Die Maske fällt, die Wahrheit kommt ans Licht
Von Botschafter Baschar Dschaafari, Ständiger Vertreter
der Mission der Syrischen Arabischen Republik bei den Vereinten Nationen
Botschafter Baschar Dschaafari, der syrische Botschafter bei
den Vereinten Nationen, hielt bei der Konferenz des Schiller-Instituts in New
York am 10. September 2016 die folgende Rede.
Bild: UN/J.C. McIlwaine
Der Syrische UN-Botschafter Baschar Dschaafari bei der Sitzung des
UN-Sicherheitsrates am 22. August.
Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen vielmals dafür, daß Sie an diesem
Samstag – einem heißen, feuchten Samstag – hierher gekommen sind, um uns
zuzuhören. Ich weiß, daß die Politik für die Zuhörer manchmal langweilig sein
kann. Aber das Thema ist sehr wichtig. Es geht nicht nur um Syrien, es geht um
uns alle. Es geht um die Vereinigten Staaten, um Syrien, den Irak, den
gesamten Nahen Osten, um die ganze Welt! Wir werden versuchen, das zu
vertiefen, indem wir etwas zu dem hinzufügen, was unser verehrter Kollege,
Senator Richard Black, gerade dargelegt hat.
Die Geschichte zeigt uns, daß Lügen nicht ewig währen, sie können nicht
ewig sein. Wir wissen heutzutage mit Gewißheit, daß viele tragische Episoden
der Geschichte von Lügen ausgingen, d.h. sie waren unbegründet und entbehrten
jeglicher Grundlage. Ich könnte Ihnen Hunderte von Beispielen dafür anführen,
die sich alle von den UN ableiten, den Vereinten Nationen, bei denen ich mein
Land vertrete.
Tatsächlich haben wir viel mehr Informationen, als wir hier mit Ihnen
teilen können. Wir könnten stunden-, wenn nicht tagelang darüber sprechen, was
auf der Welt im allgemeinen und speziell in Syrien geschieht, und Sie wären
überrascht, weil Sie nichts von dem, was ich Ihnen mitteile, je zuvor gehört
haben.
Es ist mir eine große Ehre, daß ich diese Gelegenheit erhalte, zu dem
erlesenen Publikum in der St. Bartholomew-Kirche in Manhattan zu sprechen. Ich
übermittle Ihnen meine aufrichtigen Grüße und besten Wünsche, und ich danke
dem Schiller-Institut und Ihnen allen dafür, daß Sie mir und meinen Kollegen
diese große Ehre erweisen.
Wenn wir uns heute alle versammeln, gedenken wir der Tragödie des 11.
September. Es war einer der traurigsten und schmerzlichsten Tage in der
Geschichte der Vereinigten Staaten. Es war auch eine harte und schwer zu
akzeptierende Lehre für alle Länder und Regierungen, daß der Terrorismus vor
keiner Grenze und keinem Menschen haltmacht und deshalb niemals gerechtfertig,
geschützt oder vertuscht werden sollte. Ich sage dies, weil Senator Black
einige Hinweise auf die saudischen Verbindungen zu den Ereignissen des 11.
September gegeben hat, und ich werde das Thema später noch ein wenig weiter
ausführen.
15 der 19 an den Angriffen des 11. September beteiligten Terroristen waren
Saudis. Es waren keine Syrer dabei, keine Iraker, keine Algerier. Es waren
Saudis. Diese Saudis sind von dem geprägt, was man gewöhnlich Wahhabismus
nennt, was sich vom Namen des Gründers dieser Denkschule, Mohammad Abdul
Wahhab, ableitet. Der Wahhabismus stammt von Abdul Wahhab, der plötzlich in
der Hidschas auftaucht, dem alten Namen Saudi-Arabiens, der übrigens eine
Fälschung ist. Saudi-Arabien ist ein falscher Name für das Land, denn mit
„Saudi“ ist Al-Saud, das Haus Saud gemeint - es ist also so, als würden Sie
Ihr Land umbenennen in die „Vereinigten Staaten von Obama“. [Lachen.] So hat
diese Familie den Namen des Landes gestohlen und dieses Land so umgestaltet,
wie es ihren radikalen Zielen entsprach. Das geschah gegen Ende des 18.
Jahrhunderts.
Das Komische daran ist, daß diese Denkschule damals vom britischen
Geheimdienst ermöglicht, aufgebaut und gefördert wurde. Es war also der
britische Geheimdienst, der diese radikale Bewegung innerhalb des Islam
möglich machte - natürlich in voller Absicht, Sie wissen, wie die Briten sind.
Bei ihnen gibt es nichts geschenkt. [Lachen.]
Schon bald, 1815, griff dieser verrückte Kerl nach Damaskus und nach
Karbala im Irak. In Karbala griff er die Schreine der schiitischen Muslime an,
und in Damaskus versuchte er, die Stadt zu erobern, aber die Syrer hielten ihn
auf und besiegten ihn an den Mauern von Damaskus. Daraufhin zog er sich zurück
und ging wieder dahin, von wo er gekommen war.
Ich schildere Ihnen diesen Hintergrund, um Ihnen zu zeigen, daß diese
verrückte Bewegung nichts Neues ist. Es gibt sie schon seit Jahrhunderten, zum
Teil beschützt von den Briten, dann von den Amerikanern. Sie tun das nicht,
weil sie ihnen gefällt, sondern weil deren Wahnsinn in ihre außenpolitischen
Pläne paßt.
Bild: Wikimedia Commons/ Disdero/cc-by-sa
Der Schrein Johannes des Täufers in der Umayyaden-Moschee in Damaskus
verkörpert den Frieden zwischen den Religionen, der vor dem Krieg in Syrien
herrschte.
Manipulation des Islam
Beim Islam geht es nicht um Saudi-Arabien. In der größten Moschee in
Damaskus, sie heißt Umayyaden-Moschee, befindet sich in der Mitte, im Herzen
der Moschee - der größten und wichtigsten in Syrien - der Schrein Johannes des
Täufers. Das Grab Johannes des Täufers ist mitten in der Moschee, wo sowohl
Muslime als auch Christen das Grab besuchen und ihre Gebete sprechen.
Senator Black hat ihnen über den Mufti von Syrien berichtet, diesen
wundervollen Menschen. Können Sie es glauben, daß sein wichtigster politischer
Berater ein Christ ist? Der politische Berater des Mufti ist ein Christ. Das
gibt es nur in Syrien! Deshalb sind wir äußerst stolz auf unseren
Säkularismus. Wir sind stolz darauf, wer wird sind, seien wir Muslime oder
Christen, aber wir sind nicht bereit, so verrückt zu werden wie die Saudis.
Und wir teilen in keiner Weise ihr Religionsverständnis.
Übrigens haben IS und all die anderen fanatischen Gruppen, die in Syrien
und im Irak agieren, die Knaben, Frauen und Mädchen die Köpfe abschneiden,
diese Methode der Enthauptung mit dem Schwert von den Wahhabiten geerbt. Heute
noch, meine Damen und Herren, werden in Saudi-Arabien nach dem Freitagsgebet
Menschen auf öffentlichen Plätzen enthauptet. Heute noch! Das ist nicht nur
IS. In Saudi-Arabien selbst enthaupten sie jeden Freitag nach dem Gebet
Menschen öffentlich mit dem Schwert. Das ist also nichts Neues, das ist nicht
IS. IS sind keine Neulinge, IS existiert seit Jahrhunderten, verkörpert durch
die Saudis. Und deshalb schützt man sie und verteidigt sie und schickt ihnen
Geld und Waffen.
Die meisten von uns hatten nach dem 11. September, diesem schwarzen Tag,
gedacht, es werde eine einheitliche Haltung gegen den Terrorismus geben. Wir
waren damals alle optimistisch, Sie erinnern sich, daß wir endlich gemeinsam
den Terrorismus bekämpfen würden. Und daß alle Nationen gemeinsam gegen die
Terroristen und ihre Unterstützer, ihre Geldgeber und ihre geistigen Anführer
kämpfen würden.
Leider folgte als nächstes die Invasion des Irak. Aber wenn die Saudis die
Zwillingstürme in New York angreifen, warum sollte man dann gegen den Irak
vorgehen? Wenn der wesentliche Grund die Rache für die Ereignisse des 11.
September war - und wir alle wissen und wußten schon damals, daß es ein
saudisches Komplott war! Warum dann den Irak angreifen? Der Irak ist ein
weltliches Land, wie Syrien. Syrien, Irak und Algerien sind die einzigen drei
weltlichen Regierungen in der arabischen Welt! Der Irak ist jetzt weg vom
Fenster - der Irak ist zum Tummelplatz des internationalen Terrorismus
geworden, nachdem George Bush die Freiheit dorthin brachte. [Lachen.]
Algerien kennen Sie. Algerien hatte seine Prüfung schon vor uns, Anfang der
90er Jahre. Sie schickten ihnen einen frühen Arabischen Frühling, aber er
wurde besiegt, Gott sei Dank! Nun bleibt nur noch Syrien. Es gibt nur noch
Syrien, und seit kurzem Ägypten, seit Mursi, der zur gleichen Familie der
radikalen Bewegung im Islam gehört, verjagt wurde. Es geht nicht um den Islam,
sondern um radikale Bewegungen, die vorgeben, behaupten und den Anschein
erwecken, sie stünden für den Islam. Aber das tun sie nicht.
Der Islam ist leichte Beute und ein gutes Geschäft für Manipulation
geworden. Eine sehr leichte Beute für Manipulation! Jedermann zieht billig
seinen Vorteil aus dem Islam, und wir werden versuchen, zu erklären, warum. Es
geht nicht um Politik. Sie haben genug von der Politik. Ich habe auch genug
von der Politik. Es geht um geopolitische Dimensionen, Rivalitäten,
Konkurrenz, Vorherrschaft.
Wie gesagt, als nächstes kam leider die Invasion des Irak, unter dem
gleichen Vorwand der Bekämpfung des Terrorismus. Das war das Komische an der
ganzen Geschichte: als George Bush im Irak einmarschierte, sagte er, er tue
das im Kampf gegen den Terrorismus. Und um die angeblichen, tatsächlich nicht
vorhandenen Massenvernichtungswaffen zu vernichten - noch eine Lüge. Sie
wissen das.
Ich möchte Ihnen diese Geschichte erzählen. Ich bin selbst Augenzeuge
gewesen: Ich arbeite bei der UNO und ich weiß, wovon ich spreche, denn ich bin
dagewesen. Das ist eine Geschichte, die Sie in den etablierten Medien nie
gehört haben, wie schon Senator Black sagte.
Fahrende Terroristen
Nach der Irakinvasion entsandten die Vereinten Nationen damals auf Drängen
von Tony Blair und George Bush eine sogenannte Untersuchungskommission namens
UNSCOM, unter der Leitung eines Schweden, Hans Blix, einem Wissenschaftler,
der im Irak die Massenvernichtungswaffen finden sollte. Der Zweck bestand
darin, der internationalen Gemeinschaft zu zeigen, daß die Irakinvasion reale
Gründe hatte. Es mußte Massenvernichtungswaffen im Irak geben und wir müssen
sie finden und der internationalen Gemeinschaft vorführen. Deshalb bildete man
diese Untersuchungskommission und schickte sie in den Irak.
Wenn ich sage „Kommission“, dann sind damit Hunderte von Leuten gemeint,
die alle von der irakischen Regierung bezahlt wurden, aus den irakischen
Guthaben, die die Vereinten Nationen eingefroren hatten. Die Aktivitäten
dieser Kommission kosteten mehrere Milliarden Dollar, auf Kosten des
irakischen Volkes. Die Kommission verbrauchte dieses Geld von 2003 oder sogar
von noch früher bis 2008. 2008 standen sie kurz davor, die Sache azuschließen,
weil die Lüge einfach so groß wurde, daß sie nicht mehr zu schlucken war.
Also versammelte man sich im Sicherheitsrat und ersuchte die Kommission,
ihren Abschlußbericht vorzulegen. Und der Witz bei der Sache ist, daß in
diesem Abschlußbericht nicht der kleinste Hinweis darauf ist, daß der Irak
irgendwelche Massenvernichtungswaffen hatte. Aber das durfte die Kommission
nicht sagen: „Tut uns leid, Gentlemen Sicherheitsratsmitglieder, wir haben im
Irak nichts gefunden.“ Das würde der Propaganda zuwiderlaufen, die George Bush
und Tony Blair zu der Zeit in den Mainstream-Medien verbreiteten.
Alle im Sicherheitsrat standen unter Druck. Sie mußten die Sache
abschließen. Es wurde zu teuer und es war an der Zeit, die ganze Sache zu
beenden. Was sollte man tun?
Es gab ein Sicherheitsratstreffen um Mitternacht. Um Mitternacht! Niemand
war da, außer den 15 Mitgliedern des Sicherheitsrats. Nach wenigen Minuten
beendete der Präsident das Treffen und sagte: „Wir unterstützen den Bericht
der Kommission.“ Sonst nichts. Es wurde nicht gesagt, ob sie etwas gefunden
hatten oder nicht. Das Thema wurde begraben.
Aber was sollte man mit den Archiven der Kommission machen? Diese Archive
sind ein großer Skandal. Der Rat entschied - hören Sie gut zu, meine Damen und
Herren -, sämtliche Archive in feuersicheren Eisenbehältern aufzubewahren, mit
einem Schloß, das mit einem digitalen Code gesichert ist, und nur der
UN-Generalsekretär kennt den Code.
Das ist das erste. Das zweite ist: Diese verschlossenen Behälter werden
erst in 60 Jahren geöffnet. [Murren.] Ich bin sicher, daß Sie diese Geschichte
noch nie gehört haben. Niemand wird Ihnen das erzählen, aber so ist es
gewesen. Auf diese Weise wurde die Untersuchung über die Gründe für die
Irakinvasion begraben. Und keiner von uns in diesem Saal kann 60 Jahre warten,
um diese große Lüge aufzudecken, die es damals gab. Es wird zu spät sein, die
Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Es wird dann keinen George Bush
und keinen Tony Blair mehr geben.
Bleiben werden drei Millionen getötete Iraker, eine Million irakische
Witwen, Millionen elternlose Iraker, Millionen irakische Flüchtlinge in aller
Welt. Und ganz Irak ist zerstört.
Dazu sind mehrere hundert Milliarden Dollar an irakischen Guthaben
im Ausland weg. Sie haben sich in Luft aufgelöst. Genauso wie die 800 Mio.$ in
Libyen. Niemand weiß, wo das Geld geblieben ist. Und das ist nur Libyen.
Das Resultat der Irakinvasion war, wie gesagt, Millionen tote Zivilisten,
eine zerstörte Infrastruktur und ein gescheiterter Staat. Und noch wichtiger,
der Irak verwandelte sich in ein Drehkreuz des internationalen
Dschihad-Terrorismus. Ich sage das, weil alle sogenannten IS-Leute in den
amerikanischen Gefängnissen im Irak herangezüchtet wurden. Alle. Sie wurden
von den amerikanischen Soldaten im Irak bewacht. Die kannten sie also, sie
wußten, wie gefährlich sie waren, und sie haben nichts dagegen getan.
Warum? Weil Herr Bremer [der Chef der US-Besatzungsverwaltung] darauf
bestand, den Irak entlang von Konfessionen, Religionen bzw. Glaubensrichtungen
zu trennen. Die Iraker lebten seit Jahrtausenden Seite an Seite, bis Herr
Bremer kam, und mußten feststellen, daß sie nicht so weiterleben sollten. Man
mußte das Land teilen, einen Teil gibt man den Sunniten, einen anderen den
Schiiten, noch einen den Kurden, wieder einen anderen den Assyrern usw. usw.
Läuft das nicht darauf hinaus, den Irakern das Gefühl zu geben, sie seien
übertölpelt und dumm gewesen, als sie Jahrtausende lang zusammen lebten, bevor
Bremer kam?
Heute, nach sechs Jahren, leidet mein Land, Syrien, immer noch unter dem
brutalsten terroristischen Krieg in der neueren Menschheitsgeschichte. Dieser
beispiellose barbarische Krieg spiegelt die bittere Tatsache wider, daß der
Terrorismus immer noch gefördert wird, mit sicheren Zufluchtsorten,
Geldmitteln, durch Unterstützung einiger bekannter Regierungen und der Zunahme
terroristischer Ideologien und Unterschlüpfen in aller Welt.
Warum sage ich das? Weil es nicht so einfach für einen Terroristen wäre,
z.B. ein Flugzeug von Sydney in Australien zu nehmen, dreimal umzusteigen,
fünf Visen zu bekommen - für Thailand, Indonesien, Kambodscha, was auch immer,
um dann am Flughafen von Istanbul in der Türkei anzukommen. Dort wird er von
einer Personengruppe empfangen und dann zu türkisch-syrischen Grenze
begleitet. Dann gibt ihm jemand Geld und Waffen und ermöglicht ihm die
Einreise nach Syrien.
Das war kein Tourist. Das war ein bekannter Terrorist, über den die
australischen Behörden Bescheid wußten, bevor er das Land verließ!
Leider gibt es im Westen Leute und Regierungen, die auf diese Strategie
setzen: „Wir haben allerlei Gelump in unserer Gesellschaft - laßt es uns nach
Syrien exportieren. Wir können diesen menschlichen Müll loswerden, indem wir
ihn nach Syrien und Irak schicken, wo sie Syrer töten werden und
wahrscheinlich auch selbst von den Syrer getötet werden. Aber am Ende werden
wir sie los sein, die sind nur eine Last für unsere Gesellschaft.“
Das Problem fing an, als diese Terroristen nicht nur Syrer und Iraker
töteten, sondern einige von ihnen es sich anders überlegten und zurück wollten
nach Australien, Belgien, Paris, London, Deutschland, den USA, Kanada. Und das
war ein großes Problem, denn das war nun ein ganz anderes Szenario. Das Gelump
sollte nicht wiederkommen, war zuerst die Überlegung gewesen. Aber einige
kamen wieder. Und die westliche Demokratie kann sie nicht daran hindern.
Was war also die Lösung? Die Lösung ist, so entschieden der britische und
australische Premierminister, der belgische Ministerpräsident und der
französische Präsident, diesen Leuten die Staatsbürgerschaft wegzunehmen, wenn
sie es wagen sollten, zurückzukommen.
Was heißt das? Es heißt: Leute, macht weiter, tötet Syrer solange, bis ihr
selbst getötet werdet. Aber denkt nicht im Traum daran, zurückzukommen. Und
das ist nun die Lage in Syrien. Diese Gelump kann nicht dorthin zurück, wo es
herkam, weil es sein Recht auf Staatsbürgerschaft verloren hat.
Bedenken Sie, daß diese Regierungschefs, die ich aufgezählt habe, nicht
etwa erklärten, daß diese Terroristen, wenn sie zurückkommen, vor Gericht
gestellt würden. Das haben sie nicht gesagt. Sie sagten nicht: Wir werden sie
zur Rechenschaft ziehen. Sie sagten nicht: Sie müssen sich für ihre Taten
verantworten. Sie sagten also nicht, daß diese Leute Terroristen sind. Sie
sagten: Wenn ihr zurückkommt, nehmen wir euch die Staatsbürgerschaft weg. Das
heißt auf gut Deutsch: Du bist ein guter Terrorist. Solange du weiter nur
Syrer tötest, bist du ein guter Terrorist. Aber wenn du daran denkst,
zurückzukommen nach Paris, Brüssel, Sydney, was immer, dann wirst du ein böser
Terrorist sein.
Als ich gestern Ihre Einladung zu dieser wundervollen Veranstaltung las,
hielt ich bei vielen edlen Gedanken inne, besonders die über eine bessere
Zukunft für unsere Nationen, ohne Kriege und Konflikte, und ganz besonders die
Worte Friedrich Schillers, dem Ideengeber des Schiller-Instituts, ich zitiere
ihn: „Zu was Besserm sind wir geboren.“
Leider ist das, was in meinem Land Syrien heute geschieht, das genaue
Gegenteil dieser großen menschlichen Prinzipien. Die Menschen in Syrien leiden
noch in diesem Augenblick unter Terrorismus, der von Regimes wohlbekannter
Länder unterstützt wird, wie Katar, Türkei, Frankreich und die
Wahhabiten-Familie Saudi-Arabiens. Ich brauche Sie hier ja nicht an die
wesentliche Rolle des saudischen Königshauses bei der Unterstützung und
Finanzierung der Terroristen zu erinnern, die das barbarische Verbrechen des
11. September begingen, worüber ich eingangs sprach. Dabei vergesse man nicht
die gefährliche Rolle ihrer Steinzeit-Geistlichen, die immer noch Terroristen
in aller Welt Dschihad-Ideen und Haß auf andere Religionen und Ethnien
einflößen.
Erfahrung in Indonesien
Noch eine Geschichte - Entschuldigung, ich bin ein Geschichtenerzähler. Ich
war Botschafter meines Landes in Indonesien, dem größten muslimischen Land der
Welt - 235 Millionen Muslime in einem Land. Aber dieses Land besteht aus
17.000 Inseln, deshalb spricht man vom Malaiischen Archipel. Es ist keine
Insel, sondern ein Archipel, eine riesige Zahl von Inseln.
Die Geschichte geht wie folgt - ich habe sie Senator Black schon während
eines unserer Treffen erzählt: Bis zu meiner Ankunft in Djakarta war ich
überrascht, daß jeden Freitag nach dem Gebet sich Tausende Mädchen und junge
Frauen vor der saudischen Botschaft in Djakarta versammelten. Ich fragte den
saudischen Botschafter: „Was geht da vor sich, Herr Botschafter? Warum
versammeln sich alle diese Menschen vor ihrer Botschaft?“
Er antwortete: „Wissen Sie, Herr Botschafter, diese Menschen bereiten mir
tatsächlich jeden Freitag Kopfschmerzen. Da versammeln sie alle diese
schwangeren Frauen und rufen Slogans und fordern in ihrer lokalen Sprache ihre
Rechte.“ Zunächst wußte ich nicht, was er meinte. Tatsächlich waren alle diese
Frauen Opfer in der folgenden Weise: Es gibt saudische Geschäftsleute und
Geistliche, die für kurze Zeit für Geschäfte nach Indonesien kommen. Sie
bleiben vielleicht 20 Tage, maximal einen Monat. Und weil sie so hochreligiös
sind, brauchen sie unbedingt Sex mit Frauen. Wie können sie das anstellen? Sie
gehen in die kleinen indonesischen Dörfer, wo die Menschen sehr arm sind -
sehr arme, aber ehrliche Leute -, und sie heiraten Mädchen, die erst 12 oder
13 Jahre alt sind, und das Brautgeld sind nur hundert Dollar. Also geben sie
dem Vater hundert Dollar und der Vater gibt ihnen das Mädchen, in dem Glauben,
es sei etwas besonders Ehrenvolles, seine Tochter mit jemandem aus dem
heiligen Land des Islam zu verheiraten.
Der Kerl benutzt das Mädchen zwei, drei Wochen lang, und vor der Rückfahrt
läßt er sich wieder scheiden, weil er keinen Nutzen mehr von ihr hat.
Das Mädchen stellt dann fest, daß es schwanger ist. Nach neun Monaten
bringt sie ein Kind zur Welt, aber das Kind hat keinen Vater. Es gibt keine
Papiere, keine Identität, sie kann das Kind nicht melden. Jedes Jahr kommen
Tausende junge Indonesierinnen in diese Lage.
Ich sprach mit dem Botschafter: „Sie sollten etwas tun. Das schadet ihrem
Image.“ Er antwortete mir: „Wissen Sie, Baschar, ich habe an meiner Botschaft
einen sogenannten Religionsattaché“ - einen Mann, der für religiöse
Angelegenheiten zuständig ist, vergleichbar mit dem Wirtschaftsattaché,
Kulturattaché, Militärattaché, dort haben sie auch einen „Religionsattaché“.
„Und dieser Religionsattaché hat mehr Macht als ich!“ Das sagte er wörtlich.
„Ich kann nichts machen. Ich bin der Botschafter, aber ich kann nichts gegen
diesen Aderlaß tun.“ Das war 1999.
Zu dieser Zeit gab das saudische Regime 3 Mrd.$ aus, um in Indonesien
wahhabitische Imame auszubilden. 3 Mrd.$ jährlich, um in den kleinen Dörfern
indonesische wahhabitische Imame auszubilden. Das ist der Grund, warum es
heute leider in Südwestasien genauso ISIS gibt wie im Nahen Osten. Sie haben
es dort genauso. Sie verübten den Anschlag von Bali, Sie erinnern sich
vielleicht, und die Anschlagserie auf die Fünf-Sterne-Hotels in Djakarta. Das
sind die Saudis.
Ich bin selbst Muslim, und ich bin stolz, Muslim zu sein, aber mit diesem
Dreck verbindet mich rein gar nichts.
Wir setzen einige Hoffnungen in das Gesetz, das gestern im
Repräsentantenhaus beschlossen wurde und vorher schon im Senat beschlossen
wurde, das es den Angehörigen der Opfer des 11. September erlaubt, das
Königshaus zu verklagen - „saudisches Königshaus“ wie in „Saudi-Arabien“.
[Lachen.] Vor amerikanischen Gerichten. Sie kennen dieses Königshaus und
wissen, was es in den Hotels in Kalifornien und New York anstellt.
Wir hoffen, daß das ein Kurswechsel in der amerikanischen Außenpolitik sein
wird, in Bezug auf den Kampf gegen den internationalen Terrorismus und die
Rechenschaft der Verantwortlichen. Darüber hinaus geht dieser Terrorkrieg
gegen Syrien mit einer Politik westlicher Staaten einher, allen voran der
US-Regierung und Britannien, die ständig das Völkerrecht und die Charta der
Vereinten Nationen verletzen, indem sie den Souverän des Landes mißachten und
gegen den Willen und die Interessen des syrischen Volkes handeln.
Senator Black hat dieses Thema zur Genüge dargelegt, ich möchte nur noch
folgendes hinzufügen: Seit Beginn der syrischen Krise, 2011, hat der
Sicherheitsrat 16 Resolutionen zu Syrien unterstützt und angenommen. Alle
diese Resolutionen beginnen im ersten Absatz der Präambel mit diesem Satz:
„Der Sicherheitsrat bekräftigt erneut die syrische Souveränität, die
territoriale Einheit Syriens, die politische Unabhängigkeit Syriens, das
Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten Syriens...“ Alle
diese wunderschön klingenden Worte stehen im ersten Absatz jeder einzelnen
Resolution! Und wer verletzt diese heiligen Prinzipien? Dieselben, die für die
Resolution stimmen! Dieselben einflußreichen Leute im Sicherheitsrat sind
diejenigen, die diese schönen Formulierungen mit Füßen treten.
Dubiose Machenschaften um Chemiewaffen
Bild: UN/Jean-Marc Ferré
Botschafter Dschaafari mit dem Sondergesandten der UN für den Syrien-Konflikt,
Staffan de Mistura.
Noch eine Geschichte. Ich erzähle in meinen Treffen immer Geschichten.
Einmal, in Genf, als ich bei den innersyrischen Gesprächen mit dem
Sondergesandten de Mistura die syrische Delegation leitete, nannte er mich
einen Geschichtenerzähler. Diese Geschichte geht wie folgt – und sie ist sehr,
sehr wichtig.
Ich werde sie chronologisch erzählen, damit sie die Botschaft verstehen. Es
war im Oktober 2012, also fünf Monate vor irgendwelchen Giftgaseinsätzen in
Syrien. Der erste Giftgasangriff fand im März 2013 in Khan al-Assal statt,
einer kleinen Vorstadt von Aleppo. Ich spreche also vom Oktober 2012, fünf
Monate vor dem ersten Chemieangriff in Khan al-Assal bei Aleppo: Einige von
denen, die gewöhnlich „Aktivisten der syrischen Opposition“ genannt werden,
gründeten und richteten in der Türkei ein Büro ein, das nannten sie „Büro zur
Dokumentation des Einsatzes chemischer Waffen“. Dieses Büro erfanden sie und
richteten es ein, fünf Monate, bevor es in Syrien irgend etwas im
Zusammenhang mit Chemiewaffen gab. Und plötzlich gab die OPCW, die
Organisation für das Verbot chemischer Waffen, die ihren Sitz in Den Haag in
den Niederlanden hat, diesem Nichtregierungszentrum eine beratende Funktion
zur OPCW. Sie ließen das Zentrum, das Büro einer Nichtregierungsorganisation,
als beratendes Gremium der OPCW in Chemiefragen zu.
Wir verstanden nicht, warum die das taten, denn wir rechneten nicht damit,
daß fünf Monate später so etwas passieren würde. Fünf Monate später griffen
sie Khan al-Assal in Aleppo mit Giftgas an und töteten dabei 18 syrische
Soldaten. CNN verlor natürlich kein Wort darüber. Aber 18 syrische
Soldaten erstickten bei diesem Angriff.
Al-Dschasira, der Sender aus Katar, verbreitete sofort das Gerücht,
die syrische Armee hätte Giftgas eingesetzt. Die syrische Armee hätte sich
selbst mit Giftgas angegriffen und 18 ihrer Soldaten vergiftet.
Gleichzeitig fand eine Reihe ähnlicher Angriffe in Syrien statt. Ich habe
die Namen der Orte; sie werden Ihnen nichts sagen, deshalb will ich hier nicht
in die Details gehen. Carla del Ponte, die Dame aus der Schweiz, die Mitglied
der Unabhängigen Untersuchungskommission der Vereinten Nationen zu Syrien war,
sagte, es seien die bewaffneten Oppositionsgruppen gewesen, die in dem Angriff
auf die Stadt Khan al-Assal in Aleppo die Chemiewaffen einsetzten. Das hat
diese Dame gesagt, und sie wurde sofort entlassen.
Dann kommen wir zur Geschichte der „roten Linie“ – Präsident Obamas rote
Linie.
Es war so, daß ich nach dem Angriff auf Khan al-Assal noch am selben Tag
Instruktionen dazu erhielt, und acht Stunden nach dem Vorfall suchte ich das
Büro des Generalsekretärs der Vereinten Nationen Ban Ki-Moon auf. Ich bat ihn
darum, der syrischen Regierung dabei zu helfen, a) zu verifizieren, ob in Khan
Al-Assal tatsächlich chemische Waffen eingesetzt wurden oder nicht, und b) die
Täter zu identifizieren. Darum habe ich Ban Ki-Moon an dem Tag ersucht.
Der Mann war sehr höflich, Sie kennen ihn. Er bat mich um etwas Zeit, um
mit den „Guten“ im Sicherheitsrat Rücksprache zu halten. Er besprach sich mit
den Guten und kam zwei oder drei Stunden später zurück, um mir folgendes zu
sagen: „Herr Botschafter, sagen Sie Ihrer Regierung, daß ich Ihrem Land bei
einer Verifizierung helfen werde, um zu beweisen, ob in Aleppo chemische
Waffen eingesetzt wurden oder nicht. Aber ich kann Ihnen leider nicht dabei
helfen, die Täter zu identifizieren.“
Er wußte vom ersten Tag an, wer es gewesen war. Aber sie wollten die
Identität der Täter nicht offenlegen.
Wir sagten: „Ja, wissen Sie was, Herr Generalsekretär, helfen sie uns
dabei, zu verifizieren, ob Chemiewaffen eingesetzt wurden oder nicht.“ Er
brauchte vier Monate und elf Tage, um uns ein Ermittlerteam zu
schicken, geleitet von einem bekannten schwedischen Wissenschaftler namens Dr.
Sellström. Er und der Sicherheitsrat brauchten ganze vier Monate und elf Tage,
um ein Team zu entsenden, das untersuchen sollte, ob in Aleppo Chemiewaffen
eingesetzt wurden. Sie wissen, daß solche Waffen verdunsten. Nach ein paar
Tagen kann man sie nicht mehr nachweisen, sie sind weg.
Noch wichtiger, nach vier Monaten und elf Tagen war Dr. Sellström in
Damaskus, und Präsident Obama hielt seine Rede, in der er die „rote Linie“
zog, am 20. August. Dr. Sellström war genau zu der Zeit in Damaskus, auf dem
Weg nach Aleppo, um zu untersuchen, was in Khan al-Assal geschehen war. Er
stand noch vor dem Eingang zum Hotel in Damaskus und wollte gerade in seinen
Wagen steigen. Da hörten wir plötzlich von einem anderen Chemieangriff in
Vororten von Damaskus. Zufällig geschieht plötzlich genau in dem Augenblick
ein anderer Chemieangriff in Vororten von Damaskus! Das diente dazu, die
Aufmerksamkeit von Khan al-Assal auf einen anderen Ort abzulenken. Denn
anfangs wollte niemand überhaupt untersuchen, was in Khan al-Assal geschehen
war. Und die beste Möglichkeit, die Aufmerksamkeit abzulenken, bestand darin,
an einem anderen Ort Aufmerksamkeit zu erregen!
Und wer hat das getan? Lesen Sie dazu zwei sehr bedeutende französische
Journalisten, Georges Malrunot und Christian Chesnot, die ein wichtiges Buch
über das Thema geschrieben haben, es heißt „Auf der Straße nach Damaskus: Wie
der Elysee-Palast Chemiewaffenberichte manipulierte“. In diesem Buch erklären
sie, hinter diesem Angriff habe der französische Außenminister Laurent Fabius
gesteckt. Es ist ein französisches Buch, aber CNN wird nie darüber
sprechen, es nie erwähnen. Sie werden in den Mainstream-Medien niemals etwas
über diese Dinge hören, weil sie bestätigen würden, daß unsere Aussagen
zutreffend sind.
Und ist es nicht ein Paradox, daß Obama am 20. August diese Warnung
ausspricht und seine rote Linie zieht, und dann finden zufällig einen Tag
später, am 21., Giftgasangriffe in den Vororten von Damaskus statt? Als würde
jemand sagen: „Herr Präsident, jetzt haben sie die Linie überschritten. Sie
müssen sie bestrafen. Sie müssen Präsident Assad töten! So wie Ihr Vorgänger
Saddam Hussein getötet hat.“ Ist das nicht seltsam? Würde die syrische
Regierung Chemiewaffen einsetzen, während Dr. Sellström in Damaskus ist? Was
denken Sie?
Ich bedaure, vielleicht habe ich zu lang geredet. Ich werde zusammenfassen:
Ich hatte Ihnen gesagt, ich könnte stundenlang darüber sprechen... [Lachen,
Applaus.] Ich danke Ihnen allen wirklich sehr dafür, mir diese Gelegenheit
gegeben zu haben, einige Inneneinsichten mit Ihnen zu teilen, über Dinge, von
denen Sie noch nie gehört hatten.
Ich versuche, als Botschafter meines Landes mein Bestes zu geben, um diese
Informationen den Medien mitzuteilen, die bei den Vereinten Nationen
akkreditiert sind. Aber wissen Sie was? Jedesmal, wenn ich in den Räumen neben
dem Sicherheitsrat das Wort ergreife, wo gewöhnlich zwischen 50 und 100
Reporter aus der ganzen Welt stehen, die als Journalisten und Reporter bei der
UNO akkreditiert sind - sobald ich anfange zu reden, verschwinden 50 davon
sofort. [Lachen.] Denn sie wollen nicht zuhören und sie wollen nicht darüber
berichten. Das Entscheidende für sie ist: Wenn sie zuhören würden, dann wären
sie mehr oder weniger verpflichtet, zu berichten. Deshalb ist die beste
Methode, die Berichterstattung zu vermeiden, es zu boykottieren und gar nicht
da zu sein.
Ich sage das, weil viel zuviel Leute, zu viele Botschafter bei den
Vereinten Nationen zu mir kommen und sagen: „Wissen Sie, Baschar, Sie haben
Recht. Ihre Regierung hat Recht. Wir kennen die Wahrheit, aber wir dürfen sie
nicht sagen. Sie können es, Gott segne Sie, aber wir dürfen sie nicht
sagen.“
Die Maske ist also gefallen. Die Wahrheit ist da. Wenn Sie ein wenig
graben, werden Sie auf Skandale stoßen, die hier bei den Vereinten Nationen
stattfinden. Das ist kein Ort, um Frieden und Sicherheit aufrechtzuerhalten,
es ist ein Ort, um Frieden und Sicherheit zu zertrümmern, um Gesellschaften zu
destabilisieren. Es ist leicht, sehr leicht, bei den Vereinten Nationen ein
Land zu vernichten.
Ich danke Ihnen vielmals. Ich hätte noch viel zu sagen, aber aus Respekt
vor dem Publikum möchte ich schließen und Ihnen danken. [Applaus.]
Erlauben Sie mir noch einmal, der LaRouche-Stiftung zu danken, meinen alten
Freunden in New York. Sie machen ihre Sache großartig! Ebenso natürlich dem
Schiller-Institut und diesem wunderbaren Publikum. Ich bin Ihnen dankbar. Es
tut mir leid, wenn ich überzogen habe. Gott segne Sie.
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