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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Staatskredit zur Finanzierung des Aufschwungs

Von Claudio Celani

Herr Celani ist Wirtschaftsredakteur der Nachrichtenagentur E.I.R. Beim Internetseminar des Schiller-Instituts am 3. Februar hielt er den folgenden Vortrag, der für den Abdruck leicht überarbeitet wurde.

Ich möchte an die Frage der letzten Zuschauerin über die gesunde Ernährung anknüpfen... Das Problem ist nicht so sehr die „gesunde“ Ernährung, ich würde eher das Problem in der Ernährung überhaupt sehen. Wenn wir außerhalb Europas schauen, aber auch in Europa, merken wir, daß die Armut und die Hungersnot unglaublich angewachsen sind, gerade wegen der Pandemie. Denn zu der Hungersnot, die schon in Afrika und anderen Ländern Hunderttausende und Millionen von Menschen getroffen hat, kommt jetzt zusätzlich die Kürzung der Hilfsmittel aus Europa, aus Amerika, aus den reichen Ländern wegen der Pandemie und der Wirtschaftskrise, sodaß wir wirklich ein Horrorszenario sehen für 2021, wo das Hungersterben zunehmen wird in der Welt.

Deshalb betone ich: Das Problem ist die Ernährung überhaupt, denn die Basis für eine Immunität des Volkes ist ein Mindestverbrauch von Kalorien. Ich glaube, die Virologen und die Experten würden da zustimmen. Und wir müssen das garantieren.

Deshalb hat das Schiller-Institut vorgeschlagen, man sollte ein Programm für die Schaffung von 1,5 Milliarden Arbeitsplätzen auf der Welt realisieren. Und wir haben errechnet, daß das für Europa mindestens bedeutet, daß wir 30 Millionen neue Arbeitsplätze schaffen müssen, wenn wir über einen Erholungsplan überhaupt reden wollen. Diese Schätzung kommt von den offiziellen Zahlen der Arbeitslosigkeit in Europa – die man wahrscheinlich verdoppeln kann - , aber sie kommen aus Daten von vor der Pandemie, d.h., sie sind schon sehr, sehr konservativ.

30 Millionen Arbeitsplätze in Europa und das müssen natürlich produktive Arbeitsplätze sein – viele davon werden sehr teuer sein. Aber wenn wir in die Industrie investieren, wissen wir, daß ein Arbeitsplatz in der Industrie drei weitere Arbeitsplätze schafft. Und deshalb haben wir gedacht, vielleicht schaffen wir das mit drei Billionen Euro. Das klingt sehr viel – 3000 Milliarden Euro. Aber wenn man bedenkt, daß die EZB in einem Jahr aus dem Nichts 2000 Milliarden Euro erzeugt hat, dann relativiert sich das.

Man müßte dann die Frage beantworten, woher kommt das Geld, wo findet man das Geld? Und da stößt man auf eine verbreitete Ideologie, wo man denkt, das Geld muß irgendwo sein, man muß das Geld irgendwo auftreiben, vielleicht durch Steuern oder was weiß ich.

Da gibt es zwei verschiedene Meinungen. Die eine sagt, wir müssen das aus der Bevölkerung durch Steuereinnahmen aufbringen, oder durch Kapitalsteuern, und dann gibt es die andere Meinung, man könne einfach Geld drucken. Es ist also nicht so einfach, und ich habe versucht, das ein bißchen anzusprechen in der neuen EIR-Studie.1

Ein Kreditsystem anstelle eines Geldsystems

Ich beziehe mich auf eine Definition von Lyndon LaRouche. Er hat das gegenwärtige System sehr treffend als unbrauchbar geschildert und als „Geldsystem“ bezeichnet, und dagegen hat er vorgeschlagen, man müßte ein „Kreditsystem“ schaffen, um das Geldsystem zu ersetzen.

Was bedeutet das? Schauen wir uns kurz dieses Geldsystem an, von dem Helga Zepp-LaRouche schon ein bißchen erzählt hat. Wir leben in einer Welt, in der die Zentralbanken Geld aus dem Nichts schaffen – 2000 Milliarden in einem Jahr von der EZB, 3000 Milliarden von der Federal Reserve –, aber dieses Geld fließt nicht in die Produktion. Außerdem wird Geld als etwas betrachtet, was Wert an sich hat, und es wird manipuliert, sodaß der Wert des Geldes manipuliert werden kann, und wer davon profitiert, das sind die großen Kapitalbesitzer, also das Finanzsystem.

Quelle: EZB
Abb. 1: Bilanzsumme der EZB (in Billionen Euro). Die EZB hat ihre Bilanz im vergangenen Jahr stark ausgeweitet, sie hat die Geldmenge um 2000 Mrd. Euro erhöht.

In Abbildung 1 kann man sehen, wie die Kurve der EZB-Bilanz nach oben geht, das ist die Geldmenge, welche die EZB gedruckt hat. In der gleichen Periode, in der die EZB so viel Geld gedruckt hat, hat die Kreditvergabe der Banken an die Unternehmen aber nicht zugenommen, sie ist geschrumpft, d.h. die EZB hat Geld gedruckt, aber dieses Geld hat keinen Kredit geschaffen für die Wirtschaft. Und das zeigt bildlich die Idee dieses Geldsystems. Ein Kreditsystem ist etwas anderes.

Ich muß dazu sagen: Das Geldsystem wird von den Zentralbanken betrieben, die Zentralbanken sind unabhängig von den Regierungen, und sie benutzen diese Unabhängigkeit, um Geld an die Regierungen zu verleihen, d.h. die Regierung muß dafür bezahlen, Geld von der Zentralbank zu bekommen. Und dadurch entstehen Schulden gegenüber der Zentralbank.

Das Muster für ein Geldsystem ist das britische System des 19. Jahrhunderts, der Goldstandard. Der Goldstandard ist das System, bei dem das britische Pfund die Reservewährung der Welt war, und man konnte nur so viel Geld drucken, wie Goldreserven da waren. Und das ist natürlich ein riesiges Problem.

Die Überwindung dieses Systems kam durch das Bretton-Woods-Abkommen am Ende des Zweiten Weltkriegs. Das Bretton-Woods-System ist ein Modell, eine moderne Form von Kreditschöpfung, und Lyndon LaRouche hat vorgeschlagen, man sollte wieder ein Bretton-Woods-System einführen, aber in einer verbesserten Form.

Zum ersten hat er erklärt, daß das Bretton-Woods-System, obwohl es auf einer Goldreserve basierte, überhaupt nicht so funktionierte wie der britische Goldstandard. Das Bretton-Woods-System gründete auf einer Mischung aus Goldreserven der Zentralbank, aber auch der Stärke und Produktivität der Wirtschaft. Im Grunde beruhte die Währung der USA nicht nur auf den Goldreserven, obwohl man einen Wechselkurs des Dollar in Gold hatte, sondern der Wert der Währung beruhte auf der Kombination aus dieser Goldreserve und der Produktivität und den Exporten der USA.

Lyndon LaRouche hat dann vorgeschlagen, eine bessere Version dieses Systems zu entwerfen, ein neues Bretton-Woods-System, indem man einen Warenkorb aufstellt – er benutzt das Wort „commodity“, das sind aber nicht nur Waren, sondern auch andere Dinge wie z.B. Elektrizität, und ich zitiere ihn in meinem Artikel. Ich werde jetzt seine Zitate nicht vorlesen, aber man sollte das wirklich lesen, nicht weil ich das geschrieben habe, sondern weil Lyn das schon im Jahr 2000 sehr gut beschrieben hatte.

Mit diesem System kann der Vorschlag von Helga [Zepp-LaRouche], Nationalbanken in jedem Land zu haben, sehr gut funktionieren: Sie kommen zusammen, es sind Nationalbanken, anders als die Zentralbanken sind sie nicht unabhängig. Aber wie Alexander Hamilton in seinem Bericht an den Kongreß nach der Amerikanischen Revolution erklärt, ist die Nationalbank da zur Finanzierung und Entwicklung der Manufakturen und zur Unterstützung der Regierungspolitik. Das müssen wir wieder einführen.

Wie finanziert man die Schaffung von 30 Millionen Arbeitsplätzen?

Aber zurück zu dieser Idee: Wie schafft man 30 Millionen Arbeitsplätze in Europa?

Wir haben eine nationale Politik, aber wir sind nicht gegen eine europäische Aktion oder eine europäische Kooperation. Unser Vorschlag ist, die Europäische Investitionsbank (EIB) dafür zu benutzen. Die EIB arbeitet als multilaterale Geschäftsbank und vergibt Kredite auf der Grundlage des Kapitals, das die Mitgliedsländer im Verhältnis zu ihrem BIP einzahlen.

Der Vorteil einer solchen Option gegenüber dem derzeitigen EU-System besteht darin, daß der EU-Aufbaufonds nur das verleihen kann, was er selbst leiht, während die EIB ein Vielfaches des eingezahlten Kapitals verleihen kann, wie es jede Geschäftsbank traditionell tut. Wir schlagen einen sehr konservativen „Hebel“ von 1:4 vor. Ein Vierfaches des Kapitals klingt viel, ist aber sehr wenig, wenn man bedenkt, daß die Deutsche Bank z.B. eine Hebelung von 1:24 und die EZB eine maximale Hebelung von 1:33 festgelegt hat.

Das bedeutet, daß die EIB mit einem Kapital von 800 Milliarden in der Lage wäre, genug Kredit zu schöpfen, um unser Programm für die Vollbeschäftigung zu finanzieren. Gemäß ihrer Satzung kann die EIB bis zu 248,8 Milliarden Euro von ihren Mitgliedern abrufen, und sie sollte deshalb mit ca. 550 Milliarden mehr ausgestattet werden.

Das ist weniger als das, was die EU als „Next Generation EU“ auszugeben plant: insgesamt 750 Milliarden Euro. Dieses Geld dient der Finanzierung des Green Deal, der Dekarbonisierung, des Great Reset, und der Finanzinstitutionen, die das ausführen sollen (die EIB ist laut Statut an solche „grünen“ Investitionen gebunden, und deshalb müßten wir ihr Statut ändern).

750 Milliarden klingt sehr viel, aber es ist im Grunde sehr, sehr wenig. Anders als die EIB kann der Recovery and Resilience Fund nicht mehr ausgeben als das, was er hat. Ein Teil davon sind Kredite, die man auf dem Markt besorgen muß und letztendlich zurückzuzahlen hat – ungefähr 290 Milliarden –, und ein Teil sind Grants, also Geschenke, Geld, das einfach ausgegeben wird und nicht zurückgezahlt werden muß.

Nehmen wir den Fall Italien, Italien ist eigentlich das Ziel dieses Programms. Denn Italien braucht eine starke Erholung der Wirtschaft, und um zu vermeiden, daß das Land aus dem Euro austritt, hat man gesagt, okay, laßt uns ein wenig Geld für Italien zur Verfügung stellen.

Nun, Italien kann sich derzeit auf dem Markt sehr gut finanzieren, mit sehr niedrigen Zinsen, sodaß die Darlehen des Recovery Fund nicht interessant sind. Anders ist es natürlich bei den Grants, dem Geld, das geschenkt wird. Italien stehen davon 80 Milliarden zu. Aber diese 80 Milliarden sind in Wirklichkeit nur 40, denn Italien zahlt auch selbst in diesen Fonds ein. Man hat errechnet, daß am Ende nur die Hälfte zur Verfügung steht, und das über einen Zeitraum von sieben Jahren, also kann Italien jährlich höchstens 3-5 Milliarden umsonst von diesem EU-Fonds haben. Das ist nichts!

Aber das wird benutzt, um politische Ziele zu erreichen. Während wir in unserem Webinar diskutierten, habe ich hier das Fernsehen an, und da laufen die Bilder von der politischen Krise in Italien, und Sie wissen wahrscheinlich schon, daß der Staatspräsident ein Mandat an Mario Draghi gegeben hat, den ehemaligen Chef der EZB. Das wäre vor ein paar Jahrzehnten noch undenkbar gewesen, aber das zeigt, wie diese Erpressung funktioniert. Das ist eine regelrechte Verschwörung, und nicht einmal eine geheime Verschwörung, das wurde schon angekündigt; es ist eine offene Verschwörung, aber die offenen Verschwörungen sind wahrscheinlich die gefährlichsten. Man will das Ziel erreichen: die totale Kontrolle über die Wirtschaft, die Steuerpolitik, die Ausgabenpolitik, usw.

Und Mario Draghi verkörpert das Paradigma von allem, was in der Geld- und Finanzpolitik in Europa in den letzten sieben Jahren falsch gemacht wurde. Dieses „Quantitative Easing“ hat er angefangen, den Euro hat er „gerettet“, die Wirtschaft Griechenlands hat er kaputtgemacht, usw. usf. Er war auch Komplize des Sturzes der italienischen Regierung 2011, zusammen mit Trichet. Wir haben eine Situation im Sinne der Diskussion der Zentralbankiers vor zwei Jahren in Amerika, in Jackson Hole, daß die Zentralbanken die Fiskalpolitik der Regierungen in ihre Hände nehmen sollten: da haben wir schon das Experiment. Und man sollte nicht denken, daß das in Italien passiert, weil in Italien immer politisches Chaos herrscht, und das eben am Ende passiert, wenn man Chaos hat – man sollte bedenken, daß historisch gesehen Italien ein Labor ist, und 1922 kamen die Faschisten an die Macht in Italien, und Deutschland folgte zehn Jahre danach. Das ist also Teil der Great-Reset-Politik, das ist nichts anderes.

Ich will jetzt nicht viel mehr erzählen, ich hoffe, es gibt viele, viele Fragen.


Anmerkung

1. Die Pandemie besiegen – Eine neue Epoche der Menschheitsgeschichte, siehe https://shop.eir.de/produkt/e-i-r-bericht-die-pandemie-besiegen/