Friedrich Schiller Denkmal
Friedrich Schiller



Hauptseite
       

Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Wissenschaft ist gut

Von Lyndon LaRouche

Zu Beginn der Konferenz des Schiller-Instituts am 24. Juli 2021 wurde der folgende Ausschnitt einer Rede von Lyndon LaRouche aus dem Jahr 1985 gezeigt.

In unserem Bestreben, die genaue Natur unseres Eigeninteresses zu definieren, suchen wir wie Sokrates nach einer Definition des Guten: Was ist das, was in welcher Weise diesem Eigeninteresse dient? Wie können wir sicher sein, daß das, was wir tun, unter Umständen, die wir nicht vorhersehen können, für die Menschheit in der Gegenwart und in künftigen Generationen von Nutzen sein wird? Wie kann man wissen, daß das, was man heute tut, als gut beurteilt werden kann? Ein Beitrag zum Guten in 10, 20 Generationen von heute? Wie kann man das wissen?

Man kann nicht einfach sagen: „Ich tue das, was mein Vater und meine Mutter mir gesagt haben, oder was meine Altersgenossen mir sagen, oder was die aktuelle Meinungsumfrage mir sagt. Und wenn ich so handle, glaube ich, gut zu sein, meine Freunde und Nachbarn und Altersgenossen glauben, daß ich gut bin, und wer sind Sie, daß Sie das bestreiten?“ Solche Definitionen des Guten sind wertlos!

Was ist das Gute, selbst wenn es nur einer Person bekannt wäre, ungeachtet der gegenteiligen Meinung jedes anderen lebenden Menschen? Und wie könnte dieses Gute bewiesen werden? Das ist die Frage, die Sokrates beschäftigte: Was ist das Gute? Der Mensch wird korrekterweise durch nichts anderes als durch die Liebe zum Guten motiviert! Diese Liebe zum Guten und ihr überzeugter Selbstzweck ist das Wesen des wirklichen Eigeninteresses.

Noch bevor die Frage nach der Natur des Guten beantwortet ist, wird allein dadurch deutlich, daß wir als Individuen Instrumente von etwas Universellem sind und sein müssen; daß wir als Mikrokosmos des Universums ein wirksames Werkzeug des Makrokosmos werden müssen – der Entwicklung von etwas Größerem, Dauerhaftem, Allumfassendem, das insbesondere den Zustand und die Tätigkeit der ganzen Menschheit umfaßt. Unser Eigeninteresse liegt nicht innerhalb unserer körperlichen Hülle – oder nur in dem, was innerhalb dieser Hülle für das Wirken unseres Eigeninteresses notwendig ist. Unser Eigeninteresse liegt im Guten, in etwas Universellem. Das ist unser Wirken; das ist unser Eigeninteresse. Und das haben einige Menschen verstanden.

Was ist das Gute? Wie kann man empirisch beobachten, was das Gute ist?

Nun, zuerst schauen wir uns den Unterschied zwischen uns und den Tieren an. Und dann muß man Ökonomie studieren; nicht die Art von Ökonomie, die heute in Washington oder an den Universitäten gepredigt wird, oder von den sogenannten Ökonomen, sondern die physische Ökonomie – die reale Ökonomie, die Fähigkeit einer Gattung oder eines Individuums, die materiellen und kulturellen Bedingungen zu produzieren, die für die Existenz dieser Gattung notwendig sind.

Was ist der Unterschied zwischen uns und den Tieren? Der Unterschied ist sehr einfach zu beobachten – zumindest historisch, auch wenn man ihn nicht unter den heutigen Leuten in Washington beobachten kann.

Im frühesten Zustand der Menschheit, wie von den allwissenden Anthropologen behauptet, benötigte man im Durchschnitt etwa zehn Quadratkilometer der Erdoberfläche, um ein Individuum zu ernähren, und das unter sehr miserablen Lebensbedingungen. Das Durchschnittsalter eines solchen Individuums lag deutlich unter 20 Jahren. Solche kleinen Gruppen von Individuen waren eine Art erweiterter, mutterdominierter Familienclan. Die alte Mutter des Stammes, wahrscheinlich 28 Jahre alt, herrschte über eine Menge kleiner Kinder, zänkischer Kinder, die sich Tieren sehr ähnlich verhielten und dachten. Das Leben dieser kleinen Gruppen war äußerst prekär. Und es gab nicht mehr als ungefähr 10 Millionen solcher elenden Kreaturen, die ein noch prekäreres Leben als eine Horde von Pavianen auf diesem Planeten führten.

Aber heute gibt es etwa 5 Milliarden Menschen auf der Erde, die, abgesehen von den Liberalen, auf einer viel höheren Existenzstufe leben als Paviane.

Wie sind wir dahin gekommen? Hierin liegt der Unterschied, der empirisch nachweisbare Unterschied zwischen dem Menschen und den Tieren.

Wir sind dorthin gelangt durch das, was wir heute wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt nennen, der sich in Form von wissenschaftlichen Entdeckungen äußert, durch die wir angeleitet werden, unser Verhalten zu ändern.

Das heißt, wir verhalten uns nicht nach dem, was Adam Smith als „Urinstinkte“ anpries, sondern wir unterdrücken diese tierischen, pavianartigen Instinkte, um eine andere Qualität hervorzubringen, die wir in uns haben: die Qualität der schöpferischen Vernunft, die Fähigkeit, zum Himmel zu schauen und einen astronomischen Sonnenkalender zu entwickeln, im Gegensatz zu jenen Verrücktheiten, die aus Babylonien kamen. Im Grunde war das sehr einfach: Der Mensch schaute nach oben, nahm ein paar Stöcke oder Steine und tat das offensichtliche. Er bestimmte den Winkel des Sonnenaufgangs, den Winkel des Sonnenuntergangs und den höchsten Stand der Sonne während ihres Mittagslaufs. Elementar!

Und dann tat der Mensch etwas ebenfalls sehr offensichtliches: Er blieb nachts auf – eine Sache, die, ich sage es Ihnen, für die Weisheit unerläßlich ist! Man muß warten, bis die Welt schläft, und dann überlegen, was los ist; und dann, am nächsten Morgen, hat man die Welt aus den Angeln gehoben. Das ist Weisheit!

Man bleibt nachts auf und erfaßt diese Beobachtungspunkte, den Sonnenaufgang, den Sonnenuntergang und die Mittagsposition, und man beobachtet, welchen Konstellationen und Sternen diese Beobachtungen entsprechen. Man fixiert diese mit Steinen, wie mit jenen megalithischen Konstruktionen, die sich überall in der Bretagne, in Irland und Britannien finden, am besten verkörpert durch Stonehenge. Man kann die Tage nach der Sonne zählen, nicht nach Wahnvorstellungen. Man zählt die Anzahl der Tage. Nach fünf Jahren entdeckt man, daß im Zyklus des Vor- und Rückgangs der Position der Sonne – und der Mensch verwendete offensichtlich die Tagundnachtgleiche für die Datierung dieses Kalenders –, daß es ungefähr 365 und ein Viertel Tage in einem Zyklus gibt, der ein Jahr genannt wird. Und dann entdeckt man mit denselben Mitteln andere Zyklen.

Ein Tier kann das nicht – und ein Liberaler auch nicht! Nur ein Mensch kann das. Bereits die frühesten bekannten Kulturen, die auf 6-, 7-, 8- oder 10.000 v. Chr. datiert werden, entwickelten einen astronomischen Sonnenkalender, der genauer ist als alles, was bis ins 19. Jahrhundert hinein existierte, und der auch alles weit übertraf, was seit der Gründung von Sumer und Ur im biblischen Land Mesopotamien geschaffen wurde – was ein von den Babyloniern verfaßter biblischer Betrug ist, die auf Anweisung von babylonischen chaldäischen Priestern die alten jüdischen Schriften umschrieben.

Der Mensch ist also dazu fähig; fähig zur Vernunft, fähig, die gesetzmäßige Ordnung im Universum zu erkennen und das Wissen um diese gesetzmäßige Ordnung zu nutzen, um sein eigenes Verhalten neu zu gestalten und zu ändern. Indem wir die Vernunft nutzen – nicht Smiths bestialische Eigenschaften der „Urinstinkte“ – und diese zum Merkmal des menschlichen Verhaltens machen, erreichen wir das, was wir wissenschaftlichen und technischen Fortschritt nennen. Wir steigern nicht nur die Macht des Menschen über die Natur, indem wir den menschlichen Willen dem Gesetz der Vernunft im Universum unterstellen, und indem wir den Verstand – und nicht den bestialischen Aspekt des Menschen – zur Persönlichkeit, zum Wert und zur Identität des Individuums machen, heben wir den moralischen Zustand der Menschheit. Wir erhöhen nicht nur die menschliche Bevölkerung, sondern wir erhöhen den möglichen moralischen Zustand der Menschheit, wenn wir keine Oligarchen haben, die den Prozeß ruinieren – Wucherer, venezianische Bankiers und dergleichen.

Dann beginnen wir zu entdecken, was das Gute ist. Was ist das Gute? Das Gute ist die Fähigkeit des Geistes, ein Prinzip der Vernunft als die gesetzmäßige Ordnung des gesamten Universums zu erkennen. Zu erkennen, daß damit ein Entwicklungsprozeß verbunden ist; und zu erkennen, daß das anhaltende und wachsende Beherrschtsein der Persönlichkeit durch die entwickelte Vernunft das Gute ist. Die Erhöhung des sittlichen Zustandes der Menschheit in Übereinstimmung mit diesem Prinzip und in Handlungen, die mit diesem Prinzip übereinstimmen, ist das Gute.

Das war das Prinzip von Solon in Athen. So lautete das Prinzip der platonischen Akademie, das Konzept der Republik. Und das war das Prinzip der Gründung der modernen europäischen Republik durch die Schriften des Heiligen Augustinus. Das ist das Gute.

Die Republik ist der einzige natürliche Zustand der Menschheit. Dante und seine Anhänger bewiesen, daß die einzige natürliche Form der Republik ein völlig souveräner Nationalstaat ist, der nicht dem IWF, der Weltbank oder der UNO unterworfen ist – ein souveräner Nationalstaat, eine Republik, die auf der Verwendung einer gemeinsamen Bildungssprache ihrer Bürger beruht. Eine Bildungssprache, die diesen Bürgern, mit den Worten Shelleys, „die Macht verleiht, tiefe und leidenschaftliche Vorstellungen über Mensch und Natur zu vermitteln und zu empfangen.“ Vorstellungen, die in der Form der Vernunft organisiert sind; die Form der Vernunft, wie sie vom Sokrates der Dialoge Platons vorgelebt wird.