Warum ein Gipfeltreffen der „P5“1 jetzt dringend notwendig ist
Von Helga Zepp-LaRouche
Die Vorsitzende des Schiller-Instituts eröffnete die
Internetkonferenz am 5. September mit der folgenden Rede; die
Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion hinzugefügt.
Ich begrüße Sie, wo auch immer auf der Welt Sie sich befinden mögen.
Lassen Sie mich in diesem sehr gefährlichen Moment der Geschichte über den
Zweck dieser Konferenz sprechen. Wenn es der Menschheit gelingen soll, die
gegenwärtige existentielle Bedrohung zu überwinden, dann müssen diese
Konferenz und die Mobilisierung von Netzwerken auf der ganzen Welt, die mit
uns in Kontakt stehen, eine entscheidende Intervention katalysieren, um die
Welt von der Klippe des Abgrunds zurückzuholen – dem Abgrund eines Atomkriegs
und damit der möglichen Vernichtung der menschlichen Gattung!
Der Zweck dieser Konferenz des Schiller-Instituts ist es, Konzepte und
Lösungen für die gegenwärtige beispiellose globale Krise vorzuschlagen. Wir
haben, wie nie zuvor, eine Kombination einer außer Kontrolle geratenen
Pandemie, einer Hungersnot, der größten Wirtschaftskrise seit Ende des Zweiten
Weltkrieges, dem drohenden finanziellen Zusammenbruch und, besonders
gefährlich, der Gefahr eines neuen Weltkrieges, nicht zuletzt aber einer
tiefen kulturellen Krise. Aufgrund der Ungeheuerlichkeit dieser miteinander
verbundenen Krisen ist es nicht möglich, diese Probleme einzeln oder auch nur
Teilaspekte zu lösen, sondern es ist ein völlig neues Paradigma erforderlich,
eine Lösung auf einer höheren Ebene als der, auf der all diese Krisen
ausgebrochen sind. Wir müssen auf eine neue Ebene des Denkens springen, was
Nikolaus von Kues die Coincidentia Oppositorum, das Zusammenfallen der
Gegensätze, genannt hat.
Warum stehen wir an der Schwelle des Krieges, und warum kann aus dieser
Konfrontation sehr leicht ein neuer Weltkrieg werden? Die kurze Antwort
lautet: Weil das Britische Empire eher die Vernichtung der Menschheit
riskieren wird, als zuzulassen, daß das Empire durch ein System souveräner
Republiken ersetzt wird. Seit Präsident Trump zu ihrer Überraschung die Wahl
2016 gewonnen hat, gab es einen rücksichtslosen Putschversuch, angestiftet vom
MI6 und in Absprache mit dem Geheimdienstapparat der Obama-Regierung – das
„Russiagate“, worüber uns Bill Binney berichten wird –, ein betrügerischer
Amtsenthebungsversuch und eine andauernde Revolte dessen, was Trump selbst den
militärisch-industriellen Komplex und das „Deep State Department“ genannt
hat.
Trump hatte 2016 versprochen, sich für die Wiederherstellung der
Beziehungen zu Rußland einzusetzen, dagegen war das Russiagate gerichtet. Aus
der Sicht des Britischen Empire war seine Präsidentschaft ein Unfall, der
niemals hätte geschehen dürfen.
Zwei grundlegende politische Richtungen
Denken Sie nur daran, was Sie gerade in dem Videoclip von Lyn gehört haben, was auch heute noch gilt:
Die grundlegende strategische Frage ist heute, daß es im wesentlichen zwei
politische Richtungen gibt, die grundsätzlich gegensätzlich sind: die eine ist
die des Britischen Empire, und die andere ist die, die mit den Prinzipien der
Unabhängigkeitserklärung und der Präambel der amerikanischen Verfassung
verbunden ist.
Die gesamte Geschichte der letzten 250 Jahre in der sogenannten westlichen
Welt und darüber hinaus muß aus der Perspektive dieses grundlegenden Konflikts
betrachtet werden. Das Britische Empire hat sich nie mit dem Verlust ihrer
wertvollsten Kolonie abgefunden; sie versuchten, sie im Krieg von 1812
zurückzugewinnen, und erneut im Bürgerkrieg, wo Großbritannien offen mit der
Konföderation verbündet war. Nachdem sie erkannt hatten, daß sie Amerika
militärisch nicht zurückgewinnen konnten, beschlossen sie, das amerikanische
Establishment zu unterwandern und es dazu zu bringen, das Modell des
Britischen Empire zu übernehmen, vom britischen Round Table und der Fabian
Society über H. G. Wells’ „Offene Verschwörung“ bis hin zu den Lehren von
William Yandell Elliott, dem Mentor eines ganzen Stalls von Anglophilen, von
Kissinger über Samuel Huntington bis Zbigniew Brzezinski.
Mit den Regierungen der Bushs und Obama – Clinton war sich zumindest des
Problems bewußt – war die britische Übernahme der amerikanischen Politik
endlich gelungen. Das „Projekt für ein neues Amerikanisches Jahrhundert“
(PNAC) war die Antwort dieses Establishments auf den Zusammenbruch der
Sowjetunion und sollte endlich Bertrand Russells Utopie für ein Weltreich
verwirklichen, eine unipolare Welt, in der nach und nach alle sich
widersetzenden Regierungen durch Farbrevolutionen, Regimewechsel,
Interventionskriege oder regelrechte Ermordungen wie im Falle Gaddafis
eliminiert werden sollten.
Dann kam also Trump, der die Beziehungen zu Rußland wiederherstellen, die
endlosen Kriege beenden und die US-Truppen nach Hause bringen wollte und der
zu Beginn seiner Amtszeit sogar von Freundschaft mit Präsident Xi Jinping
sprach.
Es gibt noch einen weiteren Ausdruck der gleichen Versuche, eine unipolare
Welt zu schaffen. In den letzten Jahren und Monaten hat sich die geopolitische
Konfrontation gegen Rußland und China zunehmend beschleunigt, mit dem Ziel der
Isolierung Rußlands, der Eindämmung Chinas, des Regimewechsels gegen die
Präsidenten Putin und Xi Jinping, der vollständigen wirtschaftlichen
Abkoppelung von Rußland und China – in völliger Mißachtung der strategischen
Realitäten –, um die Welt wieder unter die Kontrolle der unipolaren
„regelbasierten Ordnung“ zu zwingen, die unter der Kontrolle der
angloamerikanischen Sonderbeziehung steht.
Die Nawalny-Affäre
Der neueste Aspekt hiervon ist die Operation um die angebliche Vergiftung
Nawalnys mit dem chemischen Nervengift Nowitschok, das durch den Fall Skripal
bekannt wurde, das angeblich von einem Speziallabor der Bundeswehr
nachgewiesen wurde, in Konsultation mit dem britischen Labor in Porton Down,
Salisbury, das eine sehr merkwürdige Rolle im Fall Skripal spielte.
Die Wissenschaftler hinter der Entwicklung von Nowitschok, Leonid Rink und
Wladimir Uglew, sagten dazu, Nowitschok sei extrem tödlich; wenn es verwendet
worden wäre, dann wäre Nawalny tot, und alle Menschen, die mit ihm in Kontakt
waren, wären verseucht.
Es ist also vollkommen lächerlich: Wenn Putin Nawalny tatsächlich tot sehen
wollte, warum ließ er dann sein Flugzeug in Omsk notlanden? Warum wurde die
Zeit im dortigen Krankenhaus nicht dazu genutzt, ihn sterben zu lassen? Warum
wurde nicht verhindert, daß er nach Deutschland ausgeflogen wurde?
Eine sehr fragwürdige Rolle spielte dabei auch die Stiftung „Cinema for
Peace“, die ein Spezialteam von Ärzten und ein teures Charterflugzeug für
mehrere Tage charterte. Wenn man sich das internationale Komitee anschaut,
dann findet man dort Garri Kasparow, David de Rothschild, die
Klitschko-Brüder, Joschka Fischer und andere.
Nun hat Merkel aus irgendeinem Grund die Reaktion auf die Ebene der EU und
der NATO verlagert. Norbert Röttgen, ein berüchtigter Falke, forderte, wie ein
wütender, knurrender Hund, der von der Kette gelassen wird: „Stoppen wir Nord
Stream 2!“
Wenn man sich nun das Cui bono in diesem Fall anschaut, dann ist es
eindeutig nicht Putin. Es sind offensichtlich jene, die eine wirtschaftliche
Abkopplung von Rußland und China wollen! Und wenn Rußland abgekoppelt wird,
trifft man gleichzeitig Deutschland.
Militärische Spannungen
In den letzten Wochen gab es eine wachsende Zahl militärischer
Zwischenfälle im Luftraum, die sich beinahe zu Zwischenfällen entwickelt
haben, was ein Ausdruck der wachsenden internationalen Spannungen ist. Ein
paar Beispiele von vielen: US-Kampfflugzeuge drangen in den Luftraum
Nordchinas ein, als dort Übungen der Volksbefreiungsarmee mit scharfer
Munition stattfanden. China reagierte und schoß von zwei verschiedenen
Standorten aus zwei Raketen ins Südchinesische Meer ab. Im Zusammenhang mit
der NATO-Übung, die gleichzeitig in allen NATO-Mitgliedsländern stattfand,
flogen B52-Bomber über der Ostsee, wo sie von zwei russischen
Su-27-Kampfflugzeugen abgefangen wurden. Auch ein RC-135-Aufklärungsflugzeug
über dem Schwarzen Meer wurde abgefangen. Ein russisches MiG-31-Kampfflugzeug
der Nordflotte wurde zum Abfangen eines P-3C Orion-Seepatrouillenflugzeugs der
norwegischen Luftwaffe über der Barentssee losgeschickt. Rußland meldete ein
Dutzend solcher Ereignisse in einem Monat.
Einige dieser Abfangmanöver erfolgten in extrem kurzer Entfernung. Wenn
menschliches Versagen Auslöser für eine größere Eskalation sein kann, wenn der
Weltfrieden von den fliegerischen Fähigkeiten eines Piloten abhängt, dann ist
die Welt in Schwierigkeiten.
All dies findet in einem Umfeld statt, wo das Feindbild Rußland und China
von Tag zu Tag in immer düstereren Farben gezeichnet wird, und wo die Realität
der Farbrevolution und des von Obama, Biden und Victoria Nuland angezettelten
Nazi-Putsches gegen die Ukraine auf den Kopf gestellt wird und zu einem
Narrativ wird von: „Rußland ändert die Grenzen auf der Krim mit Gewalt“;
„Putin vergiftet seine Gegner“; „China ist verantwortlich für die Ausbreitung
der Coronavirus-Pandemie und für die wirtschaftlichen Schäden durch den
Lockdown“; „die Chinesen stecken hinter den Unruhen in US-Städten“.
Chinas Seidenstraßen-Initiative
Woher kommt das alles? Im September 2013 kündigte Präsident Xi Jinping in
Kasachstan die Politik der Neuen Seidenstraße an, die sich schnell zum größten
Infrastrukturprogramm der Geschichte entwickeln sollte. Das Schiller-Institut
veröffentlichte kurz danach den 360seitigen Bericht Die Neue Seidenstraße
wird zur Weltlandbrücke, eine Aktualisierung unseres seit 40 Jahren
bestehenden Wirtschaftsprogramms – wie man Armut und Unterentwicklung in
Entwicklungsländern überwinden kann.
Wir waren begeistert von der großen Affinität zwischen der Politik von Xi
Jinping und dem Lebenswerk meines verstorbenen Mannes Lyndon LaRouche und
unserer Bewegung; er hatte schon 1975 vorgeschlagen, den IWF durch eine
Internationale Entwicklungsbank zu ersetzen, die Idee, eine wirkliche
Entwicklungspolitik für die Entwicklungsländer zu verfolgen.
LaRouche gründete bereits 1973 eine Arbeitsgruppe gegen den biologischen
Holocaust, um zu untersuchen, wie die Politik der IWF-Konditionalitäten,
wodurch der Lebensstandard ganzer Kontinente über Generationen hinweg gesenkt
wird, die Gefahr des Wiederauftretens alter und neuer Krankheiten und
Pandemien heraufbeschwört. 1975 entwickelte er den Oasenplan. 1976
erarbeiteten wir einen ersten Entwicklungsplan für Afrika, 1982 einen
Entwicklungsplan für Lateinamerika, mit Lopez Portillo, einen
40-Jahres-Entwicklungsplan für Indien. 1983 die Strategische
Verteidigungsinitiative, das war ein Konzept zur Überwindung der militärischen
Blöcke der NATO und des Warschauer Pakts, und deren Nutzung als
Wissenschaftsmotor für einen gigantischen Technologietransfer in den
Entwicklungssektor. 1988 das „Produktive Dreieck Paris-Berlin-Wien“, 1988 und
1991 die „Eurasische Landbrücke“. Das waren die vielen Versionen von Lyns
Aufbauprogrammen, darunter auch seine Wahlprogramme für seine
US-Präsidentschaftswahlkämpfe für den Wiederaufbau der USA.
Reichtum durch Kreativität
Lyns Konzept der physischen Ökonomie betrachtet die Kreativität des
Individuums als einzige Quelle für Reichtum: die Entdeckung neuer universeller
physikalischer Prinzipien, angewandt als wissenschaftlicher und
technologischer Fortschritt im Produktionsprozeß, was zur Steigerung der
Produktivität der Arbeitskraft und der Produktionskapazitäten führt, und das
erfordert ein ständiges Bevölkerungswachstum, größere Arbeitsteilung, Erhöhung
der relativen potentiellen Bevölkerungsdichte, in Korrelation mit immer
höheren Energieflußdichten. Ein solches Konzept der Wirtschaft betrifft
offensichtlich auch das Menschenbild, denn es betrachtet die Menschheit als
die einzige bisher bekannte schöpferische Spezies im Universum. Die
menschliche Kreativität ist die mächtigste geologische Kraft im sich
anti-entropisch entwickelnden Universum – die Kraft, die diese Entwicklung auf
anti-entropische Weise beschleunigt.
Mit Xi Jinpings Neuer Seidenstraße steht nun die Wirtschaftskraft der
zweitgrößten Ökonomie in Affinität zu der Idee, die Unterentwicklung des sich
entwickelnden Sektors zu überwinden. Und sie griff den Kampf für Roosevelts
Absicht wieder auf, was das alte Bretton-Woods-System werden sollte, wenn er
nicht zur falschen Zeit gestorben wäre: die Idee, daß Frieden in der Welt
insgesamt nur möglich ist, wenn der Lebensstandard aller Menschen erhöht
wird.
Das war die Streitfrage zwischen Roosevelt und Churchill: das Amerikanische
System der ganzen Welt zur Verfügung zu stellen, im Gegensatz zum britischen
Kolonialsystem zur Verteidigung der Privilegien der Oberschicht auf Kosten der
Mehrheit der Bevölkerung – sowohl der britischen Untertanen als auch der
unterworfenen Kolonien.
Es war erstaunlich: Schon bald entfaltete sich das größte
Infrastrukturprogramm aller Zeiten. Mit einem enormen Entwicklungstempo gab es
bald sechs große Wirtschaftskorridore, Eisenbahnverbindungen, Dämme, Brücken,
Industrieparks. Anfang 2017 gab es bereits mehr als 130 bilaterale und
regionale Transportabkommen, 365 internationale Straßenrouten, 4200
Direktflüge, die China mit 43 Belt and Road-Ländern verbinden, 39
Güterzugrouten zwischen China und Europa. Im April 2017 besuchte Xi Trump in
Mar-a-Lago, und im Mai 2017 fand das Belt and Road Forum statt, und ich hatte
das Glück, daran teilzunehmen. Und ich konnte erleben, was geschah, wie sich
die Welt geändert hatte und vom Geist der neuen Seidenstraße erfaßt wurde.
Dieser Geist bedeutete erstmals eine konkrete Perspektive für die
Entwicklungsländer, die Unterentwicklung zu überwinden. Es bestand die
Möglichkeit, die Geopolitik zu überwinden, indem eine für alle Seiten
gewinnbringende Zusammenarbeit zwischen souveränen Nationalstaaten auf den
Tisch kam. China will ausdrücklich nicht die USA als Hegemon ablösen, sondern
Respekt für das unterschiedliche Gesellschaftssystem der anderen,
Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten, eine Vision der einen
Menschheit, Xis Konzept einer Gemeinschaft für eine gemeinsame Zukunft der
Menschheit.
Seither gab es wiederholte Angebote Chinas, die BRI sei offen für alle, und
eine Win-Win-Kooperation. Sie boten den USA wiederholt ein neues Konzept für
die Beziehungen zwischen den Großmächten an. Aber es gab niemals eine
wirkliche Antwort. Im November 2017 reiste Trump nach Beijing zu einen
„Staatsbesuch-plus“, wie es die Chinesen nannten, und erhielt Einblick in die
5000jährige Geschichte Chinas. Und von da an sprach Trump oft von „meinem
Freund, Präsident Xi Jingping“.
Das Empire schlägt zurück
Während all das geschah, gab es vier Jahre lang so gut wie keine
Berichterstattung darüber in den Mainstream-Medien! Aber hinter dieser Mauer
des Schweigens bereitete der militärisch-industrielle Komplex eine umfassende
geopolitische Gegenreaktion vor. Es kam zu einem heftigen Gegenangriff der
Kräfte des Britischen Empire, um nicht zuzulassen, daß die „Weltordnung nach
dem Zweiten Weltkrieg“ – d.h. die koloniale, malthusianische Kontrolle über
den sich entwickelnden Sektor mit ihren Prinzipien und „Regeln“ – von Rußland
und China untergraben würde, indem sie diesen Ländern Zugang zu industrieller
und wissenschaftlicher Entwicklung wie Atomenergie, der Infrastruktur der
Neuen Seidenstraße oder sogar einen Sprung zu den fortschrittlichsten
Technologien durch den Beitritt zur Weltraum-Seidenstraße anbieten.
Im Dezember 2017 wurde die Nationale Sicherheitsstrategie der USA
(U.S. National Security Strategy, NSS) veröffentlicht, unter der
Leitung von McMaster, der damals als Nationaler Sicherheitsberater fungierte.
Darin wurden erstmals Rußland und China ganz klar als geopolitische Rivalen
definiert, es heißt dort: „China und Rußland fordern die amerikanische Macht,
den Einfluß und die Interessen Amerikas heraus und versuchen, die
amerikanische Sicherheit und Eigenständigkeit zu untergraben. Sie sind
entschlossen, die Wirtschaft weniger frei und weniger fair zu gestalten, ihre
Streitkräfte auszubauen und Informationen und Daten zu kontrollieren, um ihre
Gesellschaften zu unterdrücken und ihren Einfluß auszuweiten.“
Die Doktrin der Nationalen Sicherheitsstrategie der USA fordert, die
Politik der vergangenen zwei Jahrzehnte zu überdenken. Dies bezieht sich auf
die Aufnahme Chinas in die WTO und Fukuyamas „Ende der Geschichte“, d.h. die
Idee, wenn man China und Rußland in die westlichen Institutionen integriere,
würden diese das liberale Wirtschaftsmodell und die westliche Demokratie
übernehmen.
Stattdessen entwickelte China ein Modell, das viel mehr dem ursprünglichen
Amerikanischen System ähnelt, nämlich eine stark dirigistische Politik, mit
chinesischen Merkmalen. Aber gleichzeitig wurde die Tradition der 5000jährigen
Geschichte wiederbelebt.
In der NSS-Doktrin schließen sie, habe man angenommen, „ihre Einbeziehung
würde sie zu wohlwollenden Akteuren und vertrauenswürdigen Partnern machen.
Diese Prämisse erwies sich größtenteils als falsch.“
Das Angebot der Gürtel- und Straßen-Initiative an Entwicklungsländer und
sogar an jene EU-Mitglieder, deren wirtschaftliche Entwicklung von der
EU-Kommission unterdrückt wurde, wie z.B. ost- und südeuropäische Länder, sich
an den BRI-Projekten zu beteiligen, wurde als „Spaltungsversuch zwischen uns,
unseren Verbündeten und unseren Partnern“ betrachtet. All dies würde die
Vorteile der USA untergraben, weshalb die Aufgabe der USA darin bestünde,
„sicherzustellen, daß die militärische Überlegenheit der USA fortdauert“.
Rußland und China wurden als eine viel ernstere Bedrohung für die USA
angesehen als der globale Terrorismus. Sie „entwickeln fortschrittliche Waffen
und Fähigkeiten, die unsere kritische Infrastruktur und unsere Kommando- und
Kontrollinfrastruktur bedrohen könnten“. China und Rußland werden als
„revisionistische Mächte“ bezeichnet. China versuche, die USA im
indisch-pazifischen Raum zu verdrängen, die Reichweite seines staatlich
gelenkten Wirtschaftsmodells auszuweiten und die Region zu seinen Gunsten neu
zu ordnen. Und Rußland – was für ein Verbrechen! – „versucht, seinen
Großmachtstatus wiederherzustellen“, nachdem Jelzin erfolgreich mit der
westlichen Oligarchie konspiriert hatte, um die Sowjetunion in ein
rohstoffexportierendes Drittweltland zu verwandeln, und Obama Rußland
beschimpft hatte, nur eine „Regionalmacht“ zu sein; und es „versucht,
Einflußsphären in der Nähe seiner Grenzen zu errichten“, Kurz: „Sie stellen
unsere geopolitischen Vorteile in Frage und versuchen, die internationale
Ordnung zu ihren Gunsten zu verändern.“ Daher, so die Schlußfolgerung des
Dokuments, müssen die USA und ihre Verbündeten die militärische Überlegenheit
behalten, den Gegner davon überzeugen, „daß wir sie besiegen können und werden
- nicht nur bestrafen, wenn sie die USA angreifen“.
Nur einen Monat später, am 19. Januar 2018, verkündet das Pentagon die
Nationale Verteidigungsstrategie (National Defense Strategy (NDS), ein
Dokument, das immer noch als geheim eingestuft ist. Verteidigungsminister
James Mattis behauptet: „Es wird immer deutlicher, daß China und Rußland eine
Welt gestalten wollen, die ihrem autoritären Modell entspricht – sie wollen
Vetorecht über die wirtschaftlichen, diplomatischen und sicherheitspolitischen
Entscheidungen anderer Nationen erlangen.“ Das Dokument betont den Aufbau
militärischer Bereitschaft zu „tödlicheren gemeinsamen Streitkräften“;
Kriegsbereitschaft, Abschreckung von Aggressionen in drei Schlüsselregionen –
dem Indopazifik, Europa und dem Nahen Osten – sollen Priorität haben, die
Kernstreitkräfte sollen modernisiert werden, einschließlich der
Nuklearstreitkräfte, der Fähigkeit zur Kriegsführung im Weltraum und im
Cyber-Raum, Kommando-, Kontroll- und Aufklärungssysteme, Raketenabwehr usw.
Am 3. Februar 2018 folgte die Überprüfung der Nuklearen Aufstellung
(Nuclear Posture Review, NPR), setzte die von der Obama-Administration
begonnene Modernisierung aller drei Teile der nuklearen „Triade“ fort und
machte „Ergänzungen“, darunter die Stationierung von Sprengköpfen geringerer
Sprengkraft, von denen sie behauptet, daß sie die nukleare Schwelle nicht
senken werden – die Ausrüstung einiger Trident-U-Boote mit solchen
Sprengköpfen mit geringer Sprengkraft und auch nuklear bewaffnete,
seegestützte Cruise Missiles.
Mit der Veröffentlichung dieser Doktrinen kam es auch zu einer Verschiebung
in allen großen transatlantischen Denkfabriken, die die BRI vier Jahre lang
fast ganz ignoriert hatten. Nun vertraten sie alle plötzlich die Linie von
China als dem kommenden strategischen Rivalen. Im Februar 2018 brachte die
deutsche Denkfabrik MERICS das Papier Authoritarian Advance heraus,
worin in Übereinstimmung mit den amerikanischen Denkfabriken die Linie
vertreten wird, China sei autoritär, die Seidenstraße nur eine Schuldenfalle,
China spioniere nur die eigene Bevölkerung aus. Dies wurde eskaliert bis zu
dem gegenwärtig verstärkten McCarthyismus gegen chinesische Studenten,
Professoren, Medien und Diplomaten in den USA.
Einen Monat später, am 1. März 2018, kündigte Präsident Putin neue
Nuklearwaffensysteme an: die Hyperschallrakete Avangard, den
Hyperschall-Marschflugkörper Kinschal, eine Interkontinentalrakete mit
20facher Schallgeschwindigkeit und ausgezeichneter Manövrierfähigkeit, die
alle bestehenden Luftverteidigungs- und Raketenabwehrsysteme ausmanövrieren
und obsolet macht, dazu nuklearbetriebene Marschflugkörper, schnelle
Unterwasser-Drohnen und Laserwaffen.
In zweieinhalb Jahren wurde das US-Verteidigungsministerium aufgrund der
genannten Doktrinen vollkommen umorganisiert. Es wurde ein weiteres U-Boot der
Ohio-Klasse mit einer oder mehreren Raketen in Dienst gestellt, die jetzt mit
schwachen Nuklearsprengköpfen bestückt sind, nuklearfähige B52-Bomber fliegen
in Reichweite der russischen und chinesischen Luftverteidigung, das
US-Weltraum-Kommando (Space Command) wurde eingerichtet und die
US-Weltraum-Streitkräfte geschaffen. Die Weltraumdoktrin macht
deutlich, daß das Ziel die amerikanische Dominanz im Weltraum ist, um China
daran zu hindern, neue Regeln im Weltraum zu definieren. Der neue Kommandeur
des US Space Command, Armeegeneral James Dickinson, sagte kürzlich in einer
Rede: „Wir versuchen, Konflikte zu vermeiden, aber um es klar zu sagen: Wenn
die Abschreckung versagt, ist die Anweisung klar: Wir werden gewinnen. Ich
werde mich darauf konzentrieren, eine Kultur der Weltraumkriegsführung zu
entwickeln, zu fördern und zu übernehmen.“
All diese Änderungen in der Militärdoktrin sind eng mit Großbritannien
abgestimmt. Einige Wochen nach der Veröffentlichung der NPR war der britische
Verteidigungsminister Mark Lancaster in Washington und betonte, die Politik
der NSS, NDS und NPR sei auch die Politik der britischen Regierung – zwei eng
aufeinander abgestimmte Programme mit starker Betonung der Modernisierung der
Streitkräfte.
Neben Vizepräsident Pence, der 2018 die ersten großen chinafeindlichen
Reden gemäß den Militärdoktrinen hielt, führten auch Bolton – von dem Trump
zurecht sagte, wenn er ihn nicht entlassen hätte, wären wir schon im Sechsten
Weltkrieg –, Christopher Wray, O'Brien, Navarro, Barr und insbesondere Pompeo
die Kampagne gegen China an. Pompeo, der sich im Juli dieses Jahres in London
mit den Kreisen traf, die das Russiagate-Märchen und den Putsch gegen Trump in
Gang gesetzt hatten, verschickte eine Twitter-Mitteilung: „Schön, wieder in
London zu sein, um die Sonderbeziehung, die wir mit unserem engsten
Verbündeten teilen, zu bekräftigen.“
Mit diesem Tweet begab sich Pompeo öffentlich in die Gesellschaft von
Kissinger, der bekanntlich am 10. Mai 1982 im Chatham House erklärt hatte:
„Als Nationaler Sicherheitsberater hielt ich das Britische Außenamt besser auf
dem Laufenden und enger eingebunden als das amerikanische
Außenministerium.“
Schlafwandeln wir in einen Weltkrieg?
Wenn wir uns also diese ganze militärische Pose und diese Aufrüstung
anschauen – darunter der jüngste Bericht des Pentagon über die militärische
Macht Chinas, in dem Chinas militärische Macht völlig unverhältnismäßig
dargestellt wird, im Vergleich zu der Konzentration der USA durch die „Wende
nach Asien“, die seit der Regierung Obama in Kraft ist, mit einem Ring von
über 400 Militärstützpunkten, den die USA um China herum aufgebaut haben, und
den jüngsten Bemühungen der NATO, ihre globale Politik auf den
Indo-Pazifik-Raum auszudehnen – schlafwandeln wir dann in den Dritten
Weltkrieg? Ja und nein.
Nein, weil zwar einige der Militärstrategen offensichtlich die Illusion
haben, daß es so etwas wie einen gewinnbaren regionalen Atomkrieg gibt, wovor
Rußland immer wieder gewarnt hat; es hat seine eigene Militärdoktrin so
konzipiert, daß diese Option für jeden denkenden Gegner ausfällt. Dies wurde
am 2. Juni dieses Jahres bekräftigt, als Rußland erneut die Bedingungen
veröffentlichte, unter denen es zu einer Strategie des nuklearen Erstschlags
gezwungen wäre.
Ja, denn wie Lyndon LaRouche in dem Buch schrieb, in dem er die Methoden
der britischen Manipulation der Bevölkerung in der ganzen Welt diskutierte,
The Toynbee Factor in British Grand Strategy, („Der Toynbee-Faktor in der
britischen Gesamtstrategie“, 1982): „In einer richtig geordneten Republik
[und wir haben im Moment keine richtig geordnete Republik] ist die größte
einzelne Gefahrenquelle für diese Republik, wie die Kräfte um Benjamin
Franklin und George Washington diesen Punkt richtig verstanden haben, genau
jene Art der Entfremdung des Bürgers vom rationalen Verständnis nationaler
politischer Fragen, die heute in den Vereinigten Staaten vorherrscht. Dies
wirkt sich, wie wir in Kürze zeigen werden, direkt auf das Toynbee-Syndrom
aus.“
Das ist in der Tat das größte Problem: daß wir am Rande des Dritten
Weltkrieges stehen; etwas, das jeden Moment ausgelöst werden könnte, und für
den die Militärdoktrinen vollständig auf der Illusion beruhen, man könne einen
möglichen regionalen Atomkrieg gewinnen und man könne diesen Krieg beenden,
wenn Atomwaffen eingesetzt werden. Und ich denke, jeder, der sich mit den
Schriften von Leuten wie Ted Postol beschäftigt hat, wird klar erkennen, daß
das gesamte Arsenal zum Einsatz kommen wird, sobald man die ersten Atomwaffen
einsetzt.
Diese Entfremdung des Durchschnittsbürgers, der sich dessen nicht bewußt
ist und sich keine Gedanken darüber macht, macht ihn so extrem empfänglich für
die synchronisierten Propagandakampagnen des Russiagate und jetzt über China
als systemischen Gegner und die internationale gleichzeitige Dämonisierung von
Trump, Putin und Xi gleichermaßen.
Wir müssen die Menschen wachrütteln für die drohende Gefahr der
Vernichtung. Und wir müssen uns weltweit mobilisieren, damit das Gipfeltreffen
der Präsidenten der fünf Ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates
unbedingt noch in diesem Monat stattfinden kann. Diese Präsidenten und
Premierminister müssen an den Punkt zurückkehren, wo Franklin D. Roosevelt –
auf den sie sich in der Vergangenheit alle positiv bezogen haben – seine
Absicht mit dem ursprünglichen Bretton Woods nicht verwirklichen konnte. Sie
müssen ihre Absicht erklären, die Kasinowirtschaft zu beenden, eine globale
Glass-Steagall-Bankentrennung einzuführen, ein neues
Bretton-Woods-Kreditsystem einzurichten, um langfristige zinsgünstige Kredite
zur Wiederankurbelung der Wirtschaft in den Industrieländern bereitzustellen,
und Kredite für ein ernsthaftes Industrialisierungsprogramm für die
Entwicklungsländer bereitzustellen, was natürlich mit dem Aufbau eines
modernen Gesundheitssystems in jedem einzelnen Land der Erde beginnen muß,
damit die jetzige und zukünftige Pandemien besiegt werden können.
Die vom Schiller-Institut entwickelten Studien wie Die Neue Seidenstraße
wird zur Weltlandbrücke in Verbindung mit einem Crash-Programm zur
Realisierung der Fusionsenergie und der internationalen Zusammenarbeit bei der
Kolonisierung von Mond und Mars, wie sie Präsident Trump in seinem
Artemis-Programm betont hat, können die neue wirtschaftliche Plattform
schaffen, auf der alle Nationen von einer höheren Produktivität der Wirtschaft
profitieren können. Der reale Reichtum, der durch solche Sprünge der
Produktivität um mehrere Größenordnungen erzeugt wird, wird sehr schnell die
angeblichen Verluste ausgleichen, die durch ein Ende der Verkäufe von immer
mehr Rüstungsgütern verursacht werden. Aber im Gegensatz zu letzteren werden
sie den realen Reichtum der Gesellschaft erhöhen, anstelle der primitiven
Akkumulation der physischen Wirtschaft, die durch die militärische Aufrüstung
bewirkt wird.
Sobald ein allgemeines Einvernehmen darüber besteht, die geopolitische
Konfrontation durch eine wirtschaftliche Zusammenarbeit zum Wohle der
Menschheit zu ersetzen, von der alle profitieren, ist die Grundlage für eine
neue Sicherheitsarchitektur vorhanden. Präsident Trump hat wiederholt
bekräftigt, daß er einen neuen Atomwaffenpakt mit Rußland als das größte zu
lösende Problem der Welt betrachtet. Der Gipfel sollte daher die Absicht
verkünden, den Neuen START- Vertrag zu verlängern, und das Prinzip der
Unzulässigkeit eines Atomkrieges noch einmal bekräftigen. Die Welt befindet
sich eindeutig an einem Scheideweg, und es liegt an diesen fünf Staats- und
Regierungschefs, dafür zu sorgen, daß die Entscheidung nicht zu einer
Sackgasse wird, die zum tatsächlichen Ende der Geschichte führt.
Die kulturelle Dimension
Wir müssen noch eine weitere Dimension hinzufügen. Wir müssen die
degenerierte Massenkultur ablehnen, die alle Imperien schon immer dazu benutzt
haben, die Bevölkerung zu verdummen und zu kontrollieren, indem sie ihre
niedrigen Triebe wecken, so wie es die Römer taten, indem sie die Massen
zusammenkommen ließen, um dem Morden im Zirkus zuzuschauen und sich an der
Entscheidung, ob die Gladiatoren leben oder sterben sollten, mitschuldig zu
machen. Und wir müssen unsere Schlußfolgerungen aus der Tatsache ziehen, daß
Biden die Unmoral seiner eigenen Gegenkultur offenbarte, indem er versuchte,
sich durch die Zusammenarbeit mit solchen „Stars“ wie Cardi B. attraktiver zu
machen, deren Video WAP genau das Menschenbild offenbart, das die Oligarchie
mehr als glücklich macht, weil eine so erniedrigte Bevölkerung ihre Macht
niemals herausfordern wird.
Wenn die Menschheit der drohenden Katastrophe entkommen soll, müssen alle
großen Kulturen der Welt ihre besten Traditionen, die erhabensten Ideen ihrer
Philosophen und Dichter, die veredelndsten Kompositionen ihrer Komponisten,
die schönsten Kunstwerke in Malerei, Skulptur und Architektur hervorholen. Wir
sollten uns alle von den Schätzen inspirieren lassen, die die Menschheit
bisher hervorgebracht hat, und anfangen, wie eine Einheit als Patrioten und
Weltbürger zu denken. Nicht nur auf dem Planeten Erde, sondern als Angehörige
der gleichen Gattung, die bald in einem Dorf auf dem Mond und einer Stadt auf
dem Mars zusammenleben werden.
Die fünf Staats- und Regierungschefs des bald stattfindenden Gipfeltreffens
müssen den Mut haben, eine großartige Vision der Zukunft der menschlichen
Gattung zu entwerfen – von Millionen von Genies, die noch geboren werden, die
sie durch die Schaffung eines neuen Paradigmas in den internationalen
Beziehungen schützen müssen. Und sie müssen auf der Ebene der Coincidentia
Oppositorum, des Zusammenfallens der Gegensätze, denken und handeln.
Anmerkung
1. P5 = die mit Vetorecht ausgestatteten fünf permanenten Mitgliedstaaten
des UN-Sicherheitsrates (USA, Rußland, China, Großbritannien und
Frankreich).
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