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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Die Alternative zur Konfrontation mit Rußland und China

Das Internetseminar des Schiller-Instituts untersuchte, wie die drohende Eskalation zwischen dem Westen, Rußland und China abgewandt werden kann.

Die Kooperation in der Kernfusion und der Weltraumfahrt als Alternative zur Konfrontation mit Rußland und China war Thema eines Internetseminars des Schiller-Instituts am 3. März. Referenten des Seminars waren die Gründerin und Vorsitzende des Schiller-Instituts Helga Zepp-LaRouche, der Ökonom und Friedensforscher Prof. Wilfrid Schreiber, Werner Zuse von der Europäischen Landwirtekommission des Schiller-Instituts, Dr. med. Wolfgang Lillge, Chefredakteur des Wissenschaftsmagazins Fusion, und die Weltraum-Journalistin Jacqueline Myrrhe.

Kultur der Nichtdiskussion

„Houston, wir können Euer Problem lösen!“ Die Stromausfälle in den USA im Februar seien ebenso wie die Probleme bei der Bekämpfung der COVID-Pandemie ein Symptom für das Versagen des neoliberalen Systems, betonte Helga Zepp-LaRouche. Aber anstatt die eigenen Fehler zu korrigieren, versuche der Westen, Regimewechsel in Rußland und China herbeizuführen. US-Präsident Biden habe zwar angekündigt, daß Trumps Politik in allen Punkten überprüft würde, aber der geopolitische Kurs gegenüber China und Rußland bleibe unverändert. Das größte Problem sei dabei, daß keine öffentliche Debatte über die Ursachen dieses Versagens stattfinde, es herrsche eine Kultur der Nichtdiskussion.

Die zugrundeliegende Dynamik führe hin zu einer faschistischen Ökonomie: Der Versuch, den Ausstieg aus der Kernkraft und den fossilen Energieträgern durchzusetzen, wie es im Rahmen der Konzepte des „Great Reset“, des „Green (New) Deal“ oder der „Großen Transformation“ gefordert wird, würde die Menschheit auf ein vorindustrielles Niveau zurückwerfen, auf eine Weltbevölkerung von 1-2 Milliarden Menschen. Sie verglich die Forderungen aus der Finanzwelt, dafür 30 bis 50 Billionen Dollar zu investieren, mit der Politik des Dritten Reiches, das seine Aufrüstung mit Hilfe der berüchtigten MEFO-Wechsel finanzierte. Wie damals, stünden auch heute die großen Banken und Konzerne hinter dieser Schachtschen Politik.

Die internationale Kooperation bei der Bekämpfung der COVID-Pandemie sei ein Präzedenzfall für eine positive Alternative. Die Nationen der Welt müßten zusammenarbeiten, um die gemeinsamen Probleme zu lösen. Als konkrete Bereiche einer solchen Zusammenarbeit nannte sie den Aufbau moderner Gesundheitssysteme in allen Ländern und den Wiederaufbau der kriegszerstörten Länder im Nahen Osten.

Europa steht nicht mehr im Mittelpunkt

Der Friedensforscher Prof. Wilfrid Schreiber sprach über „Strategische Implikationen der Reorientierung auf den Indo-Pazifischen Raum durch die USA und Rußland“. Er stellte fest, daß sich die Weltgemeinschaft in einer kritischen und sehr gefährlichen Lage befinde, und präsentierte dazu vier Thesen:

  • Die gegenwärtige Lage habe den Charakter eines Umbruchs wie Anfang der 1990er Jahre. Damals habe sich der Westen als Sieger gefühlt, heute sähen sich die USA in der Defensive und fühlten sich durch den Aufstieg Chinas herausgefordert. Aber China sei ein untrennbarer Teil der Weltwirtschaft.

  • Die Rivalität zwischen den USA und China konzentriere sich auf den indo-pazifischen Raum, weg von Europa. Als Beispiele dafür nannte er einerseits die Bildung der Quad-Allianz der USA, Japans, Australiens und Indiens als „sanftes“ Militärbündnis und andererseits die Regional Comprehensive Economic Partnerschaft Chinas mit den ASEAN-Staaten, Japan, Australien, Südkorea und Neuseeland, die 29% des Welthandels umfaßt. Der Schwerpunkt der Weltwirtschaft habe sich nach Ostasien verlagert, diese Verlagerung habe Folgen für die Außenpolitik sämtlicher wichtigen Akteure.

  • Rußland stehe nicht mehr im Fokus der USA. Rußland sei jedoch immer noch eine führende Militärmacht, es sei auf die Weltbühne zurückgekehrt, aber ihm sei der wirtschaftliche Durchbruch noch nicht gelungen. Daher habe es kein Interesse an militärischen Abenteuern.

  • Europa sei nicht mehr der Brennpunkt der Konfrontation, nun sei ihm die neue Aufgabe zugewiesen, die Flanken für die USA zu sichern. Denkbar sei eine Rolle Europas als Vermittler, um eine Eskalation zu verhindern. Die Transatlantiker wollten die Unterordnung Europas unter die USA und hätten die gefährliche Vision einer „demokratischen Allianz“ – „Demokraten gegen Autoritäre“ – als einer globalen NATO. Dies beschwöre die Gefahr einer Eskalation herauf, die verhindert werden müsse.

EU-Politik führt in den Hunger

Werner Zuse von der Europäischen Landwirtekommission des Schiller-Instituts sprach über das Thema „Great Reset und Green Deal: Auswirkungen auf Landwirtschaft und Welternährungslage“. Neben dem Frieden und der Gesundheit sei die Ernährung ein Thema, das für alle wichtig ist. Er erinnerte an die Warnungen des Direktors des Welternährungsprogramms (WFP), Beasley, vor einer „Hungerkatastrophe von biblischem Ausmaß“. Schon bei der Gründung der Landwirtekommission vor 35 Jahren hätten als Hauptforderungen faire Preise für die Erzeuger und die Verdoppelung der weltweiten Nahrungsmittelproduktion im Mittelpunkt gestanden. Tatsächlich bewirke aber die Agrarpolitik, etwa das EU-Programm „vom Hof auf den Tisch“ (Farm to Fork), das Gegenteil. Zuse zitierte aus einer Studie des US-Landwirtschaftsministeriums, wonach eine weltweite Durchsetzung der EU-Maßnahmen die Zahl der Hungernden weltweit um 185 Millionen vergrößern würde. Gleichzeitig würden die Landwirte zu „Energiewirten“, indem sie statt Nahrungsmitteln Monokulturen als Energiequelle anbauen. Die Folge seien Preissteigerungen für die Verbraucher bei sinkenden Einkommen für die Landwirte.

Dabei setze die EU nur die Ideen anderer um. Er zitierte aus den jüngsten Buch des Gründers des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, wonach die Landwirtschaft „der größte Störfaktor für die Natur“ sei, und die Thesen des Club of Rom, der das Bevölkerungswachstum zur größten Bedrohung erklärt habe.

COVID: Wettlauf mit der Zeit

Dr. Wolfgang Lillge sprach über das Thema „Der Wettlauf mit der Zeit: Vakzine für alle Nationen“. Er betonte: Entweder bringen wir die COVID-Pandemie sehr bald unter Kontrolle, oder es droht eine dritte Welle mit Mutationen. Aber es werde nicht genug dagegen getan.

Es sei unverständlich, warum die inzwischen verfügbaren Impfstoffe nicht schneller eingesetzt werden. Die zentrale Beschaffung durch die EU habe sich als Fehler erwiesen, die russischen und chinesischen Impfstoffe seien auf die lange Bank geschoben worden. Ein großes Problem sei, daß in der Dritten Welt kaum Impfstoffe ankommen, nur Rußland, China und das UN-Programm COVAX stellen den armen Ländern Impfstoffe zur Verfügung. Beim jetzigen Tempo würden bis zu einer weltweiten „Herdenimmunität“ mindestens sieben Jahre vergehen.

Tatsächlich sei eine große Lösung notwendig, es müsse ein Weltgesundheitssystem aufgebaut werden, das allen Nationen eine moderne Krankenversorgung sichert. Dazu müsse die weltweite Kooperation ausgeweitet werden. In diesem Zusammenhang kritisierte er ausdrücklich die Kampagne gegen China als angeblich „Schuldigen“ der COVID-Pandemie, die eher ein Versuch sei, vom eigenen Versagen abzulenken. Vielmehr müsse man von China lernen, wie dort COVID unter Kontrolle gebracht wurde.

Aufbruch zum Mars

Schließlich sprach die Weltraumjournalistin Jaqueline Myrrhe über die derzeit laufenden Mars-Missionen der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), der USA und Chinas – „Hoffnung, Ausdauer und Fragen an den Himmel“. Die Erforschung des Mars habe sich bisher als schwierig erwiesen – nur 26 von 50 Missionen zum Mars seien erfolgreich verlaufen, nur 10 von 18 Landeversuchen seien geglückt.

Die Al-Amal-Mission der VAE sei der erste arabische Beitrag zur Planetenforschung, es handelt sich um einen Satelliten, der die Marsatmosphäre erkunden wird. Das Land sei sehr stolz auf seine Leistung und setze sich langfristige Ziele – so solle bis 2117 eine bemannte Kolonie auf dem Mars entstehen.

Die amerikanische Mission Mars 2020 mit ihrem 1 t schweren Marsrover Perseverance und dem Hubschrauber Ingenuity diene der Erforschung der Biologie des Mars. Perseverance soll mit seiner Nuklearbatterie ein Jahr lang den Mondboden erkunden und Proben sammeln, die mit einer späteren Mission zur Erde zurückgeholt werden sollen.

Die chinesische Mission Tianwen-1 untersucht die chemische Zusammensetzung des Marsbodens und besteht aus einem Orbiter, einem Lander und einem 240 kg schweren, solar angetriebenen Rover. Die sehr ehrgeizige Mission sei ein Kompromiß zwischen dem Testen der eingesetzten Geräte und den wissenschaftlichen Aufgaben.

Auch die ESA habe ursprünglich für die gegenwärtige „Saison“ eine Mission zum Mars geplant, die jedoch auf die nächste Gelegenheit in zwei Jahren aufgeschoben werden mußte.

Bei diesen Missionen handle es sich nicht um einen „Wettlauf zum Mars“, vielmehr spiele die internationale Kooperation bei allen diesen Missionen eine große Rolle. So seien an der Al-Amal-Mission amerikanische Universitäten, die indische Raumfahrtbehörde und eine japanische Trägerrakete beteiligt, zu Mars 2020 gebe es Beiträge der ESA, Spaniens und Norwegens, und zu der chinesischen Tianwen-1-Mission gebe es neben der ESA Beiträge aus Österreich, Argentinien und Frankreich.

In der abschließenden Diskussion stand der Gedanke im Mittelpunkt, daß globale Probleme auch globale Antworten erfordern, sie können nur gelöst werden, wenn wir auf Konfrontation verzichten. Die zentrale Frage müsse sein: Wie können wir die dauerhafte Existenz der Menschheit sichern? Dazu müssen sich die Menschen mit den Gefahren auseinandersetzen. Aus diesem Grund werde das Schiller-Institut von nun an jeden Monat derartige Seminare veranstalten.

Alexander Hartmann