Friedrich Schiller Denkmal
Friedrich Schiller



Hauptseite
       

Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Innenansicht der zeitgenössischen Wissenschaft

Von Will Happer,
emeritierter Prof. für Physik an der Princeton University

Der Physiker Will Happer übermittelte das folgende Interview als Beitrag für die Konferenz des Schiller-Instituts am 25. April 2020.

Ich bin Will Happer, pensionierter Professor für Physik an der Princeton University, wo ich viele Jahre gearbeitet habe. Dank der Treuhänder der Princeton University habe ich dort immer noch ein Büro. Davor war ich in meiner Jugend viele Jahre in New York City an der Columbia University, und meine Kinder wurden dort geboren.

Ich bin in Kernphysik und Atomphysik ausgebildet. Ich habe viel über Laserphysik gearbeitet. Am bekanntesten bin ich wohl für die Erfindung des Natrium-Leitsterns, mit dem die meisten modernen Teleskope atmosphärische Turbulenzen ausgleichen, sodaß man eine bessere Auflösung von Galaxien und anderen astronomischen Objekten erhalten kann.

Meine Karriere war eine Mischung aus Theorie und Experiment. Ich habe eine Menge Experimente gemacht. Einen beträchtlichen Teil meiner Zeit verbrachte ich mit der Arbeit an spinpolarisierten Gasen, spinpolarisierten Kernen, und ein Ergebnis davon war, daß wir gelernt haben, Helium-3 und Xenon-129 in so großen Mengen zu polarisieren, daß man sie in ausreichender Menge erbrüten konnte, so daß die Lungen von Menschen mit Magnetresonanztomographen betrachtet werden konnten, was vorher unmöglich gewesen war. Und so hat sich das zu einer interessanten diagnostischen Technik in der Medizin entwickelt, die bis heute andauert. Wir haben auf dieser Grundlage ein kleines Start-up-Unternehmen gegründet, das erfolgreich war und dazu beigetragen hat, die Karriere einiger unserer ehemaligen Studenten und promovierten Mitarbeiter in Gang zu bringen.

Ich glaube, man kann mich als einen klassischen Physik-Narren bezeichnen: Ich mag Physik, ich mag quantitative Dinge, ich mag Dinge, die man modellieren kann. Ich möchte, daß es Modelle sind, die man glauben kann!

Frage: Sie wurden von der Trump-Administration gebeten, ein Gremium zur Bewertung der Behauptungen des Klimawandels zu organisieren, aber dieses Gremium hat nie funktioniert. Was geschah dann?

Happer: Nun, das ist keine sehr komplizierte Idee. Fast jede andere wichtige Wissenschaft, Technologie oder Anstrengung unseres Landes wurde sorgfältig geprüft. Vor allem in der Verteidigung haben wir zum Beispiel, bevor wir etwas kaufen, eine so genannte „Überprüfung durch das Rote Team“, bei der Leute absichtlich versuchen, Löcher in dieses oder jenes Waffensystem oder in diese oder jene Theorie zu stoßen. Und dann müssen die Befürworter es verteidigen. Und wissen Sie, oft kommen sie mit einer Eins plus-Zertifizierung durch: Ich habe das verteidigt, was ich zu tun versuche, die besten Leute konnten es nicht zerpflücken, also bin ich stärker als am Anfang.

Wenn die Klimapolitik also wirklich so gut ist, warum haben sie dann Angst, aufzustehen und zu verteidigen, was sie tun, befragt zu werden, Fragen zu beantworten – alle anderen müssen das tun, warum sind sie anders?

Sie waren also absolut empört über den Gedanken, daß jemand überprüfen möchte, was sie tun. Alle anderen werden geprüft, aber sie sind von Prüfungen befreit. Es war also eine politische Frage. Sie riefen alle ihre Freunde im Senat und in ganz Amerika zusammen: „Wie kann diese böse Trump-Administration es wagen? Wir sind die größten Wissenschaftler, die jemals auf diesem Planeten gelebt haben, und wir retten den Planeten. Und hier sind diese Kerle, die uns fragen wollen, wie wir dieses Thermometer kalibrieren, wissen Sie? Wie können sie es wagen, das zu tun!“

Das war die Situation. Und ich glaube, der Präsident hat das verstanden, aber es gab damals viele, viele andere Fragen, und es schien einfach nicht das Richtige zu sein, diese aufzugreifen. Wahrscheinlich hatte er Recht...

Was uns das sagt, ist, daß Wissenschaftler immer sehr selbstkritisch sein müssen, daß Sie sich selbst immer in Frage stellen sollten, daß Sie Ihre Kollegen hinterfragen sollten. Haben Sie darüber nachgedacht? Könnte es dadurch verursacht worden sein, und nicht durch das, was Sie als Ursache behaupten? Und das ist es, was bei der Klimapolitik nicht passiert.

Die Klimapolitik ist völlig unempfindlich gegenüber Kritik. Man darf sie nicht kritisieren. Es ist, als würde man einen religiösen Glauben verleugnen. Es ist wirklich interessant: Die Sprache, die sie benutzen, ist ganz und gar religiös. „Sie verleugnen das Klima...“ Nun, was bedeutet „verleugnen“? Warum benutzen Sie dieses Wort im Zusammenhang mit einem wissenschaftlichen Gebiet? Also, es hat alle Merkmale eines religiösen Kultes, und das ist es, was es für viele Menschen geworden ist. Es gibt Ausnahmen; es gibt ehrliche Klimaforscher, aber sie werden von vielen Kultisten getäuscht.

Frage: Was ist Ihre Ansicht über die Natur der wissenschaftlichen Forschung? Wie werden Ihrer Meinung nach grundlegende Entdeckungen in der Wissenschaft gemacht?

Happer: Viele Menschen sind sich nicht bewußt, wie wichtig Zufälle bei der Entwicklung von Technologie und Wissenschaft gewesen sind. Wissen Sie, die Politiker denken, daß wir ein großes Programm aufstellen werden, daß wir viel Geld ausgeben werden und daß wir einen Krieg gegen den Krebs führen und Krebs heilen werden. Ich erinnere mich daran, als das geschah – das war damals in den 70er Jahren, und wir gaben viel Geld aus, und der Krebs ist immer noch da! Wir haben, Gott sei Dank, ein paar Fortschritte gemacht, aber das ist nicht die Art und Weise, wie man ein wirklich schwieriges Problem löst. Normalerweise wird es durch eine zufällige Entdeckung gelöst: Nehmen Sie zum Beispiel die Kernenergie, die Kernspaltungsenergie.

Seit der ersten Entdeckung des Kerns durch Ernest Rutherford war klar, daß bei Kernumwandlungen viel Energie im Spiel ist. Und als Rutherford gefragt wurde: „Werden Sie jemals Kraft erzeugen?“ Er sagte: „Jeder, der sagt, daß er aus der Kernphysik Kraft gewinnen wird, spricht von Schwarzbrennerei.“ Ich glaube, das war das Wort, das er benutzte: „Schwarzbrennerei“. Und er hatte Recht, denn zu der Zeit wußte niemand, daß es so etwas wie ein Neutron gab. Aber ein paar Jahre, nachdem er diese Aussage gemacht hatte, wurde das Neutron – zufällig – entdeckt. Zuerst dachte man, es sei eine seltsame Gammastrahlung, die die Gammastrahlung durchdringt, und so dauerte es lange, bis man erkannte, daß es sich um ein neues Elementarteilchen handelte, das nicht geladen war und daher leicht mit Kernen wechselwirken konnte – es gibt keine Coulomb-Kraft, die es fernhält. Das war also der erste Zufall.

Und dann nutzte Enrico Fermi das Neutron sehr schnell für kernphysikalische Studien, und er und sein Team in Rom leisteten in diesen ersten Jahren eine Menge aufregender Arbeit. Er erhielt den Nobelpreis für die Herstellung dessen, was er für transuranische Elemente hielt. Er hat den Nobelpreis verdient, er war so ein guter Kerl – aber es war ein Irrtum! Wissen Sie, was er wirklich tat, war die Uranspaltung zu verursachen, und erst als Lise Meitner und ihr Team in Berlin begannen, dieses bestrahlte Atomuran chemisch zu untersuchen, erkannten sie, daß es überhaupt keine Transurane sind. Es ist Barium und Kerne mit mittlerem Gewicht, die sich bei der Spaltung des Urankerns gebildet haben. Wieder ein Zufall.

Und so machten diese beiden Zufälle, die zufällige Entdeckung des Neutrons und die zufällige Entdeckung der Kernspaltung, die Kernkraft möglich, nicht nur Waffen, sondern auch zivile Energie.

Bei der Kernfusion ist das nicht geschehen. Ich denke, es könnte passieren: Irgend jemand wird eine zufällige Entdeckung machen, durch die etwas, was im Moment ein sehr, sehr schwieriges technisches Problem zu sein scheint, plötzlich machbar wird. Und deshalb bin ich dafür, die Arbeiten zur Fusion zu unterstützen. Aber man muß realistisch sein, daß es nicht hilft, das Budget um den Faktor zehn zu erhöhen, wenn man keine gute, neue Idee hat!

Frage: Welche Bereiche der wissenschaftlichen Forschung begeistern Sie heute am meisten?

Happer: Nun, Satelliten waren natürlich sehr wichtig für die Klimawissenschaft, denn wir haben jetzt die besten Daten, die zur Verfügung stehen, von Satellitenmessungen der atmosphärischen Temperaturen, Satellitenmessungen der Bewölkung, Satellitenmessungen des Strahlungshaushalts der Erde; das alles sind gute Sachen, und ich bin zu 100% dafür. Das ist ein Teil der Klimawissenschaft, auf den wir stolz sein können, und ich glaube, er erhält nicht genug Unterstützung.

Natürlich konzentriert sich das auf die Erde, nicht auf andere Planeten, aber die Art und Weise, wie das Klimasystem anderer Planeten funktioniert, ist auch interessant. Wissen Sie, die Venus ist ganz anders als die Erde, was zum größten Teil daran liegt, daß sie ein ganzes Stück näher an der Sonne liegt, so daß sie doppelt so viel Sonneneinstrahlung hat wie die Erde. Aber es gibt interessante Systeme auf den anderen Planeten: Jupiter hat ein erstaunliches Klimasystem, wissen Sie, mit Wolken und dem großen roten Fleck. Es gibt also eine ganze Reihe von Zielen da draußen, an denen helle junge Leute arbeiten können und bei denen die Forschungssatelliten der NASA helfen können.

Das alles ist also sehr gutes Material. Ich denke, wenn Sie fragen, was die grundlegende Frage da draußen ist, dann ist es wirklich die dunkle Materie. Wissen Sie, es gibt diesen riesigen Teil der Materie im Universum, von dem niemand weiß, was er ist. Und sie ist offensichtlich vorhanden, aufgrund nicht sehr subtiler experimenteller Beobachtungen: Sie wissen, wie schnell sich Galaxien um ihr Zentrum drehen, sie drehen sich viel zu schnell, weil ein Teil dieser Masse – die dunkle Materie – fehlt. Und dann ist da noch die dunkle Energie.

Ich denke, das sind also die grundlegenden Grenzen. Und auch da glaube ich, daß dies wahrscheinlich ein Rätsel ist, das durch einen glücklichen Zufall gelöst wird. Wissen Sie, wir sollten unser Bestes tun, um Experimente zu entwerfen, aber unsere Augen offen halten für Unfälle. Ich glaube, so wird es geknackt werden.

Wenn Sie nicht über den Weltraum sprechen, dann würde ich mir das andere riesige Gebiet – wenn ich ein junger Mensch wäre – sehr genau anschauen: Biologie, Biophysik, Biochemie. Wir sehen, gerade im Falle von COVID, wenn wir flink wären, hätten wir einen Impfstoff oder ein Gegenmittel haben können. Und ich würde vermuten, daß die Zeit kommen wird, in der wir in der Lage sein werden, sehr, sehr schnell auf neue Viren zu reagieren und sie im Keim zu ersticken. Das können wir heute nicht tun, aber ich glaube, daß das in Zukunft durchaus möglich ist.

Aber es wird nicht automatisch geschehen: Die Menschen müssen daran arbeiten, es muß Zufälle geben. Auch dort hat es Zufälle gegeben. Ich denke, viele Ihrer Zuhörer wissen vielleicht von der CRISPR-Revolution, das war wieder ein Zufall in der Biologie, durch den dieser CRISPR-Mechanismus für die Genbearbeitung entdeckt wurde. Aber das lag daran, daß einige kluge Leute sich Daten angesehen und erkannt haben, daß etwas daran komisch ist, daß es nicht in das übliche Paradigma paßt, und sie haben es herausgefunden.

Ich glaube also, es gibt viel Platz für kluge junge Köpfe, die bereit sind, hart zu arbeiten, viel für die menschliche Existenz zu bewegen – und dabei eine gute Zeit zu haben, Sie wissen schon, Probleme zu lösen.