Die Ära der Kartelle ist vorbei
Mehr souveräne Bauern, Lebensmittel für alle,
Verdoppelung der weltweiten Nahrungsmittelproduktion
Von Michael Callicrate
Michael Callicrate ist Viehzüchter aus Kansas, politischer
Berater, Gründer und Inhaber von Ranch Foods Direct. Für die Internetkonferenz
des Schiller-Instituts übermittelte er den folgenden Beitrag.
Hallo, hier ist Mike Callicrate aus Colorado Springs, Colorado. Ich möchte
dem Schiller-Institut und Helga [Zepp-LaRouche] für die Gelegenheit danken,
heute hier zu sprechen.
Ich denke, wir müssen uns mit den verfügbaren Möglichkeiten befassen, um das
hochkonzentrierte, globalisierte Lebensmittelsystem zu ändern, das viele
Menschen auf der Welt hungern läßt. Auch Landwirte, Viehzüchter und
Lebensmittelproduzenten leiden darunter.
Bei Ranch Foods Direct, wo ich jeden Tag tätig bin, und bei der Callicrate
Cattle Company in St. Francis, Kansas, arbeiten wir seit etwa 22 Jahren am
Aufbau eines robusteren und nachhaltigeren Lebensmittelsystems. Aber ich denke,
es ist wichtig, darüber zu sprechen, warum wir uns mit dem Aufbau eines
alternativen Lebensmittelsystems befassen.
Wir waren immer überzeugt, daß die Konzentration von Macht und Reichtum schon
immer eine der größten Bedrohungen für die menschliche Zivilisation ist.
Präsident James Madison sagte einmal: „Konzentrierter Reichtum wird unsere
Nation zerstören, wenn sich die Gesetze nicht ändern. Der Tag wird kommen, an
dem unsere Republik eine Unmöglichkeit sein wird, weil der Reichtum in den
Händen einiger weniger konzentriert ist. Wenn dieser Tag kommt, müssen wir uns
auf die Weisheit der besten Elemente im Lande verlassen, um die Gesetze der
Nation neu zu regeln.“ Ich denke, daß wir uns heute an diesem Punkt
befinden.
Das Landwirtschaftsministerium der USA (USDA) hat eine steinerne Inschrift
über dem Haupteingang seines Gebäudes – das USDA wurde in den 1860er Jahren
unter Präsident Lincoln gegründet –, in Stein gemeißelt ist das Zitat: „Der
Bauer, der die ganze Arbeit tut, soll als erster seinen Teil von der Ernte
erhalten – Paulus“.
Heute ist genau das Gegenteil der Fall. Der Landwirt, der Sachwalter des
Landes, ist der letzte, der von den Früchten seiner Arbeit etwas abbekommt.
Tatsächlich wird er durch dieses kartellgesteuerte Lebensmittelsystem aus dem
Markt gedrängt. „Das ist ein dereguliertes Geschäft“, hat Präsident Reagan
gesagt – der Staat wäre also das Problem. Was Präsident Reagan in den 1980er
Jahren mit dem Kartellrecht anstellte, war das Äquivalent von einem
Schiedsrichter, der beim Betreten des Spielfelds sagt, beim Fußball gibt es
keine Regeln. Schwindeln war nicht nur erlaubt, sondern sogar gewünscht, und ist
es immer noch.
1996 erschien in US News and World Report ein Artikel mit dem Titel
„Illegal in Iowa“. 90 Jahre nach The Jungle, dem Buch von Upton Sinclair
aus dem Jahr 1906 [über Mißbräuche in Großschlachthöfen], ist alles wieder das
gleiche, und wir beschäftigen uns mit denselben Problemen. Obwohl Gesetze
erlassen wurden, um zu verhindern, daß so etwas wieder passiert, wurden sie
nicht durchgesetzt. 90 Jahre, nachdem Upton Sinclair diesen bahnbrechenden
Bericht über die Fleischverarbeitungsindustrie in den USA veröffentlicht hat,
strömen illegale Einwanderer in die Vereinigten Staaten, um die unsicheren,
schlecht bezahlten Jobs anzunehmen, die die meisten Amerikaner nicht annehmen
wollen.
Der Unterschied zwischen heute und damals? Heute gibt es ein System, das
dafür sorgt, daß die Illegalen kommen und die Industrie brummt, und die Betriebe
können sich darauf verlassen.
Bob Peterson sagte 1996: „Die Konzentration ist nicht aufzuhalten. Diese
Entwicklung wird stattfinden, egal, wer sich in den Weg stellt.“ Und das kommt
vom Chef des größten Fleischverarbeiters der Welt, Iowa Beef Processors, der
bald zu Tyson Foods gehören wird.
Im Dezember 1998 teilte mir mein einziger Abnehmer, National Beef in St.
Francis, Kansas, mit, daß sie meine Rinder nicht mehr kaufen würden. Ich hatte
14.000 Rinder, von denen dann 12.000 in einer Mastparzelle standen, weil ich sie
nicht verkaufen konnte. Also rief ich [Landwirtschafts-]Minister Dan Glickman
an, der für die Durchsetzung des Fleischverarbeitungsgesetzes zuständig war, das
mich vor den Machenschaften der Fleischverarbeiter schützen sollte. Ich fragte
ihn, warum er das Gesetz nicht durchsetzte, und er sagte: „Nun, wissen Sie,
Mike, in der heutigen Zeit der Globalisierung brauchen wir große Unternehmen,
die weltweit Geschäfte machen können.“
Ein Gerichtsverfahren, in dem ich 1996 als Kläger auftrat, endete damit, daß
ich von den großen Fleischverarbeitungsunternehmen hereingelegt wurde. Eine
manipulierte Justiz kehrt die Absicht des Gesetzes um, das eigentlich die
Erzeuger vor der mißbräuchlichen Macht der Fleischverarbeiter schützen soll.
Richter Strom schuf einen sehr schlechten Präzedenzfall, als er die Entscheidung
und den Schiedsspruch der Geschworenen von 2004 aufhob, die festgestellt hatten,
daß Tyson-IBP gegen das Gesetz verstoßen hatte. Der Oberste Gerichtshof lehnte
es später ab, sich mit dem Fall zu befassen, so daß Richter Strom den
Viehzüchtern, die in diesem Fall geklagt hatten, ein Geschworenenurteil über
1,28 Milliarden Dollar wegnahm und ihnen jede Hoffnung auf eine
Unterlassungsverfügung nahm, die die Fleischverarbeiter daran hindern würde,
wettbewerbswidrig zu handeln.
„JBS vergibt Spitzenjob an hochrangigen US-Politiker. Sao Paulo, Brasilien.
Der ehemalige US-Abgeordnete John Boehner, 53. Sprecher des
US-Repräsentantenhauses, wurde in den Vorstand von JBS Foods
Internationalberufen, einer Tochtergesellschaft der JBS SA in Sao Paulo.“
Das ist ein weiteres Beispiel für die Drehtür von der Regierung zu den
Unternehmen und wieder zurück. John Boehner war maßgeblich an der Aufhebung des
Gesetzes über die Herkunftskennzeichnung beteiligt und hat die Absicht des
Gesetzes über die Ankündigung von Preiserhöhungen, das die Erzeuger schützen und
die Märkte transparenter machen sollte, größtenteils rückgängig gemacht.
Also business as usual bei JBS. Nach der Zahlung von 3 Milliarden
Dollar zur Beilegung von Bestechungs- und Korruptionsvorwürfen haben die
Batistas bei JBS immer noch das Sagen – August 2017.
Ebenfalls im Jahr 2017 heuerte JBS den ehemaligen USDA-Chef für
Lebensmittelsicherheit, Al Almanza, an. Al Almanza hatte fast 40 Jahre lang für
das US-Landwirtschaftsministerium gearbeitet und war maßgeblich daran beteiligt,
kleine Betriebe mit verschärften Vorschriften und Regeln aus dem Geschäft zu
drängen. Dann ließ er als USDA-Chef während eines Zeitraums von 80 Tagen die
Einfuhr von Gammelfleisch aus Brasilien zu, während alle anderen Länder die
Einfuhr von Gammelfleisch über ihre Grenzen verboten hatten. Al Almanza
wechselte dann einfach zu JBS.
Das Monopol, das zwischen den Landwirten, den Viehzüchtern und den
Verbrauchern steht und die Kosten des Inputs und die Preise des Outputs
kontrolliert, ist die größte Bedrohung für die Landwirte und Viehzüchter sowie
auch für die Verbraucher, die keinen Zugang zu guten Lebensmitteln haben. Das
Monopol zieht den Reichtum aus den landwirtschaftlichen Unternehmen und
hinterläßt Armut, hungernde Menschen, schlechte Lebensmittel, stark verarbeitete
Lebensmittel, und verschärft die weltweite Krise des Hungers und des Mangels an
Nahrungsmitteln. Vier große Fleischkonzerne vernichten die kleinen
Viehzüchter.
Der jüngste Cyberangriff auf JBS war nur ein Schluckauf im großen Geschäft,
aber für den Gesetzgeber war die Sicherheitsbedrohung ein Signal dafür, daß es
an der Zeit sein könnte, die Branche aufzuteilen. Ähnlich wie beim COVID-Problem
und dem Zusammenbruch der Lieferketten geht es auch hier darum, bessere,
robustere und sicherere Lebensmittelsysteme aufzubauen, die nicht nur die
Menschen in der Landwirtschaft, sondern auch die Menschen, die essen wollen, aus
der Armut zu befreien.
Monopole sind schlecht. Darüber haben mehrere Autoren geschrieben, und Barry
Lynn [vom Open Markets Institute] sagt: „Bekämpfe, was schlecht ist, und baue
etwas Besseres auf.“
Also, bauen wir etwas Besseres auf. Wie soll das aussehen? Abraham Lincoln
und sein Berater Henry Carey sagten: „Wir müssen Maßnahmen ergreifen, um die
Erzeuger und Verbraucher von Lebensmitteln und Wolle zusammenzubringen und so
ihre Macht zu stärken, untereinander Handel zu treiben.“
Wie soll das gehen? „Big Food“ steht zwischen den Essern auf der einen Seite
und den Landwirten und Viehzüchtern auf der anderen. Laßt uns ein System
aufbauen, das die Kartelle der großen Lebensmittelmonopole umgeht.
Das haben wir mit Ranch Food Direct getan. Wir unterstützen Familienhöfe und
-ranches. Wir glauben, daß der ideale Bauernhof ein Familienbesitz und -betrieb
ist, diversifiziert und auf Viehzucht ausgerichtet. Verantwortungsvolle
Weidehaltung und Fütterung aus eigener Produktion, wobei der tierische Dung
wieder in den Boden zurückgeführt wird.
Ein direkterer Weg für Erzeuger, mit Verbrauchern in Kontakt zu treten, die
wissen wollen, woher ihre Lebensmittel kommen, könnte eine mobile
Schlachteinheit sein, die in einem Viehzuchtbetrieb aufgestellt wird. Die Tiere
werden dort verarbeitet, wo sie sich befinden, wodurch der Streß des Transports
entfällt und die Fleischqualität verbessert wird, weil Streß und Kosten
sinken.
© Michael Callicrate
Anlieferung von Fleisch, Eiern und anderen Agrarprodukten am Colorado Springs
Food Hub, dem Sitz von Ranch Foods Direct.
2021 wurde die mobile Schlachteinheit als Teil eines Lehrplans am Northern
Montana College nach Montana verlegt und ist nun durch eine speziell gebaute
Schlachthalle in St. Francis, Kansas, ersetzt worden. Das Schlachtfleisch wird
zusammen mit Eiern und anderen Lebensmitteln aus der Region 200 Meilen nach
Colorado Springs transportiert und an das Lebensmittelzentrum in Colorado
Springs, dem Sitz von Ranch Foods Direct, geliefert.
Der letzte Schritt, um der Landwirtschaft wieder zu mehr Wohlergehen zu
verhelfen, den Verbrauchern bessere Lebensmittel zu liefern und das Geld in den
Gemeinden zu halten, anstatt es an globale Konzerne und reiche Eliten auf der
ganzen Welt zu verteilen, ist meiner Meinung nach der Aufbau öffentlicher
Märkte. Ich denke, wir brauchen öffentliche Märkte, ob sie nun in öffentlichem
oder privatem Besitz sind oder im Miteigentum der dortigen Anbieter.
Ich beschreibe den Markt so: Der Markt ernährt die Stadt. Inhabergeführte
Unternehmen verarbeiten und verpacken Lebensmittel aus der Region, von Fleisch
über Getreide bis hin zu saisonalen Produkten. Eine Brauerei, die Getreide und
Hopfen aus der Region verwendet, und viele andere Hersteller von Fertigprodukten
verkaufen direkt an Konsumenten und Gaststätten. Vom Hauptmarkt gehen saisonale
Märkte ab, auf denen Erzeuger und Landwirte aus der Stadt und vom Land vertreten
sind. Der ganzjährig geöffnete Markt ist der Ort, an dem sich Gemeinschaft
abspielt – ein Treffpunkt für Einwohner und Besucher.
Ich danke Ihnen.
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