Nur ein Systemwechsel kann eine Ära des Friedens durch Entwicklung einleiten
Teilnehmer aus 65 Nationen forderten bei der Internetkonferenz
des Schiller-Instituts am 9. April 2022 eine „neue internationale Sicherheits-
und Entwicklungsarchitektur für alle Nationen“.
Die Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 9. April 2022 war eine
außergewöhnliche Demonstration der Zusammenarbeit aller Nationen und Kulturen,
die erforderlich ist, um die derzeitige Bedrohung der Zivilisation, vielleicht
die größte aller Zeiten, zu bewältigen. Führende Vertreter aus den USA, Europa,
Rußland, China, Indien, Südafrika und Südamerika – allen voran der Botschafter
der Russischen Föderation in den Vereinigten Staaten – sprachen über den
„perfekten Sturm“, dem die Menschheit ausgesetzt ist: die militärische und
wirtschaftliche Konfrontation der Atommächte, der hyperinflationäre
Zusammenbruch des dollarbasierten Finanzsystems, die anhaltende Pandemie und der
kulturelle Niedergang in ein neues finsteres Zeitalter.
Trotz unterschiedlicher Auffassungen zu einzelnen Themen waren sich alle
Redner darin einig, daß nur ein totaler Systemwechsel, eine neue internationale
Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur, wie sie der Westfälische Friede von
1648 darstellte, den Zusammenbruch umkehren und den notwendigen Prozeß zur
Schaffung einer neuen Ära des Weltfriedens durch Entwicklung einleiten kann.
Das Scheitern der bisherigen Weltordnung
Die Initiatorin der Konferenz, Helga Zepp-LaRouche, eröffnete
die Plenarsitzung mit der Feststellung, daß die gegenwärtige Gefahr eines
Atomkrieges nicht mit der russischen Militäroperation in der Ukraine am 24.
Februar begann, sondern schon, wie Lyndon LaRouche zeitlebens betonte, als
US-Präsident Nixon 1971 die festen Wechselkurse des Bretton-Woods-Systems aufhob
und damit die ungezügelte Spekulation des westlichen Bankensystems
freisetzte.
Die gegenwärtige Kriegsgefahr sei noch weiter heraufbeschworen worden, als in
den 90er Jahren nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die Trennung zwischen Ost
und West nicht durch kooperative Entwicklung mit der Neuen Seidenstraße
überwunden wurde, wie das Schiller-Institut schon damals vorschlug, sondern mit
der NATO-Osterweiterung und der „Schocktherapie“ zur Zerstörung der russischen
Wirtschaft fortgesetzt wurde.
Diese von Großbritannien und den USA durchgesetzte unipolare Welt habe die
Armut auf der Welt so vergrößert, daß heute eine Milliarde Menschen vom Hunger
bedroht sind – ein moralisches Versagen der Zivilisation. Das illegale,
bösartige Sanktionsregime treibe Rußland, China, Indien und andere Länder dazu,
ein neues Währungssystem vorzubereiten, sagte Zepp-LaRouche. Dies sei notwendig,
aber man müsse auch darauf hinarbeiten, daß die USA und Europa die bankrotten
Finanzinstitute nicht länger verteidigen und sich statt dessen dem neuen System
für Frieden durch Entwicklung anschließen. Eine neue Renaissance müsse jetzt an
die Stelle von Haß und Vorurteilen Nächstenliebe setzen, „das kostbarste Gut im
Universum“.
Der Botschafter der Russischen Föderation in den USA, Anatoli
Antonow, dankte Frau LaRouche und dem Schiller-Institut für die
Gelegenheit, inmitten der fast völlig zerrütteten Beziehungen die Wahrheit über
Rußlands Rolle in der heutigen Welt zu sagen. Frieden und Entwicklung der Welt,
wie es die UN-Charta nach dem Zweiten Weltkrieg fördern sollte, seien durch den
Kalten Krieg, die Verteufelung Rußlands als „Reich des Bösen“ und die
amerikanische Vorstellung, sie seien die „Sieger“ des Kalten Krieges,
systematisch zerstört worden, indem sie anstelle des Völkerrechts ihre sog.
„regelbasierte Ordnung“ schufen.
Die zahlreichen Phasen der gegen den ständigen Protest der Sowjetunion und
dann Rußlands vorangetriebenen NATO-Erweiterung hätten Rußland dazu veranlaßt,
im vergangenen Jahr zwei Vertragsvorschläge zu unterbreiten, die Abkommen über
die unteilbare Sicherheit für alle Länder und Neutralität für die Ukraine
vorsahen, aber von den USA und der NATO völlig ignoriert wurden. Antonow
betonte, die Russen würden die 27 Millionen Toten des Großen Vaterländischen
Krieges gegen Nazi-Deutschland nie vergessen. Die massive Aufrüstung, die heute
an ihren Grenzen stattfinde, und die offene westliche Unterstützung für Neonazis
in der Ukraine seien unerträglich geworden.
Botschafter Antonow erinnerte auch an die Zusammenarbeit zwischen den USA und
der UdSSR beim Kampf gegen die Geißel des Nationalsozialismus im Zweiten
Weltkrieg, und er versprach, mit dem Schiller-Institut zusammenzuarbeiten, um
heute wieder eine solche Zusammenarbeit zu schaffen, damit die globalen
Herausforderungen, denen sich die Menschheit gegenübersieht, bewältigt werden
können.
Sam Pitroda, indischer Erfinder, Unternehmer, Buchautor und
früherer Berater der Premierminister Gandhi und Singh, rief dazu auf, die
derzeitige, auf „Befehlsstrukturen“ beruhende Sicherheitsordnung durch eine
Ordnung der Zusammenarbeit zu ersetzen, deren Motivation nicht mehr Macht und
Profit, sondern die Bedürfnisse der Menschen und des Planeten sind. Um den
wirklichen Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden, reiche es nicht aus,
sich für die Menschenrechte einzusetzen, auch die physischen Bedürfnisse der
Bevölkerung müßten erfüllt werden. Er rief dazu auf, auf dieser Konferenz „Samen
zu pflanzen“, um die Menschheit auf die nächste Stufe ihrer Entwicklung zu
heben.
Jay Naidoo, ein früherer Minister in Nelson Mandelas Regierung
in Südafrika, der als Freiheitskämpfer gegen die Apartheid kämpfte, betonte,
Afrika werde nicht länger zulassen, daß Stellvertreterkriege den Kontinent
spalten. Keine Macht dürfe den „Weltpolizisten“ spielen oder anderen koloniale
Traditionen aufzwingen. Er erinnerte daran, was Mandela bei seiner Entlassung
nach 27 Jahren Haft sagte: Wenn er Rachegefühle in seinem Herzen zuließe, dann
wäre er immer noch ein Gefangener.
Wenn man zur Bewältigung der aktuellen Krise dem Ansatz des Westfälischen
Friedens folgen wolle, dann müsse man fragen: „Wer durfte bisher nicht mit am
Tisch sitzen?“ Naidoo forderte eine „neue Bandung-Konferenz“, um die neuen
Formen der kolonialen Macht zu beenden, und eine „neue Bewegung der
Blockfreien“, um die Spaltung in Ost und West zu überwinden und Sicherheit und
Entwicklung für alle Nationen zu schaffen.
Chen Xiaohan von der Chinesischen Volksvereinigung für Frieden
und Abrüstung plädierte leidenschaftlich für Präsident Xi Jinpings Vorstellung
einer „Zukunftsgemeinschaft der Menschheit“, und sie zitierte den chinesischen
Spruch: „Ein Gemeinsinn wird alle unter dem Himmel regieren, wenn der Große Weg
[Da Dao] vorherrscht.“
Alessia Ruggeri vom italienischen Comitato per la Republica
verurteilte die Scheinheiligkeit der westlichen Mächte, die zum Frieden
aufrufen, aber gleichzeitig mit massiven Waffenlieferungen an die Ukraine die
Flammen des Krieges schüren. Sie beschrieb die Folgen des wirtschaftlichen
Zusammenbruchs für die Fabriken und Familien in Italien, während gleichzeitig
die Militärausgaben steigen, und forderte, daß wir alle dafür kämpfen müssen,
sowohl mit Rußland als auch mit den USA befreundet zu sein. (Die Beiträge dieser
Vortragsrunde finden Sie in dieser Ausgabe, Beiträge der weiteren Konferenzabschnitte dokumentieren wir in den kommenden Ausgaben.)
Eine neue gerechte Weltwirtschaftsordnung
Im zweiten Abschnitt der Konferenz sprachen Wirtschaftswissenschaftler,
Vertreter von Unternehmen, Gewerkschaften und Medien aus den Vereinigten
Staaten, China, Indien und Kolumbien über die dringende Notwendigkeit, den
Hungertod von einer Milliarde Menschen innerhalb des nächsten Jahres zu
verhindern.
Der Iberoamerika-Redakteur des Nachrichtenmagazins EIR, Dennis
Small, stellte den neuen „LaRouche-Plan für eine neue internationale
Wirtschaftsarchitektur“ des Schiller-Instituts vor und erörterte das Potential
des „Strategischen Dreiecks“ China, Rußland und Indien, die bei seiner Umsetzung
eine führende Rolle spielen könnten. Sie haben zusammen 38% der Weltbevölkerung,
produzieren 42% des Weizens, 66% des Stahls und so weiter. Aber sie müßten sich
dazu untereinander auf feste Wechselkurse einigen und eine Barriere aus Kapital-
und Devisenkontrollen zwischen ihren neuen Währungsvereinbarungen und dem Dollar
errichten. Vor allem aber – dazu zitierte er Lyndon LaRouche und Alexander
Hamilton – beruhe eine neue Währungsvereinbarung auf der Glaubwürdigkeit der
Absicht, gemeinsam Kredite zu schaffen, um sie in naher Zukunft, aber auch über
Generationen hinweg in eine höhere physische wirtschaftliche Produktivität zu
lenken.
Dies wurde durch den Vortrag von Justin Yifu Lin, dem
ehemaligen Chefvolkswirt der Weltbank, noch unterstrichen. China habe schon
lange verstanden, daß es als große Wirtschaftsmacht verpflichtet ist, zur
weltweiten Entwicklung beizutragen, und es habe versucht, dies über das
bestehende Dollarsystem mit seinen internationalen Institutionen wie IWF,
Weltbank etc. zu tun. Diese hätten es jedoch über Jahrzehnte hinweg nicht
geschafft, eine nennenswerte Anzahl von Ländern mit niedrigem Einkommen auf die
Stufe mittleren Einkommens oder Länder mit mittlerem Einkommen zu hohem
Einkommen zu anzuheben. Getreu dem chinesischen Sprichwort „Wenn du reich werden
willst, baue zuerst die Straßen“ habe China Infrastrukturprojekte entwickelt und
die große Gürtel- und Straßen-Initiative (BRI) angestoßen, um dies auch in den
Entwicklungsländern zu tun. Lin sagte, das wichtigste Ziel der nachhaltigen
Entwicklung sei es, „den Menschen menschenwürdige Arbeitsplätze zu verschaffen“,
und dies erfordere vor allem eine gute Infrastruktur.
Der chinesisch-amerikanische Geschäftsmann George Koo erklärte,
das System der Dollar-Reserven sei faktisch am Ende, weil „die Biden-Sanktionen
den Tod des Dollars bedeuten“; die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten sei
damit in Frage gestellt. Nur ein kleiner Teil der Staaten der Welt habe sich
diesen Sanktionen angeschlossen, und schon vor dem Ukraine-Krieg habe eine
Abkehr vom Dollar als Reservewährung begonnen. Nun werde „Bidens Irrsinn“ die
Volkswirtschaften der NATO-Länder zusammenbrechen lassen.
Auch zwei führende Vertreter des kolumbianischen Gewerkschaftsbundes CTU
USCTRAB trugen zur Diskussion bei. Pedro Rubio beschrieb, wie
Kolumbien mit der Infrastruktur der BRI bzw. der Weltlandbrücke, die nach
Südamerika komme, sowie der Anwendung moderner landwirtschaftlicher Technologien
mit seinen 49 Millionen Einwohnern 75-80 Millionen Menschen ernähren könnte.
Auch das benachbarte Venezuela könnte das Doppelte seiner 22 Millionen Menschen
ernähren. Rubio nannte weitere Beispiele dafür, wie man „den Hunger von einer
Milliarde Menschen verhindern kann“. Sein Kollege Fraydique
Gaitán, der Präsident des Gewerkschaftsbundes, betonte, im Mittelpunkt
aller wirtschaftlichen Überlegungen müsse der Mensch stehen.
Der altgediente indische Journalist Saeed Naqvi, der 110 Länder
bereist und aus ihnen berichtet hat, beschrieb aus seiner Erfahrung, wie die
Medien im Laufe der Jahrzehnte immer polarisierter und unwahrer geworden sind.
„Wenn Krieg ausbricht, ist die Wahrheit das erste Opfer“, zitierte er
Aischylos.
Eine neue Sicherheitsarchitektur
Wie kann die Menschheit die Zeitbombe entschärfen, auf der wir alle sitzen,
bevor die Menschheit sich durch einen Atomkrieg oder globale wirtschaftliche
Zerstörung selbst vernichtet? Welches Sicherheitskonzept kann einen dauerhaften
Frieden sichern? Dies war das Thema des dritten Abschnitts der Konferenz, in dem
ein Franzose, ein Afrikaner und zwei Amerikaner sprachen.
Jacques Cheminade, Vorsitzender der französischen Partei
Solidarité et Progrès, eröffnete die Runde mit einem Vortrag über den
Westfälischen Frieden von 1648, der 150 Jahre Kriege und Grausamkeiten in Europa
beendete, als notwendige Inspiration eine dauerhafte Friedensordnung in der
heutigen Welt. Der Westfälische Friede sei durch einen Wandel im Denken der
damaligen Zeit erreicht worden, indem das Prinzip der agapē –
Nächstenliebe als schöpferisches, erlösendes Wohlwollen gegenüber allen Menschen
– angewandt wurde, um die erforderliche höhere Ordnung der Beziehungen zwischen
Staaten und Menschen zu schaffen.
Das erste der drei Grundprinzipien des Westfälischen Friedens, daß jede
Partei das Wohl der anderen anstreben soll, sei das genaue Gegenteil von
Geopolitik. Das zweite, die Vereinbarung, alle Greueltaten der Vergangenheit zu
vergeben und vergessen, sei ein Beispiel für die Fähigkeit der Menschheit, eine
Zukunft zu planen und zu schaffen, die frei von der Selbstzerstörung der
Vergangenheit ist. Aus dem dritten Grundsatz, der Überwindung des
wirtschaftlichen Ruins, in den alle geraten waren – u.a. durch Moratorien für
illegitime Schulden – sei ein neues wirtschaftliches Denken entstanden, wo die
Regierung für die Förderung der wirtschaftlichen Verbesserung durch
wissenschaftlich-technische Entwicklung verantwortlich ist. Es wäre ein
tödlicher Fehler, diese auf Liebe basierenden Prinzipien als „utopisch“ abzutun,
mahnte Cheminade, denn sie seien der Weg zum Frieden.
Diogène Senny, Präsident der Panafrikanischen Liga, beschrieb
die Zersplitterung, Plünderungen, Chaos und Kriege, die Afrika mehr als zwei
Jahrhunderte lang durch die westliche imperialistische Geopolitik aufgezwungen
wurden, als man den Kontinent in Einflußzonen und „Lebensräume“ aufteilte. Wenn
neue Generationen junger Afrikaner die „Vereinigten Staaten von Afrika“ schüfen,
werde das dem afrikanischen Kontinent ermöglichen, sich von der Geopolitik zu
befreien und eine multilaterale, bündnisfreie allgemeine Weltordnung sowie seine
eigene Renaissance herbeizuführen. Der afrikanische Kontinent werde sich an der
Verwirklichung einer neuen Weltordnung beteiligen, die das Recht aller Menschen
auf Energie, Nahrung und Wasser sichert.
Der US-Amerikaner Caleb Maupin, Gründer des Zentrums für
politische Innovation, vertrat die Ansicht: Wenn die amerikanischen Familien,
die mehrheitlich wirtschaftlich Not leiden, sehen könnten, was Asien mit dem Bau
von Hochgeschwindigkeitsbahnen und Großprojekten überall erreicht, dann würden
sie fordern, daß die USA mit Rußland und China zusammenarbeiten, um solche
Projekte überall zu bauen! Maupin bezeichnete sich selbst als Sozialist, vertrat
aber die Ansicht, daß die Amerikaner (und andere) nicht auf der Grundlage
„rechter“ oder „linker“ Ideologien geeint werden sollten, sondern auf der
Grundlage dessen, wofür die Menschen eintreten und welche Wirtschaftsprogramme
sie anbieten.
Maupin dankte dem Schiller-Institut für die Veranstaltung von Konferenzen,
die Menschen mit unterschiedlichen Weltanschauungen zusammenbringen, und empfahl
begeistert die Lektüre der Schriften von Lyndon LaRouche als „Visionär“ und
großer Inspirationsquelle.
Der amerikanische Aktivist und Rancher Mike Callicrate befaßte
sich mit der Nahrungsmittelkrise als Folge eines wirtschaftlichen Weltsystems,
das von Kartellen und einer immer stärkeren Konzentration des Reichtums geprägt
ist und das die Landwirte und Viehzüchter, die unter unmenschlichen Bedingungen
leidenden Arbeitsmigranten in Großschlachtereien und die Verbraucher
gleichermaßen ruiniert. „Die Ära der Kartelle ist vorbei – mehr souveräne
Landwirte, Lebensmittel für alle – Verdoppelung der Welternährungsproduktion“,
lautete seine Botschaft.
„Lassen Sie uns mit dem Optimismus, den wir heute gezeigt haben, dafür
kämpfen, daß diese unerträgliche Situation ein Ende hat“, sagte Cheminade zum
Abschluß des Dialogs.
Entwicklung ist der neue Name für Frieden
Der abschließende Konferenzabschnitt befaßte sich mit der dringenden
Notwendigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung aller Nationen der Erde.
Dennis Speed, langjähriges führendes Mitglied der
LaRouche-Bewegung, beschrieb zu Beginn seines Vortrags die Gründung des Komitees
für den Zusammenfall der Gegensätze (Coincidentia oppositorum) durch die
Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, und die frühere Leiterin
der Gesundheitsdienste der Vereinigten Staaten (Surgeon General), Joycelyn
Elders. Er zitierte den chinesischen Präsidenten Xi Jinping, der auf dem
Weltwirtschaftsforum in Davos das gleiche Konzept vorgestellt habe, das
Zepp-LaRouche und Elders sahen. Die Grundidee ist, daß eine angemessene
Gesundheitsversorgung für alle die Voraussetzung für die menschliche Entwicklung
ist und ohne sie der Fortschritt der Menschheit gefährdet ist.
Lyndon LaRouche erkannte dies und nannte dies die „Biologische
Verteidigungsinitiative“. Ein angemessenes Gesundheitssystem erfordere sauberes
Wasser, sanitäre Einrichtungen, Transportmittel und Energie sowie ein
funktionsfähiges System von Allgemeinkrankenhäusern, die als Lehrkrankenhäuser
fungieren.
Speed nannte als wichtigen Bezugspunkt die Armenkampagne von Dr. Martin
Luther King aus dem Jahr 1968, als King seine Zuhörer an das Bibelwort
erinnerte: „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt
ihr mir getan.“
Helga Zepp-LaRouche erläuterte dann die „Operation Ibn Sina“,
die sie im August 2021 nach dem Abzug der US- und NATO-Truppen ins Leben rief –
eine Reaktion auf die mörderische Zerstörung Afghanistans durch das plötzliche
Ende der ausländischen Finanzierung des Landes, von der man es während der
20jährigen militärischen Besatzung vollständig abhängig gemacht hatte, sowie die
Verhängung neuer Sanktionen. Zudem blockierten die USA und andere Afghanistan
den Zugang zu seinen 9 Milliarden Dollar an Reserven auf Konten der US-Notenbank
und in anderen Ländern. Infolgedessen seien 23 Millionen Afghanen vom Hungertod
bedroht, 98% der Bevölkerung gelten als „ernährungsunsicher“. Von 7 Millionen
hungernden Kindern seien mehr als 50% in Lebensgefahr.
Ihr war klar, daß alle Kräfte rund um den Globus gebündelt werden müssen, um
eine schreckliche Katastrophe für Unschuldige zu verhindern. Sie berief sich
dazu auf den berühmten Arzt Ibn Sina, der vor tausend Jahren der
fortschrittlichste Mediziner der Welt war. Sein Vater wurde im heutigen
Afghanistan geboren, er selbst im heutigen Usbekistan. Ibn Sinas Werke über
Medizin waren in Westasien und Europa bis ins 18. Jahrhundert maßgeblich. Zu
seinen Entdeckungen gehörte, daß Seuchen durch räumliche Nähe übertragen werden
und daher durch Quarantäne verhindert werden können. Aber sein Werk ging über
die Medizin hinaus und umfaßte auch andere Bereiche der Philosophie.
Zepp-LaRouche ist überzeugt, daß die Erinnerung an ein solches Genie, das aus
ihrer Heimat stammt, den Afghanen und ihren Nachbarn den notwendigen Optimismus
geben kann, um die ihnen jetzt aufgezwungene Situation zu überwinden.
Daud Azimi von der Nationalen Friedensfront Afghanistans
berichtete über die Schwierigkeiten, mit denen Afghanistan noch immer
konfrontiert ist. Verschiedene ethnische Gruppen, einige davon aus
Nachbarländern, stünden miteinander im Konflikt, wo doch eine Zusammenarbeit
dringend erforderlich wäre. Die amtierende Taliban-Regierung verfüge nur über
wenige Ressourcen und werde von anderen Regierungen nicht anerkannt, so daß die
Situation weiterhin sehr schwierig ist.
Princy Mthombeni, Kommunikationsspezialistin aus Südafrika und
Gründerin von Africa4Nuclear, hielt einen leidenschaftlichen Vortrag über ihr
Engagement, ganz Afrika ins Nuklearzeitalter zu bringen, d.h. in ein Zeitalter
mit reichlicher moderner Kernenergie, ohne Kriege.
Sie beschrieb zunächst ihre Kindheit: Als Neunjährige stand sie täglich vor
Morgengrauen auf und lief erst drei Kilometer, um Wasser für die Familie zu
holen, und dann nochmals vier Kilometer, einschließlich einer Flußüberquerung,
um zur Schule zu gelangen. Als Energiequelle benutzte ihre Familie Kerzen oder
verbrannte sogar Kuhmist. Sie hatten keinen Strom. Sie berichtete über Brände,
die durch Kerzen verursacht wurden, und ähnlichen Katastrophen, die auf diese
primitiven Methoden zurückzuführen waren und manchmal tödlich endeten.
Heute setzt sie sich für die Entwicklung der Kernenergie ein. Selbst in
Südafrika, das seit fast 40 Jahren über ein funktionierendes Kernkraftwerk
verfügt, herrsche ein verzweifelter Mangel an Energie und damit an allem. Dies
sei kein Naturgesetz, sondern eine von Menschen gemachte Situation. Jetzt prüfen
Ghana, Kenia, Nigeria, Sambia und Niger den Bau von Kernkraftwerken, und
Südafrika plant weitere.
Es gebe viele „Experten“, die mit unterschiedlichen Begründungen behaupten,
die Afrikaner seien nicht in der Lage, Kernkraft zu nutzen. Als Antwort darauf
erinnerte sie daran, daß Afrika heute eine Bevölkerung von etwa 1,5 Milliarden
Menschen hat, die noch deutlich anwachsen wird. Afrika sei es leid, „im Dunklen
zu tappen“. Es werde die Zeit kommen, in der Afrika viel mehr Energie
verbrauchen wird. Bis dahin „ist die Kohle unsere Gegenwart und die Kernenergie
die Zukunft“.
In der Diskussion äußerte sie ihr Mißtrauen gegenüber radikalen
„Klimaschützern“, die von der Kernenergie abraten, obwohl diese zu 100%
Kohlenstoff-frei ist und daher für die Bewältigung des Klimawandels hervorragend
geeignet sein sollte.
Helga Zepp-LaRouche schloß die Sitzung und die Konferenz ab, indem sie
erklärte, wie der Einfluß des Schiller-Instituts ausgeweitet werden kann. Der
Ausgangspunkt müsse sein, daß „es auf gar keinen Fall einen Atomkrieg geben
darf“. Davon ausgehend müsse man sich darüber klar werden, wie man die
notwendigen Ressourcen und innere Stärke friedlich entwickelt.
(Beiträge zu diesem Bericht kamen von Mike Billington, Paul Gallagher,
Gretchen Small und Stan Ezrol.)
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