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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Wie man eine neue Zukunft komponiert

Die folgenden Texte stammen aus zwei verschiedenen Quellen. Der erste ist ein Auszug aus einer Diskussion, die Lyndon LaRouche am 23. Februar 2017 mit Mitgliedern des Wissenschaftsteams seines politischen Aktionskomitees führte, der zweite ein Auszug aus den Ausführungen von John Sigerson, Vorstandsmitglied und nationaler Musikdirektor des amerikanischen Schiller-Instituts, beim wöchentlichen Konferenzgespräch mit Aktivisten am selben Tag. Beide Mitschriften wurden für den Abdruck leicht überarbeitet.

Jason Ross: Was heißt „produktiv sein“? Für die Menschen ist die Idee der Produktivität weit weg, junge Menschen haben gar keine Vorstellung mehr davon, was Produktivität überhaupt bedeutet... Das allgemeine Thema muß nun sein: Wie können wir die Produktivität erhöhen? Was ist Produktivität? In welcher Weise kann man durch die Glass-Steagall-Bankentrennung und das Nationalbankwesen die Produktivität fördern, damit die Industrie zurückkommt - öffentliche Projekte eingeschlossen -, an der Wissenschaftsfront, der Kernfusionsfront und der Infrastrukturfront? Mit einem Netz von Schnellbahnen und Magnetbahnen macht das produktive Potential des ganzen Landes einen gewaltigen Sprung. Aber wenn die Menschen sich damit befassen, ist ein Problem, daß sie nur die Einzelteile betrachten, und nicht die Plattform, die dadurch insgesamt geschaffen wird. Und das gehört zu den Dingen, die ich ändern will.

Lyndon LaRouche: Vielleicht will man einiges gar nicht ändern, wenn man genauer darüber nachdenkt, denn solche Dinge drücken sich nicht in Zahlen aus. Es sind keine quantitativen Größen. Sie verkörpern vielmehr eine Wirkung im Geist der Menschen, und diese Wirkung auf den Geist der Menschen bestimmt die Wirkung in der Realität. Deshalb zielt man nicht unmittelbar auf eine Quantität. Es gibt eine Wirkung, auch wenn sie vielleicht wie etwas anderes aussieht. Aber man muß zum eigentlichen Kern der Sache kommen.

Mit anderen Worten, man kann nicht bloß neue Kombinationen machen oder ausarbeiten. Das funktioniert nicht. Wenn man es ernst meint, dann muß man herausfinden, was das, was man gerade gesehen hat, bedeutet. Anders gesagt, einfache Deduktion reicht nicht. Man muß tatsächlich eine Vorstellung entwickeln, wie das ganze System funktionieren könnte, und von da ausgehend weiter daran arbeiten, zu entdecken, was dieses System bedeutet.

Das ist die Erschaffung einer Idee, die scheinbar aus dem nichts kommt, die einfach plötzlich da ist. Anschließend muß man herausfinden, was sie bedeutet. Man muß untersuchen, auf welchem Wege sie zustande kam. Das geht nicht durch eine anatomische Sezierung. Einige Leute machen vielleicht eine Sezierung, aber ich denke nicht, daß man das auf offener Straße tun will...

Ben Deniston: Kannst du etwas mehr darüber sagen, was du meinst, wenn du sagst, man muß entdecken, „wie das System als ganzes funktioniert“?

Entdeckungen sind immer schöpferisch

LaRouche: Ja, die wesentliche Idee ist, daß man ein System nicht durch einen deduktiven Ansatz entwickeln kann. Sondern es muß etwas sein, was sich aus einem eigenen Charakter heraus entwickelt, einem anderen Charakter als alles, was man bisher erfahren hat. Und diese Besonderheit muß eine Berechtigung haben.

Wirkliche Entdeckungen, alle wirklichen Entdeckungen, sind nie pragmatisch, sie sind immer schöpferisch. Man schafft etwas, etwas Wirksames, was sonst nicht geschehen wäre. Mit anderen Worten, alles, was neu hinzukommt, kommt zustande, indem es selbst definiert wird, nicht durch eine Kombination von Dingen. Es wird der Diener einer Idee. Aber der Diener der Idee war nichts, was auf formalem Weg zusammengesetzt wurde. Deshalb enden die sogenannten pragmatischen Ansätze in der wissenschaftlichen Arbeit immer mit einer Katastrophe...

Man erhält also etwas, was unabhängig ist vom Partikulären, denn das Partikuläre ist nicht die Lösung. Sondern man muß etwas finden, was für das eigene Ziel so wichtig ist, daß man daran festhält und sich nicht in eine andere Richtung ablenken läßt. Und dieses Charakteristische, Entdeckungen dieser Art, sind keine Entdeckungen, die man quantifizieren kann. Sie können quantifiziert auftreten, aber das ist nicht ihr Charakter... Es ist so, als würde man ein Sonnensystem oder ein Sternensystem erschaffen. Es ist nichts Zusammengesetztes als solches. Es ist etwas, was man hervorrufen muß, um etwas Neues zu erschaffen - um die Schöpfung einer Idee anzuregen, die ansonsten nicht existieren würde.

Ross: Komposition ohne Komponenten.

LaRouche: Richtig! Aber Komposition mit Komposition.1 Das heißt, es muß einen Zusammenhang geben zwischen der Komposition und dem, was sonst nur eine Komponente wäre. Das ist wie beim Kinderkriegen: Man kann das Kind ein Leben lang im Kinderbett liegen lassen, aber das Kinderbett macht nicht das Kind aus! Hoffentlich nicht. Was man sucht, ist eine Idee, die für den Zweck notwendig ist. Und das ist nichts, was man ableiten könnte. Ein Deduktionsprozeß ist dafür nicht geeignet.

Megan Beets: Statt „Kinderkriegen“ hätte ich eher gesagt, es ist wie das Musikmachen, wo die einzelnen Noten zwingend aus der Idee hervorgehen.

LaRouche: Das ist sehr zu hoffen, daß das so herauskommt! Wie bei unserem Freund, über den wir vor einiger Zeit gesprochen haben... Der Komponist, den du besonders magst, wir haben darüber gesprochen: (Johannes) Kepler. Denn es ist eine völlig andere Komposition. Es ist keine Zusammensetzung. Es ist eine höhere Stufe von Komposition als solche. Und so kommt alles zustande, was wirklich gut ist. (Wilhelm) Furtwängler war ein Mann, der einen sehr wichtigen Beitrag zum richtigen Verständnis der Komposition, der musikalischen Komposition, geleistet hat. Das ist ein Beispiel dafür, was wir mit Kreativität meinen. Es ist nichts, zu dem man numerisch oder auf andere Weise etwas hinzufügen kann. Es ist etwas, was man fühlen und erschaffen muß. Anders geht es nicht. Furtwängler ist dafür ein typischer Fall. In den letzten Jahren seines Lebens erreichte er die höchsten Stufe der Entwicklung seiner Fähigkeiten. Furtwängler war für mich ein Leben lang eine sehr wichtige Figur.

Alles, was wirklich gut ist, ist von dieser Art; es ist nicht komponiert, indem man Teile zusammenfügt... Wichtig ist, was notwendig ist, um eine neue Realität auf der Welt zu schaffen, so wie Furtwängler es getan hat. Man muß die Geschlossenheit von Furtwänglers berühmten Werken betrachten. Das ist es, was wirkliche Musik ausmacht, nicht die Einzelteile.

Da sehe ich unsere Schwierigkeit, nämlich, daß ein Konzept herauskommt, das in sich geschlossen ist. Der Komponist oder die Person, die vergleichbar wie ein Komponist wirkt, muß, um es richtig zu machen, eine ganz bestimmte Reaktion auf die Komposition hervorrufen. Und ich denke, das gilt genauso in der wirklichen wissenschaftlichen Arbeit. Man muß das wissenschaftliche Prinzip lokalisieren, so wie bei Furtwängler das musikalische Prinzip, und alles danach zusammenfügen. Und wenn man das zusammenfügt, dann erhält man etwas, was lebt; es lebt in seiner eigenen Art, mit seinem eigenen Charakter. Jeder kann ein Gedicht schreiben, aber nur wenige Menschen sind kompetent, Kompositionen zu schaffen. Und das Komponierte soll einen ganz eigenständigen, in sich geschlossenen Charakter haben. Und das stellt eine Fähigkeit zu produktiven Leistungen dar. Das ist es, worauf man abzielen muß.

Genau das hat Krafft Ehricke getan. Wenn man betrachtet, was Krafft Ehricke beispielsweise in den Vereinigten Staaten getan hat, das war ganz einzigartig. Und als er starb, erinnerte sein Leben diejenigen von uns, die ihn kannten, daran, daß dieses Leben eine Art Komposition war, die dieser Mensch Krafft Ehricke hervorgebracht hat. Es war etwas ganz besonderes. Und wenn man fragt: „Krafft Ehricke? Wofür steht Krafft Ehricke?“ - Krafft Ehricke verkörpert die schöpferischen Kräfte eines Menschen, eines äußerst fähigen Menschen, der die Menschheit auf eine höhere Entwicklungsstufe gehoben hat.

Diese Idee der Komposition, genau so verstanden, muß für uns das Vorbild sein, bei dem, was wir hier tun wollen. Man kann es nicht synthetisieren, man muß es wirklich erschaffen. Und das Wesentliche dieser Schöpfung liegt in etwas, was in dem ist, was man tut, was sich aber nicht interpretieren läßt. Es kann uns interpretieren, aber wir können es niemals interpretieren.

Das ist der beste Weg, etwas zu schaffen, was es wirklich wert ist. Konzentriert euch auf das Ziel. Wenn ihr eine Mahlzeit kochen wollt, müßt ihr sie immer komponieren. Kompositionen macht man nicht, man „kocht“ sie...

Um was geht es hier? Wir sprechen über ein Phänomen. Es ist wirklich etwas Eigenartiges. Deshalb existiert es - weil es ein Phänomen ist. Es ist kein Faktum, sondern ein Phänomen, in der gleichen Art, wie Furtwängler seine Programme aufbaute. Das heißt, man will etwas erschaffen, was eine eigene Kraft hat, die Kraft der Kreativität. Und da wird man niemals eine einfache Antwort erhalten. Das wäre falsch. Wenn man es richtig macht, dann wird man immer etwas erschaffen. Aber man wird es nicht bloß aus Teilen zusammensetzen. Das gleiche gilt für musikalische Kompositionen.

Und es macht Spaß. Das ist das andere. Wenn es keinen Spaß macht, soll man es bleiben lassen!

Deniston: Ein Aspekt davon ist das, was du schon sehr früh angegriffen hast, der Schwindel der Informationstheorie. Du hast oft gesagt, daß das ein wichtiger Teil deiner wirtschaftswissenschaftlichen Arbeit war: daß die Informationstheorie als methodischer Ansatz gegenüber Systemen aller Art, wie etwa einer Volkswirtschaft, grundsätzlich falsch ist. Offenbar hat es auch die Naturwissenschaften und die Grundlagenphysik in einem Ausmaß erfaßt, wie ich es nicht geahnt hatte. Es scheint, daß die Informationstheorie sogar zu einer der Grundannahmen der modernen Physik geworden ist - das Universum wird buchstäblich in ein digitalisiertes Grundraster von Ja/Nein-Informationen heruntergebrochen. Das scheint mir ein weiterer Aspekt der allgemeinen Verbreitung dieser völlig irreführenden methodologischen, epistemologischen Sicht zu sein, nicht bloß in der Ökonomie, wie du damals aufgezeigt hast, sondern auch in der Naturwissenschaft allgemein.

Erst die Wirkung gibt dem Text die Bedeutung

LaRouche: Es geht nicht um die Handlung. Es geht um die Wirkung. Die Wirkung (in der Musik), die man erzeugt, gibt dem Notentext erst seine Bedeutung. Das bringt es zum funktionieren, es funktioniert nicht durch die Komposition als solche. Es wirkt aus sich heraus nur, wenn man in der Lage ist, etwas aus einer Idee zu wiederholen oder zu entwickeln - aber es muß eine Idee sein, die an sich kreativ ist. Das ist die entscheidende Formulierung. Und die Leute scheitern, weil sie versuchen, sich etwas zurechtzubasteln. Nur wenn man spürt, daß es eine echte Eingebung gibt, hat es einen inneren Wert. Das ist keine Komposition im Sinne von Zusammensetzen, es steht einfach für sich selbst. Und so etwas ist es, was die Geschichte großartig macht.

Wie Furtwängler. Er hatte eine Fähigkeit zur Innovation, in einem gewissen Teil seines Lebens, und so hat das funktioniert. Und wenn man die Aufführungen aus Furtwänglers Lebenszeit anhört, dann hört man es, man spürt es. Es hat keine Teile. Da ist eine Komposition, in einem ganz speziellen Sinne, eine Idee. Und diese Idee, die auf der Grundlage deiner Entdeckung aus dir hervorgeht, ist etwas einzigartiges, und sie ist etwas kostbares für dich, etwas kostbares für die Menschheit. So ist es bei Furtwänglers Werk, beim besten, was er geleistet hat. Furtwänglers Vorgehensweise und das, was er darüber sagte und wie er auf diese Idee reagierte, ist dabei ganz klar. Es ist nachvollziehbar.

Entscheidend ist, daß das, was für die Musikkomposition gilt, auch für alle anderen wesentlichen Bereiche gilt, die auf irgendeine Weise Kompositionen sind. Etwas kommt aus dem Geist heraus und sagt plötzlich etwas, was der Geist noch niemals zuvor gesagt hat - und dennoch kann die Person, die das ausdrückt, beim näherem Nachdenken darauf reagieren, was sie damit beabsichtigte. Die Bedeutung dieser Erfahrung wird plötzlich zu einer Kraft, die mächtiger ist als eine bloße Idee.

Und das ist es, was die Menschheit erreichen muß. Die Menschheit muß dazu gebracht werden, daß sie diese Idee versteht. Wo kommen große Ideen her? Was sind große Ideen? Was verkörpern sie? Das ist auch das Geheimnis der Wissenschaft.

Das gleiche gilt, wenn man entdecken will, was Krafft Ehricke mit seinem Werk erreicht hat. Er schuf völlig neue Dinge, die diese kohärente, systematische Qualität erfüllen. Und daraus beginnt sich dann eine ganze Geschichte zu entwickeln, als etwas, was es bis dahin noch nie gegeben hatte.

Wichtig ist, die Amateure loszuwerden. Amateure sind in der Wissenschaft nutzlos. Wenn die unzähligen Sterne, die wir studieren wollen, für die ganze Menschheit stehen, dann muß es so sein. Das Problem ist, daß die meisten führenden Politiker keinen Geist haben - höchstens einen schlechten. Aber der Fall Furtwängler ist wirklich ein sehr gutes Beispiel dafür, worum es geht: Es ist die Idee, wie man etwas Schönes erschafft. Was ist Schönheit? Es gibt so etwas wie Schönheit nicht im einfachen Sinne. Entscheidend ist die Wirkung. Schönheit liegt in der Wirkung, die sie darstellt.

Ich denke, jetzt seht ihr etwas klarer, was mein Argument ist. Und für mich ist das das Prinzip der Komposition. Es hat viele Aspekte und Ausdrucksformen, aber sie alle haben diese eine Qualität.

* * *

Poesie verändert die Welt

John Sigerson: Ich möchte über unsere Aktivitäten von einem Standpunkt aus sprechen, der euch hoffentlich froh stimmt. Mit unseren Aktivitäten verteidigen wir nicht bloß die Präsidentschaft, wir „komponieren“ die Präsidentschaft. Das ist unsere Aufgabe. Und wenn ich „komponieren“ sage, dann meine ich komponieren im Sinne etwa einer poetischen Komposition.

Gerade heute hatte Lyndon LaRouche eine Diskussion mit einigen unserer Leute, und er wies dabei in diese Richtung, als er sagte, ich zitiere: „Jeder kann ein Gedicht schreiben, aber nur wenige Menschen sind kompetent, Kompositionen zu schaffen“ – gemeint ist eine Komposition, die eine zugrundeliegende Idee hat, ein Prinzip, das dahinter steht.

Kürzlich ist mir das in Bezug auf Trumps Präsidentschaft zum erstenmal aufgefallen, als er seine kämpferische Pressekonferenz vor den Medien abhielt und die Medien angriff – ihr habt sicherlich davon gehört oder es vielleicht sogar selbst angehört. Beim letzten Samstagstreffen in Manhattan habe ich auf etwas hingewiesen, was mir dabei aufgefallen ist, nämlich, wie er wiederholt von der „gescheiterten“ oder „versagenden“ New York Times sprach. Ich habe da eine Art poetisches Element in dem gespürt, was der Präsident da getan hat, denn er verwendete den Begriff bewußt gleich mehrmals. Für mich war das wie ein frischer Wind, und ich denke, auch für alle anderen, denn er hat da ein Tabu gebrochen – schließlich darf ja niemand etwas schlechtes über die große New York Times sagen!

Das hat die Haltung der ganzen Bevölkerung verändert, obwohl die meisten das gar nicht gemerkt haben...

Ich möchte gleich noch ein Ereignis mit dem Präsidenten erwähnen, nämlich die Bemerkungen – ihr habt sicher auch davon gehört –, die Trump anläßlich des Black History Month machte... Er sprach dort über Frederick Douglass, der bekanntlich ein unglaublicher Kämpfer gegen die Sklaverei im 19. Jahrhundert war. Trump sagte dort folgendes: „Frederick Douglass ist ein Beispiel eines Menschen, der erstaunliches geleistet hat und der, wie mir auffällt, immer mehr gewürdigt wird.“

Die liberalen Medien haben sich über das, was Trump sagte, furchtbar aufgeregt. Warum das denn, werdet ihr euch fragen. Ich möchte dazu vorlesen, was in der Washington Post stand: „Die Welt wird vielleicht nie erfahren, ob Präsident Trump am Mittwochvormittag einfach nur bei den Zeitformen seiner Verben etwas geschludert hat, oder ob ihm einfach nicht klar gewesen ist, daß der berühmte schwarze Sklavereigegner Frederick Douglass schon tot ist.“ Anders gesagt, woran sie herummäkeln, ist die Tatsache, daß Trump „Frederick Douglass ist“ gesagt hat, statt „Frederick Douglass war“.

Das ist genau die Art von Regelverstößen, die bei allem im Mittelpunkt stehen, was mit Poesie zusammenhängt.

Es gibt ein Buch, das nennt sich New York Times Manual of Style („Stil-Handbuch der New York Times“), und es gibt ein ähnliches Buch von Strunk und White mit dem Titel Elements of Style, mit dem sich vielleicht der eine oder andere von euch in der Studienzeit herumschlagen mußte, darin sind alle Regeln dargelegt, an die man sich angeblich halten soll, wenn man etwas kommunizieren will. Diese Regeln sind streng, besonders in Bezug auf die Kommas – man soll eigentlich gar keine Kommas benutzen, außer um grammatikalisch bestimmte Phrasen abzugrenzen. Und man soll nicht die Zeitform „ist“ verwenden, wenn man von etwas redet, was in der Vergangenheit liegt. Alle diese verrückten Regeln. Was Präsident Trump gemeint hat - und das hat auch sein Pressesprecher später gesagt –, war natürlich, daß Frederick Douglass’ Erbe heute noch sehr lebendig ist und sogar noch größer wird, was meiner Meinung nach eine wunderbare Idee ist. Was soll daran falsch sein?

Poesie und Leidenschaft

Und das bringt mich zu der Frage der Poesie zurück, und ich denke, wir alle müssen darüber nachdenken bei allem, was wir tun. Wir müssen bedenken, daß es eigentlich die Poesie ist, die polemische Poesie, die letztendlich das gesamte Paradigma der Bevölkerung verändert.

Ich möchte etwas von Percy Bysshe Shelley vorlesen. Es ist aus seinem Aufsatz Zur Verteidigung der Poesie. Wenn ihr diesen Aufsatz noch nicht gelesen habt: Er ist nicht sehr lang, aber unglaublich dicht, und ihr habt vielleicht das eine oder andere daraus gehört. Ich möchte hier nur eine Passage verlesen, wo er folgendes sagt:

    „In solchen Zeiten“ - und ich würde sagen, solchen Zeiten wie die, die wir gerade durchleben - „zeigt sich eine gesteigerte Kraft, tiefe und glühende Ideen über den Menschen und die Natur mitzuteilen und zu empfangen. Die Menschen, denen diese Kraft innewohnt, mögen oftmals in vielen Zügen ihres Wesens wenig augenfällige Übereinstimmung mit jenem Geist des Guten zeigen, dessen Werkzeug sie sind. Aber selbst während sie ihn verneinen und ihm abschwören, sind sie doch gezwungen, der Macht zu dienen, die auf dem Thron ihrer eigenen Seele sitzt. Es ist unmöglich, die Werke der berühmtesten Autoren der Gegenwart zu lesen, ohne von jenem elektrischen Funken ergriffen zu werden, der in ihren Worten glüht.“

(Dann las Sigerson denselben Text noch einmal in der Art und Weise vor, wie es das New York Times Style Manual vorschreibt, kühl und mit deutlich weniger Kommapausen.)

Ich denke, ihr könnte verstehen, daß es sehr wichtig ist, diese Dinge mit der richtigen Betonung vorzutragen, und das entscheidende ist natürlich, daß ich alle diese Kommas weggelassen habe, wie man es heutzutage normalerweise tut. Und so sind die Liberalen eben. Sie mögen einfach keine Kommas.

Was ist dieses Ding, das wir Poesie nennen? Ich möchte noch etwas vorlesen, eine frühere Passage aus dem Text, in der Shelley etwas darüber sagt, was Poesie eigentlich ist. Er sagt:

„Poesie kann, in weitem Sinne, als ,Ausdruck der Imagination’ definiert werden; und die Poesie ist unlösbar mit dem Ursprung des Menschen verbunden. Der Mensch ist ein Instrument, über das eine Folge äußerer und innerer Reize getragen wird, den Stößen eines ewig wechselnden Windes über die Äolsharfe vergleichbar, die diese durch ihre Bewegung zu ewig wechselnder Melodie veranlassen, Doch es gibt ein Prinzip im Menschen und vielleicht sogar in allen empfindenden Wesen, das anders wirkt als in einer Harfe und nicht nur Melodie allein, sondern durch eine innere Angleichung der so hervorgerufenen Töne oder Bewegungen an die Reize, die sie bewirken, auch Harmonie erzeugt; gleichsam als könnte die Harfe ihre Saiten den Bewegungen dessen, der sie anschlägt, in einem bestimmten Verhältnis der Töne anpassen, geradeso wie der Sänger seine Stimme den Klängen der Harfe anzugleichen vermag.“

Und dann spricht er über die Freude, die ein Kind bei solchen Dingen empfindet: „In Bezug auf die Gegenstände, die ein Kind entzücken, sind diese Ausdrucksformen genau das, was die Poesie im Verhältnis zu höheren Gegenständen ist.“

Und tatsächlich ist das, worüber wir hier sprechen, genau dieser höhere Gegenstand.

LaRouche und Furtwängler

In letzter Zeit haben wir (im Magazin Executive Intelligence Review) eine Reihe wunderbarer Schriften von Lyndon LaRouche nochmals abgedruckt, und wenn ihr die noch nicht durchgearbeitet habt, dann solltet ihr das wirklich tun.

Ich möchte nur darauf hinweisen, daß es einige Musikstücke gibt, die ganz entscheidend sind, die ihr anhören oder studieren könnt, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Ich werde diese Stücke demnächst durcharbeiten, um vielleicht eine Vortragsreihe darüber zu halten. Eines davon ist von Mozart, es heißt Ave Verum Corpus, ein scheinbar sehr einfaches Chorstück. Der lateinische Titel bedeutet „Sei gegrüßt, wahrer Leib“. Es ist ein Lied an die Jungfrau Maria, es bezieht sich aber auf einige der Prinzipien, auf die ich hier hinaus will. Und es gibt auch eine Verbindung zu einem wundervollen Werk, das Beethoven später komponiert hat, das Streichquartett Opus 132, in dem auf Mozart, den Beethoven sehr verehrte, Bezug genommen wird. Es ist der „Heilige Dankgesang eines Genesenen an die Gottheit“. Das ist auch sehr, sehr schön.

Ich kann hier aus Zeitgründen nicht alles im einzelnen durchgehen, ich werde das später tun. Ich möchte auch gerne etwas durcharbeiten, was mich schon seit vielen Jahren beschäftigt und das jeden beschäftigen sollte, nämlich das Werk des großen deutschen Dirigenten Wilhelm Furtwängler. Wenn man wirklich verstehen will, wodurch Lyndon LaRouche motiviert ist - und ich sage bewußt „motiviert ist“, und es wird LaRouche auch noch weiter motivieren -, dann muß man studieren, welche Wirkung Furtwänglers Werk und die von ihm dirigierten Stücke auf LaRouche hatten, als er jung war.

Ich will an dieser Stelle nur auf ein Erlebnis hinweisen, das für LaRouche prägend war. 1946, als er in Indien war, hörte er zum erstenmal eine Aufnahme von Furtwängler – die ich übrigens ausgegraben habe –, aus dem Jahr 1938, mit einem Werk des russischen Komponisten Tschaikowsky. In einer Anmerkung in einer Schrift, die wir wahrscheinlich auch nochmals abdrucken werden, Die Schöpfungen des Menschen (Neue Solidarität 40-42/2006), die er 2005, also im Alter von 83 Jahren geschrieben hat, schreibt LaRouche:

„Wie ich gelegentlich berichtet habe, erlebte ich den Dirigenten Furtwängler erstmals 1946 auf einer Schallplatte eines Werkes von Tschaikowsky. Ich wurde sozusagen ,vom Saulus zum Paulus’, ich erkannte, daß die Wirkung, die wahrgenommene ,Transparenz’ der Aufführung, in einer packenden Entwicklung der Kreuzstimmen über die gesamte Aufführung lag. Es erzeugte ein unermüdlich zwingendes Gefühl einer nahtlosen geistigen Entwicklung hinter der hörbaren Musik, die man nicht mit dem Ohr hört, sondern mit dem Geist.“

Das ist der musikalische Sinn, mit dem wir gewinnen werden, wenn wir es schaffen, das in allem, was wir tun, zu vermitteln und zu kommunizieren.

Und damit gebe ich das Wort zurück, um Fragen zu beantworten.

In seiner Antwort auf eine Frage zu den politischen Aktivitäten in New York City sagte John Sigerson folgendes:

Sigerson: ... Ich muß einfach weiter auf dieser Frage der Ironie herumhämmern. In diesem wunderbaren Aufsatz von Lyn (LaRouche) mit dem Titel Die Schöpfungen des Menschen, den ich vorhin zitiert habe, ist die Rede davon. So kann man das in Worte fassen. Laßt mich nur einen Absatz aus dem vorlesen, was Lyn geschrieben hat:

„Wie Schiller betont: Der normale Zuschauer von der Straße sollte, wenn er das Theater verläßt, dieses als ein anderer Mensch verlassen. In einem anderen Zustand als den, mit dem er wenige Stunden vorher das Theater betrat. Ironie! Diese Wirkung ist aber keine weinerliche moralische Erbauung, wie man es von den Ergüssen fundamentalistischer Geistlicher her kennt. Die Wirkung rührt daher, daß der Bürger einer Geschichte, die anders ist als seine eigene Lebenserfahrung zu seiner Zeit an seinem Ort, über die Schulter blickt. Ironie! ,Warum haben die nicht gemerkt, wie verkommen ihre Kultur war? Könnte ich heute etwas gegen tragische Irrtümer in meiner eigenen Gesellschaft tun? Wie dumm müßte ich sein, wenn ich nicht meine eigene Kultur so betrachten könnte, wie die im Theaterstück dargestellte Kultur, deren Verrücktheit offensichtlich war?’ Ironie! Er wird nicht so närrisch sein, zu versuchen, von der Kultur auf der Bühne ein Prinzip für seine eigene Kultur abzuleiten.“

Und später folgt ein wunderbarer Absatz, den ich wirklich liebe. Darin sagt Lyn:

„Die Umlaufbahn der Planeten ist nicht kreisförmig, sondern elliptisch. Ironie! Fermat wies nach, daß der Weg der geringsten Wirkung (Aktion) nicht derjenige der kürzesten Entfernung ist, sondern derjenige der kürzesten, schnellsten Zeit. Ironie! Huyghens dachte, dieser Weg sei durch das Zykloid definiert – aber Leibniz und Bernouilli wiesen nach, daß es das von der Kettenlinie definierte Prinzip des Leibnizschen Kalkulus war, das Prinzip der allgemeinen geringsten Wirkung. Ironie!“

Tatsächlich erfordern die mehr oder weniger ironischen Gegenüberstellungen, die man machen kann, wenn man mit anderen Menschen redet, mehr Konzentration, etwas mehr Anstrengung. Aber genau deshalb habe ich vorhin die Frage der Ironie angesprochen, diese verrückte Geschichte mit dem Satz über Frederick Douglass, weil das auf den ironischen Gegensatz verweist, wie verrückt die Medien gegenwärtig sind, sodaß die Menschen darüber lachen können - so wie Trump darüber lacht.

Zum Abschluß des Konferenzgesprächs sagte Sigerson:

Sigerson: Ich möchte zu dem, was Dennis [Speed] gerade gesagt hat, noch etwas hinzufügen, eine politische Bemerkung, und das ist etwas, was Lyndon LaRouche diese Woche sehr betont hat, nämlich Barack Obama als Person. Lyndon sagte ganz ausdrücklich: „Wir müssen Obama kaputtmachen“, natürlich nicht physisch, aber wir haben jetzt eine Gelegenheit, seine Glaubwürdigkeit, mit allem, wofür er steht, kaputtzumachen. Und LaRouche sagte ausdrücklich, daß wir dabei die Besprechungen in den Mittelpunkt stellen sollten, wo Obama jede Woche dienstags die Mordopfer (der Drohnenangriffe) ausgesucht hat. Obama ist ein Mörder, und er bleibt ein Mörder. Und auch das, was er derzeit tut, geht in Richtung Mord, diesmal sogar am amtierenden Präsidenten der Vereinigten Staaten. Ich denke, wir dürfen Obama nicht schonen. Wir sollten alles gegen ihn auffahren, was wir haben, denn er sollte bekommen, was er verdient. Er muß komplett diskreditiert werden.

Und ein großer Teil der Amerikaner ist jetzt vielleicht wirklich bereit, vom Saulus zum Paulus zu werden - Leute, die Obama früher blind hinterherliefen.

Einige Versammlungen, von denen uns berichtet wurde, sind ein gutes Beispiel dafür. Die Leute sind reif für eine Bekehrung - fast eine „Deprogrammierung“.

Im übrigen möchte ich noch dringend bitten, diese wundervollen Werke nicht zu ignorieren, die wir jetzt im Executive Intelligence Review nochmals abdrucken, diese unglaublichen und für manche sicherlich sehr schwierigen, längeren Aufsätze von Lyn. Denn wenn ihr Durchhaltevermögen haben wollt, so wie unsere Bewegung seit inzwischen fast 50 Jahren, dann müßt ihr LaRouches Denken so gründlich wie möglich kennenlernen. Es gibt ihn immer noch, er ist inzwischen 94 Jahre alt, man kann immer noch mit ihm reden. Aber diese Schriften enthüllen wirklich, soweit dies irgend möglich ist, seine Seele. Und ihr solltet diese Gelegenheit wirklich nutzen. LaRouche ist einer der größten Denker des letzten Jahrtausends, und viele von uns, die diese Schriften immer und immer wieder gelesen haben, so wie ich, sehen sich in dieser Einschätzung bestätigt. Es ist keine Übertreibung. Meiner Meinung nach werden zukünftige Generationen das bezeugen. Vielen Dank.


Anmerkung

1. Das englische Wort composition kann sowohl „Zusammensetzung“ als auch „(Musik-)Komposition“ bedeuten.