Syrien gewinnt nach und nach sein Territorium zurück
Langsam, aber sicher vertreibt die syrische Regierung die
Dschihadisten aus ihren letzten Herrschaftsgebieten.
Die syrische Regierung arbeitet mit russischer Unterstützung langsam, aber
stetig daran, die Kontrolle über die bisher von Rebellen kontrollierten
Gebiete in den Provinzen Hama und Aleppo im Nordwesten des Landes
zurückzugewinnen. Gleichzeitig wird der Wiederaufbau der Kriegszerstörungen
beschleunigt, und in die Debatte darüber werden auch die Vorschläge des
Schiller-Instituts einbezogen.
Das langsame Tempo der militärischen Fortschritte ist auf türkische und
amerikanische Interventionen zurückzuführen, die angeblich die Waffenruhe in
den Waffenstillstandszonen wahren und die Bevölkerung schützen sollen. Solche
Zonen wurden im Astana-Prozeß unter der Schirmherrschaft Rußlands, der Türkei
und des Iran eingerichtet, aber in einigen, z.B. in Idlib, regieren keine
friedlichen Zivilisten, sondern die letzten Überreste der blutrünstigsten
Al-Nusra- und IS-Terroristen, die immer noch Angriffe auf syrische
Streitkräfte und Zivilisten sowie russische Stützpunkte durchführen. An
Kontroll- und Beobachtungsposten wurden türkische Truppen stationiert, die
diese Gruppen von der syrischen Armee trennen.
Am 21. August schloß die syrische Armee die Befreiung der Stadt Khan
Sheikhoun (Chan Scheichun) ab. Eine unbekannte Anzahl von Terroristen in
Dörfern entlang der Grenze zwischen Idlib und Hama sowie der türkische
Beobachtungsposten in Morek, etwa 12 km südöstlich von Khan Sheikhoun, wurden
von ihr eingekreist.
Um der Zangenoperation zu entkommen, mußte sich das türkische Militär mit
dem russischen abstimmen. Die amtliche syrische Nachrichtenagentur SANA
berichtete am 22. August, daß syrische Truppen weitere Operationen gegen
Dschihadisten in dem Kessel durchführen. Ein humanitärer Korridor wurde
eröffnet, um Bürgern eine sichere Ausreise aus den von Terroristen
kontrollierten Gebieten in Hama und Idlib zu ermöglichen. Laut SANA
werden ihnen Obdach, Nahrung und medizinische Versorgung gewährt. Die
Terrorgruppen kontrollieren immer noch große Gebiete, aber diese werden nicht
auf einmal angegriffen, um eine humanitäre Krise zu vermeiden, die man gegen
die syrische und die russische Regierung benutzen würde. Der türkische
Außenminister Mevlut Cavusoglu erklärte am 2. September gegenüber Reportern,
Rußland habe der türkischen Seite versichert, daß die syrische Armee keine
türkischen Beobachtungsposten angreift.
Türkische Regierungskreise und Medien protestierten vehement gegen die
Befreiung von Khan Sheikhoun und behaupteten, diese gefährde den
Astana-Prozeß. Der Protest ebbte jedoch bald ab und die türkische Seite
verhandelte wieder mit ihren russischen und iranischen Kollegen. Am 8.
September sprachen Cavusoglu und sein iranischer Amtskollege Mohammad Jawad
Sarif über die im Rahmen des Astana-Prozesses vorgesehene syrische
Verfassungsversammlung.
Die Türkei sitzt nun in Syrien in der eigenen Falle, weil sie durch die
jahrelange Unterstützung der Dschihadisten ein Heer gut ausgebildeter,
gewaltbereiter Gruppen direkt an der eigenen Grenze geschaffen hat. Ankara
kann sie nicht in die Türkei lassen, will aber auch nicht zulassen, daß sie
zerschlagen werden, da sie darin immer noch geopolitische Verhandlungsmasse
sieht. Die einzig vernünftige Lösung besteht darin, es der syrischen Armee und
Regierung nicht länger zu verwehren, die vollständige Souveränität über ihre
Territorien zurückzuerobern, und dann gemeinsam die Grenzen beider Länder zu
überwachen. Die Terroristen müssen nach Recht und Gesetz behandelt und für die
Verbrechen, die sie begangen haben, angeklagt werden. Andere Kämpfer und
Zivilisten, die dazu verführt wurden, sich gewaltsam gegen die eigene
Regierung zu wenden, sollten von den gleichen, fairen Versöhnungs- und
Wiedereingliederungsabkommen profitieren wie andere in Homs, Aleppo und in
Ost-Guta bei Damaskus.
Operation Phoenix
Unterdessen rücken Pläne für den Wiederaufbau der kriegszerstörten Gebiete
in den Vordergrund. Am 3. September veröffentlichte die Syria Times,
eine offizielle Publikation des Bildungsministeriums, eine leicht gekürzte
Textfassung eines Videos über die „Operation Phoenix und der Wiederaufbau
Aleppos“, das vom Schiller-Institut (SI) produziert und auf einer Konferenz im
Juni 2016 in Berlin vorgestellt worden war.1
In der Einleitung zitiert die Journalistin Haifaa Mafalani den Autor des
Projekts, den Redakteur des arabischen Dienstes der Nachrichtenagentur
EIR Hussein Askary, der ihr in einem Interview sagte:
„Aleppo hat im Laufe der Geschichte viele Momente der Größe wie auch des
Verfalls und des Aufruhrs erlebt, aber es ist immer wieder auferstanden wie
der Phönix aus der Asche. Das syrische Volk und die syrische Regierung haben
angesichts der schlimmsten Krise in der Geschichte des Landes diesen Geist am
Leben erhalten.“2
Das Video des Schiller-Instituts endet mit einem eindringlichen Aufruf:
„Nicht nur Aleppo, ganz Syrien mit seinen Menschen, seiner Kultur und
seinen Artefakten ist ein einzigartiges und lebendiges Zeugnis für das
Zusammenleben und die Kontinuität der verschiedenen Kulturen der Menschheit.
Die Welt hat die Pflicht, es zu verteidigen und zu bewahren und sollte es,
wenn der Frieden wiederhergestellt ist, zur Welthauptstadt des Dialogs der
Kulturen machen!“
Anmerkungen
1. Das Video des Schiller-Instituts finden Sie unter https://schillerinstitute.com/media/aleppo-the-eternal-city-project-phoenix/.
Es basiert auf dem Projekt „Operation Phönix“ des SI für den Wiederaufbau
Syriens vom Oktober 2015. Es ist auch dargestellt im Sonderbericht des
Schiller-Instituts über die Ausweitung der Neuen Seidenstraße nach Westasien
und Afrika (in englischer Sprache) und sowie in der deutschen und in der
arabischen Version des Berichts „Die Neue Seidenstraße wird zur
Weltlandbrücke“. Alle diese Studien sind erhältlich in unserem Verlag, siehe
https://shop.eir.de.
2. Den vollständigen Text des Artikels der Syria Times finden Sie in
englischer Sprache im Internet unter: http://syriatimes.sy/index.php/culturt/43433-aleppo-re-build-in-a-swedish-film-syria-and-the-new-silk-road.
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