Die Schönheit der Menschheit zum Klingen bringen
Schiller-Institut organisierte am „Tränen-Denkmal“ in Bayonne/New Jersey ein „lebendes Gedenken“ für die Mitglieder des Alexandrow-Ensembles und andere Mitreisende, die am Weihnachtstag beim Absturz ihre Flugzeuges ums Leben gekommen waren.
Von Dennis Speed
Nur wenige Tage nach dem Mord am russischen Botschafter Karlow in der
Türkei und dem tragischen Tod von 92 russischen Bürgern, darunter 64
Mitgliedern des weltberühmten Alexandrow-Ensembles, bei einem Flugzeugabsturz
am 25. Dezember wies die Regierung Obama 35 russische Diplomaten aus den
Vereinigten Staaten aus. Dies sei eine Vergeltungsmaßnahme für angebliche
russische Einmischung in die amerikanische Präsidentschaftswahl durch das
Hacken von Computern der Demokratischen Partei. (Präsident Putins „Vergeltung“
für diese Ausweisung bestand darin, daß er die Kinder der amerikanischen
Diplomaten in Rußland zur Weihnachtsfeier in den Kreml einlud.)
Die Präsidentin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, verfaßte eine
Kondolenzbotschaft zum Absturz des Alexandrow-Ensembles, die am 29. Dezember
dem russischen Konsulat in New York überreicht wurde. Der Chor des Instituts
sang bei dieser Gelegenheit vor dem Konsulat die vom Gründer und Namensgeber
des Alexandrow-Ensembles komponierte russische Nationalhymne, um angesichts
der Tragödie die Einigkeit zwischen dem russischen und dem amerikanischen Volk
zu demonstrieren, die man sich in solchen Momenten großen Verlusts wünscht
(wir berichteten). Die Videoaufnahme des Kondolenzauftritts im Internet (siehe
https://www.youtube.com/watch?v=MWd7CIShVRE) wurde
innerhalb weniger Tage fast eine halbe Million mal angesehen. Tausende
Zuschauer, die meisten aus Rußland, äußerten ihre große Anerkennung und ihren
Dank für diese Geste des Chores.
Aber um dem Anlaß gerecht zu werden, mußte noch mehr geschehen. So
organisierte das Schiller-Institut kurzfristig ein „lebendes Gedenken“, an dem
der Chor und Unterstützer des Instituts, Vertreter der New Yorker Polizei und
Feuerwehr und der Familien der Opfer des 11. September 2001 sowie besorgte
Bürger teilnahmen, die erkennen, daß die aggressive Politik der Regierung
Obama eine akute Kriegsgefahr heraufbeschwört. Das 75 Jahre alte Bündnis der
Vereinigten Staaten mit Rußland aus dem Zweiten Weltkrieg, der in Rußland
„Großer Vaterländischer Krieg“ heißt, verlangte nach einer neuen Kultur der
Diplomatie im Sinne dieses „lebendigen Gedenkens“, um die üblen Machenschaften
des Kalten Krieges von 1946-1991 ebenso wie die heutigen Vorstöße für einen
„Neuen Kalten Krieg“ zu überwinden. Deshalb war es naheliegend, diese
Gedenkveranstaltung am Tränen-Denkmal in Bayonne/New Jersey (s.u.) gegenüber
der Stadt New York zu veranstalten; das Denkmal ist in Amerika leider kaum
bekannt, ist aber ein ganz wichtiger Teil der russisch-amerikanischen
Beziehungen.
Partnerschaft zwischen Rußland und Amerika
„Freunde und Kollegen, wir versammeln uns hier und heute, um die Opfer des
verheerenden Absturzes der Tuplolew-154, der sich vor zwei Wochen ereignete,
zu ehren. Wir kommen zusammen, um der 92 Passagiere zu gedenken, darunter
Mitglieder des weltberühmten Alexandrow-Ensembles für Gesang und Tanz, die
bekannte Notfallärztin und humanitäre Aktivistin Dr. Lisa Glinka, Teams der
russischen Fernsehkanäle Swesda und NTV und die Besatzung des
Flugzeugs.
Unsere Gedanken und Gebete gehen zu den Familien der Opfer. Die Sänger und
Tänzer, Ärzte, Journalisten, Piloten und Flugbegleiter lebten für ihre
Aufgaben, allen voran die Künstler, die regelmäßig große Zuhörer- und
Zuschauermengen erfreuten; aber heute schweigen wir, zu ihrem Gedenken.
Heute ist der orthodoxe Weihnachtstag, und am Weihnachtstag teilen wir in
allen Nationen Leben, Liebe, wir unterstützen einander, wir loben einander,
wir fühlen uns als eine Familie. Und es ist sehr symbolträchtig, daß wir uns
hier am Tränen-Denkmal der Trauer versammeln, das dem amerikanischen Volk
wegen seines Verlustes vom 11. September 2001 sehr teuer ist.“
Als er am 7. Januar diese Worte sprach, stand Pjotr Iljitschow, der Erste
Stellvertretende Permanente Vertreter der Russischen Föderation bei den
Vereinten Nationen, am Fuß der „Träne der Trauer“, einem Geschenk des
russischen Volkes an die Vereinigten Staaten zum Gedenken an die Opfer der
schrecklichen Anschläge des 11. September 2001 sowie des früheren
Terroranschlags auf das World Trade Center im Februar 1993. Er war dorthin
gekommen, um am Weihnachtstag der orthodoxen Kirchen an einem „lebenden
Gedenken“ durch Musik und Worte teilzunehmen, nicht nur für die Verstorbenen,
sondern auch für deren Familien und Freunde, die sich nun zum Weihnachtsfest
in der Kirche oder in ihren Wohnungen versammelten.
Lieutenant Tony Giorgio von der New Yorker Polizeibehörde, der durch die
Veranstaltung führte, kannte das Alexandrow-Ensemble sehr gut. Als Gründer und
Leiter der Polizeikapelle von New York City hatte er 2011 an einem
Musikfestival im kanadischen Quebec teilgenommen, bei dem auch das
Alexandrow-Ensemble aufgetreten war. Anläßlich des 10. Jahrestages der
Anschläge des 11. September hatte das Ensemble zur Überraschung der
amerikanischen Gäste auch das Lied God Bless America gesungen. Als
Solist sang damals der Bariton Grigorij Ossipow, der nun zu den Opfern des
Flugzeugabsturzes gehörte. In seiner Kondolenzbotschaft schrieb Giorgio nur
wenige Stunden nach dem Absturz: „Es war eine wunderbare Gruppe von Musikern
und großartigen Botschaftern Rußlands. Wir spüren von ganzem Herzen, was diese
Tragödie für uns bedeutet.“
Giorgios Worte, die von RT zitiert wurden, festigten eine Idee, die
Mitglieder des Schiller-Instituts erwogen hatten, nachdem ihre Kondolenzaktion
vor dem russischen Konsulat für Einheit und Frieden zwischen Rußland und
Amerika die außerordentliche Unterstützung in Form Tausender Kommentare im
Internet erhalten hatte.
Ähnlich wie bei der Gründung des Öffentlichen Chores des Schiller-Instituts
in New York City 2014 als Beitrag zur Überwindung der sinnlosen Konfrontation
zwischen Polizei und Demonstranten in New York, nachdem ein farbiger Bürger im
Polizeigewahrsam umgekommen war, stellte sich nun die Frage, ob man etwas tun
konnte, um dem russischen Volk im Namen der Stadt New York und des ganzen
amerikanischen Volkes in respektvoller und schöner Weise die Botschaft aus
Friedrich Schillers Ode an die Freude - „Alle Menschen werden Brüder“ -
zu übermitteln. Da Giorgio den meisterlichen Gesang des Alexandrow-Ensembles
anläßlich des 10. Jahrestags der Anschläge des 11. September erlebt hatte, lag
der Gedanke nahe, daß es eine angemessene Reaktion wäre, bei dieser
Gelegenheit vor dem Denkmal zu stehen, das Präsident Wladimir Putin persönlich
2006 als Geschenk des russischen Volkes an die Vereinigten Staaten enthüllt
hatte.
Terry Strada, die Vorsitzende der Gruppe „Familien des 11. September
vereint für Gerechtigkeit gegen den Terror“, zeigte und verkörperte in ihrer
Ansprache, was wahre Freundschaft zwischen Rußland und Amerika und zwischen
allen Völkern in allen Ländern trotz tragischer Verluste und Tod bedeuten
kann. Der Name ihres Ehemanns, Thomas Strada, ist wie die Namen der übrigen
Opfer des 11. September 2001 am Fuß des Denkmals in Stein gemeißelt. Sie
sagte:
„Heute möchte ich im Namen aller, die hier stehen, und im Namen des
amerikanischen Volkes mein aufrichtiges und herzliches Beileid zum
plötzlichen, tragischen und sinnlosen Tod Ihres geliebten
Alexandrow-Ensembles, Ihrer geliebten Angehörigen und Ihrer Mitbürger
aussprechen.
Das Alexandrow-Ensemble mit seiner reichen und stolzen Geschichte stärkte
den Geist der unterprivilegierten Soldaten, die den Warschauer Pakt
verteidigten, und setzte unter Präsident Wladimir Putin diese patriotische
Tradition fort. Seine Aufführungen boten in schwierigen Zeiten ein moralisches
Gegengewicht, und am 25. Dezember waren sie auf dem Weg nach Syrien, um dort
den Geist der russischen Armee während des Einsatzes fern der Heimat zu
erheben.
Jeder hier kennt Ihren Schmerz, weiß, wie tief Ihre Trauer ist, und kennt
das Gefühl, daß man meint, in den eigenen Tränen zu ertrinken. Ein solcher
Kummer ist physisch und bricht das Herz, und der Weg zu seiner Heilung ist
lang und schwierig. Erlauben Sie sich, zu trauern, zu weinen und traurig zu
sein. Erinnern Sie sich an jene, die Sie geliebt und verloren haben. Erinnern
Sie sich an die wunderschöne Musik, die sie gemacht haben, und wie es sich in
Ihrem Herzen anfühlte, wenn Sie ihre Lieder und den Klang ihrer wunderbaren
Instrumente hörten: Sie waren ein Geschenk Gottes, und sie gingen viel zu
früh...“
Die Wirkung ihrer kurzen Ansprache als lebende Stimme all derer, deren
Ehegatten, Mütter, Väter, Freunde und Bekannte nach dem 11. September nicht
zurückkehrten, war deutlich zu spüren. Ein Zuschauer schrieb:
„Jeder, der einmal jemanden sehr geliebt hat, weiß, daß die Person, die wir
lieben, niemals durch die persönlichen Schwächen begrenzt oder definiert ist,
die wir alle kennen und alle haben. Genauso ist es mit einem Land. Es ist
etwas größeres als jeder einzelne von uns. Es ist schwer, das jemals zu
irgendeinem bestimmten Zeitpunkt zu erfassen, außer unter besonderen
Umständen, wenn wir das Privileg haben, die Bedeutung unserer gesamten
Geschichte in einem einzigen, kurzen Augenblick zusammenzufassen. Und das
taten Sie mit dem, was sie gesagt haben.“
Ihr Erbe wird weiterleben
„Der Verlust dieses Chores ist besonders groß, weil - wie jeder, der in
einem Chor singt, weiß - die Kombination unserer Stimmen mehr ist als jeder
einzelne von uns oder die einzelnen Chorstimmen. Jeder von uns wird sterben.
Aber wir hoffen, daß die Menschheit unsterblich ist. Wenn sich jeder von uns
als eine einzigartige Stimme in einem großen Chor versteht, der sich über
Generationen und Kontinente erstreckt, dann wird das Universum von der
Schönheit der Menschheit widerhallen.“ Dies sagte die Gründerin und Leiterin
des Öffentlichen Chores des Schiller-Instituts in New York City, Diane Sare,
deren Gruppe bei der Veranstaltung die russische und amerikanische
Nationalhymne sowie das Weihnachtslied Adeste Fideles (Herbei, o ihr
Gläub’gen) sang.
Später sprach sie vor Mitgliedern des LaRouche-Aktionskomitees und zitierte
dabei aus einer Erklärung des Landessenator Richard Black aus Virginia, in der
es heißt:
„Ein zärtliches Lebewohl den russischen Helden, die am 25. Dezember für die
Sache des Friedens gestorben sind.
Ich bete für die Familien jener Russen, die letztes Weihnachten ums Leben
kamen, als sie nach Syrien flogen, um dort Schönheit zu verbreiten in einem
Land, das durch die bösartigen Machenschaften ausländischer Mächte zerrissen
wurde. Wie angemessen ist es, daß das bekannte Alexandrow-Ensemble an diesem
Ort vom Chor des Schiller-Instituts geehrt wurde, der dort bei einer
Kranzniederlegung für die Opfer des Flugzeugabsturzes das Star-Spangled
Banner und die russische Nationalhymne sang. Die amerikanischen und
russischen Chöre teilten die Entschlossenheit, menschlichen Anstand
wiederherzustellen, indem sie sich an die höheren Geisteskräfte wenden. Ihr
Erbe wird weiterleben.
Das Tränen-Denkmal des 11. September war ein Geschenk Rußlands an Amerika,
um die 3000 Amerikaner zu ehren, die am 11. September von Al-Kaida ermordet
wurden. Das Denkmal trägt die Inschrift: ,Dem Kampf gegen den weltweiten
Terrorismus gewidmet.’ Wie passend, daß wir hier Männer und Frauen ehren, die
ihr Leben in diesem Kampf gaben. Ihr Geschenk trug viel zum Frieden und zur
Harmonie zwischen den Menschen bei. Diese Veranstaltung kommt in einem
historischen Moment in den russisch-amerikanischen Beziehungen, einer
aufregenden Zeit der gemeinsamen Verpflichtung gegenüber der Zivilisation, der
Freiheit des Glaubens und der Wiederherstellung des Friedens. Ich bin dankbar,
daß Rußland militärisch eingeschritten ist und die Last der Konfrontation mit
dem weltweiten Terrorismus getragen hat, während ein großer Teil der Welt
einen finstereren Weg wählte.
Wenn es eine sichere und produktive Zukunft für die Menschheit geben soll,
dann muß dies die Überwindung des Übels der Banalität in den internationalen
Beziehungen bedeuten.“
Der Tod eines großen Künstlers ist, das wissen alle zivilisierten
Gesellschaften, eine Tragödie für die gesamte Menschheit. Wenn eine
Gemeinschaft wie das Alexandrow-Ensemble untergeht, zeigt sich der wahre
Charakter jeder Nation darin, ob sie in diesem Verlust auch ihren eigenen
erkennt. In einer Zeit, in der immer noch die „Hunde des Weltkrieges“
entfesselt werden können - sogar noch in den wenigen Tagen bis zum Amtsantritt
des nächsten Präsidenten -, gewinnt es strategische Bedeutung, die Beziehungen
zwischen den Nationen über die Ebene des Banalen zu erheben. Kultur und
Strategie werden eins. Ein von Nationen geteiltes höheres Menschenbild kann
sicherstellen, daß die Menschheit selbst schlimmste Zeiten überlebt. „Ich
zeige euch einen viel schöneren Weg“, sagt der Künstler. Die neue kulturelle
Plattform, die Lyndon LaRouche zwischen den Nationen zu schaffen sucht, ist
der notwendige Vorläufer vernünftiger und menschlicher Wirtschaftsbeziehungen
zwischen den Völkern der Weltlandbrücke und nicht zuletzt der Vereinigten
Staaten und Rußlands. Musik und Poesie sind die kulturellen
„Werkzeugmaschinen“, die es der Menschheit erlauben, aus Tragödien über sich
hinauszuwachsen und zu unser aller Unsterblichkeit aufzusteigen. Sie sind die
wahren, erhabenen Waffen im Kampf für eine höhere Menschheitszivilisation.
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