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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Pragmatismus gegen Ideologie

Von Colonel Alain Corvez,
Fachberater für internationale Strategie

Einführung

Das damals so genannte „Gleichgewicht des Schreckens“ während der Zeit der Konfrontation zwischen den beiden antagonistischen Ideologien des von den USA unterstützten „Laissez-faire“-Kapitalismus auf der einen Seite und des von der Sowjetunion getragenen kommunistischen Kollektivismus auf der anderen Seite kollabierte mit der Auflösung eines der Protagonisten dieses instabilen Gleichgewichts – ein Gleichgewicht, das vorschrieb, daß sich die beiden Imperialismen nicht direkt gegenüberträten, aus Angst vor der gegenseitigen Zerstörung, die die Atombombe unweigerlich hervorrufen würde.

Die kapitalistische Ideologie, die ebenso materialistisch und imperialistisch war wie ihr kommunistischer Gegner, d.h. jeglichen Gefühls für Geistigkeit und Erhabenheit oder auch nur grundlegenden Humanismus beraubt, war überzeugt, eine universelle Mission zu haben, welche die Vereinigten Staaten als „die unentbehrliche Nation“, als „neues Jerusalem oder Rom“ für das Wohl der Menschheit zu vollbringen habe.

Diese Mission wurde zu einem brutalen Imperialismus, der die Welt durch Kriege zerstörte, die angeblich auf den besten Prinzipien beruhten und im wesentlichen im „komplizierten“ Osten stattfanden, wo Millionen von Leben und Besitztümern zerstört wurden.

Dieser Imperialismus traf zunehmend auf heftigen, immer wirksameren Widerstand, der den neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten zu der logischen Schlußfolgerung brachte, daß es künftig im Interesse der USA sei, diese „endlosen Kriege“ zu beenden.

Allerdings prallte sein Pragmatismus des Geschäftsmanns mit der Ideologie der amerikanischen Schattenregierung (Deep State) zusammen, die nicht beabsichtigt, die Vormachtstellung des US-Dollars und der amerikanischen Normen aufzugeben – eine Weigerung, aus der ihre hartnäckigen, arglistigen Versuche hervorgingen, den Präsidenten der Vereinigten Staaten wegen angeblicher geheimer Absprachen mit Rußland und jetzt für das, was er angeblich in der Ukraine tat, des Amtes zu entheben.

Wir wollen hoffen, daß diese hartnäckigen Versuche, mit der sich die Weltmacht Nummer eins lächerlich macht, nicht noch radikaler werden, um der Menschheit und um der Vereinigten Staaten willen, in deren Regieren katastrophale Störungen zutage treten, die Folgen hat für eine Welt, die über die Inkohärenz der amerikanischen Exekutive entsetzt ist.

Und so übernimmt der Realismus der aufkommenden oder wieder aufkommenden Mächte Rußland, China, Indien, Pakistan, Afrika und Lateinamerika die Führung. Sie verteidigen ihre Interessen und organisieren sich in politischen, wirtschaftlichen und sogar strategischen Organisationen wie BRICS oder der SCO (Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit), welche die Welt verpflichten, die reine Ideologie aufzugeben und zum Pragmatismus der Nationen des Westfälischen Friedens zurückzukehren, die sich gegen die Imperien stellen und ihre pragmatischen Interessen verteidigen, während sie gleichzeitig die der anderen verstehen und respektieren.

Für Europa wäre es weise, sich von diesem Realismus inspirieren zu lassen und eine einengende und lähmende Ideologie aufzugeben, die es ohnmächtig und unfähig macht, in allen größeren Krise eine Rolle zu spielen oder auch nur seine eigenen Interessen zu verteidigen. Europas Unfähigkeit, den USA im Iran entgegenzutreten, ist ein trauriges Beispiel dafür, seine Unterwerfung unter das Kommando und die Normen der USA innerhalb der NATO ein weiteres.

Donald Trump, der Anti-Ideologe

Donald Trumps jüngste Rede vor der UN-Vollversammlung ist in dieser Hinsicht äußerst bedeutsam, weil er die verschiedenen Formen von Patriotismus und Souveränitätsstreben, die rund um den Globus Aufsehen machen, verteidigte und hinzufügte, ihnen gehöre die Zukunft. Diese Erklärung für den Patriotismus auf der Welt fand so gut wie keine Erwähnung in den französischen Medien, die unter der Kontrolle der Finanzoligarchie stehen, die gegen diese Sichtweise ist. Dahingegen zeigt sich, daß Donald Trump die Botschaft der „Gelbwesten“ und anderer, die anderswo der gleichen Linie folgen, verstanden hat, besonders derjenigen, die ihn wählten. Insofern war seine Intervention entscheidend.

Das syrische Beispiel

Der syrische Präsident Baschar al-Assad hatte nicht unrecht, als er einen ausgezeichneten Vortrag über Geopolitik vor einer internationalen Delegation von Gewerkschaftern hielt, die am 10. September nach Syrien gekommen waren, um ihrer Unterstützung für die syrischen Arbeitnehmer Ausdruck zu verleihen.

Die syrische Krise, sagte er, mobilisiere alle Elemente des weltweiten Widerstands freier und souveräner Völker gegen die von der Wall Street und der Londoner City angeführte Finanzwelt, während Europa keinen Weg finde, sich von deren Bevormundung zu emanzipieren und seine Grundlagen völlig neu zu ordnen. Als Beispiel erwähnte Assad den französischen Präsidenten Macron, der von dieser Oligarchie an die Macht gebracht worden war und der die traditionellen Parteien abschaffte. Dieser Oligarchie könne er nur mit Worten entgegentreten, doch letztendlich verstehe er, daß die Kräfte, die ihn an die Macht brachten, kurz vor dem Ruin stehen.

Der allgemeine Aufschrei in der ganzen Welt sei die Revolte der Menschen gegen die Finanzoligarchie, die die unteren und Mittelklassen in Europa, die Gelbwesten in Frankreich und andere rund um den Globus, jüngst im Libanon, auspreßt.

Die Arbeitnehmer aller Länder seien das Blut der Nationen, sagte Baschar, und in Syrien habe man trotz des Krieges die sozialen Dienste aufrechterhalten und die Arbeitnehmer nähmen an den politischen Beratungen und der Verwaltung ihrer Angelegenheiten teil.

Die Weltkarte zeigt den Krieg zwischen dem finanziellen Reichtum in den Händen einer winzigen Minderheit, die immer reicher wird, und der großen Mehrheit der Besitzlosen. Die Militärbasen der USA verzweigen sich über den Planeten, um die Vorherrschaft des Dollars zu verteidigen, wogegen Nationen wie Rußland und China sich erheben. Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Konflikt in Syrien und dem im Südchinesischen Meer, was Peking voll und ganz bewußt ist.

Das chinesische Seidenstraßenprojekt

Die chinesische Initiative der Neuen Seidenstraße, auch als Ein Gürtel, eine Straße (OBOR) bezeichnet, operiert unter der Perspektive, die Konflikte zu beenden, die aus gegenteiligen Interessen entstehen, und damit auch die Kriege. Das Ziel ist der Bau von Infrastruktur zu Land und zu Wasser und damit die Schaffung von Synergien zwischen den lückenhaften Kapazitäten von Nationen in Bezug auf natürliche Ressourcen und Finanzmittel, durch die Unterzeichnung von Abkommen, bei denen jedes Land seine Interessen wiedererkennt – „Win-Win“: jedes Land bekommt eine Rendite im Verhältnis zur getätigten Investition. Das betrifft alle Bereiche menschlicher Aktivität, besonders in der wissenschaftlichen Forschung, die es dem Menschen gestatten sollte, die unverzichtbaren Technologien zu entwickeln, die für die menschliche Entwicklung auf Erden, in den Ozeanen und im Weltraum erforderlich sind.

Lyndon LaRouche, der Wegbereiter

Sein humanistischer und erfindungsreicher Geist brachte den Amerikaner Lyndon LaRouche 1975 dazu, ein Projekt mit der Bezeichnung „Oasenplan“ vorzuschlagen, einen Plan zur Nutzung und Ausweitung der Wasserressourcen des Nahen Ostens, mit großem Nutzen für Ägypten wie auch Jordanien und Syrien, den Libanon, Palästina und Israel. Die beiden letzteren, durch ihre geographische Nachbarschaft harmonisch vereint, sollten die Wasserressourcen der Region für große Projekte zur Verbindung der Wasserwirtschaft zwischen Totem Meer, Rotem Meer und Mittelmeer mobilisieren. Zusätzliche, neue Ressourcen sollten durch den Bau von nuklearen Wasserentsalzungsanlagen geschaffen werden, die man auf beiden Seiten errichten würde und deren Frischwasser sich alle Seiten teilen würden. Dieses Projekt, das der ganzen Region zu Nutzen gekommen wäre und eine der Konfliktursachen beseitigt hätte, wurde von den Kräften in den USA und in Israel, die gegen Frieden waren, verunglimpft und schließlich verworfen.

Realismus gegen Ideologie

Wie General De Gaulle in seiner Ansprache an der Universität von Mexiko 1966 sagte, liegt die Zukunft der Welt, wenn sie sich nicht in einem schrecklichen nuklearen Holocaust selbst zerstört, dort, wo der Schutz des Menschen der Endzweck ist, und das bedeutet die Zusammenarbeit zwischen den Nationen und Hilfe der Stärksten für die Schwächsten. Ich zitiere:

    „Wahrlich, jenseits der Entfernungen, die schrumpfen, jenseits der Ideologien, die schwächer werden, und der politischen Systeme, die an Kraft verlieren, ist – wenn die Menschheit sich nicht eines Tages in einer ungeheuren Selbstzerstörung vernichtet – die Einheit des Universums die Wahrheit, die die Zukunft beherrschen wird. Eine Sache, die des Menschen; eine Notwendigkeit, die des weltweiten Fortschritts und deshalb der Hilfe für jene Länder, die sich entwickeln wollen; eine Pflicht, die des Friedens – diese bilden die eigentliche Grundlage für die Existenz unserer Gattung.“