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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Landwirtschaft und Lebensmittel

Von Michael Callicrate

Michael Callicrate ist Farmer aus Colorado, Viehzüchter und Eigentümer der Firma Ranch Foods Direct.

Hallo, ich bin Mike Callicrate. Ich lebe in St. Francis/Kansas und in Colorado Springs/Colorado. Unser Viehzuchtbetrieb befindet sich in Kansas, und wir bringen unser Rindfleisch nach Colorado Springs, um es in den Städten an der Grenze zu Colorado zu verkaufen. Bob Baker bat mich, einen kurzen Beitrag über einige der Dinge zu präsentieren, die wir hier in unserer Region tun, um das Leben der Viehzüchter und Landwirte zu verbessern und den Verbrauchern einen besseren Zugang zu echten Nahrungsmitteln aus ihrem lokalen und regionalen Umfeld zu ermöglichen. Wir sprechen über den Aufbau neuer Möglichkeiten für Prosperität durch Landwirtschaft und Ernährung.

COVID-19 hat ein gescheitertes System offengelegt, das Mißbrauch treibt, das ungesund, unmenschlich und unfähig ist, die Menschen zu ernähren. Ich denke, das ist eine echte Gelegenheit, den Schleier wegzuziehen und den Menschen überall zu zeigen, wie zerbrechlich das industrielle Ernährungssystem ist und wie es eigentlich niemandem dient außer einer Handvoll Menschen, die es an der Spitze der Wirtschaft kontrollieren.

Wie können wir also ein Nahrungsmittelsystem aufbauen, das sicherer ist, das die mißbräuchliche Marktmacht reduziert und dezentralisiert? Wie stellen wir sicher, daß Farmer, Viehzüchter und Arbeiter ein existenzsicherndes Einkommen haben? Wie bauen wir unsere Kommunen wieder auf? Wie produzieren wir gesündere und sicherere Lebensmittel, und wie werden wir stärker, um den Risiken standhalten zu können, mit denen wir mit Dingen wie COVID-19 in dieser sich rasch verändernden Welt konfrontiert sind?

Die Verarmung und Unterernährung einer Zivilisation steht in direktem Zusammenhang mit der Konsolidierung und Industrialisierung der Nahrungsmittelversorgung. Was wir heute haben, ist das am stärksten industrialisierte und am stärksten konzentrierte Nahrungsmittelsystem, das es je in der Geschichte der Menschheit gegeben hat. Es ist wie ein Bergbauunternehmen: Es fördert Reichtum in noch nie dagewesenem Ausmaß, hinterläßt aber eine verschmutzte Welt und viel Armut. Der Reichtum konzentriert sich an der Spitze, Armut und Hunger an der Basis.

In Washington, in den Büros und im Hauptgebäude des Landwirtschaftsministeriums der Vereinigten Staaten gibt es eine Inschrift, ein Paulus-Zitat, das besagt: „Es soll der Bauer, der den Acker bebaut, die Früchte als Erster genießen.“ Mit anderen Worten: Die Menschen, die die Arbeit tun, die das Risiko eingehen und das Kapital investieren, verdienen einen gerechten Anteil an dem Wohlstand, den sie schaffen. Das ist heute nicht der Fall. Genau das Gegenteil ist der Fall! Der Bauer, der Viehzüchter, die Menschen auf dem Land, die Arbeiter, bekommen im wesentlichen nur die Krümel, die Reste. Tatsächlich arbeiten sie meist für weniger als die Produktionskosten.

Wie können wir also das Leben der Menschen verbessern und die Landwirtschaft wieder gesunden lassen? Betrachten wir ein regeneratives Modell der Landwirtschaft. Schauen wir uns ein regeneratives Landwirtschaftsmodell an, das den Boden aufbaut, das die Gesundheit der Gemeinschaft ebenso berücksichtigt wie die Gesundheit der Menschen, die an der Produktion unserer Nahrungsmittel beteiligt sind – aber auch die Gesundheit des Verbrauchers, der die Lebensmittel verzehrt. Das ist es, was wir in St. Francis/Kansas mit der Callicrate Cattle Company tun.

Es dreht sich im Grunde genommen alles um den Boden. Wir nehmen dem Boden etwas weg, und wir geben es dem Boden wieder zurück. Wie fanden wir den Weg von St. Francis/Kansas nach Colorado Springs und in das Gebiet um Denver? Und wie sieht es in anderen Ländern und an anderen Orten aus?

Mir gefällt das Konzept eines öffentlichen Lebensmittel-Versorgungsunternehmens, bei dem die Öffentlichkeit tatsächlich einen Großteil der Infrastruktur besitzt, von der Farm und dem Weidegatter bis zum Weg auf den Teller des Verbrauchers. So können die Menschen auf dem Land Zugang zu den Verbrauchern erhalten und die Konzerne umgehen, mit denen wir es derzeit zu tun haben: die großen Fleischverarbeiter, die großen Einzelhändler, die großen Nahrungsmittelkonzerne, die den Reichtum abziehen und uns nichts übrig lassen. Wie bauen wir sichere und profitable Wege zum Verbraucher auf?

© Friesla

Mit dieser mobilen Schlachteinheit kommt der Schlachter zur Herde, anstatt die Herde zum Schlachter – und macht die Viehhalter unabhängig von den großen Schlachtbetrieben.

Wir haben beschlossen, unser Vieh nicht mehr an große Fleischkonzerne zu verkaufen. Seit neun Jahren arbeiten wir in unserem Viehzuchtbetrieb in St. Francis mit einer mobilen Schlachteinheit. Sie verfügt über ein komplettes Einpferchsystem, wie Sie hier sehen können, es hat eine Tötungsbox, in der das Tier unter tierärztlicher Aufsicht schmerzfrei getötet wird. In diesem Anhänger wird es zerlegt und dann nach Colorado Springs zu unserem Lebensmittel-Umschlagplatz transportiert. Das könnte auch ein Umschlagplatz in Lusaka in Sambia, sein oder in Philadelphia; es könnte ein Umschlagplatz überall auf der Welt sein. Es ist der Ort, wohin Lebensmittel in ihrer rohen Form hingebracht und in Nahrung verwandelt werden, die der Verbraucher kaufen kann. Natürlich muß daran auch ein Markt angeschlossen sein, wo der Verbraucher nicht nur sehen kann, wie seine Lebensmittel behandelt, produziert und verarbeitet werden, sondern auch die Möglichkeit zum Kauf hat. Das ist es, was wir in Colorado Springs haben.

Das Unternehmen Ranch Foods Direct besteht seit etwa 20 Jahren. Der Umschlagsplatz „Peak to Plains Food Distribution Hub“ ist ein drei Jahre altes Projekt hier in Colorado Springs. Es ist ein Vorbild für eine Einrichtung, die es auch in Namibia in Afrika gibt. Es läuft dort sehr gut. Es ist vorschriftsmäßig gebaut, so daß es geprüft werden kann, je nach den Regeln des Ortes, an dem sich die Anlage befindet. Das ist eine weitaus bessere Alternative für eine Kommune als die großen Schlachtkonzerne, die den gesamten Profit einkassieren und uns nichts übrig lassen. Bei diesem Modell werden die Tiere dort getötet, wo sie sich befinden, was weitaus tierfreundlicher ist, und es entsteht ein saubereres Produkt, das an den Verbraucher geht. Die Tierkörper können richtig abhängen und werden dann im Stadtzentrum oder in der Nähe der Verbraucher zerlegt.

Friesla ist der Name des Unternehmens, das diese Einrichtungen zur Verfügung stellt. Ich halte es einfach für eine brillante Art und Weise, die Infrastruktur wieder aufzubauen, und zwar entweder in einer mobilen Form oder, wie im Fall dieses Bildes (siehe Abbildung), in einer modularen Art und Weise, wenn Sie die Anlage nicht bewegen wollen. Das würde ich Ihnen übrigens nicht empfehlen, denn wenn man sie in einer Art Docking-Station oder einem anderen Format verwendet, können wir wirklich alles kontrollieren. Wir können den Wasser- und Stromverbrauch kontrollieren, wir können die Schlachtabfälle kontrollieren, und wir können auch die Tiere in einem guten Gehegesystem kontrollieren, wo sie schmerzfrei eingeschläfert werden können.

Das ist unsere Vorstellung von dem, woran wir in Colorado und Kansas und eigentlich im ganzen Land arbeiten. Wir sehen jetzt ein wachsendes, viel größeres Interesse daran. Aber wir brauchen die Unterstützung der Verbraucher. Ohne die Unterstützung des Verbrauchers, der bereit ist, seine Lebensmittel aus diesen Quellen zu kaufen, kann das System nicht überleben. Diese Nahrungsmittel müssen nicht teurer sein! Wir haben einen Großteil der unfairen Profite, die sich die großen Schlachthöfe und Einzelhändler und Foodservice-Unternehmen abzweigen, gestrichen und schicken im Grunde einfach dorthin zurück, wo sie hingehören. Sie gehören den Farmen und Ranchen, wo die Arbeiter einen fairen Preis für ihre Arbeit verdienen. Wir kümmern uns um die Umwelt. Das ist ein schöner, nachhaltiger und regenerativer Weg, den wir beschreiten.

Ich danke Ihnen.