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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Die Brücken Italien-Tunesien und Italien-Albanien

Die Belt & Road-Korridore verbinden

Von Prof. Enzo Siviero,
Rektor der E-Campus-Universität und Vizepräsident des Réseau Méditerranéen des Ecoles d’Ingénieurs, Italien

Sehr geehrte Damen und Herren, vielen Dank für diese freundliche Einladung. Dies ist das zweite Mal, daß ich zum Schiller-Institut komme, was mir sehr gut gefällt. Vor einigen Jahren wurde ich von meinem Kollegen Claudio Celani eingeladen. Und ich grüße Helga (Zepp-LaRouche), die ein wundervoller Mensch ist, die sich gerade mit diesen Dingen beschäftigt, weshalb ich sehr stolz bin, dafür hier zu sein.

Alle Abbildungen © Enzo Siviero
Abb. 1: Von Afrika ist es über das Mittelmeer nur
ein kleiner Sprung nach Europa und Asien.

Abb. 2: Tunesien wird Italiens und Europas Tor nach Afrika.

Abb. 3: Der große Traum: Kapstadt mit Beijing verbinden.

Ich habe einen Bildvortrag. Beginnen wir mit dieser Idee, daß Europa und Afrika Schwestern sein sollten, Brüder sein sollten. Es gibt eine Brücke, es ist eine flüssige Brücke. Wir haben die Pflicht, diese Brücke zu festigen, denn das Mittelmeer ist ein großer See. Wenn man sich das ansieht, sieht man, daß das, was fehlt, nur ein kleiner Sprung nach Europa und Asien ist (Abbildung 1).

Dies ist eine Erweiterung des Vortrags, den ich vor vier Jahren gehalten habe. Ich werde nicht allzu sehr ins Detail gehen, aber wenn man sich die Korridore ansieht, ist es leicht zu verstehen, daß es unmöglich ist, Afrika zu erreichen, wenn es keine feste Verbindung zwischen Sizilien und Tunesien gibt.

Tunesien wird also Italiens und Europas Tor nach Afrika sein (Abbildung 2). Was Albanien betrifft, so brauchen wir ein Tor von Italien – und Europa – nach Asien, durch Griechenland und vielleicht die Türkei oder nördlich des Schwarzen Meers.

Das ist es, womit man es im Norden zu tun hat. Die Investoren sind sehr gut, sie haben viele fortschrittliche Dinge. Aber der größte Teil der Mittelmeertransporte – sagen wir im Moment ungefähr 2000 Schiffe pro Monat und in einigen Jahren vielleicht 4000 Schiffe pro Monat –, 80 Prozent, gehen nach Norden über Gibraltar. Und das ist Zeitverlust, Geldverschwendung.

Lassen Sie uns gemeinsam träumen, denn wenn wir nicht träumen, können wir nicht in die Zukunft blicken; das ist eine sehr wichtige Frage. Man muß sein Herz sprechen lassen und mit seinem Herz diese Hindernisse überwinden.

Mein Traum ist eine Verbindung von Kapstadt bis Peking (Abbildung 3)! Riesig, phantastisch. Aber wie war es mit Leonardo? Was war mit Leonardo vor 500 Jahren? Er träumte visionäre Technik. Ohne Visionen gibt es keine Zukunft!

Und in diesem Sinne hielten wir es für möglich, all dies durch die UNESCO zu verbinden. Die UNESCO ist Kultur: Alle Punkte, die Sie auf der Karte sehen, sind UNESCO-Welterbe-Stätten verschiedener Art. Und das ist ein sehr wichtiger Punkt: In Afrika gibt es viele UNESCO-Stätten. In China gibt es viele UNESCO-Stätten. Und auch in – hm, über Italien spreche ich natürlich nicht, das ist selbstverständlich. Ich bin doch Italiener! (Lachen.) Ich muß wohl nicht erst groß zeigen, was es bei uns alles gibt!

Ich erinnere mich nur daran, daß ich vor 55 Jahren vier Monate in Deutschland verbracht habe (ich war sehr jung, erst 20 Jahre alt, und jetzt bin ich ein Dreivierteljahrhundert, was ein sehr schönes Alter ist). Das ist kein Witz: Als wir hingingen, um einige Ruinen zu sehen, sagte man uns: „Wenn Italiener im Bus sind, bleiben Sie bitte im Bus.“

Und ich schätze das, denn es bedeutet: Wenn man kleine Dinge hat, dann weiß man sie zu schätzen. Wenn man zu viele Dinge hat, wie wir in Italien, dann weiß man sie leider nicht zu schätzen, zumindest tut das die Politik. Wir sehen das in Venedig. Ich war 44 Jahre lang Professor an der Architekturschule in Venedig, und mein Herz ist dort. Aber jetzt bin ich Rektor einer Online-Universität, sie ist universeller; das entspricht mehr der Einstellung des Schiller-Instituts: es ist universell, das ist sehr wichtig.



Abb. 4: Lage der Projekte TUNeIT und GRALBeIT zwischen Tunesien, Italien und Albanien.

Lassen Sie mich fortfahren. Die nächste Abbildung führt nach Afrika, und das ist der „Odysseus-Korridor“, wie ich es nenne, weil wir hier die Verbindung zu dem homerischen Mythos haben. Das ist Teil unserer Geschichte, unserer Tradition! Wir sind, weil wir waren; wir werden sein, weil wir sind! Unsere Tradition, unsere Geschichte ist unsere Zukunft. Das dürfen wir nie vergessen!

Und China: Manchmal vergessen wir, daß China eine sehr große Geschichte hat. Wir wissen das natürlich nicht nur dank Marco Polo (ich bin eben Venezianer).

Sehen Sie, ich nenne das TUNeIT und GRALBeIT (Abbildung 4). Ursprünglich war es ALBeIT – Albanien und Italien. Aber wir dürfen Griechenland nicht vergessen, Griechenland ist Teil unseres Lebens, die Via Egnatia. Deshalb: GRALBeIT – Griechenland, Albanien und Italien.

Ich will nicht sagen, daß Italien das Zentrum sein wird, es ist ein Durchgangsland. Die logistische Situation wird sein, daß es eine Tür von einer Seite zur anderen gibt und man versucht, sich zu verbinden.

Wir haben die Magna Graecia im Süden Italiens. Manchmal sage ich, im Süden Italiens gibt es mehr Griechenland als in Griechenland selbst! Weil es besser erhalten ist. Wir werden so genannt wegen unseres Taormina-Theaters oder Selinunt auf der einen Seite oder den Orten dort, überall in Kalabrien und auch in Apulien. (...)



Abb. 5: Die drei Mittelmeer-Korridore, über Gibraltar, Sizilien und den Suezkanal.


Abb. 6: Lageplan des TUNeIT-Projektes.

Abb. 7: Querschnitt des TUNeIT-Projektes: Der mittlere Abschnitt soll als Tunnel ausgeführt werden.



Abb. 8: Die kürzeste Verbindung zwischen Italien und Albanien liegt auf der Linie Valona-Otranto.


Abb. 9: Querschnitt des GRALBeIT-Projektes. Die größte Schwierigkeit ist, daß das Adriatische Meer hier mehr als 800 m tief ist.



Abb. 10 a) und b): Die elliptische Form des menschlichen Auges lieferte die Inspiration für einen elliptischen Querschnitt des Tunnelprojektes.


Abb. 11 a) und b): Seitenansicht und Querschnitt der Messinabrücke.


Die TUNeIT-Messina-Brücke wird in dieser Hinsicht mehr sein als bloß eine Verbindung zwischen Messina und Reggio Calabria. Und dann gibt es den Bosporus. Nun, Sie wissen, daß die Türkei da in den letzten Jahren viel getan hat, aber heute bin ich nicht so sehr überzeugt, daß die Zukunft für sie einfach sein wird.

Das sind drei Korridore (Abbildung 5): Sie sehen im mittleren Teil, daß der eine Korridor nach Apulien führt und der andere Teil nach Algier, also wird man beides miteinander verbinden. Und dann der Suezkanal. Wenn Sie den Suezkanal überqueren und weiter nach Osten fahren, kommen Sie nach Israel. Sie kommen nicht darum herum. Ich denke, dort sind eigentlich die wichtigsten Mauern. Baut Brücken und reißt die Mauern nieder! Das ist unsere Hoffnung, und auch der chinesische Kollege hat das gesagt. Aber ich sage, wenn man auf eine Mauer stößt, muß man die Mauer zerstören und aus ihren Steinen gleich eine Brücke bauen. Das ist eine fortschrittliche Idee. (Manchmal versuche ich, ein Dichter zu sein.) [Applaus.]

Diese Idee, Sizilien und Tunesien zu verbinden, ist aber nicht nur meine Idee. Schon vor 14 Jahren hat die ENEA, ein sehr wichtiges Forschungszentrum, einen Tunnel von einer Seite zur anderen mit vier Zwischeninseln vorgeschlagen (Abbildung 6). Die rote Linie bedeutet, daß dort Schiffe fahren, derzeit 2000 im Monat, in ein paar Jahren 4000. Und warum sollte man nicht mit diesen Zwischeninseln eine Brücke bauen? Schauen wir uns das von der Seite an (Abbildung 7). (Ich bin nun einmal ein „Brückenmensch“, die Leute nennen mich so.) Das ist die ursprüngliche Idee, und dann haben wir sie ein wenig mit einigen künstlichen Inseln geändert. Ist das unmöglich? Doch, es ist möglich! 80% der Investition könnten durch Einnahmen gedeckt werden. Es geht darum, anders zu denken.

Schließlich haben wir aus technischen Gründen beschlossen, einen Teil als Untersee-Tunnels zu bauen. Ich habe keine Zeit, darauf näher einzugehen, aber das wird sehr wichtig sein, genauso wie die Brücke.

Ich komme nun zu der Verbindung Valona-Otranto (Abbildung 8). Die Verbindung [Albanien-Italien] könnte auch eine andere Lage haben, aber das ist natürlich der kürzeste Weg, und man muß nach Apulien. Wer Apulien kennt, der weiß, daß es eine der schönsten Regionen ist, die wir in Italien haben, mit Oliven und vielem anderen, Alberobello usw. Und auf der anderen Seite Valona. Jetzt wächst Albanien so stark. Albanien gehört vielleicht mehr zu Europa als andere Länder – warum sollte man Albanien nicht in Europa [die EU] aufnehmen?

Wir sind dafür, aber leider ist nicht ganz Europa überzeugt. Ähnlich ist es auch bei der Seidenstraße! Ich kann nicht glauben, wie die Beziehungen der Europäischen Union zu China sind. Ich denke, Brücken sollten vor allem menschliche Brücken sein, politische Brücken, von einem Herzen zum anderen. Und lächeln! Lächeln ist die Tür zum Glück. Wenn man jemanden trifft und lächelt, ist sein Herz offen; die Sonne geht auf, es wird wärmer und sie bildet eine Brücke aus Blumen. Das ist mein Punkt – eine Brücke aus Blumen! [Applaus.]

Nur um zu zeigen, daß es möglich ist, solche Dinge zu tun. Anstatt an die nächste Wahl zu denken, denkt bitte ein wenig weiter! Im Jahr 1960 gründeten wir Europa, mit einer anderen Mentalität. Heute geht es Europa schlechter, es ist voller Mauern. Warum? Weil jeder an seine Besonderheit denkt, dabei kann man nur verlieren. Alle verlieren.

Das ist der Grund, warum ich das Schiller-Institut so mag, weil es den Geist öffnet. Sie versuchen, verstehen zu helfen, daß es über deine besondere Sache hinaus eine große Zukunft gibt, für alle! Das Problem der Migranten kann nicht mit Kriegen gelöst werden, es kann auch nicht einfach dadurch gelöst werden, daß man jemanden bezahlt, damit er nicht kommt. Wir müssen über die gesamte globale Lösung nachdenken. Und vielleicht kann auch diese Hypothese helfen. Sie könnte helfen, weil Tausende und Abertausende von Menschen daran arbeiten können, und das kann sie verbinden.

Schauen Sie sich das hier nicht zu genau an (Abbildung 9). Das große Problem ist, daß wir hier eine Tiefe von 800 Metern haben, was sehr schwierig ist. Aber wenn etwas unmöglich ist, gefällt mir das! Manchmal erinnere ich mich daran, daß ich ursprünglich Ingenieur bin. Damals lehrte ich die Architekten Brückenbau. So wurde ich Architekt honoris causa wegen meiner Brücken, weil ich ein Brückenbauer bin. Alle meine Brücken sind sehr schön, nicht unbedingt groß, aber sehr schön – hauptsächlich menschliche Brücken.

Lassen Sie uns sehen, was die Idee war, ganz kurz. Ich mag nämlich Poesie, poetische Gedanken. Ist das ein Auge? Es ist mehr! Was Sie im Inneren sehen, ist ein Auge. Was sehen Sie an dieser Farbe? Machen Sie sich keine Gedanken darüber, daß diese Dame vielleicht aus dem Mittleren Osten kommt. Vielleicht ist sie muslimisch. Islam ist der dritte Schritt des Monotheismus; der erste ist das Judentum, der zweite das Christentum und der dritte der Islam. Warum denken sie nicht gemeinsam? Es ist schwierig, das verstehe ich. Aber die Inspiration dieser Augen ist diese: da ist eine Ellipse, und von der Ellipse kommen wir zu diesem Querschnitt (Abbildungen 10a, 10b). Es ist eine Erfindung, aber wir müssen die Aufmerksamkeit der Menschen auf uns ziehen. Wir müssen sie davon überzeugen, daß es möglich ist, zu denken und zu träumen.

Lassen Sie uns weitermachen. Ich werde nicht zu sehr ins Detail gehen, aber glücklicherweise habe ich eine sehr feste Grundlage, denn ich bin Ingenieur – ein „transgener“ Ingenieur, vielleicht verstehen Sie, daß ich mehr bin als ein Ingenieur, sozusagen ein Organismus, der genetisch verändert ist. [Lachen.] Aber ich mag diese Idee sehr. Und es gibt Sicherheitsfragen und andere Dinge, denn in dieser Tiefe zu arbeiten ist nicht so einfach.

Lassen Sie uns mit der Messina-Brücke abschließen (Abbildungen 11a, 11b), die ist mein Traum, die zu einem Alptraum geworden ist. Aus politischen Gründen wurde entschieden, den Vertrag zu kündigen! Das hat es noch nie in der Geschichte gegeben, wann immer Menschen da waren, die ihr Gehirn benutzen. Es war allein aus politischen Gründen! Die Sache war fantastisch, aber sie haben es abgesagt.

Und meine Idee ist diese – wieder einmal ein Traum: Warum bauen wir nicht 400 Meter hohe Wolkenkratzer als Brückenturm – Scylla und Charybdis, die Lampe des Mittelmeers – und denken dabei, daß Kalabrien und Sizilien so verbunden werden könnten, wie es mit Odysseus und Äneas der Fall war.

Ich möchte zum Schluß kommen. Warum sollte man nicht an eine Mittelmeer-Währung denken – „Med Coin“? Es gab dafür schon einmal Statuten, vielleicht kann man daran anknüpfen. Ich weiß, daß das jetzt noch ein Traum ist, aber inspiriert von den Ideen Lyndon LaRouches, erkenne ich wirklich, daß es nicht unmöglich ist.

Wie übersetzt man Brücken? Hier sind einige, von der UNESCO. Ich möchte Ihnen zeigen, daß die Brücke auf Chinesisch (qiáo) ciao ausgesprochen wird. „Ciao“ ist universell, wie Pizza und Spaghetti, denke ich, wie „arrivederci“ usw.

Und zum Abschluß: Ich hatte mit dieser Brücke am Goldenen Horn zu tun, ich habe sie gerettet, denn die UNESCO wollte diese Brücke nicht. So löste ich das Problem und konnte zeigen, daß die Menschen einen Blick auf die historische Halbinsel von Istanbul, Konstantinopel und Byzanz werfen und so mit der Tradition interagieren können. Man muß diese Dinge leben! Dies ist ein Foto, das ein Kollege von mir aufgenommen hat. Ich war als Architekt an der Galata-Brücke [in Istanbul], und ich sagte: Gib mir einen festen Punkt und ich werde das Unmögliche tun.

Das ist mein Traum, den ich mit Ihnen teilen möchte. Ich danke Ihnen vielmals.

(Den Videomitschnitt des Vortrags mit allen Abbildungen finden Sie auf https://schillerinstitute.com/.)