Projekt Phönix: Aleppo, die ewige Stadt
Für die Berliner Konferenz des Schiller-Instituts erstellte ein
Team des Schiller-Instituts in Zusammenarbeit mit syrischen Flüchtlingen,
darunter Architekten und Ingenieuren, eine Videodokumentation über das
„Phönix-Projekt“, ein Programm für den Wiederaufbau Syriens und Südwestasiens
durch den Anschluß an die Infrastrukturkorridore der Neuen Seidenstraße. Wir
dokumentieren den Text des Videos.
Im Jahr 1184 besuchte der berühmte arabisch-andalusische Geograph, Dichter
und Reisende Abdul Hasan Ibn Dschubeir aus dem spanischen Valencia Aleppo und
war von der Schönheit der Stadt überwältigt:
Die Zitadelle von Aleppo
„Die Stadt ist so alt wie die Ewigkeit, aber immer noch jung, und sie hat
nie aufgehört zu existieren. Ihre Tage und Nächte waren lang; sie überlebte
ihre Herrscher wie ihr einfaches Volk. Hier sind ihre Häuser und Wohnungen,
aber wo sind ihre früheren Bewohner und die Menschen, die sie besuchten? Hier
sind ihre Paläste und Hofgemächer, aber wo sind die Hamdaninen-Prinzen und
ihre Dichter? Sie sind alle gestorben, aber die Stadt ist noch da. Stadt der
Wunder! Sie überdauert. Ihre Könige stürzen und verschwinden, aber ihre
Zerstörung wurde nicht befohlen. Aleppo, möge Gott es schützen, ist eine große
berühmte Stadt..., besonderer Bewunderung würdig.“
Seit 2011 versuchen die Regierung Obama und das allgegenwärtige Britische
Empire, die syrische Nation zu zerstören, indem sie ihre regionalen Agenten
Saudi-Arabien, Türkei und Katar islamistische Terror- und Dschihadgruppen
finanzieren, bewaffnen und schützen lassen. Diese Gruppen schaffen im ganzen
Land Chaos, in dem bewußten Versuch, seine alten und vielfältigen sozialen und
kulturellen Strukturen zu zerstören und statt dessen ethnische und religiöse
Konflikte zu erzeugen.
Das Land, seine Armee und staatlichen Institutionen wehren sich und leisten
Widerstand, aber zu einem hohen Preis. Zwischen 200.000 und 400.000
Menschenleben wurden verloren, ebenso viele Menschen wurden schwer verletzt.
Viele Zivilisten sterben infolge der Kämpfe oder der westlichen
Wirtschaftssanktionen gegen Syrien am Mangel an Medikamenten, sauberem Wasser
oder Nahrung.
Lager für syrische Flüchtlinge in der Türkei
Die Delegation des Schiller-Instituts und des Syrisch-Schwedischen
Freundschaftskomitees im Gespräch mit der Generaldirektorin der Syrischen
Investitions-Agentur (SIA), Halal Ghazal.
Die arabische Ausgabe des EIR-Berichts über die Weltlandbrücke enthält auch
das „Phönix-Projekt“ zum Wiederaufbau Syriens.
Der Wiederaufbau Syriens wird entscheidend sein, um die Flüchtlingskrise,
die derzeit die ganze Region erfaßt, zu überwinden. Das Flüchtlingshilfswerk
der Vereinten Nationen (UNHCR) schätzt, daß Anfang Juni 2016 mehr als 4,8
Millionen syrische Flüchtlinge in den Nachbarländern Türkei, Jordanien, Irak,
Libanon und auch in Ägypten waren. Ende 2015 waren 6,4 Millionen Syrer
Binnenvertriebene, d.h. sie leben als Flüchtlinge in ihrem Land, die meisten
von ihnen suchen Schutz in den von der Regierung beherrschten Gebieten.
Die Menschen können nicht in ihre Städte und Dörfer zurückkehren, weil die
meisten Häuser ganz oder teilweise zerstört sind. Die Wasser-, Strom- und
Verkehrsinfrastruktur wird bei den Kämpfen ebenfalls angegriffen.
Landwirtschaft und Industrie liegen seit 2012 in vielen Teilen des Landes
brach.
Aleppo hat vor und nach Dschubeirs Zeit bis zum heutigen Augenblick viele
Höhen und Tiefen erlebt, es überstand große materielle Not und soziale Unruhen
und stand immer wieder auf, wie der Phönix aus der Asche. Syriens Volk und
Regierung haben im Angesicht der schwersten Krise in der Geschichte des Landes
diesen Geist bewahrt.
Im November 2015 reiste eine Delegation des Schiller-Instituts und des
Syrisch-Schwedischen Freundschaftskomitees für Demokratie nach Damaskus, um
dem kriegsverheerten Land humanitäre Hilfsgüter zu liefern, aber noch
wichtiger, um den höchsten Ebenen der syrischen Regierung das Phönix-Projekt
des Schiller-Instituts für Syriens Wiederaufbau vorzustellen. Ein Jahr später
wandten sich syrische Staatsvertreter an die Delegation, um die Sichtweise des
Schiller-Instituts zu diesem Thema zu erfahren.
Bestimmte Entwicklungen der vergangenen beiden Jahre sprechen dafür und
beweisen, daß die Intervention des Schiller-Instituts inhaltlich und zeitlich
genau richtig kam. Die Intervention der BRICS-Nationen im Jahr 2014 für die
grundlegende Veränderung der zerfallenden, destruktiven Weltordnung ist für
das syrische Volk ein wichtiger Anreiz, sich diesem Programm anzuschließen.
Doch erst das direkte militärische Eingreifen Rußlands zur Unterstützung der
syrischen Armee und der syrischen Bevölkerung im September 2015 schuf die
Voraussetzungen für eine ganz neue politische und strategische Geometrie im
Land und in der ganzen Region, die entweder hin zu Frieden in Syrien und ganz
Südwestasien führt oder, wenn das transatlantische System und die NATO dies
blockiert, in einem globalen Krieg und höchstwahrscheinlich einer
thermonuklearen Konfrontation enden kann.
Zusätzlich zur russischen Militärintervention wurde im Bereich der
Wirtschaft eine bedeutende Öffnung für Frieden und Entwicklung geschaffen, als
der chinesische Präsident Xi Jinping mit seinem Besuch in Ägypten,
Saudi-Arabien und Iran im Januar 2016 die Neue Seidenstraße nach Südwestasien
und der arabischen Welt brachte. Chinesische und russische Regierungsvertreter
besuchten Syrien und boten Hilfe beim Wiederaufbauprozeß an. Die Syrische
Investitionsbehörde kündigte im Januar 2016 an, daß sie im Laufe dieses Jahres
zusammen mit den BRICS-Nationen eine Wiederaufbaukonferenz veranstalten
wird.
Das Schiller-Institut und Executive Intelligence Review haben diese
Entwicklungen vorausgesehen, indem sie im November 2014 den Sonderbericht „Die
Neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke“ erstellten, der im September 2015
ins Chinesische und kürzlich ins Arabische, die Sprache der meisten Länder in
der Region, übersetzt wurde. Dieser Bericht präsentiert eine realistische und
dringend notwendige Vision des größten Friedens- und Entwicklungsprojekts der
Geschichte für die Verbindung der Kontinente und Nationen durch Handels- und
Entwicklungskorridore. Die Erweiterung der Neuen Seidenstraße ist der
Schlüssel zur Stabilisierung und Entwicklung der Region. Syrien kann ein
natürlicher Bestandteil dieser Erweiterung werden und sowohl von ihr
profitieren als auch zur ihrer Weiterentwicklung beitragen.
Das Phönix-Projekt
Das Projekt Phönix besteht aus zwei Hauptteilen: 1. wie der Wiederaufbau
finanziert wird, und 2. wie Syrien von der Anbindung an die Neue Seidenstraße
profitieren kann.
I. Die Finanzierung des Wiederaufbaus in Syrien
Mit Hilfe einer Kombination aus Hamiltonischer Kreditschöpfung im Inland
durch die Gründung einer nationalen Wiederaufbaubank sowie ausländischen
Exportkrediten und Direktinvestitionen, wie denen der Neuen Entwicklungsbank
der BRICS oder der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB), kann
Syrien ein umfassendes Wiederaufbau- und Entwicklungsprogramm entwerfen und
finanzieren, so wie es im Phönix-Projekt vorgesehen ist. Dazu sollte ein
Schnellprogramm für den Wohnungsbau und Dienstleistungen für die Millionen
zurückkehrenden Flüchtlinge gehören, deren Häuser, Schulen und Krankenhäuser
im Krieg zerstört wurden. Mit diesem Programm werden alle verfügbaren
Arbeitskräfte, Arbeitsmittel und Materialien eingesetzt.
Viele syrische Industrie- und Landwirtschaftsbetriebe wurden beschossen und
zerstört und müssen wieder aufgebaut werden. Die Erneuerung der
pharmazeutischen und petrochemischen Industrie ist strategisch äußerst
wichtig. Aus Mitteln der nationalen Wiederaufbank könnte man zeitlich
begrenzte Arbeitsbrigaden zur Mobilisierung der Arbeitslosen finanzieren; das
Pionierkorps der Armee könnte den Kern dieser Arbeitsbrigaden stellen. Diese
würden nicht nur alles bauen, was gebraucht wird, sondern dabei auch die
Arbeitslosen für qualifiziertere Arbeit ausbilden. Syrien hat fortgeschrittene
Technologien in Luftfahrt, Elektronik und Maschinenbau sowie eine moderne
chemische Industrie entwickelt, die alle ein großes Wachstumspotential haben
werden.
Das nationale Verkehrsnetz Syriens muß modernisiert werden und u.a.
Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnen einbeziehen, und die Verkehrswege müssen an
die transkontinentalen Routen vom Mittelmeer, dem Indischen Ozean, dem Roten
Meer, dem Kaspischen Meer und dem Schwarzen Meer angepaßt werden. Dies war
Präsident Baschar Assads Vision seiner „Strategie der fünf Meere“, die er 2009
ankündigte, bevor der Krieg ausbrach.
Die Strategie der Neuen Seidenstraße betrifft nicht nur den Verkehr. Zwei
internationale Entwicklungskorridore - einer in Ost-West- und einer in
Nord-Süd-Richtung - werden der alten Wegkreuzung Syrien langfristig Vitalität
und Wachstum bringen. Zu diesen Entwicklungskorridoren gehören neben
Eisenbahnen Pipelines, Wasserprojekte, Industriezonen, moderne Landwirtschaft
und neue Städte. Technik auf höchstem Niveau, wie Kernkraft zur
Meerwasserentsalzung und Ionisation der Atmosphäre zur Vermehrung von
Niederschlag, eröffnet eine großartige Gelegenheit, die Wüsten zu begrünen,
die Folgen von Sandstürmen abzuschwächen und in Zusammenarbeit mit
Nachbarländern enorme Wüstengebiete für Landwirtschaft und Besiedlung
zurückzugewinnen, um so Ressourcen maximal zu erschließen und zu nutzen.
II. Syrien und die Neue Seidenstraße
Syrien besitzt den Vorteil einer idealen Lage an der Schnittstelle dreier
Kontinente: Asien, Europa und Afrika. Zudem liegt es an den Handelsrouten
zwischen vielen wichtigen Meeren. Somit läßt es sich sowohl an die
Eurasisch-Afrikanische Landbrücke und den Wirtschaftsgürtel der Neuen
Seidenstraße als auch an die Maritime Seidenstraße anschließen.
Auszubauende Verkehrskorridore in Syrien im Kontext Südwestasiens zwischen
den „fünf Meeren“ (Rotes Meer, Mittelmeer, Schwarzes Meer, Kaspisches Meer,
Golf von Persien).
1. Eine der Hauptrouten der Neuen Seidenstraße verläuft von China durch
Zentralasien und den Iran und weiter zur Türkei und nach Kontinentaleuropa. Es
gibt aber auch Pläne für eine iranische Erweiterung nach Westen in den Irak
und weiter entlang Tigris und Euphrat nach Syrien. Die Abzweigung am Euphrat
kann auch mit der Maritimen Seidenstraße verbunden werden, über Häfen am
Persischen Golf wie Basra im Süden des Irak und nordwestlich nach Deir Ezzor,
Rakka und der alten Handelsmetropole Aleppo. Gegenwärtig existiert eine
Bahnstrecke entlang des Euphrat im Irak, und in Syrien verläuft eine Bahn
südöstlich von Aleppo bis Deir Ezzor am Euphrat, 150 km von Abu Kamal an der
irakischen Grenze. Dies ist eine der wichtigsten Verbindungen zur
Ost-West-Hauptstrecke durch Bagdad und Teheran nach Zentralasien und
China.
Die alte Seidenstraße entlang des Euphrat von Basra am Persischen Golf
reicht bis nach Syrien und zur Bahnverbindung nach Europa durch die Türkei.
Diese Route wird es ermöglichen, die zerstörten Industriegebiete Rakkas und
Aleppos wiederzubeleben. Eine solche, in Kooperation mit dem Irak gebaute
Euphrat-Bahn wäre ein großer Schritt hin zur regionalen Integration und zu
einem Entwicklungskorridor, der sich vom Persischen Golf, dem Arabischen Meer
und dem Indischen Ozean bis zum östlichen Mittelmeer und Südeuropa
erstreckt.
Mit einer Bahnverbindung nach Teheran hätte Syrien als nächsten Schritt in
der Strategie der „Fünf Meere“ auch Zugang zur Region des Kaspischen Meers.
Der Transport durch den sog. Nord-Süd-Korridor vom russischen St. Petersburg
zum iranischen Hafen Bandar Abbas in der Nähe des Eingangs zum Persischen Golf
und auch dem Hafen von Tschabahar an der Küste des Arabischen Meeres wird per
Schiff über das Kaspische Meer und per Bahn entlang seiner Ost- und Westküste
verlaufen. Sie werden alle zu Verbindungslinien für Syrien werden.
Wie die alte Seidenstraße werden all diese Handelswege über Aleppo nach
Syrien reichen. Aus dieser Stadt wird der Südost-Nordwest
„Euphrat-Entwicklungskorridor“ nach Südwesten in die verheerte Region Idlib
und weiter nach Latakia am Mittelmeer verlaufen, dessen Hafen ausgebaut werden
muß.
Ein weiterer Schritt zur Wiederöffnung der alten Ost-West-Seidenstraßenwege
wird darin bestehen, eine 200 km lange Bahnstrecke von Deir Ezzor südwestlich
nach Palmyra zu bauen, der legendären Seidenstraßenstadt, in der vor dem Krieg
jährliche Seidenstraßenfestivals gefeiert wurden. Dieses fehlende Bindeglied
wird dann direkten Bahnverkehr von Teheran und Bagdad durch diese syrischen
Städte und in die gleiche Richtung weiter nach Damaskus und Beirut
ermöglichen.
2. Ein direkter Landverkehrskorridor kann Syrien mit der sich dynamisch
entwickelnden Wirtschaft Ägyptens verbinden, indem man die historische
Nord-Süd-Route in Westsyrien erneuert, die auch als Hedschas-Bahn aus der
Türkei bekannt ist; sie verläuft von Aleppo südlich nach Damaskus und weiter
nach Amman in Jordanien. Syriens Austausch mit den riesigen geplanten
ägyptischen Industriezonen am Neuen Suezkanal wird durch die Bahnverbindung
von Kairo zum Golf von Akaba, durch den Norden der Halbinsel Sinai und nach
Amman starken Auftrieb erhalten. Darüber hinaus haben Ägypten und
Saudi-Arabien im April 2016 vereinbart, eine Landbrücke über die Straße von
Tiran zum Süden des Sinai und nördlich über die Suezkanalzone nach Kairo zu
schaffen. Die alte Hedschas-Bahn Istanbul-Aleppo-Damaskus-Amman und weiter
nach Saudi-Arabien und Jemen an der Südspitze der Arabischen Halbinsel kann
als Hochgeschwindigkeitsbahn neu aufgebaut werden. Syrien und das östliche
Mittelmeer und Asien werden dann über diese transkontinentale Landbrücke über
das Rote Meer mit Afrika verbunden sein.
Lyndon LaRouches „Oasenplan“ für den Nahen Osten, der erstmals in den 70er
Jahren in EIR erschien und 1990, als der erste Golfkrieg drohte, wieder
aufgegriffen wurde, sah einen Nord-Süd-Entwicklungskorridor von der Türkei
nach Ägypten und damit dem afrikanischen Kontinent vor. Die Streckenführung
sollte über Damaskus, die syrischen Golanhöhen nach Israel und den
Palästinensergebieten im Westjordanland und Gaza gehen und durch den Sinai
Ägypten erreichen. Das war die richtige Grundlage für einen dauerhaften
Friedensprozeß.
3. Die Region des Schwarzen Meers wird mit Syrien über Istanbul und die
türkische Hafenstadt Samsun an der Südküste des Schwarzen Meers verbunden sei.
Istanbul ist auch der Zielort der neuen Viking-Bahn vom litauischen
Ostseehafen Klaipeda, einer zukünftigen Handelsroute von der Ostseeregion mit
Schweden nach Süden bis Syrien. Auf diese Weise werden auch Rußland und die
Kaukasusregion näher an Syrien und ganz Südwestasien heranrücken.
4. Seit der Eröffnung des Neuen Suezkanals in Ägypten 2015 können größte
Schiffe Güter von China und Indien über die Maritime Seidenstraße zum
Mittelmeer transportieren, dazu werden die Hafenkapazitäten am Kanal
erweitert. Hochgeschwindigkeitsbahnen werden durch Italien und den Balkan
nördlich nach Mitteleuropa führen. China ist beteiligt an der Planung eines
neuen Kanals durch den Balkan, vom griechischen Thessaloniki über die Flüsse
Axios/Vardar und Morava bis zur Anbindung an Europas große Transportarterie,
die Donau, bei Belgrad. Die Donau ist bereits mit dem dichten
Handelsschiffsverkehr auf dem Rhein in Deutschland verbunden. Frachtverkehr
und Reisen nach Syrien werden dann über diesen Kanal und die griechischen und
italienischen Häfen möglich sein, wenn die syrischen Mittelmeerhäfen Tartus
und Latakia ausgebaut werden.
Syrien war vor dem Krieg kein reiches Land, genoß aber einen relativ guten
Lebensstandard und kostenlose Bildung und Gesundheitsversorgung. Aleppo, ein
wichtiges Kultur- und Wissenschaftszentrum in der Islamischen Renaissance vom
9.-13. Jahrhundert, war und ist ein Zentrum von Handel und Industrie, Sitz von
30-40% der Industrie des Landes und auch der Exporte (außer Öl). Etwa 10 km
nördlich von Aleppo liegt die Industriestadt Scheich Nadschar, deren Bau 2000
begann und die mit modernen Maschinen und Anlagen ausgerüstet wurde. Ähnlich
wie Aleppo selbst wurde die Stadt bei den Kämpfen zwischen Regierungs- und
Oppositionskräften seit 2011 stark beschädigt. Heute ist es praktisch eine
Geisterstadt. Sie bleibt jedoch ein sehr gutes Beispiel für die Absicht der
syrischen Regierung, den Industrialisierungsprozeß voranzutreiben. Dieser
Prozeß muß in Aleppo und in anderen Teilen des Landes fortgesetzt und
gefördert werden.
Schlußfolgerung
Was die Stadt und Region Aleppo so außergewöhnlich und faszinierend macht,
ist ihre historische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Vielfalt. Diese
besonderen Strukturen sind es, die die Verantwortlichen hinter dem Verbrechen
an Syrien zerstören wollen. Sie behaupten, Nationen, die sich aus
verschiedenen religiösen, ethnischen und Stammesgruppen zusammensetzen,
könnten nicht friedlich existieren und sich entwickeln - ein Dialog der
Kulturen, etwa zwischen dem Islam und dem Christentum oder zwischen China und
dem Westen, sei unmöglich. Aber allein die Existenz so bunter Nationen wie dem
Irak und Syrien ist der lebende Beweis dafür, daß ihre Behauptung falsch ist.
Deshalb mußten sie diesen Nationen mit Waffengewalt Chaos und Zerstörung
aufzwingen, was zum Aufstieg der Barbaren der Al-Nusra-Front und des sog.
Islamischen Staats führte.
Ein weiterer faszinierender Aspekt Aleppos ist seine unglaubliche
Widerstandskraft angesichts von Kriegen und anderen menschengemachten oder
Naturkatastrophen. Deshalb muß man ihr wieder zu seiner wahren Natur als
Zentrum universeller Kultur und Zivilisation verhelfen. Die UNESCO hat die
Altstadt von Aleppo auf die Liste des Weltkulturerbes gesetzt. In der
Begründung heißt es unter Punkt iii:
„Die Altstadt von Aleppo spiegelt die reichen und unterschiedlichen
Kulturen ihrer aufeinanderfolgenden Bewohner wieder. Viele historische
Perioden haben ihren Einfluß auf die architektonischen Strukturen der Stadt
hinterlassen. Überreste von hethitischen, hellenistischen, römischen,
byzantinischen und ayyubidischen Bauten sind in der massiven, erhaltenen
Zitadelle eingearbeitet. Die vielfältige Mischung von Gebäuden -
einschließlich der unter den Umayyaden gegründeten und im 12. Jahrhundert
wiederaufgebauten Großen Moschee, der Madrasa Halawiye aus dem 12.
Jahrhundert, die Überreste der christlichen Kathedrale Aleppos enthält,
zusammen mit anderen Moscheen und Madrasen, Suqs und Khans - spiegelt in
außergewöhnlicher Weise die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Aspekte
dieser Stadt wider, die einst zu den reichsten Städten der ganzen Menschheit
gehörte.“
Nicht nur Aleppo, sondern ganz Syrien, mit seinen Menschen, seiner Kultur
und seinen Artefakten stellt ein einzigartiges, lebendes Zeugnis der
Koexistenz und des Fortbestands verschiedener menschlicher Zivilisationen dar.
Es ist für die ganze Welt ein Muss, es zu schützen und zu bewahren, und, wenn
Frieden geschlossen ist, es zur Welthauptstadt des Dialogs der Kulturen zu
machen!
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