Es gibt keine Energiewende und es wird auch keine geben
Von Prof. Franco Battaglia
Prof. Franco Battaglia ist Professor für physikalische Chemie an
der Universität Modena. Im dritten Abschnitt der Berliner Konferenz „Der Mensch
ist nicht des Menschen Wolf“ am 12.-13. Juli hielt er per Videoschaltung den
folgenden Vortrag.
Der Titel meines Vortrags lautet: „Es gibt keine Energiewende und es wird
auch keine geben“. Und das gilt trotz aller gegenteiligen Ankündigungen. Diese
begannen vor etwa 50 Jahren mit dem Aufkommen der Grünen, die „die lächelnde
Sonne” versprachen – ein Versprechen, das sie nicht eingehalten haben, obwohl
sie in verschiedenen Ländern direkt oder über Stellvertreter an der Regierung
waren (da alle politischen Kräfte diesen Traum verfolgt haben).
Der Traum war: 100% Solarenergie. Doch seit Anbeginn der Zeit bis vor etwa
200 Jahren wurde der Energiebedarf der Menschheit zu 100% durch Solarenergie
gedeckt: Energie aus Holz, aus Tieren und aus Menschen – meist Sklaven. Die
Bevölkerung großer Zivilisationen – Azteken, Ägypter, Griechen, Römer – bestand
zu 90% aus Sklaven, und Kriege wurden geführt, um Energiequellen zu erwerben –
nämlich Sklaven. Der Film „Vom Winde verweht“ spielt vor 200 Jahren in
einem Amerika mit 30 Millionen Einwohnern und 4 Millionen legalen Sklaven.
Fossile Brennstoffe, die Wärmekraftmaschinen antrieben, befreiten die
Menschheit von der Sklaverei: Wir sollten Gott danken, daß wir im Zeitalter des
Öls geboren wurden! Öl hat zusammen mit Kohle, Erdgas und später der Kernenergie
den Anteil der Sonnenenergie von damals 100% auf heute weniger als 10%
reduziert. Und das trotz aller neuen Technologien, die Sonnenenergie nutzen:
Wasserkraft, Windkraft und Photovoltaik. Kurz gesagt, Sonnenenergie ist die
Energie der Vergangenheit.
Die sogenannte Energiewende will die Sonnenenergie zu ihrem früheren Glanz
verhelfen. Wie? Durch die Umstellung des Verkehrs von Verbrennungsmotoren auf
Elektromotoren und durch die Erzeugung von Strom zu 100% aus Wind- und
Sonnenenergie. Es ist jedoch offensichtlich, daß dieser Umstieg einfach nicht
stattfindet: Vor 30 Jahren lieferten fossile Brennstoffe 85% der weltweiten
Energie; heute, nach 30 Jahren und Billionen Dollar, die für Wind- und
Solarenergie ausgegeben wurden, machen fossile Brennstoffe immer noch 85% aus.
© Franco Battaglia
Abb. 1: Typischer täglicher Verlauf der Stromlast (GW)
Daran wird sich nichts ändern. Warum? Weil in jedem Land der
Spitzenstrombedarf täglich zwischen 18 und 19 Uhr liegt. Dies zeigt die wichtige
Kurve, die die tägliche Stromlast darstellt (Abbildung 1).
Diese Kurve ist für jedes Land der Welt und für jeden Tag des Jahres gleich.
Ich habe natürlich die Kurve für Italien gewählt und als Tag des Jahres den
wichtigsten Tag im Universum: meinen Geburtstag. Denken Sie daran: Jeder andere
Tag und jedes andere Land hat eine ähnliche Kurve.
Darin sehen Sie eine Grundlast, die im ausgewählten Fall etwa 20 GW beträgt:
Am 15. Dezember 2024 verbrauchte Italien mindestens 20 GW Strom. Um genau zu
sein, wurden um 3 Uhr morgens genau 20 GW verbraucht, aber im Laufe des Tages
stieg der Strombedarf an und erreichte gegen 19 Uhr einen Spitzenwert, der in
diesem Beispiel bei etwa 40 GW lag. Durch Ändern des Landes oder des Tages
können sich die Zahlenwerte des Strombedarfs ändern (in Italien kann der Bedarf
beispielsweise um 19 Uhr sogar 60 GW erreichen). Wichtig ist, daß überall auf
der Welt und an jedem Tag des Jahres um 18/19 Uhr der tägliche Spitzenbedarf an
Strom erreicht wird.
Jedes Land benötigt daher genügend Kraftwerke, um diesen Spitzenbedarf sicher
zu decken. Welche Kraftwerke können diese Anforderung erfüllen? Auf jeden Fall
keine Photovoltaikanlagen: Um 19 Uhr produziert die Solarenergie null Strom! Und
auch auf Wind kann man sich nicht verlassen: Es gibt keine Garantie, daß um 19
Uhr der Wind wie gewünscht weht.
Daher muß jedes Land auf Kraftwerke zurückgreifen, die den Spitzenbedarf
sicher decken können. Ich werde sie „konventionelle“ Kraftwerke nennen, und das
sind: Wasserkraftwerke, Kernkraftwerke und fossile Kraftwerke. Wir haben keine
andere Wahl.
Unter diesen konventionellen Kraftwerken sind Wasserkraftwerke die einzigen,
die Sonnenenergie nutzen. Aber nicht jedes Land kann sich ausschließlich auf
Wasserkraft verlassen. Einige tun dies: Norwegen und Paraguay beispielsweise
decken ihren Strombedarf zu 100% mit Wasserkraft. Aber das sind Ausnahmen. In
der Regel ist ein Mix aus Wasserkraft, Kernkraft und fossilen Brennstoffen
erforderlich. In jedem Fall lautet die wichtige Schlußfolgerung: Wind- und
Photovoltaik müssen aus dem Mix zur Deckung des Spitzenbedarfs ausgeschlossen
werden.
Damit habe ich bereits gezeigt, daß keine Energiewende stattfinden kann. Nun
werde ich Ihnen zeigen, warum Wind- und Solarenergie in jedem Fall
ausgeschlossen werden sollten.
Sobald wir über genügend Anlagen verfügen, um den Spitzenbedarf zu decken,
können diese natürlich auch den geringeren Bedarf decken, so daß keine weiteren
Anlagen installiert werden müssen. Man könnte jedoch immer noch fragen, ob Wind-
oder Solarenergie in Zeiten, in denen die Sonne scheint oder der Wind weht,
nicht doch helfen könnten. Das ist eine berechtigte und faire Frage. Das ist so,
als würde man sagen: Obwohl ich bereits ein Auto für alle meine
Transportbedürfnisse habe, könnte ich mir trotzdem ein Fahrrad zulegen. Und wir
argumentieren so: Wenn die Bedingungen günstig sind – es regnet nicht, die
Strecke ist kurz, wir müssen unsere Kinder nicht in den Kindergarten bringen
oder zum Einkaufen fahren, wir haben genug Kraft –, entscheiden wir uns, das
Fahrrad zu nehmen, um Benzin zu sparen.
Nun, in dieser Metapher sind konventionelle Kraftwerke das Auto; Wind und
Sonne sind das Fahrrad: Wenn die Sonne scheint oder der Wind weht, möchten wir
sie anstelle von konventionellen Kraftwerken nutzen. Aber warum sind wir bereit,
ein Fahrrad zu kaufen? Weil es etwa 1% dessen kostet, was ein Auto kostet:
20.000 € für das Auto, 200 € für das Fahrrad.
Vergleichen wir nun die wirtschaftliche Leistung konventioneller Kraftwerke
mit der von alternativen Kraftwerken. Nehmen wir die teuerste konventionelle
Anlage: die Kernkraft. Vor kurzem hat Polen 20 Milliarden Euro für den Bau von
Kernkraftwerken mit einer Leistung von 3,6 GW und einer effektiven Stromleistung
von 3 GW an Westinghouse zugesagt. So viel zur Kernkraft. Heute erzeugt Italien
3 GW Strom aus 25 GW installierter Solarleistung. Warum müssen wir 25 GW
Photovoltaik installieren, um nur 3 GW Strom zu produzieren?
Weil Solaranlagen mindestens 16 Stunden am Tag keinen Strom
produzieren! Die italienische Regierung nennt uns die Kosten: Sie subventioniert
Photovoltaikanlagen mit 2,4 Milliarden Euro pro installiertem GW, also 60
Milliarden Euro für 25 GW. Das sind 20 Milliarden Euro für Atomkraft gegenüber
60 Milliarden Euro für Solarenergie.
Ist Solarenergie also dreimal so teuer? Nicht ganz: Solaranlagen haben eine
Lebensdauer von 20 Jahren, Atomkraftwerke mindestens 60 Jahre, also dreimal so
lang. Solarstromanlagen scheinen also neunmal teurer zu sein als Atomkraftwerke.
Ich sage „scheinen”, weil wir noch nicht fertig sind. Die Installation eines
Atomkraftwerks bedeutet, daß man kein konventionelles Kraftwerk mit gleicher
Leistung installieren muß. Die Installation einer Solaranlage verhindert jedoch
nicht die Installation eines konventionellen Kraftwerks, da jede Solaranlage 16
Stunden am Tag nichts produziert, insbesondere um 19 Uhr, wenn der Strombedarf
am höchsten ist.
Wenn man diese Überlegungen auf eine Produktion von 1 GW hochrechnet, stellt
sich heraus, daß ein Kernkraftwerk, das 7 Milliarden Euro kostet, einem Fahrrad
im Wert von 70 Milliarden Euro entspricht. Ein Windkraftwerk wäre demnach ein
Fahrrad im Wert von 15 Milliarden Euro.
Meine persönliche Schlußfolgerung lautet: Regierungen, die mit der sinnvollen
Verwaltung von Steuergeldern betraut sind, sollten alle öffentlichen
Subventionen für Wind- und Solarenergie gesetzlich verbieten.
Im Jahr 2011 hielt ich in einem Saal des Brüsseler Parlaments einen Vortrag
mit dem Titel: „Steigende Energiekosten: ein Versagen der EU-Energiepolitik“.
Damals stießen meine Worte in Brüssel auf taube Ohren. Ich hoffe, daß sie jetzt
in Berlin dank des Ansehens des Schiller-Instituts ernster genommen werden.
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