Wird die Menschheit prosperieren oder untergehen?
Das Schiller-Institut veranstaltete am 27. Juni eine
Internetkonferenz mit weltweiter Beteiligung über die dringenden Probleme der
Welt.
In einer ganztägigen Konferenz mit rund zwei Dutzend Rednern und
Diskussionsteilnehmern in drei Vortragsrunden befaßte sich das
Schiller-Institut am 27. Juni mit den dringenden Problemen, derer sich die
Staatschefs der wichtigsten Weltmächte auf Sondergipfeln annehmen müssen. Die
dringendsten sind:
- der notwendige Aufbau eines Welt-Gesundheitssystems, um die
gegenwärtige und zukünftige Pandemien angemessen zu bekämpfen,
- eine ausreichende Versorgung aller Länder und Menschen mit
Nahrungsmitteln und Agrarerzeugnissen, frei von der Vormacht der großen
Kartelle,
- und ein weltweites wirtschaftliches Entwicklungsprogramm im Geiste
einer Win-Win-Kooperation, das Kriegen und Konflikten entgegenwirkt.
Die Konferenz trug den Titel „Wird die Menschheit gedeihen oder untergehen?
Die Zukunft verlangt jetzt einen Vier-Mächte-Gipfel“ – Rußland, China, Indien
und die USA.
Die Gründerin und Vorsitzende des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche,
setzte zu Beginn ihrer Grundsatzrede den Ton: „Wenn wir nicht sehr kurzfristig
ein Neues Bretton-Woods-System einführen, ganz so, wie Franklin D. Roosevelt
es beabsichtigt hatte, droht die gegenwärtige Tendenz zu immer mehr Konflikten
auf der Welt – sowohl innenpolitisch in vielen Staaten der Welt, aber auch auf
strategischer Ebene – zu einem großen neuen Weltkrieg zu eskalieren, einem
Dritten Weltkrieg, der aufgrund der Existenz thermonuklearer Waffen die
Vernichtung der menschlichen Gattung bedeuten würde.“
In den anschließenden Podiumsrunden sprachen amtierende und ehemalige
Regierungsvertreter aus Rußland, den USA, China und Japan sowie führende
Vertreter aus Politik und Gesellschaft über die notwendigen Maßnahmen, damit
die Menschheit gedeihen kann.
Infrastruktur ist der Schlüssel zu einer gesunden Entwicklung
Im ersten Panel (dessen Beiträge wir in dieser Ausgabe der Neuen Solidarität dokumentieren)
erläuterte Chinas Exekutivdirektor beim IWF, Dr. Jin Zhongxia, den Vorschlag,
daß alle multilateralen Kreditinstitute, wie die Weltbank, ihre Kreditvergabe
(auch an die USA) jetzt stark ausweiten, um Infrastruktur wie Krankenhäuser,
Hochgeschwindigkeitsbahnen usw. zu bauen und die Regierungen mit Krediten zu
unterstützen. Der ehemalige Beamte im japanischen Finanzministerium und beim
IWF Daisuke Kotegawa betonte, Japan strebe den Aufbau von Infrastruktur für
die Industrialisierung in den Entwicklungsländern an und könne dabei mit
Chinas Gürtel- und Straßen-Initiative zusammenarbeiten. Boris Meschtschanow,
Botschaftsrat bei der russischen UN-Mission in New York, sprach von der
Notwendigkeit des „Baus neuer physischer Infrastruktur“. Rußland wolle Afrika
dabei helfen, seine Stromkapazität rasch zu verdoppeln (was den Bau von mehr
als 150.000 MW neuer Kapazität bedeutet). Rußland wolle auch seine
Nahrungsmittelexporte ausweiten, zumal es bereits ein führender
Getreideexporteur ist.
Zwei weitere Vorträge befaßten sich mit Fragen der Gesundheitsfürsorge. Dr.
Joycelyn Elders, ehemalige Leiterin der Gesundheitsdienste der Vereinigten
Staaten (Surgeon General, 1993-94), schlug eine Art medizinisches Jugendkorps
vor, um junge Amerikaner für die Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und den
Aufbau der fehlenden öffentlichen Gesundheitsinfrastruktur im
Entwicklungssektor und auch in einigen „fortgeschrittenen“ Nationen zu
gewinnen. Dazu gehöre eine Ausbildung in der medizinischen Versorgung und in
den Grundsätzen und Methoden des öffentlichen Gesundheitswesens, und man könne
auch auf den Bedarf einer umfassenden neuen Infrastruktur und
Personalausstattung im Gesundheitswesen in Afrika abzielen. Vielleicht käme
ein „medizinisches Friedenskorps“ in Frage, da die jungen Menschen eine
Ausbildung erhalten würden, um international arbeiten zu können.
Der Vizedirektor des Forschungsinstituts für Weltentwicklung des China
Development Research Center, Ding Yifan, präsentierte eine „Chinesische Sicht
auf ein Post-COVID-Paradigma“. Er plädierte für internationale Zusammenarbeit
und Einigkeit, um die Epidemie zu überwinden. Die verschiedenen
„Konjunkturpakete“, die jetzt umgesetzt werden, sollten nicht nur Soforthilfe
für die von der Krise Betroffenen, sondern auch Mittel für Investitionen in
die Infrastruktur bereitstellen.
Der ehemalige Bürgermeister der Stadt Muscatine im US-Staat Iowa, DeWayne
Hopkins, berichtete über den kulturellen Austausch, der sich zwischen seiner
Stadt und China nach dem ersten Besuch von Xi Jinping in diesem Teil des
US-Farmgürtels vor vielen Jahren entwickelt hat.
Das unveräußerliche Recht auf Nahrung und Gesundheitsversorgung
Das zweite Panel konzentrierte sich auf den Vorschlag zur Schaffung von 1,5
Milliarden neuen, produktiven Arbeitsplätzen weltweit. Jacques Cheminade,
Vorsitzender der französischen Partei Solidarité & Progrès, stellte in
seiner Hauptrede fest, daß zwei grundlegende Menschenrechte verteidigt werden
müssen – nämlich das Recht, gut ernährt zu sein, und das Recht, gesund zu
sein, um zum Gemeinwohl und zur Zukunft der Gesellschaft beitragen zu können.
Leider seien unter der Finanzdiktatur der City und der Wall Street
Zigmillionen Menschen von Hunger und Krankheit bedroht, während gleichzeitig
die Bauern, die produzieren wollen, ruiniert werden.
Diogène Senny, Gründer der Panafrikanischen Liga, prangerte die „Geopolitik
des Hungers und der Armut“ in Afrika an und betonte die Notwendigkeit von
Ernährungssouveränität in allen Nationen. Aus Argentinien schilderte Walter
Formento, Direktor des Zentrums für politische und wirtschaftliche Studien,
die erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung in Südamerika bis zur Einführung
des neoliberalen, monetaristischen Modells. Dr. Kirk Meighoo aus Trinidad und
Tobago kündigte an, seine Partei entwickle ein Programm für 150.000 neue
produktive Arbeitsplätze in dem kleinen Land von 1,3 Mio. Einwohnern, damit es
ein Land der Produzenten statt nur der Empfänger wird.
Robert Baker, Landwirtschaftsexperte des Schiller-Instituts in den USA,
beklagte, daß eine Gruppe gegen die anderen ausgespielt wird - Bauern gegen
Stadtbewohner, eine Nation gegen die andere –, damit das Kartellsystem der
Finanziers umso leichter von allen „Geld erntet“. Der US-Farmer Mike
Callicrate, Leiter der Organization for Competitive Markets, betonte, die
gesamte heutige Struktur der Nahrungsmittelproduktion – mit riesigen
multinationalen Kartellen, die Verarbeitung und Vertrieb steuern – müsse
aufgebrochen werden, um eine viel höhere Nahrungsmittelproduktion zu
ermöglichen, der Landwirtschaft wieder zu Wohlstand zu verhelfen und viel mehr
Hochtechnologie-Landwirte auf der ganzen Welt auszubilden.
Die Aufgabe der Jugend
Die Abschlußrunde war dem Aufbau einer weltweiten Jugendbewegung gewidmet,
die die Debatten und Aktionen zu allen diesen Themen vorantreibt. Nach einem
Vortrag von Daniel Burke vom amerikanischen Schiller-Institut folgten Beiträge
junger Leute aus Tansania, Jemen, Marokko, Mexiko, Kolumbien, Peru und
Frankreich.
Helga Zepp-LaRouche brachte in ihrer Rede die Dringlichkeit und
Entschlossenheit bei dem Webinar auf den Punkt: „Wenn Millionen von Menschen
der Hungertod droht, wie das World Food Program warnt, warum können die
Landwirte nicht die Nahrungsmittelproduktion verdoppeln und dafür einen
Paritätspreis erhalten, der ihre Existenz garantiert, auch im Hinblick auf den
zu erwartenden Anstieg der Weltbevölkerungszahl auf über neun Milliarden bis
2050? Können wir uns nicht als die eine menschliche Gattung verstehen, und mit
der gleichen Solidarität an den Baustellen der Menschheit Hilfe leisten, wie
die gesamte chinesische Bevölkerung den Menschen in Wuhan und der Hubei-
Provinz geholfen hat? Wäre es nicht höchste Zeit, daß wir damit aufhören,
Trillionen-Beträge für die militärische Aufrüstung zu verschwenden, wie
Präsident Trump gesagt hat, wenn wir diese Ressourcen gleichzeitig für die
Überwindung von Hunger, Krankheit und Armut, für die Ausbildung der kreativen
Potentiale der jetzigen und künftigen Generationen einsetzen könnten? Ich
denke, es ist an der Zeit, daß wir als Menschheit angesichts einer
beispiellosen Katastrophe den qualitativen Schritt tun, das 21. Jahrhundert
zum ersten wirklich menschlichen Jahrhundert zu machen!“
eir
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