? Haben sie Geschichtsbücher geschrieben? Das ist also eine grundlegende Veränderung. Indem wir Hypothesen aufstellen und eine neu erkannte Ursache nutzen, schreiben wir Menschen neue Kapitel in unserer Geschichte.

Prometheisches Feuer

Es folgen dafür vier Beispiele, die einen Eindruck von diesen Phasen vermitteln.

1. Das erste ist das Feuer. Nach der griechischen Sage, wie sie von Aischylos erzählt wird, erhob sich die Menschheit zum ersten Mal über die Tiere, als Prometheus Zeus im Himmel das Feuer stahl und es uns überließ – zusammen mit vielen anderen intellektuellen Gaben. Das veränderte alles: Sicherheit vor wilden Tieren; Kochen, wodurch sich unsere Auswahl an sicher verzehrbaren Lebensmitteln erweiterte; Bearbeitung von Materialien durch Erhitzen von Steinen, um sie besser zu bearbeiten; Kochen von Wasser; Textilien. Prometheus zählt noch weitere Gaben auf: Astronomie, Nutzung von Lasttieren, den Kalender, Poesie, Segelschiffe und Zahlen, um nur einige zu nennen.

Aber das Feuer ist das beste Beispiel für den grundlegenden Unterschied zwischen Menschen und Tieren. Wir haben das Potential, eine endlose Abfolge zukünftiger Verbesserungen zu schaffen.

Was kann man noch mit Feuer machen? Wenn man Wärme nutzt, um Wasser in Dampf umzuwandeln, hat man einen Weg gefunden, Feuer in Bewegung umzuwandeln. So konnte ein kleiner Teil der Arbeit, die früher für Produktionsprozesse erforderlich war, im Bergbau und für Dampfmaschinen eingesetzt werden. Das sollte ein enormes Kraftreservoir freisetzen, um Menschen und Tiere von der Produktion zu entlasten und Dinge, die bisher nur wenigen zugänglich waren, einer breiteren Masse zugänglich zu machen.

© Didier Descouens
Abb. 3: Dieses grüne Gestein wurde von den Ägyptern verwendet, um Make-up herzustellen, es ist heute ein wichtiger industrieller Rohstoff…

Abb. 4: … man kann aus diesem Erz ein oranges Metall gewinnen. Welches ist es? (Antwort im Text.)

© Frank Behnsen
Abb. 5: Traditionelle Herstellung von Holzkohle.

© Jason Ross
Abb. 6: Graphit, Holzkohle, Diamanten.

2. Chemie. Während Tiere auf physische Werkzeuge beschränkt sind – Stöcke, Steine, Muscheln usw. –, haben Menschen die Fähigkeit, Ideen zu nutzen, um unsere Beziehung zur Natur zu verändern, beispielsweise durch chemische Technologien. Das erste wichtige Beispiel hierfür ist die Metal­lurgie. Abbildung 3 zeigt einen wunder­schönen grünen Stein, der im Laufe der Geschichte vielfältige Verwendungs­zwecke hatte. Die Ägypter verwendeten ihn für Make-up. Weiß jemand, was man aus diesem Stein herstellen kann? Was machte ihn später industriell und kulturell so wichtig?

Man kann diesen grünen Stein in ein orangefarbenes Metall verwandeln. Das ist eine natürliche Form von Kupfer, das man schon früh in unserer Geschichte gefunden hat (Abbildung 4).

Aber später konnten wir den Stein mit Hilfe der höheren Kraft von Holzkohle in Metall verwandeln. Abbildung 5 zeigt die traditionelle Weise, Holzkohle herzu­stellen. Man verbrennt Holz unter einer Abdeckung, damit es keinen Zugang zu Sauerstoff hat, und erhält so im Grunde einen reinen Kohlenstoffbrennstoff. Er brennt heißer als Holz, ist sauberer als Holz und verfügt über die Energie und die chemischen Eigenschaften – nämlich viel Kohlenmonoxid bei der Verbrennung –, um Sauerstoff aus dem Gestein zu ziehen und das darin enthaltene Metall für unsere Verwendungszwecke freizusetzen.

Ein weiteres Beispiel für Chemie ist Mendelejews Entwicklung des Perioden­systems der Elemente. Er führte eine völlig neue chemische Sprache ein. Physikalische Begriffe wie Dichte, Farbe, Härte, Flexibilität können die chemische Welt nicht beschreiben. Wenn wir beispielsweise Graphit, Holzkohle und Diamanten vergleichen (Abbildung 6), unterscheiden sie sich in ihren physika­lischen Eigenschaften sehr stark. Aber sie sind alle Verbindungen des Elements Kohlenstoff. Diamanten sind hart, Graphit nicht. Hat Kohlenstoff eine Härte? Graphit leitet Strom, Holzkohle nicht. Leitet Kohlenstoff Strom? Hat Kohlenstoff eine Dichte? Hat Kohlenstoff eine Farbe? Er hat nichts davon.

Ein chemisches Element hat die Eigenschaft, Teil von verschiedenen Verbindungen zu sein, die physikalische Eigenschaften haben. Aber es gibt eine neue Welt und sogar eine neue Sprache, die wir verwenden, um über die Chemie zu sprechen – Atommasse, Valenz, Enthalpie – und chemische Umwandlungen zu verstehen. Die Expansion der Chemie im 19. und 20. Jahrhundert brachte uns Verbrennungsmotoren, synthetische Farbstoffe, Dynamit, Kunststoffe, reichlich Stickstoffdünger, Motorflugzeuge, Wärmepumpen und neuartige Arzneimittel, um nur einige zu nennen.

Die Ungleichheit der Energiequellen

3. Die dritte der vier Stufen, die ich erwähnen möchte, ist die Elektrizität. Nicht alle Energie ist gleich. Vergleichen wir zum Beispiel zwei Formen: Wärme und Elektrizität. Unter den Energieformen ist Wärme von geringerer Qualität als die konzentrierte Energie, die Sie durch einen elektrischen Prozeß nutzen können.

© Jason Ross, Daten von Our World in Data
Abb. 7: Energieverbrauch pro Kopf in den USA (rot) und China (blau).

© Jason Ross, Daten von Our World in Data Abb. 8: Stromverbrauch pro Kopf in den USA (rot) und China (blau).

© Jason Ross, Daten von Our World in Data
Abb. 9: Anteil des Stromverbrauchs am gesamten Energieverbrauch (in Prozent) in den USA (rot) und China (blau).

Selbst wenn die Hälfte der Wärme durch die Umwandlung in Elektrizität verloren­geht – zum Beispiel durch das Kochen von Wasser, die Erzeugung von Dampf und den Betrieb einer Turbine –, leistet diese geringere Energiemenge in kon­zentrierterer Form mehr Arbeit als eine größere Menge an Energie geringer Qualität. Die gesamte Wärme der Welt – selbst wenn man den größten vorstell­baren Kohlehaufen hätte – kann keine Röntgenaufnahme Ihres gebrochenen Knochens machen und keine Metalle mit Laserpräzision verbinden. Mit einem Kohlehaufen kann man keine Internet­seiten bereitstellen. Mit Elektrizität ist das anders.

Betrachten wir als Fallstudie Abbildung 7. Hier sehen Sie den Energieverbrauch pro Person in den Vereinigten Staaten (rot) und in China (blau). Man sieht, der eine Verbrauch verändert sich, der andere nicht. Schauen wir uns die spezifischere Energieform Strom an (Abbildung 8). Hier sehen wir den Stromverbrauch pro Kopf in den Vereinigten Staaten (rot) und in China (blau). Wenn man diese Grafiken kombi­niert (Abbildung 9), sieht man, wieviel Prozent der Energie auf Strom entfallen. Hier sehen Sie in Rot den Anteil des Stromverbrauchs an unserem Energie­verbrauch in den USA, und Sie können in Blau die enorme Veränderung in China sehen, nicht nur beim Energieverbrauch pro Kopf, sondern auch bei der Art der pro Kopf verbrauchten Energie.

Dies bringt uns zu Lyndon LaRouches Idee der Energieflußdichte, die er in dem Video, das wir gerade gesehen haben, erwähnt hat. Menschlicher Fortschritt bedeutet mehr Energie, mehr Menschen, mehr Kapitalintensität und eine dichtere Anwendung von Energie in höherer Form.

4. Die vierte und letzte Phase, über die ich sprechen möchte, ist das Atomzeit­alter. Unsere heutigen Kernkraftwerke sind bereits in der Lage, aus einer außerordentlich geringen Menge an Brennstoff zuverlässig Strom zu liefern. Mit geringem Arbeitsaufwand für den Abbau und die Verarbeitung von Uran wird eine enorme Menge an Energie erzeugt. Wenn wir die Kernfusion beherrschen – den Prozeß, der die Sonne antreibt –, könnte das eine Veränderung bewirken, die in ihrer Bedeutung für die Menschheit mit der Einführung der Dampfmaschine vergleichbar ist.

Die Kernfusion war für Lyndon LaRouche sehr wichtig, er gründete in den 1980er Jahren die Fusion Energy Foundation, die das Fusion Magazine herausgab und der größte Förderer dieses wissenschaftlichen Durchbruchs in den Vereinigten Staaten war; sie war auch international tätig.

Mit noch reichlicheren und kostengünstigeren Energien aus der Kernfusion werden wir eine grundlegend neue Beziehung zu vielen Dingen haben: unsere Beziehung zum Wasser, wenn wir Wasser kostengünstig genug entsalzen können, um es für die Landwirtschaft zu nutzen; unsere Beziehung zu Materialien, wenn wir Erze verarbeiten können, ohne wie heute auf die Chemie von Holzkohle oder Koks angewiesen zu sein; die Raumfahrt – die Möglichkeit, den Mars in einer Woche zu erreichen und gefährliche Asteroiden abzulenken. Und es ist sogar möglich – das ist zwar etwas spekulativ –, aber mit der Entwicklung der Kernfusion könnten wir sogar genug Energie haben, um Europa mit Klimaanlagen zu versorgen!

Neue Ideen, neue Welten

Welche neuen Welten werden aus unseren Ideen entstehen?

In diesen Beispielen für diese vier Phasen sehen wir veranschaulicht, was die Schöpfer der europäischen Renaissance als Identität des menschlichen Individuums erkannten: den Menschen, der nach dem Bild eines schöpferischen Gottes geschaffen wurde. In einem der Musikstücke, die wir gestern abend gehört und gesungen haben, vertont Haydn die Worte: „Und eine neue Welt entspringt auf Gottes Wort.“ Welche neuen Welten werden wir aus unseren Ideen entstehen lassen? Was kommt als nächstes? Was sind die Grenzen der Wissenschaft heute, und wie werden wir Fortschritte bei ihrer Überwindung erzielen?

Der Bereich der Kernenergie ist noch nicht vollständig beherrscht. Wir können heute die Kernfusion zuverlässig zur Herstellung ungeheuer zerstörerischer Waffen nutzen, aber noch nicht zur Stromerzeugung oder zum Antrieb von Raumfahrzeugen. Energiespeichertechnologien, seien es chemische Batterien oder neu entwickelte Technologien, werden einen großen Einfluß auf unsere Energieversorgung und den Verkehr haben.

Aber selbst wenn wir über extrem kostengünstige Energiespeicher verfügten und die Erde über und über mit Sonnenkollektoren bedecken würden, bräuchten wir immer noch die Kernfusion! Alle Sonnenkollektoren, Windräder und Kohlekraftwerke der Welt können kein Raumschiff antreiben. Sie können keine Mission antreiben, die unseren Planeten vor einem Asteroiden schützt, wenn wir eines Tages erfahren, daß er auf uns zurast und einen ganzen Kontinent oder vielleicht sogar alles Leben auf der Erde zerstören kann. Nur die Kernfusion kann das Überleben der Menschheit, ja sogar allen Lebens auf unserem Planeten sichern.

Vor etwas mehr als einem Jahrhundert haben die beiden Entdeckungen von Max Planck und Albert Einstein – die Quantenphysik und die Relativitätstheorie – erst begonnen, unser Verständnis von Licht, Materie, Energie, Raum und Zeit zu verändern. Faktisch haben sich ihre beiden Entdeckungen sogar als grundlegend unvereinbar erwiesen. Welche neue Hypothese wird es uns ermöglichen, ihre beiden Arbeiten in einem neuen Licht zu betrachten, das für uns beispielsweise die Widersprüche der Quantengravitation in Einklang bringt?

In Galaxien – denken Sie an die Spiralarme einer Galaxie – drehen sich die Sterne um das Zentrum. Aber diejenigen, die weiter vom Zentrum der Galaxie entfernt sind, bewegen sich „zu schnell“. Ausgehend von dem, was wir von den anderen Sternen in der Galaxie sehen können, können wir eine bestimmte Geschwindigkeit für ihre Rotation um das Zentrum vorhersagen. Aber sie bewegen sich schneller: Wird das durch dunkle Materie verursacht, oder gibt es einen anderen Grund? Dunkle Energie wurde als Hypothese aufgestellt, um die überraschende Expansion des Universums insgesamt zu erklären. Ist das der richtige Ansatz?

Um diese großen Probleme des neuen Paradigmas anzugehen, müssen wir uns mit der Qualität des Denkens befassen, das wir dabei anwenden. Die sozialen Auswirkungen der Überfütterung mit Kurzbeiträgen und Videos auf X, TikTok usw. machen es schwierig, einen Gedanken durchzuhalten oder komplexe Konzepte zu entwickeln und damit zu arbeiten. Die „Information” an sich ist zu einem dominierenden Konzept geworden, das Ideen verdrängt. Zu dem Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen hören wir aus Lyndon LaRouches Schrift Über die Metapher (1992):

© EIRNS/Stuart Lewis
Lyndon LaRouche

    „Während der fünfundzwanzigjährigen Herrschaft des heutigen ,New Age‘-Kults hat sich eine bedrohliche Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen des amerikanischen Individuums entwickelt. Dieser Verlust an geistigen Fähigkeiten betrifft derzeit eine wachsende Mehrheit der unter 50-Jährigen. Ein Großteil dieses Schadens ist direkt auf den vielfältigen Einfluß eines modernistischen Dogmas zurückzuführen, das in der Regel unter verschiedenen Namen wie ,Systemanalyse‘, ,Linguistik‘ und ,Informationstheorie‘ auftritt.

    Heute werden Schüler beispielsweise selten dazu angeleitet, in ihren eigenen Köpfen die sokratische Erfahrung nachzuvollziehen, die ursprüngliche Entdeckung entscheidender Prinzipien wissenschaftlicher Erkenntnisse noch einmal zu erleben. Da ihnen die Vorteile solcher einst traditionellen Formen des Sekundarschulunterrichts in Fächern wie der strengen formalen und synthetischen Geometrie fehlen, sind die Schüler von heute praktisch nie in der Lage, selbst die grundlegenden Prinzipien der Physik verständlich zu begreifen. So haben sich die modernistischen Klassenzimmer von dem abgewandt, was allzuoft als ,autoritäre‘ Vermittlung von Konzepten verschrien wird; statt dessen ,liefern‘ die ,demokratischen‘ Klassenzimmer und sterilen Lehrbücher der Modernisten immer mehr nur noch ,Informationen‘.

    Ebenso ist eine Generation vergangen, seit es noch Mode war, den Fortschritt eines Schülers anhand seiner Fähigkeit zu beurteilen, zuvor Gelerntes anzuwenden, um schnell geeignete Lösungen für unbekannte Probleme zu finden. Immer mehr Schulen wenden die ,effizientere‘ Praxis an, Bildung auf das Einüben von Schülern für das Bestehen computergestützter Multiple-Choice-Fragebögen zu reduzieren.

    Diese und andere unzählige Anwendungen der pathologischen Informationstheorie haben zu einem weitverbreiteten Zusammenbruch der Aufmerksamkeitsspanne der einzelnen Opfer geführt, der in letzter Zeit zu beobachten ist und mit einem entsprechenden Verlust des Potentials für jene rationalen Fähigkeiten einhergeht, die mit Leistungen in Wissenschaft und Technologie verbunden sind. Dieser Verlust an wissenschaftlicher Rationalität ist funktional mit einem parallelen Verlust der persönlichen Fähigkeit verbunden, einst hochangesehene Künste wie große Musik oder die klassischen Tragödien von Aischylos, Cervantes, Shakespeare und Schiller zu verstehen und zu genießen.

    Solche Beobachtungen werfen die Frage auf: Was macht eine scheinbar harmlose technische Doktrin wie die Informationstheorie in ihren sozialen Auswirkungen so bösartig pathologisch?

    Die effizienteste Taktik, um die Antwort auf diese Frage aufzudecken, ist eine strengere, sokratische Definition des Begriffs ,Metapher‘ in den schönen Künsten. Wir verstehen ,Metapher‘ so, wie William Empson sie in seinem Werk ,Seven Types of Ambiguity‘ (Sieben Arten der Mehrdeutigkeit) definiert hat, nämlich als ein Phänomen, das üblicherweise mit klassischen Formen der Poesie und des Dramas in Verbindung gebracht wird. Mit ,strenger‘ meinen wir jedoch auch, daß wir die Metapher als entscheidendes Merkmal jener Denkprozesse aufzeigen sollten, die sich auf die geometrischen Grundlagen der Physik beziehen.

    Damit ist die Aufgabe vor uns klar. Also, ohne weitere Vorrede, an die Arbeit.“

Der „schmale Pfad“ tiefgründiger Genies

Also, machen wir uns an die Arbeit: Ab nächster Woche (Mitte Juli 2025) veranstaltet die LaRouche-Organisation eine Reihe von Kursen und Diskussionen über wichtige Persönlichkeiten und Entdeckungen, die Lyndon LaRouche als den „schmalen Pfad“ tiefgründiger Genies im Laufe der Geschichte identifiziert hat. Als Leitkonzept wird im Mittelpunkt der Reihe die Natur der Veränderung als Primärfaktor stehen, die Frage, wie man die eigentliche Ursache versteht. Wir werden Primärquellen lesen und darüber diskutieren, angefangen bei dem griechischen Denker Platon, einem Schüler von Sokrates, über seine sokratischen Dialoge; dann Nikolaus von Kues; Johannes Kepler, der erste moderne Wissenschaftler, der die Astronomie in den Bereich der Physik brachte; Pierre de Fermat, der das Konzept der Absicht in der wissenschaftlichen Forschung revolutionierte und über den Sie in einem Buch von mir mehr lesen können; der brillante Universalgelehrte Gottfried Leibniz, dessen Infinitesimalrechnung uns eine Sprache gab, um Ursachen direkt zu beschreiben; sowie Carl Gauß und Bernhard Riemann, deren Arbeiten über den komplexen Bereich, die Form des Raums und höhere Transzendentale den damals in der Mathematik vorherrschenden Formalismus in Frage stellten, indem sie die Entdeckung an sich zum grundlegenden Thema des Universums machten.


Johannes Kepler

Gottfried Leibniz

Carl Gauss

Bernhard Riemann

Anschließend werden wir das, was wir über die Entstehung dieser großartigen Entdeckungen gelernt haben, mit der Funktionsweise der Künstlichen Intelligenz (KI) vergleichen und es ihr gegenüberstellen. Was geschieht im Programm ChatGPT, während es über Ihre Frage nachdenkt? Und inwiefern ähnelt oder unterscheidet sich das von der guten alten organischen, natürlichen Intelligenz?

Ich hoffe sehr, daß Sie alle an diesen wöchentlichen Kursen teilnehmen werden. Der Beginn ist nächsten Sonntag um 17 Uhr Berliner Zeit, 11 Uhr New Yorker Zeit, die Sitzungen werden aber auch aufgezeichnet und allen zur Verfügung gestellt. Außerdem gibt es Diskussionsrunden dazu. Weitere Informationen finden Sie unter larouche.info/science.

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß mein Ziel mit dieser Reihe von Diskus­sionen über Lyndon LaRouches schmalen Pfad der wissenschaftlichen Entdeckung darin besteht, den Prozeß der Hypothese der höheren Hypothese zum Leben zu erwecken – Erkenntnisse über die Qualität des Denkens zu entwickeln, jene Herangehensweise, die erfolgreich neue, höhere Hypothesen entwickelt hat und entwickeln wird, um die Widersprüche der älteren Sichtweise aufzulösen. In diesem Sinne läßt sich Kreativität lehren, indem man sich direkt mit dieser Hypothese der höheren Hypothese auseinandersetzt!

Vielen Dank.