Die letzte Chance für die Menschheit
Am 13.-14. April fand in der Nähe von Frankfurt am Main die
jüngste in der Serie internationaler Konferenzen des Schiller-Instituts für
„ein neues Paradigma für das Überleben der Menschheit“ statt, an der 400 Gäste
teilnahmen.
„Das Notwendige tun, um die Freiheit zu gewinnen: Die letzte Chance für die
Menschheit“ - so lautete das Thema einer zweitägigen Konferenz des
Schiller-Instituts, der bisher vierten in einer Serie von Konferenzen für ein
neues Paradigma für das Überleben der Menschheit. Rund 400 Gäste versammelten
sich am 13. April in Flörsheim am Main, um über die gegenwärtige Weltlage und
den Ausweg aus der Krise zu sprechen.
Sie kamen buchstäblich „aus aller Welt“: Zahlreiche Teilnehmer kamen aus
Deutschland und Frankreich und dem übrigen Europa, Delegationen kamen vom
LaRouche-Aktionskomitee (USA), vom Isborsk-Klub (Rußland) und vom Citizens
Electoral Council (Australien); unter den Rednern waren auch Teilnehmer aus
Japan und China, der Ukraine, Venezuela, Italien, Griechenland und Schweden.
Island, Zypern, Ägypten und der Irak waren durch Grußbotschaften vertreten,
weitere Teilnehmer kamen aus Asien, Afrika und Lateinamerika.
Sie alle einte das Bewußtsein, daß wir, wenn die Welt eine Zukunft haben
soll, die gegenwärtige Politik der „Konfliktlösung“ durch Krieg beenden und
uns statt dessen auf die gemeinsamen Ziele der Welt einigen müssen - die
Überwindung der Armut auf der Erde und die Verteidigung des Planeten gegen
sehr reale Gefahren aus dem Weltraum -, und daß der erste unverzichtbare
Schritt hierzu die Durchsetzung eines Trennbankensystems nach dem Vorbild des
amerikanischen Glass-Steagall-Systems ist.
An die verschiedenen Vortragsrunden schlossen sich immer wieder
Diskussionen mit Beiträgen und Fragen aus dem Publikum an.
Die strategische Lage
Im ersten Konferenzabschnitt zum Thema „Hoffnung für die Zukunft: Die SDE
als Plattform für die gemeinsamen Ziele der Menschheit“ sprachen
Konferenzteilnehmer aus Deutschland, den Vereinigten Staaten und Rußland über
die hochgefährliche strategische Lage und den Ausweg aus ihr durch eine
Zusammenarbeit beim Schutz der Erde vor Ereignissen und Entwicklungen, die die
Menschheit als ganze bedrohen. Er wurde eröffnet von der Vorsitzenden des
Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, die ihren Ausführungen den Titel „Die
Menschheit ist besser, als die Oligarchie es sich vorstellen kann“ gegeben
hatte.
Die menschliche Gattung, sagte sie, sei gekennzeichnet durch ihre Fähigkeit
zur Kreativität, und deshalb müsse das oligarchische Menschenbild, das die
Welt derzeit in eine Katastrophe führe, überwunden werden. Statt dessen
brauche man ein Menschenbild auf der Grundlage des Konzepts der Agapé: Liebe
zur Menschheit und Freude an der Entwicklung der anderen Menschen. Dazu müsse
die Kultur und Wissenschaft der klassischen Periode wiederbelebt werden, denn
um zu Überleben brauche die Menschheit eine neue Methode des Denkens, die man
als „so streng wie frei“ charakterisieren könne.
Sie beschrieb dann am Beispiel des „Zypern-Modells“, mit dem versucht
werde, die Lebenserwartung der Banken auf Kosten der Lebenserwartung der
Menschen um ein paar Wochen oder Monate zu verlängern, die verheerende Wirkung
des oligarchischen Paradigmas, und kontrastierte dies mit dem russischen
Vorschlag der Zusammenarbeit der großen Raumfahrtnationen bei der
„Strategischen Verteidigung der Erde“ (SDE) gegen Bedrohungen aus dem
Weltraum. Sie finden den Wortlaut ihrer Ausführungen auf den Seiten 7-8.
Lyndon LaRouche erläuterte dann seine „strategische Sicht aus den USA“. Das
derzeitige Finanzsystem sei dem Untergang geweiht, betonte er, und beschrieb
dann das Amerikanische System, wie es von Alexander Hamilton entwickelt wurde.
Dieses System beruhe nicht auf Geld, sondern auf Kredit und Fortschritt. Seine
Einführung habe Europa und sogar Großbritannien gezwungen, den Fortschritt
hinzunehmen. Im Lauf der Zeit sei diese Hamiltonische Politik jedoch immer
wieder geschwächt und unterminiert worden.
Bild: Schiller-Institut/Julien Lemaître
Lyndon und Helga LaRouche
Bild: Schiller-Institut/Julien Lemaître
Lyndon LaRouche, Alexander Nagorny, Kyrill Benediktow und Jason Ross
Um aus der Krise herauszukommen, müsse die Menschheit zum Fortschritt
zurückkehren, zu steigenden Energieflußdichten, zur Kernspaltung und zur
Kernfusion, ohne die man nicht zum Mars gelangen könne. Ein Verzicht auf
Fortschritt unter dem imperialen, monetaristischen System bedeute
Massensterben und den Untergang der Menschheit, aber ein Kreditsystem zur
Steigerung der Produktivkräfte der Arbeit versetze die Menschheit in die Lage,
in den Weltraum hineinzuwirken und den Planeten zu verteidigen. Auch seine
Ausführungen finden Sie in dieser Ausgabe, auf den Seiten 9-10.
Alexander Nagorny, stellv. Chefredakteur der russischen Zeitschrift
Sawtra und Mitglied des Isborsk-Klubs, betrachtete dann „Die
chinesische Dimension des strategischen Dreiecks USA-China-Rußland“. Der
russische Isborsk-Klub entsandte eine ganze Delegation zur Flörsheimer
Konferenz, um sich an der Diskussion über das notwendige neue Paradigma für
das Überleben der Menschheit zu beteiligen. Dieser Klub wurde am 8. September
2012 gegründet - dem 90. Geburtstag Lyndon LaRouches, was die Gruppe auch
offiziell zur Kenntnis nahm - und versammelt führende patriotische und
antiliberale Analysten Rußlands sowie Persönlichkeiten, die dem Kreml
nahestehen.
Die tatsächliche strategische Lage sei ganz anders, so Nagorny, als sie von
typischen westlichen Medien wie CNN oder EuroNews dargestellt
werde. Dies zeige sich am Beispiel der Krise in Nordkorea, wo US-Außenminister
John Kerry China gebeten hat, zur Beilegung des Konfliktes zu vermitteln, um
eine nukleare Konfrontation zu vermeiden. Selbst die führende Militärmacht der
Welt sei also auf China angewiesen. Das Problem in der jetzigen Lage sei das
Vorherrschen egoistischen, geopolitischen Denkens bei den großen Mächten, das
überwunden werden müsse, um den Weg für eine Zusammenarbeit, wie sie für die
Verteidigung der Erde oder den von LaRouche vorgeschlagenen Bruch mit dem
Monetarismus erforderlich sei, freizumachen.
Verteidigung der Erde
Die „Gefahr durch Asteroiden und Kometen und die Verteidigung der Erde“
präsentierte Kyrill Benediktow von der Redaktionsleitung der russischen
Zeitschrift Terra America. Er berichtete zunächst ganz aktuell, daß der
russische Vizepremierminister Dmitrij Rogosin am Tag zuvor, der in Rußland zur
Erinnerung an Jurij Gagarins ersten bemannten Weltraumflug als „Tag der
Weltraumfahrt“ begangen wird, vorgeschlagen hat, die „Strategische
Verteidigung der Erde“ offiziell auf die Tagesordnung des nächsten G20-Gipfels
zu setzen. Präsident Putin habe das Budget für das russische Weltraumprogramm
auf 1,6 Billionen Rubel erhöht, eine ganz erhebliche Steigerung.
Benediktow berichtete dann über die bisherigen Erfahrungen der Menschheit
mit Asteroiden, Kometen und Meteoriten und nannte als Beispiel das
„Tunguska-Ereignis“ von 1908, bei dem die sibirischen Wälder auf 2000
Quadratkilometern Fläche umgerissen wurden. Wäre dieses Ereignis nur vier
Stunden früher eingetreten, dann wäre möglicherweise St. Petersburg vernichtet
worden. Solche Bedrohungen aus dem Weltraum seien implizit bereits ein Thema
der von Lyndon LaRouche und US-Präsident Ronald Reagan Anfang der 80er Jahre
vorgeschlagenen Strategischen Verteidigungsinitiative (SDI) gewesen; wäre dies
damals verwirklicht worden, so wären heute die Chancen, die Erde vor solchen
Ereignissen zu schützen, größer. Tatsächlich gebe es weltweit eine Reihe von
Projekten, die auf frühzeitige Warnung vor erdnahen Objekten abzielen; diese
Projekte müßten zu einem einzigen globalen Programm zusammengeführt werden.
Eines der großen Probleme sei die Finanzierung. Benediktow beschrieb dann
einige Möglichkeiten, bereits vorhandene, meist militärische Systeme
einzusetzen, um bedrohliche Himmelskörper aus ihrer Bahn abzulenken oder zu
zerstören.
Seine Ausführungen ergänzte ein Vortrag von Jason Ross vom
Basement-Wissenschaftsteam des LaRouche-Aktionskomitees in den Vereinigten
Staaten über den „physischen Profit aus der Verteidigung des Planeten“. Er
stellte LaRouches Konzept der physischen Ökonomie vor, das dessen
ursprünglichem Vorschlag der SDI zugrunde lag. Es sollten neue technologische
Prinzipien entdeckt und nutzbar gemacht werden, deren Anwendung die
Produktivkraft der Arbeit stark vergrößern und so - ähnlich wie das
Apollo-Programm der NASA - die Kosten des Programms mehrfach wieder
hereinwirtschaften würden.
Diese Vortragsrunde wurde abgerundet durch Bruce Fein, der unter Präsident
Ronald Reagan Unterstaatssekretär im US-Justizministerium war und über die
„Grundlagen der Zivilisation“ sprach. Fein stellte sein
„Zivilisations-Genom-Projekt“ vor, das den Zweck hat, das „Erbgut“ einer
wahrhaft menschlichen Zivilisation zu bestimmen, also die Grundprinzipien, auf
denen diese aufgebaut sein muß. Dazu gehörten, so Fein, das Prinzip der
Gewaltenteilung zur gegenseitigen Kontrolle der Zweige der Regierung und das
Prinzip fairer Gerichtsbarkeit, die Einsicht, daß es immer verschiedene
Sichtweisen gibt und man sich irren kann. Die Erhaltung dieses
Zivilisations-Genoms sei der eigentliche Daseinszweck des Staates.
Energiesicherheit
„Energiesicherheit für das 21. Jahrhundert“ lautete das Thema des zweiten
Konferenzabschnitts, und dabei stand die Zukunft der Energieversorgung der
Menschheit und in diesem Zusammenhang vor allem die sog. 4. Generation der
Kernreaktoren im Mittelpunkt.
Bild: Schiller-Institut/Julien Lemaître
Lyndon LaRouche, Bruce Director (Moderator), Nino Galloni, Dr. Urban Cleve,
Prof. Henri Safa und Prof. Eduardo Greaves
Prof. Dr. Henri Safa vom wissenschaftlichen Beirat der
Kernenergie-Abteilung der französischen Kommission für Atomare und Alternative
Energie berichtete, „Warum die Kernenergie der Zukunft die einzige Lösung für
den wachsenden Energiebedarf der Welt ist“. Safa zeigte anhand verschiedener
Grafiken das Prinzip der steigenden Energieflußdichte auf: So habe Kohle die
doppelte Energieflußdichte von Biomasse, bei Öl und Gas sei es sogar das
Dreifache. Der Einsatz von Kernkraft bedeute jedoch eine Steigerung der
Energieflußdichte auf das 100.000-fache. Da die Energiedichte ein
Schlüsselfaktor für jede künftige Form der Nutzung von Energie sei, könne man
auf die Kerntechnik nicht verzichten. Da jedoch beim gegenwärtigen Stand der
Technik die Lebensdauer der Kernbrennstoffe begrenzt ist, müsse man
Brütertechniken entwickeln, betonte Safa, und zählte dann eine Reihe
verschiedener Konzepte für Kernreaktoren der 4. Generation auf.
Zwei dieser Konzepte wurden dann von den beiden folgenden Rednern
vorgestellt: Der venezolanische Atomphysiker Prof. Dr. Eduardo Greaves vom
französischen Institut für Kernphysik und der Kernphysikalischen Abteilung der
Simon Bolivar-Universität in Caracas/Venezuela sprach über den sog.
Flüssigsalz-Reaktor, in dem der Kernbrennstoff in Form von flüssigem Salz
vorliegt und gleichzeitig als Brennstoff und als Kühlmittel dient; Dr.-Ing.
Urban Cleve, ehemaliger Hauptabteilungsleiter für Technik der BBC/Krupp
Reaktorbau GmbH, berichtete über den Bau und Betrieb des
Kugelhaufen-Hochtemperaturreaktors, der in den sechziger Jahren von Prof.
Schulten entwickelt worden war.
Viva Verdi!
Den Abschluß des ersten Konferenztages bildete ein Konzertabend, der zwei
Anlässen gewidmet war: Der erste Teil des Konzertes unter dem Motto „Viva
Verdi!“ erinnerte an den 200. Geburtstag des großen italienischen Komponisten
Giuseppe Verdi, der zweite an US-Präsident Franklin Delano Roosevelt, dessen
Todestag (12. April 1945) sich am Tag zuvor gejährt hatte.
Bild: Schiller-Institut/Christopher Lewis
Chor und Orchester des Schiller-Instituts bei der Aufführung von Wolfgang
Amadeus Mozarts Requiem
Das Konzert fand in der wissenschaftlichen Stimmung statt - c’ = 256 Hz,
etwa einen halben Ton tiefer als der heutige Kammerton -, in der alle großen
klassischen Musikwerke komponiert sind. Sie ist auch als „Verdi-Stimmung“
bekannt, da Giuseppe Verdi sich persönlich dafür einsetzte und die für die
Singstimmen schädliche, künstliche Erhöhung der Stimmung ablehnte.
Im ersten Teil sangen Désirée Baraula (Mezzosopran), Leena Malkki (Sopran),
Roberto Cruciani (Tenor), Annabelle Stratenwerth (Sopran), Ronnie Johansen
(Baß) und Antonella Banaudi (Sopran) Lieder und Arien von Verdi. Sie wurden am
Klavier begleitet von André Baraula und Irene Hasager.
Den Höhepunkt des Abends bildete dann die Aufführung von Wolfgang Amadeus
Mozarts Requiem (KV 626), einem der letzten und schönsten Werke
Mozarts. Chor und Orchester des Schiller-Instituts mit fast hundert Musikern
aus vielen verschiedenen Nationen führten das einstündige Werk auf, die
Gesangssolisten waren Annabelle Stratenwerth, Désirée Baraula, John Sigerson
und Ronnie Johanson.
Die Mitschnitte dieser bewegenden Aufführungen (und der übrigen
Konferenz-Beiträge) werden so bald wie möglich auf der Internetseite des
Schiller-Institut-Forums für das Neue Paradigma
(http://newparadigm.schillerinstitute.com) veröffentlicht.
Eurasische Zusammenarbeit und das Leben nach dem Euro
Am zweiten Tag der Konferenz ging es zunächst um „die Zukunft der
eurasischen Zusammenarbeit“ und das „Leben nach dem Euro“. Die Vortragsrunde
eröffnete der frühere französische Präsidentschaftskandidat Jacques Cheminade,
der seine „Vision für Europa in Eurasien“ vorstellte. „Alles kann sich über
Nacht ändern“, warnte - und ermutigte - er die Konferenzteilnehmer. Es gebe
keinen „dritten Weg“: entweder werde die Absicht des Britischen Empire, die
Entvölkerung der Welt, durchgesetzt - oder Glass-Steagall und ein Kreditsystem
für den Wiederaufbau der Welt geschaffen. Was heute in Griechenland und Zypern
bereits Realität sei, stehe Frankreich und Deutschland bevor. Statt dessen
brauche Europa die Entwicklung des Mittelmeerraums, die aber nicht möglich sei
ohne die Entwicklung Eurasiens und der Weltlandbrücke und ohne die Befreiung
der europäischen Territorien von der Herrschaft des Britischen Empire, das dem
Römischen Reich ähnele. Man müsse den europäischen Pessimismus überwinden, der
das größte Hindernis für diese Befreiung und die stärkste Waffe des Empire
sei. Cheminade verwies dann auf Nikolaus von Kues, der die Prinzipien der
Wissenschaft definierte und so den Aristotelismus überwand.
Bild: Schiller-Institut/Christopher Lewis
Jacques Cheminade, Daisuke Kotegawa, Cui Hongjian, Michail Deljagin und
Natalja Witrenko sprachen über die Zukunft der eurasischen Zusammenarbeit
Es folgten zwei Redner aus Asien. Daisuke Kotegawa, Forschungsdirektor des
Canon Institute, sprach unter der Überschrift „Zwei verlorene Jahrzehnte für
die EU und die USA“ über seine Erfahrungen als damaliger hochrangiger Beamter
des japanischen Finanzministeriums im Umgang mit den Folgen der sog.
„Asienkrise“ und verurteilte die falsche heutige Politik der „Bail-outs“ und
„Bail-ins“. Dr. Cui Hongjian, Direktor für europäische Studien am Chinesischen
Institut für Internationale Studien, sprach über die aufgrund der historischen
Entwicklungen des letzten Jahrhunderts und der Begegnung mit dem Westen
geschwächten Rolle des Konfuzianismus im heutigen China, wo die Menschen vor
allem nach Geld streben, und forderte eine Rückkehr zu den Werten des
Konfuzianismus.
Michail Deljagin, Direktor des Instituts für Probleme der Globalisierung in
Moskau und Mitglied des Isborsk-Klubs, sprach über „Die globale Krise: Warum
die Menschheit Rußland braucht“. Die Menschheit befinde sich in einer
Systemkrise und sei dabei, in ein neues finsteres Mittelalter zurückzufallen.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion habe der Westen seine Produktion nicht
mehr gesteigert und statt dessen Geld gepumpt und Instabilität exportiert,
nicht zuletzt durch Stellvertreterkriege. Die Struktur der Gesellschaft werde
zerstört, und es breite sich zunehmend Mystizismus aus. Es drohe Diktatur und
Entmenschlichung. Um diesem Schicksal zu entgehen, brauche man wieder
technischen Fortschritt. Rußland sei vielleicht das einzige Land, das dabei
die Wende bringen könne, weil es das Potential habe, modernste Technologien zu
entwickeln, und gleichzeitig die russische Kultur immer noch eine
humanistische Komponente habe, auf der Grundlage davon, was der Gesellschaft
nütze, und noch Werte wie Gerechtigkeit umfasse.
Natalja Witrenko, Vorsitzende der Progressiven Sozialistischen Partei und
der Union Eurasischer Völker und ehemalige Präsidentschaftskandidatin in der
Ukraine, behandelte die „Eurasische Integration als Chance für das Überleben
in der globalen Wirtschaftskrise“. Vier Faktoren müßten korrigiert werden, um
die globale Wirtschaft zu retten: 1. müsse das Geld der Güterproduktion
dienen, 2. müsse das globale Finanzsystem vom fiktiven Geld, den
Offshore-Finanzzentren und den „Konditionalitäten“ des Weltwährungsfonds
befreit werden, 3. müsse das Bankensystem reformiert werden, das für die reale
Wirtschaft gebraucht werde, aber derzeit die Weltwirtschaft aussauge, und 4.
müsse der Welthandel reformiert werden, denn unter dem heutigen Freihandel
würden Rohstoffe und die Arbeitskräfte der Länder der Zweiten und Dritten Welt
geplündert, was sie am Beispiel der Ukraine aufzeigte.
Diane Sare, Mitglied des LaRouche Policy Commitee und Gouverneurskandidatin
im US-Bundesstaat New Jersey, zeigte zunächst eine Videobotschaft des
Kongreßabgeordneten Walter Jones, der im US-Kongreß zusammen mit der
Abgeordneten Marcy Kaptur den Entwurf für ein „Gesetz für die Rückkehr zu
einem vernünftigen Bankenwesen“ (HR129) eingebracht hat. Jones betonte, die
Wiedereinführung des Glass-Steagall-Trennbankensystems sei einer der
wesentlichen Schritte, um wieder Vernunft in die Finanzmärkte zu bringen.
Ebenso wichtig sei es, die Wahrheit über die Anschläge vom 11. September 2001
bekannt zu machen. (Den Wortlaut seiner Botschaft finden Sie auf Seite 4
dieser Ausgabe.)
Sare berichtete dann über den „Kampf für Glass-Steagall in den USA“,
insbesondere über die Mobilisierung von Bürgern und Landtagsabgeordneten in
den US-Bundesstaaten für die Wiedereinführung des Trennbankengesetzes.
Schließlich zeigte sie eine weitere Videobotschaft, von der
Landtagsabgeordneten Patty Miller aus Süd-Dakota, die einen Antrag zur
Unterstützung der HR 129 eingebracht hatte, dem der Landtag im Februar fast
einstimmig zugestimmt hat.
Prof. Theodore Katsanevas von der Universität von Piräus/Griechenland
zeigte zunächst ein kurzes Video über den „Raub Europas“, das er und seine
Mitarbeiter produziert haben, und sprach dann zum Thema „Beseitigt den Euro
und die monetaristischen Mißbräuche des Kasinokapitalismus“.
Schon am Vortag hatte der italienische Ökonom Nino Galloni, der aufgrund
der politischen Entwicklungen in Italien nicht bis Sonntag bleiben konnte,
über „Währung, Kredit und Finanzen für den Atlantik, den Mittelmeerraum und
darüber hinaus“ gesprochen.
Frieden und Aufbau - oder Zerstörung?
Hussein Askary, der EIR-Korrespondent für den arabischen Raum und
Vorsitzende der EAP in Schweden, berichtete unter der Überschrift „Der
Persische Golf - Golf des Friedens und des Aufbaus oder Golf der Zerstörung?“
über seine Teilnahme an einer Konferenz in Bandar Abbas (Iran) und
kontrastierte die wirtschaftlichen Aufbauperspektiven und -pläne des Iran mit
den buchstäblich auf „Sand“ und Spekulationen gebauten Aktivitäten der
britisch dominierten Fürstentümer auf der Südseite des Persischen Golfs.
Askary zeigte auch eine kurze Videobotschaft des irakischen Botschafters
bei der Ernährungs- und Landwirtschafts-Organisation der Vereinten Nationen
(FAO), Hassan Janabi. Im Rahmen der anschließenden Diskussion wurden weitere
Grußbotschaften übermittelt: Die isländische Abgeordnete Alfheidur Ingadottir
berichtete über die Fortschritte des Kampfs für das
Glass-Steagall-Trennbankensystem in Island, der Abgeordnete George Perdikes
und Efi Xanthou, Sekretärin der Grünen Partei Zyperns für internationale
Angelegenheiten, berichteten über die Lage in Zypern. Die spanische
Astrophysikerin Amaya Moro-Martin berichtete in einer Grußbotschaft über die
Zerstörung des spanischen Bildungs- und Wissenschaftssektors durch die
Sparmaßnahmen der Regierung. Craig Isherwood, der eine vierköpfige Delegation
des Citizens Electoral Council aus Australien anführte, berichtete über den
Einsatz seiner Partei für Glass-Steagall und die Rückkehr zum
Nationalbanksystem, das in Australien als einzigem Land weltweit neben den USA
zeitweilig angewendet worden war.
Das zukünftige Paradigma
Der Schlußteil der Konferenz war dem Thema „Das zukünftige Paradigma: Eine
Renaissance der klassischen Kultur und Wissenschaft“ gewidmet. Zunächst sprach
der russische Historiker Andrej Fursow vom Institut für wissenschaftliche
Information über die Sozialwissenschaften der Russischen Akademie der
Wissenschaften, der ebenfalls dem Isborsk-Klub angehört, über „Die
gegenwärtige Weltkrise: ihre soziale Natur und die Herausforderung für die
Sozialwissenschaft“. Es folgte dann eine Podiumsrunde über Ästhetische
Erziehung und Schönheit mit Beiträgen von Helga Zepp-LaRouche, der
italienischen Sopranistin Antonella Banaudi, der Vorsitzenden des
italienischen Movimento Solidarietà, Liliana Gorini, und dem Musikdirektor des
amerikanischen Schiller-Instituts John Sigerson.
Bild: Schiller-Institut/Christopher Lewis
Eine Renaissance der klassischen Kultur und Wissenschaft war das Thema für
Andrej Fursow, Liliana Gorini, Antonella Banaudi, Helga Zepp-LaRouche, Lyndon
LaRouche und John Sigerson (v.l.)
Helga Zepp-LaRouche betonte in ihrer Einleitung zu dieser Gesprächsrunde,
daß man den gegenwärtigen Zustand nicht mit dem Potential der Menschheit
verwechseln dürfe. Auch wenn sich die Menschheit momentan in einem finsteren
Zeitalter befinde, müsse man bedenken, daß die Entwicklung der menschlichen
Gattung gerade erst begonnen habe, weil sie erst seit erdgeschichtlich sehr
kurzer Zeit existiere. Das Konzert am Abend zuvor, bei dem viele der
Anwesenden zu Tränen gerührt waren, sei ein Vorgeschmack darauf, was die
Menschheit sein könnte, wenn die gegenwärtigen Übel nicht existierten. Sie
erklärte:
„Meine Vision der Zukunft der Zivilisation ist, daß wir diese
Kinderkrankheiten, wie alle diese Emotionen, die mit der Globalisierung
verbunden sind, überwinden werden. Stellen Sie sich nur einmal vor, wenn jedes
Kind auf dem Planeten eine universelle Bildung hätte und Eltern hätte, die
sich darum kümmern, daß die kreativen Potentiale ihrer Kinder entwickelt
werden. Warum sollte das nicht möglich sein? ... Ich denke, daß wir die
unglaubliche Verantwortung haben, diesen Übergang zu schaffen und diese Welt
dessen, was ich gerne als die ,oligarchischen Kinderkrankheiten’ bezeichne,
hinter uns zu lassen... Und ich denke, daß wir diese Idee haben sollten, daß
die Menschheit eine wahrhaft kreative Gattung wird, in der die Mehrheit der
Menschen kreativ sind, keine Sklaven!“
In der abschließenden Diskussion verabschiedeten die Teilnehmer der
Konferenz die „Frankfurter Resolution“, in der sie warnen, „Entweder
Glass-Steagall, oder Chaos und Völkermord“, und erklären, die gegenwärtige
Politik der ,Konfliktlösung durch Krieg’ müsse beendet werden; statt dessen
müßten wir „uns auf die gemeinsamen Ziele der Menschheit einigen“. (Den
Wortlaut dieser Resolution finden Sie auf Seite 2 dieser Ausgabe.)
Das Schlußwort der Konferenz hatte Lyndon LaRouche. Sein größter Wunsch sei
es, daß die Konferenzteilnehmer und viele andere Menschen sich nicht länger
auf das verlassen, was gestern war. Die Lösung liege in der Definition der
Zukunft. Aber dabei gehe es nicht darum, „irgendeine“ Zukunft zu wählen,
sondern die richtige. Man brauche die Leidenschaft, das wahre Potential der
Zukunft zu erkennen.
LaRouche verwies dann auf das Beispiel Beethovens, der, obwohl er zunehmend
ertaubte, sich trotzdem vorstellen konnte, wie sich seine Kompositionen
anhören würden. Das wertvollste in einer Gesellschaft sei die Entwicklung von
Menschen, die in dieser Weise eine Vorahnung der Zukunft haben - davon, wohin
die Gegenwart führt - und nicht nur die Gegenwart sehen:
„Man sieht den Prozeß, der aus der Vergangenheit in die Gegenwart führt.
Nun, kann man wissen, was die Zukunft bringen wird? Ich habe das wiederholt
getan. Andere Leute, meistens außergewöhnliche Menschen, haben das gleiche
getan. Ich habe schon öfters gesagt und damit recht behalten: ,Spätestens in
etwa fünf Jahren wird diese neue Entwicklung eintreten.’ Es könnte etwas mehr
oder weniger sein, aber ungefähr in diesem Zeitraum. Ich habe oft solche
Zeiträume vorhergesagt und ich habe recht behalten! Das ist das gleiche
Prinzip, daß man bei allen großen Komponisten sieht! Bei allen großen
Komponisten!
Das Prinzip ist, die Zukunft kommen zu sehen, eine bessere Idee, die
Bedeutung der Idee in der Zukunft, in einer relativ größeren Entfernung. Das
ist das wichtigste, denn wie kann man sonst beurteilen, was man mit seinem
Leben anfangen oder in seinem Leben für die Menschheit tun soll? Wie kann man
beweisen, daß diese Entscheidung keine Zeitverschwendung ist, weil man die
Idee, die man hätte kennen sollen, nicht erkannte? Das macht alle Kreativität
aus.
Wenn Sie Shakespeares Aufführungen im Theater richtig verstehen, eine gute
Aufführung von Shakespeare, da erlebt man dasselbe. Man erkennt, daß man nach
und nach die zukünftige Entwicklung in diesem Drama vorhersieht. Bei jeder
großen musikalischen Oper, klassischen Oper, ist es dasselbe, im klassischen
Lied - dasselbe! Die Oper ist nützlich für diesen Prozeß, denn es vergeht
dabei eine Zeitspanne. Kann man die Ironie dessen vorhersehen, was in der
Zukunft in diesem Drama geschehen wird, in diesem klassischen Dramas? Kann man
diese Fähigkeit auf die Erfahrung im wirklichen Leben anwenden?
Nun, ich sage Ihnen, der Mensch ist vollkommen fähig dazu. Es ist eine
Fähigkeit der Gattung, des Menschen. Das macht den Unterschied zwischen dem
Menschen und dem Tier aus. Und Sie alle haben Teil daran. Sie müssen nur das
Kommando über ihren Anteil übernehmen“, schloß LaRouche unter dem Applaus der
Teilnehmer.
Wir dokumentieren in dieser Ausgabe die Reden von Helga Zepp-LaRouche und
Lyndon LaRouche; in den kommenden Ausgaben werden weitere Beiträge der
Konferenz folgen.
Alexander Hartmann
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