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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Die Geschichte der SDI und ihre Bedeutung

Von Jeffrey Steinberg

Auf der Konferenz des Schiller-Instituts „Die Notwendigkeit des SDI-Prinzips heute“ am 22. März in Washington hielt Jeffrey Steinberg den folgenden Vortrag.

Es ist mir eine Freude und eine Ehre, anläßlich des 30. Jahrestages der SDI-Rede von Präsident Reagan hier zu sprechen. Vor dreißig Jahren veränderte Präsident Ronald Reagan die Welt, als er am 23. März 1983 zum Abschluß einer nationalen Fernsehansprache die folgende kurze Mitteilung verlas:

    „In den letzten Monaten“, so sagte der Präsident, „haben meine Berater... die Notwendigkeit unterstrichen, aus einer Zukunft auszubrechen, die sich im Hinblick auf unsere Sicherheit ausschließlich auf offensive Vergeltung stützt. Im Verlauf dieser Diskussionen wurde ich immer fester davon überzeugt, daß der menschliche Geist in der Lage sein müsse, sich darüber zu erheben, mit anderen Nationen und Menschen derart umzugehen, daß man ihre Existenz bedroht... Wäre es nicht besser, Menschenleben zu retten, als sie zu rächen? Sind wir nicht in der Lage, unsere friedlichen Absichten zu demonstrieren, indem wir all unsere Fähigkeiten und unseren Einfallsreichtum einsetzen, um eine wirklich dauerhafte Stabilität zu erreichen? Ich glaube wir können es, ja wir müssen es!

    Nach sorgfältiger Konsultation mit meinen Beratern, einschließlich der Vereinigten Stabschefs, bin ich zu der Überzeugung gekommen, daß es einen Weg gibt. Teilen Sie mit mir eine Vision der Zukunft, die Hoffnung bietet. Sie besteht darin, daß wir ein Programm in die Wege leiten, um der schrecklichen sowjetischen Raketenbedrohung mit Maßnahmen zu begegnen, die defensiv sind. Wollen wir uns eben auf die Stärken unserer Technologie besinnen, die unsere große industrielle Basis hervorgebracht hat...

    Wie wäre es, wenn freie Menschen sicher leben könnten in dem Wissen, daß ihre Sicherheit nicht auf der amerikanischen Drohung einer sofortigen Vergeltung beruht, um vor einem sowjetischen Angriff abzuschrecken; daß wir strategische Raketen abfangen und vernichten können, bevor sie unseren Boden oder den unserer Verbündeten erreichen?... Aber ist das nicht alle die Investitionen wert, die die freie Welt wegen der Drohung eines Atomkrieges aufbringen muß? Wir wissen, daß es das wert ist...

    Ich bin mir völlig darüber im klaren, daß Verteidigungssysteme Grenzen haben und bestimmte Probleme und Unsicherheiten aufwerfen. Wenn sie mit Offensivwaffen gepaart werden, dann könnten sie als Nährboden einer aggressiven Politik betrachtet werden, und das will niemand. Aber unter genauer Berücksichtigung all dieser Überlegungen rufe ich die Gemeinschaft der Wissenschaftler, die uns die Kernwaffen gegeben haben, auf, ihre großen Talente der Sache der Menschheit und des Weltfriedens zu widmen, uns die Mittel in die Hand zu geben, um diese Kernwaffen unwirksam und überflüssig zu machen... Wir erstreben weder militärische Überlegenheit noch politische Vorteile. Unser einziges Ziel - das alle Menschen teilen - ist das Streben nach Mitteln und Wegen, um die Gefahr eines Atomkrieges zu verringern.

    Meine amerikanischen Mitbürger, heute abend leiten wir eine Anstrengung ein, die den Verlauf der menschlichen Geschichte zu ändern verspricht. Es gibt dabei Risiken, und die Ergebnisse brauchen Zeit, aber ich glaube, wir können es schaffen. Beim Überschreiten dieser Schwelle, bitte ich Sie um Ihre Gebete und Ihre Unterstützung.“

Schockwirkung im Moskau

Am darauffolgenden Tag, dem 24. März 1983 sprach Lyndon LaRouche in einer in Wiesbaden abgegebenen Erklärung dem Präsidenten seine persönlichen Glückwünsche und seine Unterstützung für sein mutiges Handeln aus. Er kündigte aber auch einen harten Kampf an und warnte vor der Unsicherheit des Ausgangs.

    „Nicht länger“, erklärte LaRouche, „müssen Demokraten nachts voller Angst schlafen gehen in der Furcht, daß sie ihr Leben unter dem Damoklesschwert des thermonuklearen Schreckens zubringen müssen. Die nächsten Jahre werden wahrscheinlich die schwierigsten der gesamten Nachkriegszeit werden, doch zum ersten Mal seit der Kubakrise von 1962 gibt es wenigstens die Hoffnung, daß der thermonukleare Alptraum noch in diesem Jahrzehnt beendet werden kann...

    Nur hochrangige Regierungsmitglieder oder Privatpersonen, die so eingehend über die Einzelheiten der internationalen politischen und strategischen Situation Bescheid wissen, wie es mir vergönnt ist, können auch nur ansatzweise die tiefgreifenden Auswirkungen erkennen, die die Fernsehansprache des amerikanischen Präsidenten gestern abend in der ganzen Welt nach sich ziehen wird. Niemand kann genau vorhersehen, welche Konsequenzen die Schritte des amerikanischen Präsidenten genau haben werden. Wir wissen nicht, wie heftig und starrköpfig der Widerstand gegen die Strategie des Präsidenten sein wird sowohl von Seiten Moskaus wie von Seiten der ,Nuclear-freeze’-Bewegung in den Vereinigten Staaten und Europa. Doch unabhängig von diesen Reaktionen und ihrem möglichen Einfluß können die Worte des amerikanischen Präsidenten nicht zurückgenommen werden. Der größte Teil der Welt wird diese politische Erklärung bald kennen und sie nicht mehr vergessen. Mit dieser politischen Erklärung hat der amerikanische Präsident den Lauf der Zeitgeschichte geändert.

    Ich bin heute stolzer, Amerikaner zu sein, als bei der ersten Mondlandung eines Menschen. Zum ersten Mal seit zwanzig Jahren hat ein Präsident der Vereinigten Staaten mit einer großen Tat seine politische Führungsfähigkeit unter Beweis gestellt und einer gelähmten und mutlosen Welt Grund gegeben, für die Zukunft der Menschheit Mut zu schöpfen. Die wirkliche Größe eines amerikanischen Präsidenten ergriff letzte Nacht von Präsident Ronald Reagan Besitz; es ist ein Augenblick der Größe, der niemals vergessen werden wird.“

Wir sind somit hier, um den 30. Jahrestag dieser Worte zu begehen. Wenn man sich die Präsidentenreden der jüngeren Zeit, von Obama, den Bushs und sogar Bill Clinton, in Erinnerung ruft, so sieht man, daß im Vergleich mit den von Präsident Reagan damals geäußerten Worten niemand mehr eine so visionäre Idee geäußert hat, und ganz sicher hat niemand mehr so ehrlich von der Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels gesprochen, um die Zukunft für die gesamte Menschheit zu bessern.

Nur ganz wenige Politiker in den führenden Nationen der Welt hatten auch nur eine Ahnung von der Bedeutung der Entscheidung Präsident Reagans, die Strategische Verteidigungsinitiative anzukündigen. Noch sehr viel weniger Menschen - Lyndon LaRouche, Präsident Reagan, Dr. Edward Teller, der Nationale Sicherheitsberater William Clarke und sein Stellvertreter Richard Morris, General Bobby Ray Inman und der Präsidentenberater Edwin Meese - hatten überhaupt eine Vorstellung davon, was in dem halben Jahrzehnt vor dieser Entscheidung geschehen ist.

Fast auf der anderen Seite der Welt, in Moskau, lösten Präsident Reagans Worte die schockierende Erkenntnis aus, daß die vertraulichen Gespräche zwischen dem Weißen Haus, Teilen der US-Geheimdienste, Lyndon LaRouche und einer auserlesenen Gruppe sowjetischer Offizieller tatsächlich zu einem Ergebnis gekommen waren. Während diese vertraulichen Gespräche im Gang waren, war ein britischer Agent, Jurij Andropow, in der Sowjetunion an die Macht gekommen und hatte über LaRouches sowjetischen Gesprächspartner, Scherschnew, bereits eine Nachricht an Reagans Weißes Haus übermittelt, daß Moskau Präsident Reagans Angebot der Zusammenarbeit bei einem neuen globalen Raketenabwehrschild, bei dem neue physikalische Prinzipien zum Einsatz kommen würden, an denen die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten bereits seit mehr als zehn Jahren forschten, ablehnen werde.

Die Vorgeschichte

Tatsächlich gingen LaRouches Bemühungen, die schließlich zu Präsident Reagans SDI-Rede führten, bereits auf die zweite Hälfte der 1970er Jahre zurück, als der frühere Chef des US-Luftwaffengeheimdienstes, Gen. George Keegan, in Aviation Week vom 2. Mai 1977 enthüllt hatte, daß sowjetischen Wissenschaftlern bahnbrechende Fortschritte bei atombetriebenen Lasern gelungen wären, welche eine Revolution in der strategischen Abwehr von Kernwaffen auslösen könnten. Der betreffende Artikel von Clarence Robinson hatte die einfache Überschrift: „Sowjets drängen auf Strahlenwaffen“.

Aufgrund seiner erfolgreichen Bemühungen, die unter dem Einfluß der Trilateralen Kommission stehende Carter-Administration von einer nuklearen Konfrontation mit der Sowjetunion abzuhalten, wandten sich führende US-Geheimdienstkreise, darunter frühere OSS-Veteranen, an Lyndon LaRouche, um ihn für eine Zusammenarbeit zur Kriegsvermeidung zu gewinnen.

Vor diesem Hintergrund beauftragte LaRouche seine Mitarbeiter umgehend damit, einen Bericht „Sputnik der 70er Jahre: Die Wissenschaft hinter den sowjetischen Strahlenwaffen“ zu veröffentlichen. Mit Hilfe dieser Publikation leitete LaRouche eine internationale Kampagne für die Abwehr von Langstreckenraketen durch Strahlenwaffen ein, welche in Präsident Reagans berühmter SDI-Rede vom 23. März 1983 gipfelte.

Ich habe leider nicht die Zeit, im einzelnen die Vielzahl von Gesprächen aufzuzählen, die LaRouche vor und nach Reagans SDI-Paukenschlag mit sowjetischen Diplomaten und Vertretern von Präsident Reagans Nationalem Sicherheitsrat geführt hat. Eine Dokumentation hierüber wird auf der Webseite des Schiller-Instituts als Teil der Konferenz-Veröffentlichungen verfügbar sein.

Andropow weist Reagans Angebot zurück

Rückblickend hatte Andropows Ablehnung von Präsident Reagans Angebot für die gemeinsame Errichtung eines Systems des gegenseitig zugesicherten Überlebens - welches Bertrand Russells Doktrin der nuklearen Erpressung, passend auch „gegenseitig zugesicherte Zerstörung“ (MAD) genannt, ersetzen sollte - nichts mit den Ausreden zu tun, die der sowjetische Unterhändler vorbrachte, der im Februar 1983 von Moskau nach Washington zurückkehrte - zutiefst bestürzt darüber, daß die Sowjetunion nicht in die Art von Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten eintreten würde, die Gegenstand monatelanger vertraulicher Verhandlungen mit offizieller Genehmigung von Reagans Weißem Haus gewesen waren. Es hatte nichts mit den Schwächen des sowjetischen Wirtschaftssystems oder mit der Zusicherung sowjetischer Mitläufer und radikalen Ökologen unter den Demokraten bzw. Republikanern in den USA zu tun, die jede echte Zusammenarbeit beim „Krieg der Sterne“ torpedieren wollten.

Andropow war genauso wie sein Nachfolger Michail Gorbatschow ein langjähriger britischer Gefolgsmann, und die britische Imperialfraktion, die unbedingt eine massive Bevölkerungsreduktion und das Ende des wissenschaftlichen Fortschritts wollte, war entschlossen, die SDI zu Fall zu bringen - genauso wie sie Präsident John F. Kennedy umbrachten, der das Apollo-Projekt in Gang setzte und den Krieg in Indochina stoppen wollte. Kein einziges legitimes strategisches Interesse der USA oder der Sowjetunion stand durch den Vorschlag für ein gegenseitig zugesichertes Überleben in Frage. Gemeinsame wissenschaftliche und technologische Fortschritte, die sich aus einer amerikanisch-sowjetischen SDI ergeben hätten, wären im Gegenteil im vitalen Interesse beider Nationen und im Interesse aller verbündeten Nationen auf der Welt! Dieses Prinzip des wissenschaftsgetriebenen Fortschritts war von LaRouche und seinen Mitarbeitern in einer ganzen Serie von Veröffentlichungen und Konferenzen, die in den Jahren der offiziellen Geheimverhandlungen zwischen dem Weißen Haus und dem Krems stattfanden, ausführlich dargestellt worden.

Andropows Ablehnung, die von Gorbatschow bei einem Treffen mit Präsident Reagan im Oktober 1984 in Reykjavik erneut bekräftigt wurde, besiegelte das Schicksal der Sowjetunion, ein Umstand, den Lyndon LaRouche bereits 1984-85 vorausgesagt hatte. Unter der Last eines heftigen defensiven Wettrüstens sowie der verheerenden militärischen Lage in Afghanistan, die bis Ende der 80er Jahre anhielt, kollabierte der Warschauer Pakt, wovon sich erste Anzeichen in Polen und dann in Ostdeutschland zeigten, und schließlich, Anfang der 90er Jahre, die Sowjetunion selbst.

Die SDI wird sabotiert

In der Mitte von Ronald Reagans zweiter Amtszeit war die ursprüngliche SDI-Idee von LaRouche, Teller und Reagan vor allem dank des Einflusses von Wall-Street-Interessen in den Denkfabriken und im militärisch-industriellen Komplex der USA weitegehend sabotiert und so grundlegend umgestaltet worden, daß die SDI nur noch aus regulären kinetischen Systemen bestand, die für die strategische Abwehr nicht geeignet waren.

Das Ziel war, den eigentlichen Kern der SDI - die strategische Zusammenarbeit für einen höheren Zweck der Menschheit zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion - zu beseitigen, was das zentrale Anliegen von LaRouche wie auch von Präsident Reagan war: Kriegsvermeidung durch beiderseitige Zusammenarbeit zum Nutzen der gesamten Menschheit.

Während der Warschauer Pakt und die Sowjetunion infolge der SDI-Ablehnung immer schneller kollabierten, begann in den transatlantischen Regionen, insbesondere in den Vereinigten Staaten ein langfristiger Prozeß der Auflösung der Realwirtschaft und der monetären Hyperinflation, der heute seinem Höhepunkt zustrebt, wie bei der Konferenzsitzung heute nachmittag weiter ausgeführt werden wird.

Jene Art eines internationalen Manhattan-Projekts zur Entwicklung und Stationierung eines globalen Schutzschildes gegen thermonukleare Waffen, wie es LaRouche und Reagan vorschwebte, wurde nie verwirklicht. Doch in den 30 Jahren seit den Bemühungen von LaRouche, Teller und Reagan in den 70er und 80er Jahren sind in allen Forschungsbereichen der strategischen Verteidigung dramatische Fortschritte erzielt worden, so daß ein strategisches Schutzschild, wie es damals angestrebt wurde, heute viel leichter zu erreichen wäre.

Die Strategische Verteidigung der Erde

Im Grund sind die gleichen Technologien, die den Kern der SDI ausmachen, auch für die Strategische Verteidigung der Erde erforderlich, die durch die jüngsten Meteoriten- und Asteroidenereignisse zu einer vordringlichen Überlebensfrage für die Menschheit geworden ist.

Thema dieser Konferenz ist die Notwendigkeit, die alten Denkparadigmen, die zu unserem Untergang führen würden, durch ein neues Denken zu ersetzen, das zu einem Jahrhundert von Frieden und Prosperität führt.

Schauen wir uns auf der Welt um: In Nordasien droht die Gefahr eines thermonuklearen Wettrüstens; am Persischen Golf droht eine Konfrontation wegen einer angeblichen Verbreitung von Kernwaffen; zwischen Washington und Moskau gibt es tiefe Konflikte wegen amerikanischer Pläne, in Europa einen einseitigen Abwehrschirm aufzubauen - das genaue Gegenteil der Absicht von LaRouche, Reagan, Teller und anderer. Die russische Führung ist der Auffassung, daß sich dieses Programm direkt gegen die eigene nukleare Abschreckung richtet, was bedeutet, daß heute die Gefahr einer nuklearen Konfrontation wahrscheinlich größer ist als jemals seit der Kubakrise.

Sind wir dazu verdammt, den Weg zum sicheren Konflikt und der potentiellen Auslöschung weiterzugehen? Oder können wir noch zu dieser späten Stunde an den Moment der großen Chance vor 30 Jahren anknüpfen, als sich der Menschheit durch das Potential für das gegenseitig zugesicherte Überleben ein Ausweg aus dem Weg zur Hölle bot? Können wir an die Menschlichkeit führender Politiker in Washington und Moskau und anderen wichtigen Hauptstädten der Welt rühren, um die von einem amerikanischen Präsidenten vor 30 Jahren ausgesprochene große Vision wiederzubeleben? Können die Macht der Ideen und die schöpferischen Fähigkeiten der Menschen einen Paradigmenwandel bewirken, der ganz oben auf der Tagesordnung dieser Konferenz steht?

Ich meine, die Antwort ist Ja, aber es wird viel harter Arbeit bedürfen, um das zu erreichen. Wir stehen an einem kritischen Moment, wo die Zukunft der Zivilisation davon abhängt, ob wir diesem Prinzip wirklich Nachdruck verleihen können.

Ich danke Ihnen.