Japans Haltung zur eurasischen Kooperation
Von Daisuke Kotegawa
Daisuke Kotegawa, heute beim Canon Institute, war u.a.
Vertreter Japans beim Weltwährungsfonds. Bei der Berliner Konferenz des
Schiller-Instituts hielt er den folgenden Vortrag, der für den Abdruck aus dem
Englischen übersetzt wurde.
Danke, mein Name ist Daisuke Kotegawa. Ich möchte meinen Vortrag in vier
Teile unterteilen. Der erste ist sehr kurz, über mich selbst und warum ich
hier bin. Der zweite Teil befaßt sich mit Japans Wirtschaft, mit besonderem
Augenmerk auf drei Punkten, um die mich Helga [Zepp-LaRouche] gebeten hat. Der
dritte Teil sind meine Beobachtungen zur Weltwirtschaft, aus meiner
persönlichen Sicht. Und als vierten Punkt – auch von dem inspiriert, was
Herr [Lyndon] LaRouche betont hat – möchte ich eine sehr wichtige, neue
Erfindung erläutern, die mein Unternehmen erst vor kurzem geschaffen hat und
die unsere Welt verändern soll.
1. Erstens über mich: Ich war 35 Jahre lang im Finanzministerium der
japanischen Regierung tätig, und ich war – glücklicherweise oder
unglücklicherweise – verantwortlich für die Beilegung der Finanzkrise in
Japan Ende der 90er Jahre. Ich habe dabei einige Freunde von mir und meinen
Mitarbeitern verloren – japanische Bankiers, die verhaftet wurden und
Gefängnisstrafen absaßen oder die sogar Selbstmord verübten. Doch ich habe
überlebt.
Ich mußte damals große japanische Investmentbanken abwickeln – zwei
Unternehmen, Yamaichi Securities und ein anderes –, und ich mußte auch
zwei Großbanken in Japan teilweise verstaatlichen. 2007 wechselte ich zum IWF
und war dann 2008 an der Abwicklung von Lehman Brothers beteiligt. Das ist
mein Hintergrund.
2. Mein zweiter Punkt ist die japanische Volkswirtschaft; zunächst möchte
ich jedoch die Aufmerksamkeit auf das Verhältnis zwischen Japan und Rußland
richten. Im letzten Monat, am 2. Mai, feierte ich meinen Geburtstag; es war
eine gemeinsame Geburtstagsparty mit einem Freund, dem berühmten russischen
Dirigenten Walerij Gergiew, denn sein Geburtstag ist der 2. Mai und meiner der
3., und so feiern wir seit sieben Jahren unsere Geburtstage immer zusammen,
irgendwo auf der Welt. Und er sagte mir, er werde am nächsten Tag in Kasan und
am 4. Mai in Jekaterinburg dirigieren. Mehr hat er nicht mehr gesagt. Und am
5. Mai saß ich in einer Lounge im Moskauer Flughafen, da sah ich plötzlich
sein Gesicht [auf dem Bildschirm], wie er in Palmyra dirigiert. Das war eine
große Überraschung, und es war eine wundervolle Aufführung.
Bei dieser Geburtstagsfeier mit etwa 40 Personen war auch ein sehr guter
Freund von mir, der ausgezeichnet Russisch spricht – er ist unser
Botschafter in Moskau. Früh am nächsten Morgen flog er nach Sotschi, um
unseren Ministerpräsidenten, Herrn Abe, bei dessen Treffen mit Herrn Putin zu
unterstützen. Dieses Treffen fand am 6. Mai statt. Am 7. Mai erhielt ich von
meinem Freund eine Mail, darin sagte er dreierlei: 1. Ich darf dir leider
nichts Konkretes sagen. 2. Das Treffen verlief sehr gut. 3. Der
Ministerpräsident kehrte rundum zufrieden nach Japan zurück. (Lachen im
Publikum.)
Die russisch-japanischen Beziehungen
Das war eine simple Botschaft, aber dank dieser Botschaft wissen wir mehr.
2018 haben sie ja in Rußland ihre Präsidentschaftswahl, und auch in China gibt
es in dem Jahr solche Wahlen. Gewöhnlich ist es so, daß sich ein Jahr vor
einem solchen Jahr politisch nichts bewegt, weil die Leute mehr darum bemüht
sind, sich auf die Wahl vorzubereiten. Deshalb hatten wir gedacht, es wäre
unwahrscheinlich, daß es bald zu einer endgültigen Einigung [im Inselstreit]
mit Rußland kommt. Aber dieses Treffen am 6. Mai hat alles verändert. Jetzt
gehen wir davon aus, daß unser Ministerpräsident, Herr Abe, Herrn Putins
Einladung annimmt und das Wirtschaftsforum in Wladiwostok am 2.-3. September
besuchen wird, und ich bin voller Hoffnung, daß Herr Putin noch in diesem Jahr
nach Japan kommen wird. (Applaus.) Und wenn das passiert, dann ist es
sehr wahrscheinlich, daß wir irgendwann im nächsten Jahr zu einer endgültigen
Einigung mit Rußland gelangen. Ich bin da jetzt sehr optimistisch. In der
Hinsicht läuft es also sehr gut.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, wie es in Japan in Bezug auf die
Kernkraftwerke weitergehen wird. Wie Sie wissen, haben wir nach dem Unfall von
Fukushima 2011 alle Kernkraftwerke abgeschaltet. Im letzten Jahr wurden
endlich zwei wieder in Betrieb genommen, später noch eines. Und vor zwei
Wochen veröffentlichte unser Wirtschaftsministerium den Bericht mit den
Aussichten für den zukünftigen Energiemix in Japan. Das Zieljahr ist 2030, und
in dem Bericht wird davon ausgegangen, daß wir in Japan 24 neue Kernkraftwerke
bauen werden. (Applaus.)
3. Mein dritter Punkt in meiner Mission ist die japanische Wirtschaft, die
faktisch in einer Blase steckt, was sich aber nicht in den Zahlen
ausdrückt.
Ich will jedoch lieber über die unglaublichen neuen Ereignisse in Tokio
berichten. Wir haben einige Visaregeln für Menschen aus Südostasien gelockert.
Natürlich nicht für die Chinesen, weil wir Angst haben, dann könnten Hunderte
Millionen von Chinesen nach Tokio kommen.
Dennoch haben wir im letzten Jahr fünf Millionen chinesische Touristen
empfangen. Das ist ein Anstieg um 100% in zwei Jahren. Und die
durchschnittliche Kaufkraft eines chinesischen Touristen liegt bei etwa 3000
Dollar.
Jetzt haben wir einen Mangel an Hotels. Nach dem großen Erdbeben und
Tsunami 2011 standen die Hotels in Tokio zu fast 90% leer, es war kläglich.
Aber heutzutage sind alle voll. Besonders seit dem letzten Jahr kommen Ende
März und Anfang April die Chinesen scharenweise nach Japan, nur um sich an der
Kirschblüte in Tokio zu erfreuen! Jetzt sind alle Parks, die für ihre
Kirschblüte berühmt sind, voller chinesischer Touristen. Und besonders seit
letztem Jahr herrscht große Knappheit an Hotelbetten. Regionale Städte, mit
einer ähnlich großen Bevölkerung wie etwa Frankfurt am Main oder Wiesbaden,
wurden von chinesischen Touristen überrannt. Es fahren Schiffe von Shanghai in
diese Städte, im letzten Jahr kam ein Schiff mit 2000 chinesischen Touristen
an, gefolgt von einem weiteren mit 3000. Und in diesem Jahr kam in einer
kleinen Stadt, vielleicht so groß wie Wiesbaden, ein riesiges Schiff an, das
8000 Touristen fasst.
Und Sie können es sich vorstellen: Man braucht mindestens einen Bus für
jeweils hundert Touristen. Beim erstenmal waren es 20 und 30 Busse, und dieses
Jahr mußte man 80 Busse für diese Menschen organisieren. Doch sie blieben auf
dem Schiff.
Dank dieser ausländischen Touristen läuft unsere Wirtschaft also sehr gut.
(Lachen.)
Herr LaRouche hat auch über Infrastruktur gesprochen, und dafür bin ich ihm
sehr dankbar. Ich war nämlich einige Zeit zuständig für das Budget der
japanischen Entwicklungshilfe für China. 1989 vereinbarten wir japanische
Entwicklungskredite an China in Höhe von jährlich 10 Mrd.$ über sechs Jahre.
Mit diesen Krediten wurde beispielsweise ein Flughafen in Beijing gebaut,
einer in Shanghai, einer in Guangzhou, und mehrere Häfen und mehrere
Eisenbahnen und mehrere Düngerfabriken, Dämme und Kraftwerke. Auch das
Telefonnetz in Shanghai und in Beijing wurde geschaffen, und die U-Bahn in
Beijing. Dafür dienten diese Kredite, die nur 0,5% Zinsen hatten.
Dank dieser Infrastruktur fingen japanischen Unternehmen an, in China zu
investieren, und jetzt ernten wir die Früchte, in Form dieser riesigen Zahl
chinesischer Touristen. Deshalb bin ich mir ganz sicher, daß wir die Nachfrage
auf der Welt, die viel zu niedrig ist, verdoppeln können, wenn wir nur die
richtigen Investitionen tätigen.
Keine Rücksicht auf Investmentbanker nehmen!
Und ich bin mit Herrn [Marco] Zanni völlig einer Meinung: Wir sollten keine
Rücksicht auf Investmentbanker nehmen. Die interessieren sich nur für die
Reichen! Sie wollen nur zocken, wir brauchen sie nicht. Aber wir brauchen
Geschäftsbanken, weil sie die Zahlungen abwickeln und sich um die Einlagen
kümmern. (Applaus.) Und um die Zockerei der Investmentbanker zu
verhindern, wie er sagte, ist es sehr wichtig, sich die Seite der
Vermögenswerte anzusehen. Selbst wenn man erlauben würde, daß Banker riesige
Geldsummen als sogenannte Aktien besitzen, würde es die Spieler nicht vom
Zocken abhalten.
Deshalb müssen wir beides trennen, und wir müssen alle Banken in unser
Leben zurückholen.
Er erwähnte auch etwas, was vielleicht etwas schwierig zu verstehen ist:
das ist diese Vorstellung des „Nennwerts“ für Derivate. Wenn sie zocken,
brauchen sie irgendeine Ausgangszahl, die nicht real ist. Aber es heißt, daß
der Nennwert der Derivate der Deutschen Bank 300 Billionen Euro ist. Das ist
fünfmal so groß wie das BIP Deutschlands. Das macht einem richtig Angst, aber
machen Sie sich keine Sorgen: Es gibt einen Weg, das zu lösen. Diese
Investmentbanker zocken nur untereinander, die Gegenpartei ist vielleicht
Goldman Sachs oder Morgan Stanley oder ähnliches. Deshalb sollte sich am Ende
alles ausgleichen. Plötzlich wäre die Summe fast null. Also nochmals, wir
müssen uns deswegen keine Sorgen machen. Wir sollten uns lieber mehr auf die
Produktion konzentrieren.
4. Und nun ist es an der Zeit, unsere Entdeckung zu enthüllen: Es ist eine
kleine Einrichtung zum Kochen. Die Größe ist wie bei einem Elektroherd. Innen
ist ein kleiner Heizkessel, und aus dem Wasser erzeugen wir heißen Dampf, und
die Temperatur läßt sich zwischen 150 Grad und 600 Grad einstellen. Wenn man
diesen Dampf in das Kochgerät läßt, wird daraus natürlich die Luft
herausgedrückt. Damit kann man alles leicht kochen – Gemüse, Fleisch,
Fisch. Und das wichtigste ist: Weil die Luft herausgedrückt wird, wird alles
ohne Sauerstoff gekocht, es oxidiert also nicht. Wie Sie wissen, ist
nicht-oxidiertes Essen sehr gut für Ihre Gesundheit. Also:
1. Alles wird sehr geschmackvoll. Alles schmeckt sehr gut,
deshalb gibt es wenig Abfall, und das ist sehr gut für unsere Umwelt.
2. Wie ich sagte, es oxidiert nicht, deshalb sind beim Fisch
sieben Tage, nachdem man ihn gekocht hat, die Zellen noch am Leben, deshalb ist
er sehr zart und saftig.
3. Damit kann man natürlich alle chemischen Zusätze aus den
Gemüseresten herauswaschen.
4. Weil es nicht oxidiert ist, gibt es keinen unangenehmen
Geruch. Der schlechte Geruch kommt nur beim oxidierten Essen.
5. Und es ist ganz leicht, so zu kochen. Bei Fleischstücken
gibt man einfach die Stücke in den Kocher, und nach nur zwei Minuten ist alles
fertig, alles ist perfekt.
Wir haben angefangen, das an die größte japanische Supermarktkette zu
verkaufen, und sie haben zum erstenmal überhaupt Lunchpakete ohne jeden
chemischen Zusatz angeboten. Und die bleiben sehr lange frisch.
Warum haben wir mit diesen Unternehmen und Restaurants angefangen? Weil wir
fürchteten, wenn wir diese Geräte zuerst an die Verbraucher verkaufen und
alles so gut schmeckt, dann würde niemand mehr ins Restaurant gehen!
(Lachen.)
Ich hoffe, daß diese Maschine in einem Jahr auf den Markt kommt. Und wir
wollen damit nicht reich werden, für uns ist wichtiger, daß alle Menschen auf
dieser Erde gutes, gesundes Essen haben und lange leben. (Applaus.) Die
Preisspanne wird voraussichtlich zwischen 1500 und 2000 Dollar liegen.
Ich danke Ihnen vielmals.
|