Von Helga Zepp-LaRouche
Im Rahmen des ersten Konferenzabschnitts stellte Helga
Zepp-LaRouche die LaRouche Legacy Foundation vor, die gegründet wurde, um das
Lebenswerk ihres Ehemanns Lyndon LaRouche für die Öffentlichkeit zugänglich zu
machen.
Lassen Sie mich nur ganz kurz sagen: Wir haben die Stiftung „LaRouche
Legacy Foundation“ zu dem Zweck gegründet, das Werk meines Mannes zu erhalten
und der ganzen Welt zugänglich zu machen. Wir wollen seine Gesammelten Werke
veröffentlichen, und das ist eine Mammutaufgabe! Jeder, der Lyn gekannt hat,
weiß, er hat an einem guten Tag 80 bis 100 Seiten geschrieben, druckreif! Mit
allen Fußnoten, mit allem, was normalerweise die Redaktion macht, und ich habe
es noch nicht gezählt, aber wenn diese Reihe der Gesammelten Werke auf 50, 60,
ja sogar 100 Bücher heranwächst, wäre ich nicht überrascht.
Dann haben wir alle Videos. Wir haben die Briefe, die Memoranden, die
internen Mitteilungen an wichtige Personen auf der ganzen Welt, in Regierungen
und so weiter. Es handelt sich also um eine gigantische Arbeit, die meiner
Meinung nach im Hinblick auf die historische Bedeutung von Lyndon LaRouche
absolut entscheidend ist. Ich will es nicht als Tragödie bezeichnen, aber ich
will es einen unglaublichen Zufall nennen, daß sich jetzt, ungefähr ein Jahr
nach seinem Tod am 12. Februar letzten Jahres, all das erfüllt, was er viele,
viele Male in Reden und Konferenzansprachen gesagt hat. Und wenn Sie sich nun
den Zusammenbruch des ganzen Systems anschauen: Er hat das viele Male gesagt,
in vielerlei Formen und mit vielen Prädikaten. Und ich weiß, daß viele Leute
sagten: „Ja, das ist LaRouche, er übertreibt immer, dazu wird es nie kommen.“
Aber jetzt sind wir hier! Wenn Sie lesen, was Lyn in den 70er, 80er, 90er und
2000er Jahren gesagt hat, werden Sie überrascht sein.
Dieser erste Band enthält nur einige seiner wichtigsten
wirtschaftswissenschaftlichen Werke – So, You Wish To Know All About
Economics?, The Science of Christian Economy, Earth's Next Fifty
Years und einige andere Schriften.1 Ich möchte Sie wirklich
dringend bitten, sich ein Exemplar dieses Buches zu besorgen und sich eine
Freude damit zu machen, jeden neuen Band zu erwerben, sobald er herauskommt,
was die Legacy Foundation mindestens zweimal im Jahr tun möchte, vielleicht
sogar schneller. Ich möchte, daß Sie dazu beitragen, damit wir diese Arbeit
beschleunigen können. Machen Sie es sich zu Ihrer eigenen
Herzensangelegenheit, Lyndon LaRouches Vermächtnis zu bewahren.
Ich habe letztes Jahr ein Video gedreht, um Ihnen einige der Überlegungen
zu vermitteln, warum ich dies für wichtig halte. Vielleicht können wir jetzt
das Video sehen,2 und dann werde ich einige abschließende
Bemerkungen machen.
Reflexionen über Nikolaus von Kues und Lyndon LaRouche
(Helga Zepp-LaRouche im Video:) Hallo Ihnen allen. Viele von Ihnen
haben an der herausragenden Gedenkveranstaltung für meinen Mann, Lyndon
LaRouche, teilgenommen oder sich inzwischen das Video angesehen,3
und dann haben Sie einen Vorgeschmack davon bekommen, was für einen schönen
Geist mein Mann wirklich hatte und wie wichtig die Ideen für die heutige Welt
sind. Ich würde ihn sogar auf eine Ebene mit den größten Denkern stellen, die
es vielleicht einmal in jedem Jahrhundert gibt und die durch ihren
intellektuellen Beitrag das gesamte Wissen ihrer Zeit verändern und den
Grundstein für künftige Generationen legen. Ich stelle ihn also auf eine Ebene
mit Platon, Nikolaus von Kues, Kepler, Leibniz, Einstein, weil er zu allen
Werken dieser großen Denker etwas Einzigartiges beigetragen hat: die
LaRouche-Denkmethode. Und ich bin absolut davon überzeugt, daß es, wenn wir
jetzt seine Gesammelten Werke veröffentlichen würden – was eine gigantische
Aufgabe ist, weil er einer der produktivsten Schriftsteller seiner Zeit war –,
die gleiche Wirkung hätte wie die Einführung Platons in die italienische
Renaissance.
Lassen Sie mich Ihnen nun erklären, was ich damit meine.
Die italienische Renaissance wurde durch viele Faktoren vorbereitet, durch
das Werk von Dante, Petrarca, vielen Bildhauern und großen Malern, aber was
wirklich den Funken auslöste, der die Renaissance zu dem machte, was sie
tatsächlich wurde, war die Einführung Platons und des Denkens von Nikolaus von
Kues.
Nikolaus von Kues gehörte zu einem Kreis humanistischer Denker, die
überzeugt waren, daß man auf die Originaldokumente aller Zeiten, aller
Ereignisse, auf die Handschriften zurückgreifen mußte. In dieser Eigenschaft
wurde er vom Papst ausgesandt, um herauszufinden, ob die Frage des
Filioque in den frühen Dokumenten der ersten Konzile der Kirche
auftaucht. Beim Filioque ging es um die Frage, die die orthodoxe und
die katholische Kirche gespalten hatte: Das war die Frage, ob der Logos nur
vom Vater ausgeht, was der Glaube der orthodoxen Kirche war, oder ob er auch
vom Sohn – filioque – ausgeht. Nun fuhr Nikolaus nach Byzanz, und er
fand alle Handschriften der frühen Konzile der Kirche, in denen das
Filioque tatsächlich enthalten war.
Das war ein vollständiger Durchbruch, denn damit konnte er die Väter der
orthodoxen Kirche überzeugen, zu den Konzilen von Ferrara und Florenz zu
kommen. So reiste er 1437-38 mit einer ganzen Delegation von etwa 700
Personen, dem Kaiser von Byzanz, dem Patriarchen und vielen Gelehrten, aus
Griechenland zu diesen Konzilen.
Schon unterwegs sprach er mit Leuten wie Georgius Gemistos Plethon, dem
83jährigen Berater des [byzantinischen] Kaisers und wichtigsten
Platon-Gelehrten in Griechenland. Er wollte ernsthaft Platon wieder bekannt
machen, eine Renaissance in Griechenland erschaffen und Aristoteles
widerlegen. Er war der Meinung, daß Aristoteles die Ideen Platons völlig
falsch dargestellt hatte oder nicht fähig war, sie zu verstehen. Er sagte,
Aristoteles sei mit dem Christentum völlig unvereinbar.
So bedeutete der Dialog zwischen Nikolaus und allen diesen Gelehrten, daß
Nikolaus bereits auf dieser Reise einen Durchbruch erreichte. Es gelang ihm,
eine neue Denkmethode zu entwickeln, worüber er sich sehr bewußt war, er
sagte: „Ich sage jetzt etwas, was noch kein Mensch je zuvor gedacht hat.“ Und
das war das Prinzip der coincidentia oppositorum, das ist die
Idee, daß das Eine einen höheren Wert und eine höhere Ordnung hat als
das Viele, und daß der menschliche Geist immer Widersprüche überwinden kann,
indem er auf einer höheren Ebene eine Vernunftebene entwickelt, die einen Weg
zur Lösung von Problemen bietet, die auf der niedrigeren Ebene nicht gelöst
wurden.
Diese Idee war in der Tat der völlige Durchbruch im Denken. Denn
Aristoteles hatte gesagt: Es kann nicht sein, daß etwas wahr ist und daß das
Gegenteil davon ebenfalls wahr ist. Alle diese Denker einschließlich Nikolaus
sagten dagegen, dies sei eine niedrigere Ebene des Denkens, weil man auf der
Ebene der Widersprüche bleibt, während Nikolaus in der Apologia Docta
Ignorantia – seiner Replik auf einen Heidelberger Gelehrten, Johannes
Wenck – sagte, Aristoteles sei wirklich eine sehr niedrige Ebene des Denkens,
wie die Ratio eines Tieres, aber nicht besser, während die Methode, die
von Platon entwickelt wurde und die ich jetzt weiterentwickle, wie das
kreative Denken ist, das sich seiner selbst bewußt ist. Es ist, als stünde man
auf einem hohen Turm, und von diesem Standpunkt aus kann man den Suchenden,
das Gesuchte wie auch den Prozeß des Suchens sehen, was einen ganz anderen
Zugang eröffnet.
Nun traf diese Delegation in Ferrara ein, und es gab viele Vorträge u.a.
von Cesarini, dem Cusa seine De Docta Ignorantia gewidmet hatte, und
alle diese Gelehrten hörten dann Plethon und Bessarion, der Erzbischof von
Nizäa war, und sie wurden zum ersten Mal mit dem gesamten Werk Platons bekannt
gemacht, das im übrigen Europa mit Ausnahme Griechenlands nach dem Fall des
antiken Griechenlands, nach dem Peloponnesischen Krieg völlig verloren
gegangen war. Es gab einige wenige Exemplare in einigen Klöstern, aber niemand
konnte Griechisch lesen, und als Petrarca versuchte, Griechisch zu lernen,
fand er niemanden, der ihn unterrichten konnte, so daß er nie Zugang dazu
hatte. Aber er wußte, daß dieser Mann, Platon, äußerst wichtig sein mußte,
weil Augustinus sich in seinen Schriften auf Platons Werke bezog.
Diese Vorträge lösten eine unglaubliche intellektuelle Gärung aus, und
glücklicherweise befand sich unter den Zuhörern jemand aus einer sehr
wohlhabenden Familie, nämlich Cosimo de’ Medici, und der finanzierte ein
Eilprogramm für die Übersetzung der Werke Platons.
Die Kombination der Schriften von Cusa und das Erscheinen der gesamten
Werke Platons legte den Grundstein für den Paradigmenwechsel, der das
Mittelalter von der Neuzeit trennte. Das Mittelalter war geprägt von
Scholastik, Aristotelismus, Hexenglaube und Aberglauben, aber dann tauchten
die neuen Ideen auf, das neue Paradigma, ein neues Menschenbild und die völlig
neue Vorstellung, daß es die Möglichkeit einer unendlichen Vervollkommnung
jedes menschlichen Wesens gab, daß wir mit Wissenschaft und Technik die
Gesetze des Universums studieren konnten und daß dies die Grundlage für die
Verbesserung des Lebensstandards, eine Zunahme der Bevölkerung sein würde. Es
war also eine vollständige Revolution, und sie legte den Grundstein für alles
Gute, das in den nächsten 600 Jahren aus der europäischen Geschichte
hervorging.
Ich bin fest davon überzeugt, daß die Veröffentlichung der Gesammelten
Werke von Lyndon LaRouche heute eine ähnliche, vielleicht sogar noch stärkere
Wirkung haben würde. Denn wie sieht es heute aus? Wir haben im Westen eine
große kulturelle Krise. Es gibt einen Zusammenbruch der moralischen Werte, die
Wissenschaften sind vom Utilitarismus und von der Idee des Profits beherrscht.
Viele Wissenschaftler sind nur Brotgelehrte, sie arbeiten für ihr Gehalt, aber
sie versuchen nicht, die Wahrheit zu finden. Ich denke, das ist an allen
Fakultäten der Welt ein bekanntes Phänomen, daß man, wenn man genug Geld
bekommt, alles veröffentlicht, was von einem erwartet wird.
Nun, der kulturelle Zusammenbruch des Westens ist für jedermann
offensichtlich: die Drogenepidemien, die schreckliche Jugendkultur, die
Häßlichkeit in der sogenannten Kunst und viele andere solcher Phänomene. Ich
bin also absolut überzeugt, wenn wir jetzt so schnell wie möglich Lyns
Gesammelte Werke veröffentlichen, würde dies eine unglaubliche Begeisterung
auslösen, weil das Ferment bereits existiert. Denn während sich der Westen in
einem finsteren Zeitalter befindet, gilt das nicht für die ganze Welt, denn
die Neue Seidenstraße, die von China gefördert wird und ihren Ursprung in
China hat – dieser Geist der Neuen Seidenstraße hat sich bereits in etwa 126
Ländern durchgesetzt, die sich der Belt & Road Initiative angeschlossen
haben und die die Idee haben, daß es eine völlig neue Zeit geben wird, in der
Armut und Unterentwicklung überwunden werden können.
Ich habe erst vor drei Wochen am Asian Dialogue of Civilizations in Beijing
teilgenommen,4 der ein außergewöhnliches Ereignis war. 47 Nationen
nahmen daran teil, und sie alle waren sehr stolz auf die alten asiatischen
Zivilisationen, die viele tausend Jahre – 5000 und mehr – zurückreichen, und
sie waren sich der Tatsache bewußt, daß viele dieser Zivilisationen die Wiege
der ganzen Menschheit sind.
Jetzt sind sie überzeugt, daß das Asiatische Jahrhundert kommt oder sogar
schon begonnen hat, und daß sich der Westen in einem Zustand des Niedergangs
befindet. Ich denke, daß das, was die Asiaten tun, großartig ist, es ist eine
große Inspiration – aber ich denke auch, daß wir Europa und die Vereinigten
Staaten nicht dem Zusammenbruch überlassen dürfen, sondern daß wir einen
Ansatz brauchen, bei dem alle Länder und alle Kontinente gleichzeitig
gedeihen. Und ich bin absolut davon überzeugt, daß dies nur möglich ist, indem
sich alle Länder dem neuen Paradigma anschließen, und wir dann gemeinsam mit
den Afrikanern Afrika entwickeln und die Unterentwicklung in Lateinamerika, in
Asien und allen unterentwickelten Teilen der Vereinigten Staaten und Europas
überwinden.
Wir brauchen einen Dialog der Kulturen, der die besten Traditionen aller
klassischen Kulturen zurückbringt; aber vor allem brauchen wir das
fortschrittlichste Denken aller Zeiten, das Denken von Lyndon LaRouche, das
eine ähnliche grundlegende Renaissance in den Wissenschaften und Künsten und
eine ganz ähnliche Diskussion über das Menschenbild auslösen wird, so wie es
in der italienischen Renaissance geschah – diesmal für die Zukunft der
gesamten Menschheit.
Wenn Sie das für eine lohnende Idee halten, dann möchte ich Sie bitten:
Seien Sie großzügig und helfen Sie uns, damit das funktioniert. Sie können auf
vielfältige Weise helfen. Kontaktieren Sie uns, und wir werden eine Aufgabe
für Sie finden, damit Sie an diesem spannenden Projekt teilnehmen können.
Denken Sie aber auch daran, daß wir dafür Ihre finanzielle Unterstützung
brauchen – aber tun Sie das in dem Geist, daß jetzt die Zeit gekommen ist, die
neue Epoche der Zivilisation zu gestalten, die hoffentlich das Zeitalter sein
wird, in dem die Menschen als wahrhaft menschliche Wesen miteinander in
Beziehung treten, daß die Zukunft der Menschheit so sein wird wie die
Beziehungen zwischen Wilhelm von Humboldt und Friedrich Schiller oder zwischen
Albert Einstein und Max Planck – und daß die Nationen in einem völlig neuen
Geist miteinander in Beziehung treten werden, etwas, das Nikolaus von Kues den
spiritorum universorum nannte, das ist der Geist der Neuen
Seidenstraße, und daß die Werke meines geliebten Mannes der entscheidende
Funke sind, der dies möglich macht. (Ende des Videos)
Gehet hinaus und mehret euch
Wir wollen Exemplare der Bücher an viele internationale Bibliotheken
verschicken, deshalb brauchen wir dafür Unterstützung. Wenn diese Bücher den
Studenten für ihre Studien zur Verfügung stünden, bin ich absolut sicher, daß
die von meinem Mann entwickelte spezifische Methode sich verbreiten würde –
wir werden in den nächsten Stunden und auch morgen mehr darüber hören: die
spezifische LaRouche-Methode des Denkens, die das fortschrittlichste Denken
ist, das die Menschheit bisher hervorgebracht hat.
Nun mögen Sie sagen: „Sie sagt das, weil sie ihren Mann geliebt hat.“ Das
ist es auch, aber es ist mehr als das. Ich bin sicher, daß der Beitrag, den
Lyndon LaRouche geleistet hat, von größter Bedeutung für die Lösung der
heutigen Weltprobleme ist. Und deshalb möchte ich, daß Sie das Buch kaufen,
daß Sie darüber nachdenken, wie Sie helfen können, und daß Sie darüber
nachdenken, die Ideen meines Mannes zu verbreiten. Sie werden schockiert sein,
wenn Sie sehen, was er gesagt hat, und wie früh er es gesagt hat. Wie Sie bei
den beiden Videos von ihm gehört haben, die Dennis am Anfang abgespielt
hat,5 ist vieles von dem, was er gesagt hat, so aktuell, als hätte
er es in dieser Minute gesagt. Und diese einzigartige Fähigkeit,
vorausschauend zu handeln, eine richtige Prognose zu stellen und dann eine
Lösung zu finden, das ist etwas, was viele, viele Menschen auf der ganzen Welt
studieren müssen. Das ist es, was ich Ihnen sagen möchte.
Band I der Gesammelten Werke von Lyndon LaRouche ist soeben erschienen
und kann bei der LaRouche Legacy Foundation6 erworben
werden.
Anmerkungen
1. Auf deutsch erschienen unter den Titeln: Was Sie schon immer über
Wirtschaft wissen wollten (1985), Christentum und Wirtschaft (1992)
und Die kommenden 50 Jahre: Dialog der Kulturen Eurasiens (2006).
2. siehe https://www.youtube.com/watch?v=akoB_kFuQgg
3. siehe https://www.youtube.com/watch?v=cGIDFg1N1yQ, vgl. Neue
Solidarität 25/2019
4. vgl. Neue Solidarität 24/2019
5. vgl. Neue Solidarität 19/2020
6. siehe https://www.larouchelegacyfoundation.org/collected-works/volume1
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