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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
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Erbrüten von spaltbarem Uran 233 aus Thorium 232
mit Kugel-Brennelementen in einem THTR-KKW

Von Dr.-Ing. Urban Cleve

Dr.-Ing. Urban Cleve war Hauptabteilungsleiter für Technik der BBC/Krupp Reaktorbau GmbH. Diese Gesellschaft hatte den Auftrag, den AVR in Jülich zu errichten. Er hielt den folgenden Vortrag am 13. April bei der Konferenz des Schiller-Instituts.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Am 29. September 2010 habe ich einen Vortrag vor dem E.I.R. in Frankfurt gehalten mit dem Thema „Technik und zukünftige Einsatzmöglichkeiten nuklearer Hochtemperaturreaktoren“. Dieser ist veröffentlicht in Fusion 1/2011.1,2 Er schließt mit dem Absatz: „Der Einsatz von Thorium-232 ermöglicht das ,Erbrüten’ des spaltbaren Uran-233 als neuem Brennstoff. Daher reichen die Uranreserven aus U-235 in Verbindung mit Thorium-232 auf unabsehbare Zeiten aus.“

Thorium kommt in der Erdkruste in geringen Mengen vor. Es fällt u.a. bei der Gewinnung von seltenen Erden als nicht verwertbares Abfallprodukt an. Reines Thorium ist ein silbernes Kristall, das oft mit seinem Oxid verschmutzt ist und dann grau-schwarz wird. Es gilt als radioaktives Element. Sein Schmelzpunkt ist 1842°C. Aus Thorium 232Th wird durch Bestrahlung mit Neutronen - thermische Neutronen sind besser geeignet als schnelle Neutronen - 233Th erbrütet, dieses zerfällt über Protactinium 233Pa in Uran 233U. Daher kann es in thermischen Reaktoren, wie dem THTR und dem AVR und auch im chinesischen HTR-10 als Brutstoff eingesetzt werden.

Die Deutsche Entwicklung dieser Technik wurde bereits in den Jahren bis zur politisch verordneten Stillegung des AVR-45MWth 1989 in diesem Reaktor erprobt. Der AVR war seinerzeit weltweit der einzige Reaktor, der hierzu zur Verfügung stand.5

Nun, mehr als 20 Jahre später, wird dieser Entwicklung weltweit, so besonders in China, aber auch in Japan, USA, Rußland, Canada, Niederlande, Großbritannien, Frankreich, Indien, Südafrika, Norwegen größte Bedeutung beigemessen. Bitte gestatten Sie mir, einige Auszüge aus dem übersetzten Bericht von Evans-Pritchard aus „Lars Schall“ vom 12. Januar 2013 zu zitieren:3

    „China setzt auf die Energiegewinnung aus Thorium und verschärft das globale Rennen um saubere, billige und sichere Kernenergie. In Europa drohen dagegen derweil in Sachen Thorium die Lichter auszugehen...

    Die Leute beginnen zu realisieren, daß Uran nicht nachhaltig ist. Wir müssen einen neuen Kernbrennstoff heranzüchten...

    Das Ziel ist es, sich frei von den archaischen Druckwasserreaktoren zu machen, die mit Uran-235 betrieben werden und ursprünglich für US-U-Boote in den 1950er Jahren entwickelt wurden. Stattdessen soll eine neue Generation von Thorium-Reaktoren entwickelt werden, die weit weniger Abfälle produzieren und nicht wie in Fukushima explodieren können...

    China verfügt über genügend Thorium, um seinen Strombedarf für 20.000 Jahre zu versorgen...

    Die Schönheit des Thorium besteht darin, daß man keine Fukushima-Katastrophe dadurch erhalten kann...

    Thorium hat seine Mängel, es ist nicht spaltbar und es muß in Uran-233 umgewandelt werden...

    Es kann sogar bestehende Plutoniumbestände mit verbrennen“.

Dies sind nur einige Zitate aus dem Aufsatz von Evans-Pritchard 2013.

Bilder: NHT&ET/Urban Cleve

Abb. 1: Reaktorkern des THTR-300 in Hamm-Uentrop: Man sieht die Kugel-Brennelemente und die Steuerstäbe



Abb. 2: Die etwa tennisballgroßen, kugelförmigen Brennelemente enthalten jeweils ca. 15.000-35.000 dreifach mit Silizium-Carbid beschichtete Brennstoffpartikel, die in die Graphitkugel eingepreßt sind.



Abb. 3: Der eindeutige Beweis für die globale Erwärmung!

All dies waren bereits die Grundüberlegungen von Prof. Dr. Rudolf Schulten zur Entwicklung des THTR-300 1966. Er war also in seinem energietechnischen Denken dem Rest der Welt um 50 Jahre voraus. Sie waren und sind ein Markstein bei der Entwicklung von Kernkraftwerken. Seine vorausschauenden Ideen können eigentlich nur mit denen von Wernher von Braun in der Raumfahrt verglichen werden.

Zeit also, sein Erbe in die Tat umzusetzen.

Der Deutsche Thorium-Hochtemperaturreaktor THTR-300-MWel wurde ab 1966 entwickelt, gebaut und 1986 im Kraftwerk Schmehausen der VEW in Betrieb genommen.1,2,6 Auch er wurde 1989 auf Anordnung der Regierung in NRW stillgelegt. Deutschland hatte damit zu dieser Zeit einen weltweit mehr als 20-jährigen Vorsprung in der Entwicklung dieser Technologie, die jetzt weltweit als herausragend gilt.

China baut hierauf auf. Ein Versuchs-HTR-10 MWth ist in Betrieb, ein 2 x 250 MWth HTR-Doppelblockreaktor, zusammen 500 MWth, beide mit Kugel-Brennelementen zu bestücken, und mit einer Dampfturbogruppe von 210 MWel ist im Bau und wird etwa 2015 in Betrieb gehen.4,5

Die in großer internationaler Zusammenarbeit entwickelten Kugel-Brennelemente mit den „coated particles“ habe ich in meinem Vortrag eingehend beschrieben.1,2,6,7 Ein Kugel-Brennelement mit einem Durchmesser von 60 mm besteht aus einer Graphithülle mit einer Stärke von 5 mm. Im Inneren sind ca. 15.000 bis 35.000 Triso-coated-particles mit jeweils drei bis 1600°C gasdichten Silizium-Carbid-Hüllen mit einem Durchmesser von 0,9 mm in das Innere der Graphitkugel eingepreßt. Die einzelnen Particles enthalten den Brennstoff in verschiedenen Zusammensetzungen.

Jedes Particle hat damit ein dreifaches eigenes Containment gegen den Austritt von Spaltprodukten. Dies ist der Grund für die extrem geringe Belastung des gesamten He-Primärgasvolumens im THTR-300 mit 1x107 Bq bei 47.000 m3 He-Gasvolumen = 4,7 x 1011 Bq = 13 Ci. Im Umkreis des THTR-300 von 2.000 m hätte dies bei einer Totalemission des Primärgases zu einer Bodenbelastung von etwa 37.302 Bq/m2 geführt, wenn aller Niederschlag in diesem engen Bereich niedergegangen wäre. Dieses Ergebnis kann verglichen werden mit dem weltweiten Niederschlag aus der Katastrophe von Tschernobyl, der allein im weit entfernten Schmehausen mit 50.000 Bq/m2 gemessen wurde.

Dieser hohe Sicherheitsstandard wird noch erhöht durch die Barrieren des Spannbetonbehälters und des Containments, das in der Lage ist, bei Neukonstruktionen den gesamten He-Inhalt des Primärkreislaufes aufzufangen. Damit ist das „Zero-Emissionskonzept“ erreicht.

Die nuklear-physikalische inhärente Sicherheit wurde durch zwei „Versuchs-Test-Gau“ beim AVR 1967 und 1976 und einem gleichen Versuch im chinesischen HTR-10 2006 erprobt und nachgewiesen.4,5,7,10,11,12 Diese extremen Versuche konnten nie an einem anderen Reaktorkonzept durchgeführt werden, es wäre überall zur Katastrophe gekommen. Die Reaktorunfälle von Tschernobyl und Fukushima hätten nicht stattgefunden, wenn dort ein HTR betrieben worden wäre. Kernschmelzen sind in HTR/THTR-Kernkraftwerken ausgeschlossen.

Im AVR getested und im THTR-300 eingesetzt wurden Brennstoffkompositionen mit U-235-Th-232 und damit erbrütetes U-233, als (U,Th)C2, (U,Th)O2, UO2 , ThO2. Ferner getestet wurden, auch in Südafrika, Kombinationen mit U-235-U-238, Th-232; Pu-238, -239, -240, -241, -242; Sämtliche Testergebnisse sind vorhanden. Alle Versuche zeigten, daß eine gemeinsame Verbrennung dieser Stoffe möglich ist. Durch die Abbrand-Messung jedes einzelnen Brennelementes kann der Abbrand auch von Pu bestimmt werden. Dadurch ist es möglich, die Vorgaben des „Non-Proliferation-Treaty“ NPT einzuhalten.6,7,8,9,10,11

Das Kugel-Brennelement ist damit das universellste, sicherste und betrieblich am einfachsten einzusetzende Brennelement aller bekannten KKW. Gekühlte Abklingbecken sind nicht erforderlich. Die abgezogenen Brennelemente bedürfen keiner Kühlung, weder im KKW selbst noch in den Lagerbehältern. Explosionen in den Abklingbecken bei fehlender Kühlung wie in Fukushima sind damit ausgeschlossen.

Damit entfallen auch alle politischen Probleme der Suche nach einem Endlager.

Wir können mit den vorhandenen negativen wie positiven Erfahrungen aus dem Betrieb des AVR und des THTR-300 von einer weitgehend erprobten Technik ausgehen.1,2,7,11,12

Wir sind damit in der Lage, sichere THTR-KKW in allen vom Markt geforderten Leistungsgrößen zu konstruieren.1,2,6,11,12


Literatur

- U. Cleve: „Technik und zukünftige Einsatzmöglickeiten nuklearer Hochtemperaturreaktoren“. Fusion 1/2011.

- U. Cleve: „A Technology Ready for Today“. 21st Century Science & Technology 2010;

- A. Evans-Pritchard: „Chinesen bahnen Weg für Thorium-Nutzung“, Januar 2013, http://www.larsschall.com/2013/01/12/chinesen-bahnen-weg-fur-thorium-nutzung/.

- Dong, Yujie: „Status of Development Scheme of HTR-PM in the Peoples Republic of China“. Vienna, Austria July 2011.

- Xu Yuanhui: “A Radical Kind of Reactor”. The New York Times 24.3.2012.

- U. Cleve, K. Knizia, K. Kugeler: “The Technology of High-Temperature-Reactors.“ ICAPP-Congress Nice May 2011.

- U. Cleve: „Die inhärente Sicherheit der HTR-Kernkraftwerke mit Kugeln als Brennelemente”: KTG-Tagung „Nutzen der Kerntechnik“, Berlin 2013, VDI-Bericht Nr.729/1989.

- N. Nabielek, K. Verfondern, M.J. Kania: „HTR Fuel Testing in AVR and MTRs“. HTR-Conference, Prague (2010).

- E. Mulder, D. Servontein, W. van der Merve, E. Teuchert: „Thorium and uranium fuel cycle symbiosis in a Pebble Bed High Temperature Reactor“. HTR-Conference, Prague (2010).

- U. Cleve: „The Technology of High-Temperature-Reactors and combined Production of electrical Power and of Nuclear Process Heat”, University of Cracow, NUTECH-2011.

- U. Cleve: „Konstruktionsprinzipien zur nuklearen und betrieblichen Sicherheit von HTR-KKW”. (unveröffentlicht)