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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Kann Europa eine Schlüsselrolle in der Wissenschaft spielen?

Von Jacques Cheminade,
Präsident von Solidarité et Progrès, ehemaliger Präsidentschaftskandidat in Frankreich

Mit dem folgenden Vortrag eröffnete Jacques Cheminade am 16. November den Wissenschaftsteil der Bad Sodener Konferenz des Schiller-Instituts.

Kann Europa eine Schlüsselrolle in der Wissenschaft spielen? Diese Frage zu beantworten, ist eine große Herausforderung und sollte uns alle angehen. Sie erfordert eine höhere Einsicht und Klarheit, denn der politische Wind hat zu lange in die falsche Richtung geblasen. Die Europäische Union hat die Idee von Europa verraten und ihren historischen Impuls für Kreativität unterdrückt. Den europäischen Bürgern wurde die Möglichkeit genommen, gültige kreative Entdeckungen zu machen, die die befriedigendste, aufregendste und menschlichste Freude darstellen.

Auf die gleiche Weise werden die europäischen Bürger daran gehindert, für den „Vorteil des anderen“ einzutreten, was das im Westfälischen Frieden begründete Grundprinzip der europäischen Nationalstaaten ist. Wir haben uns dem Egoismus hingegeben, die Gier der Märkte und die Bilder der Medien haben uns verroht. Im Vergleich zu dem, was in der Außenwelt geschieht – dem Win-Win-Konzept der Neuen Seidenstraßen, dem fortwährenden Aufstand vieler Länder gegen ihre Ausbeutung, ihre Ausgrenzung und gegen ihre gescheiterten Regierungen – befinden wir uns hier im Tal der Ahnungslosen und können uns nicht mit der Entschuldigung einer militärischen Besetzung herausreden, wie sie die Ostdeutschen vor dem Fall der Berliner Mauer hatten. Die Mauer des Westens bröckelt, unsere sogenannte Führung ist blind und macht die meisten von uns blind.

Ich will Sie deshalb in meiner Rede auf eine Reise außerhalb des Tals der Ahnungslosen mitnehmen, in dem eine mutierte Form des Britischen Empire herrscht, und Sie in eine Zukunft führen, in der unser Auftrag darin besteht, darüber hinauszuwachsen. Der historische Feind des Empire, Lyndon LaRouche, wird uns bei dieser wissenschaftlichen Herausforderung zur Rückgewinnung Europas leiten, damit es wieder eine Rolle in der Wissenschaft spielen kann.

Kann Europa das? In seiner jetzigen Form, unter der Europäischen Zentralbank von Christine Lagarde und ihren Hintermännern von der Londoner City, ist meine Antwort darauf so negativ wie die Zinssätze, zu deren weiterer Durchsetzung Lagarde angetreten ist. Dennoch ist klar, daß wir, von Lyndon LaRouches Optimismus inspiriert, der Welt das bringen können, was sie von uns verlangt – vorausgesetzt, wir ändern unser Denken und öffnen unsere Augen. Nicht nur um unserer selbst willen, sondern weil die Völker der Welt um Rußland, China, die Vereinigten Staaten und China herum uns brauchen, um die gemeinsame Zukunft zu gestalten.

Wir müssen unseren Irrglauben von „einem unabhängigen Europa gegen alle“ – die koloniale Wahnvorstellung des Teile und Herrsche – aus dem Fenster werfen. Stattdessen müssen wir das beste aus unserer Kultur als Katalysator für die kommende Welt einbringen. Der fortwährende Aufstand vieler Länder in der Welt fordert Gerechtigkeit und gegenseitige Entwicklung, doch, wie Rosa Luxemburg zu ihrer Zeit sagte, kann ein Massenstreikferment allein noch keine Vision und kein klares Projekt für die Zukunft hervorbringen. Dazu brauchen die Menschen diejenigen unter uns, die ihnen dabei helfen können, den Weg zu finden, und den Marsch anführen.

Aus diesem Grund ist die Frage der Wissenschaft so wichtig. Der wahre Wissenschaftler steht im Einklang mit den Anstößen eines Massenstreikferments, das danach strebt, über die geltenden Spielregeln hinauszugehen; der wahre Wissenschaftler erforscht, entdeckt und inspiriert Menschen jenseits der bestehenden Logik. Unsere Aufgabe besteht darin, unser Denken in den Geist jener einzubringen, die über eine solche Fähigkeit der Veränderung verfügen, um das soziale Umfeld zu gestalten, das notwendig ist, um unsere Feinde zu überwinden. Wenn wir unseren Feinden die Kontrolle über die Kultur überlassen, sind wir zum Scheitern verurteilt. Deshalb müssen wir Europäer eine neue Mannigfaltigkeit für unsere Nationen definieren und uns von unserer „willigen Knechtschaft“ gegenüber der Oligarchie befreien, die unser Verhalten kontrolliert.

Der „entwendete Brief“ der wahren Wissenschaft

Es stellt sich eine sehr konkrete Aufgabe: Wir müssen aufhören, pragmatisch zu sein. Um das zu tun, müssen wir zuerst verstehen, was wahre Wissenschaft, wahre Kreativität ist. Das ist wie der „Entwendete Brief“ Europas: Der Brief befindet sich mitten im Raum, es ist der historische Beitrag unserer Wissenschaftler, aber wir können ihn nicht sehen. Wir sind genauso blind geworden wie der Pariser Polizeipräfekt in der Geschichte Edgar Allan Poes.

Was an unseren Schulen und Universitäten oder sogar im französischen Elite-Bildungssystem gelehrt wird, kann nützlich sein, um sich in einer vordefinierten Welt zurechtzufinden: aber das ist Fake-Wissenschaft. Als ich Anfang dreißig war, empfand ich sehr starke Zweifel an der Qualität dessen, was man mir in diesen Schulen vorgesetzt hatte. LaRouche forderte dann meinen Verstand mit seinen Ideen heraus und bestätigte diese Zweifel. Um eine Rolle in der Wissenschaft zu spielen, muß man zuerst verstehen, was Wissenschaft ist! Manchmal muß man danach, wie ein muslimisches Sprichwort sagt, an so entfernten Orten wie China suchen.

Beginnen wir unsere Reise an diesem Ausgangspunkt. Sébastien Drochon, Megan Beets und Jason Ross werden uns später auf unserer Reise begleiten. Wissenschaft ist keine Statistik, die vergangene Trends widerspiegelt, sondern Neuerschaffung, um die Zukunft zu meistern. Die Gesetze des Universums liegen nicht im Bereich der Sinneswahrnehmungen als solchen, sondern liegen in der Fähigkeit des Menschen, das eigene Verhalten so zu verändern, daß der Mensch seine Macht über das Universum gezielt steigert.

Wie Lyndon LaRouche schrieb:

    „Der Schlüssel zur relativen Einzigartigkeit meiner eigenen Entdeckungen ist ... die Ablehnung der engstirnigen Sicht von ,Physik’, wie sie gewöhnlich im 20. Jahrhundert definiert wurde. Stattdessen müssen wir uns auf den Standpunkt der Metapher in den klassischen Kunstformen von Poesie, Drama, musikalischer Polyphonie und bildender Kunst stellen...“

Ein intuitives Verständnis dieser Aussage gewinnt man durch einen Blick auf Leonardo da Vincis Gemälde und in seine Notizbücher, wo auf denselben Seiten musikalische Forschungen, verschiedene Zeichnungen und Entdeckungen von Prinzipien, u.a. des Prinzips einer funktionierenden Dampfmaschine, erscheinen!

Vasari berichtet auch, daß Leonardo Musiker und Sänger einlud, als er die Mona Lisa malte, um sich geistig ganz auf seine Kreativität konzentrieren zu können. Und in einem von Leonardos vielen Zitaten, in denen er die verschiedenen Künste vergleicht, was später als Abhandlung über die Malerei vorgestellt wurde, wo er konstatiert, welche „Zufriedenheit“ die musikalische Harmonie im Ohr hervorruft, fügt er folgendes über die Malerei hinzu:

    „Viel mehr wird in der Malerei durch die proportionierte Schönheit eines Engelsgesichtes entstehen; eine ,konzertante’ Harmonie ergibt sich aus ihren Proportionen, die das Auge anspricht, während gleichzeitig die Musik das Ohr anspricht. Und wenn sich demjenigen, der die Person liebt, die als Modell diente, eine solche Harmonie der Schönheit zeigt, wird er in fassungsloser Bewunderung und unvergleichlicher und überlegener Freude gegenüber der aller anderen Sinne bleiben.“

Abb. 1-3: Leonardo da Vinci studierte intensiv die Strömungsmechanik und die Turbulenzen, die ein Hindernis in strömendem Wasser oder strömender Luft auslöst.

Bilder: Leonardo da Vinci




Abb. 4: Diese Turbulenzen nutzte Leonardo später dazu, das schöne Haar einer jungen Frau darzustellen.

In einer anderen Passage sieht man, wie da Vinci, inspiriert von seinen Entdeckungen physikalischer Prinzipien, diese als ästhetische Elemente in seinen Bildern verwendet. Seine Studien zur Strömungsmechanik (Wasser, Luft) führten ihn zu der Erkenntnis, wie der Druck, den Wasser oder Luft im Vorüberströmen auf ein Hindernis ausüben, zur Entstehung von Turbulenzen führt (Abbildungen 1, 2, 3) – Turbulenzen, die er später explizit nutzt, um das schöne Haar einer jungen Dame darzustellen (Abbildung 4), wie er es selbst beschreibt:

    „Beobachten Sie die Bewegung einer Wasseroberfläche, wie sie dem Haar ähnelt, das zwei Bewegungen hat, eine kommt vom Gewicht des Haares, die andere von den Kurven der Locken. So hat Wasser gewellte Wirbel.“

Eine Metapher ist in diesem wahren Sinne nicht nur eine Redewendung, die zwei Wörter aus verschiedenen Bereichen gegenüberstellt, sondern vielmehr die gängige Praxis, nach der wir „geeignete Namen für vorbewußte Begriffe auswählen, die in den Bereich des Bewußtseins gebracht werden“.

Aber das ist nicht die „politisch korrekte“ Auffassung von Wissenschaft, wie sie seit mindestens 50 Jahren vorherrscht. In der politisch korrekten Sichtweise basiert Wissenschaft auf Logik: auf Induktion und Deduktion. Entsprechend der Induktion: Wenn etwas viele Male passiert, wird es immer passieren, und man kann es daher als Gesetz ansehen. Leibniz nannte dies im Gegenteil „konsekutives Denken“ – das Denken eines armen, geprügelten Hundes, der voller Angst davonläuft, sobald er einen Stock sieht, oder des sprichwörtlichen Spekulanten, der aus dem 50. Stockwerk eines Wolkenkratzers springt und meint, wenn ihm während seines Sturzes 49 Stockwerke lang nichts passiert ist, wird ihm auch bis zum Ende nichts passieren.

Deduktion wiederum wird dadurch definiert, daß man alle Eigenschaften ableiten kann, indem man von einem bestimmten Konzept ausgeht. Aber Deduktion kann niemals eine Veränderung dieser Sache vorhersagen. Zum Beispiel definierte Aristoteles die Wirtschaft aus dem Blickwinkel einer bestimmten Anzahl von Familien und Sklaven und ihren gegebenen Produktionsweisen. Daraus schloß er, daß in einer Welt mit begrenzten Ressourcen das Wachstum begrenzt und das Bevölkerungswachstum kontrolliert werden müsse, u.a. auch durch Beziehungen zwischen Personen gleichen Geschlechts. Der andere Name für Deduktion ist in der Tat Malthusianismus.

LaRouches Erkenntnis

LaRouches Leben war eine unerbittliche Offensive gegen diese Kultur des Todes. Er erklärte immer wieder, daß die menschliche Erkenniskraft, die Entdeckungen physikalischer Prinzipien bewirkt, auch in der wirtschaftlichen Praxis und zur Zunahme der physischen Arbeitsproduktivkraft pro Kopf anzuwenden sei. „Dieser Gegenstand“, so schrieb er in seinem Aufsatz Wissenschaft ist nicht Statistik, „die Beziehung zwischen den unverkennbaren, kognitiven Geistesfähigkeiten des menschlichen Individuums und der Zunahme der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte der menschlichen Gattung, ist das Fundament, auf dem alle meine professionellen Leistungen seit mehr als vier Jahrzehnten beruhen.“

Diese Verteidigung des eigentlich Menschlichen im Menschen inspirierte LaRouches Kampf gegen Bertrand Russell und dessen intellektuelle Schüler oder Schützlinge: Norbert Wiener, „der Erfinder der Informationstheorie“, und John von Neumann sowie, was für einige paradox klingen mag, seinen Kampf gegen den „liberalen“ von Hayek und den „marxistischen“ Karl Marx – im Namen von Platon, Leibniz, J.F. Herbart und Carl Gauß, und das meist mit der polemischen Methode von François Rabelais. Die Fähigkeit, über bösartige Spinnereien oder Fehler der Komposition zu lachen, ist nur dem Menschen eigen. Hören wir, wie LaRouche sich über Wiener lustig macht:

    „Ausgangspunkt meines Angriffs auf Wieners ,Informationstheorie’ war unvermeidlich die Frage, was den Unterschied zwischen Prozessen ausmacht, deren Grundordnung entropisch ist, und beispielsweise lebenden Prozesse, die in ihrer grundlegenden Ordnung antientropisch sind...“

Was LaRouche hier feststellt, ist, daß eine so berühmte Persönlichkeit wie Wiener lebende mit nichtlebenden Prozessen verwechselt!

Europa, um auf unser Thema zurückzukommen, kann in der Wissenschaft nur dann eine Rolle spielen, wenn es erkennt, daß die Wissenschaft das Mittel ist, um gegen Entropie anzukämpfen, die Zunahme der produktiven menschlichen Arbeitskraft zu fördern und einen Anstieg der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte zu erreichen. Es geht nicht darum, die Dinge in einer bestimmten, schönen Reihenfolge zusammenzusetzen. Wieder LaRouche: „Die Vorstellung eines Gegensatzes von Entropie und Antientropie liegt außerhalb dessen, was ein gewöhnlicher Universitätsabsolvent unter Mathematik versteht. Sie liegt in einem höheren, ,metamathematischen Bereich’, den Leibniz als den Bereich der Analysis Situs definierte.“ Negentropie, später von LaRouche auch Antientropie und Dynatropie genannt, ist eine Art von Ordnung, die nie in Form von statistischen Funktionen oder durch einen anderen deduktiven Beweis definiert werden kann. Ein entropisches Universum wäre zum Tode verurteilt. Stattdessen „zielt die Naturwissenschaft darauf ab, immer wirksamere Hypothesen zu entwickeln. In diesem Licht wird Wissenschaft zu einer Frage, wie man die geistigen Aktivitäten von Wissenschaftlern und anderen Fachleuten aufgabenorientiert für eine Mission ständigen wissenschaftlichen Fortschritts organisiert, wobei dieser Fortschritt durch eine Abfolge immer wirksamerer Hypothesen repräsentiert wird.“

Hinaus aus dem Tal der Ahnungslosen!

Das ist unsere Mission und Aufgabe, hier und jetzt. Wir laden Sie alle ein, sich uns anzuschließen, im Namen der Sicherheit Europas und für alles Gute, das Europa der Welt bringen kann und sollte. Lassen Sie mich nun umreißen, wie ich dieses Unternehmen angehen will, den Weg aus dem Tal der Ahnungslosen zu finden.

Zuerst müssen wir in uns selbst und unseren Mitbürgern Lust auf Veränderungen wecken. Europa ist eine schlafende alte Dame, die man nicht wachküssen kann, sondern mit einem wissenschaftlichen Tritt in den Hintern aus ihrem Schlaf der Vernunft wecken muß. Welche Welt wollen wir? Wollen wir uns weiter mit dem grünen Pessimismus abfinden, der uns ins tiefgrüne Chaos seiner oligarchischen Mentoren führt? Wollen wir weiter hinnehmen, daß unsere Kinder und Enkel ein schlechteres Leben haben werden als wir oder in barbarischer Zerstörung sterben? Nur drei Prozent der Franzosen denken heute, daß ihr Leben besser werden wird! Oder nehmen wir unsere wahre, nicht-mathematische, anti-entropische Wissenschaftsgeschichte ernst und entscheiden uns, sie wieder mit Leben zu erfüllen?

Dazu müssen wir definieren, welche Infrastruktur, Industrie, Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie wir brauchen, indem wir überlegen, was die zukünftigen Generationen und unser Gemeinwohl brauchen. Wir müssen mit den Augen der Zukunft denken, statt mit den Augen des Geldes, das wir besitzen oder ausgeben können. Auf eine echte wirtschaftliche Zukunft zu setzen bedeutet, daß wir Kredite für fortgeschrittene wissenschaftliche Entdeckungen und damit verbundene wirtschaftliche Forschritte vergeben müssen. Dieser Kredit muß höhere Produktionskapazitäten und einen offenen Zyklus kreativer Entdeckungen von Prinzipien erzeugen, Technologie, Infrastruktur, Innovationen und Ausbildung der Arbeitsproduktivkraft zum Wohle aller.

Wir müssen von oben vorgehen, mit einer neuen wirtschaftlichen und sozialen Hypothese, so wie wenn ein Wissenschaftler die Axiome und Postulate eines bestimmten Zustands in Frage stellt, um zu einer besseren These zu gelangen. Natürlich befinden sich die Europäische Zentralbank, die Europäische Investitionsbank, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und das gesamte Eurosystem im feindlichen Lager. Das Environmental Funders Network und die European Climate Foundation verbreiten die Vorstellung, es könne in einer Welt mit begrenzten Ressourcen kein unbegrenztes Wachstum geben, entsprechend den kriminellen Spielregeln der Anhänger des Britischen Empire im 21. Jahrhundert. Weil sie das Potential menschlicher Kreativität fürchten und deshalb ausschließen, lautet ihr Entschluß: Entvölkerung. Man täusche sich nicht: Keine Variante davon ist gut, weil sie alle verschiedenen Abarten der Entropie verpflichtet sind. Sie verdammen sich selbst dazu, kriminell zu sein. Wir müssen uns ihrer entledigen, indem wir zu unseren Quellen des wissenschaftlichen Schaffens zurückkehren, um unsere kreativen Fähigkeiten zu mobilisieren und andere zu inspirieren.

Unser Projekt für Europa

Unser Projekt für Europa ist, daß Europa eine Rolle in der Wissenschaft spielen muß.

Wir müssen über das Fake-Europa, die Europäische Union, die aufgelöst werden muß, hinausdenken und uns für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen unseren Nationen im Interesse einer gemeinsamen Entwicklung einsetzen. Die Wahl besteht jedoch nicht darin, zu den Wurzeln einer geopolitischen „Souveränität“ zurückzukehren, wie in der britisch dominierten Weltordnung der Zeit der beiden Weltkriege, und auch nicht in Richtung der Science Fiction einer europäischen oder Weltsouveränität abzuheben, was eine Falle für weiteres Gemetzel wäre, sondern zugunsten einer Win-Win-Nationengemeinschaft, die sich den gemeinsamen Zielen der Menschheit verpflichtet fühlt.

Chinas „One Belt, One Road“-Initiative bietet uns eine enorme Chance, vorausgesetzt, wir haben eine langfristige Orientierung. Unsere Zusammenarbeit erstreckt sich von der Luft- und Raumfahrt, dem Weltraum, der Kernspaltung und Kernfusion, den disruptiven Technologien der KI (Künstliche Intelligenz), des IoT (Internet der Dinge) und Supercomputern bis hin zu intelligenten Städten, Umwelt und Medizin für ältere Menschen und gegen Epidemien. In Zukunft sollten wir die Zusammenarbeit mit chinesischen Unternehmen suchen, um eine gemeinsame, globale technische Entwicklung voranzutreiben.

Wir haben in diesem Zusammenhang eine weitere große Chance, weil Präsident Trump und die amerikanische Bevölkerung gegen die mörderischen Abenteuer des militärisch-industriellen Komplexes im Namen einer angeblichen „Schutzverantwortung“ vorgehen wollen. Trump hat das kürzlich öffentlich und namentlich angeprangert, auch wenn wir es eher als die militärisch-finanzielle Barbarei des Bestialischen („Brutish“) Empire bezeichnen würden.

Wir sind jetzt in unserer europäischen Organisation dabei, ein kohärentes Projekt zusammenzustellen, das verkörpert, was wir denken und sagen. Unsere internationale Schiller-Organisation ist in gleicher Weise von Australien bis Amerika tätig. Wir brauchen kreative, integrative und verbindende Entwicklungen mit einem kohärenten Ansatz:

    1. Energie: Kernenergie muß unser gemeinsames Ziel sein, sowohl beim Bau von Kernreaktoren der neuen Generationen als auch bei der Entwicklung von Kernforschungsreaktoren. Frankreich bleibt ein Vorbild für alle, auch wenn wir im August dieses Jahres unser Projekt für einen schnellen Neutronenreaktor, Astrid, eingestellt haben, und unsere Megajoule-Testanlage für die Laserfusion, die neben Lawrence Livermore weltweit die fortgeschrittenste ist und wo gerade ein neuer Durchbruch erzielt wurde, zu mehr als 75% für militärische Zwecke genutzt wird. Der ITER stellt ebenfalls ein Zukunftsprojekt dar, an dem China, die Europäische Union, Indien, Japan, Korea, Rußland und die Vereinigten Staaten beteiligt sind.

    Auch der Thorium-Schmelzreaktor muß noch entwickelt werden. Deutschland hat sich glücklicherweise nicht aus den europäischen Forschungsprojekten zurückgezogen, schaltet aber, wie auch Italien und die Schweiz, seine Reaktoren ab. Wir brauchen daher eine neue intelligente Euratom-Initiative. Wir verfügen mit über die besten Wissenschaftler und Experten der Welt auf diesem Gebiet, die als wissenschaftliche Task Force organisiert werden sollten.

    2. Weltraum: Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) verfolgt in Zusammenarbeit mit Roskosmos ein Programm zur Landung eines Rovers auf dem Mars: ExoMars 2020. Die ESA ist der Beweis dafür, daß ein Verband europäischer Staaten, in diesem Fall mit der russischen Roskosmos, in der besten aller möglichen Weisen auf der Grundlage realer Projekte funktionieren kann, anstatt als Geldbeutel wie die Europäische Union und die Europäische Zentralbank. Europäische und westliche Astronauten gründeten 1985, mitten im Kalten Krieg, zusammen mit den Russen die Association of Space Explorers, um die Erforschung des Weltraums, aber auch die Weltraumfahrt und -technik zu fördern. Menschen, die in einer kreativen Umgebung arbeiten und sich dem Unbekannten stellen, werden schnell zu Brüdern, weil ihr gemeinsames Engagement und ihre gemeinsame Arbeit ihre Menschlichkeit fördert. Europa kann durch das Raumfahrtprogramm gesunden und eine Rolle in der Wissenschaft spielen.

    3. Verkehr: Das Konzept besteht darin, ganz Europa vom Atlantik bis zum Ural zu verbinden durch eine Kombination von Kanälen für den Transport von Massengütern, Zügen für alle Arten von Gütern, Lastwagen für Liefersysteme um Knotenpunkte herum und Lufttransport für die Sofortlieferung hochwertiger Teile. Vorrangig ist der Schienenverkehr in Osteuropa, der dringend verbessert werden muß.

    4. Bauen: Alles, was für Transport und Wohnen für unsere zukünftige Entwicklung benötigt wird, sollte sowohl in Bezug auf Waren als auch Arbeitskraft bewertet werden.

Das Konzept sieht eine Integration der europäischen, eurasischen und Seidenstraßennetze zwischen Norden und Süden, Osten und Westen vor, die an ihren verschiedenen Seiten mit dem Mittelmeer, dem Atlantik und dem Pazifik verbunden sind. Priorität hat dabei die Zusammenarbeit der europäischen Nationen bei der gemeinsamen Entwicklung Afrikas. In einem solchen Umfeld, verstärkt durch eine Aufgabenorientierung, kann Europa eine Rolle in der Wissenschaft spielen.

Wissenschaft ist Metapher

Das wichtigste bleibt noch zu sagen: Echte wissenschaftliche Bildung setzt voraus, daß dem Gebildeten seine vorbewußten kreativen Erkenntnisprozesse „bewußt“ gemacht werden. LaRouche betont, daß die Generierung eines experimentell überprüfbaren neuen Prinzips (d.h. eine Prinzipienentdeckung) hinter dem dunklen Schirm souveräner kognitiver Prozesse des einzelnen erfolgt und in keinem Kommunikationssystem darstellbar ist. Wenn das so ist, wie kann man es dann lehren? Wie läßt sich dieser Bereich erforschen? Gibt es eine formale Methode, um die ontologischen Paradoxe, die den wissenschaftlichen Entdeckungen zugrunde liegen, in Angriff zu nehmen? Natürlich nicht mit herkömmlichen Lehrbuchmethoden.

Die Lösung besteht darin, Entdeckungen im eigenen Kopf zu replizieren und zu diesem Zweck eine geistige Nähe zu künstlerischen Ideen zu schaffen, insbesondere zu musikalischen Ideen, die denselben metaphorischen Ursprung haben wie das wissenschaftliche Prinzip selbst. Wissenschaft ist Metapher sagt uns Lyndon LaRouche. Deshalb spielte Einstein Geige und deshalb hatte Leonardo ein so großes Interesse an künstlerischer Komposition. Die Fähigkeit, neue physikalische Prinzipien zu entdecken und zu assimilieren, wird durch die Ergründung des vorbewußten Bereichs künstlerischen Schaffens gefördert.

Deshalb sind die gängigen deduktiven Methoden des „Lernens“ und der „bloßen Wiederholung einer bereits entdeckten Formel“ so destruktiv. Aber noch zerstörerischer und extrem schwer zu beheben sind die Fehler, die im menschlichen Geist durch die Trennung von Wissenschaft und Kunst entstehen.

Deshalb müssen die Grundlagen unseres Bildungssystems geändert werden, um unseren Geist zu befreien, damit er in der Wissenschaft eine Rolle spielen kann. Wir Europäer haben Quellen, auf die wir zurückgreifen können: die Bildungskonzepte der Renaissance oder das Brigadensystem von Gaspard Monge und Lazare Carnot an der École Polytechnique vor der Herrschaft Napoleons, wo das Erlernen musikalischer Kompositionen, Gesang und Malerei die Ausbildung der Studenten an diesem bis dahin fortschrittlichsten und mächtigsten Zentrum der wissenschaftlichen und technischen Arbeit aller Zeiten vervollständigte. Die Humboldt-Tradition im deutschen Bildungssystem ist ein weiterer wichtiger Bezugspunkt.

Wir leben hier in Europa in einem Raum, der gleich groß bleibt und sogar schrumpft, wo aber immer mehr Menschen leben, die immer mehr Schund im Kopf haben, und wo sich der Blickwinkel immer weiter verengt. Es sollte nicht überraschen, daß kriminelle Entvölkerungs-Ideologen und Weltuntergangs-Apostel in einer so verpesteten Umgebung ihre Ideen verbreiten können. Ich fühle mich manchmal wie der Mann in Poes Die Grube und das Pendel. Wie er haben wir die Möglichkeit, diesen Moment der Geschichte zu ergreifen, vorausgesetzt, wir entfesseln die Kreativität in unserem Geist und teilen sie mit den Völkern, die ein besseres, menschliches Leben fordern. Das ist die Dimension unserer Herausforderung, Europa so zu gestalten, daß es seine Rolle in der Wissenschaft wiedererlangt. Wird das gelingen? Die Antwort liegt in jedem von uns.