Leibniz, LaRouche und Amerikas Beziehung zu China und Rußland
Von Mike Billington
Die folgende Rede hielt Mike Billington, Asien-Korrespondent
des Nachrichtenmagazins EIR, am 29. Juni auf einer Konferenz der
Schiller-Instituts in San Francisco.
Wie auf der Konferenz bereits angeklungen ist, treiben die
Obama-Administration und ihre britischen Hinterleute die Welt wegen der
Syrien-Frage rapide in einen Krieg gegen Rußland und China; doch Rußland wird
nicht zulassen, daß Syrien ähnlich wie Libyen in die Hände terroristischer
Banden fällt. In Asien hat sich Obama auf eine Kriegsdoktrin zu Luft und zu
Wasser verlegt. Wie ich in der jüngsten Ausgabe von EIR geschrieben
habe, gibt es in den Institutionen starken Widerstand gegen diese Politik,
aber alles steht auf Messers Schneide.
Ich möchte hier zeigen, daß die Auffassung, Rußland und China seien
natürliche Feinde der Vereinigten Staaten, eine rein britische Erfindung ist -
auch wenn viele verdummte Amerikaner diesen britischen Gifttrunk geschluckt
haben. Tatsache ist, daß die Verbindung zwischen den Vereinigten Staaten und
Asien - Rußland und China - ganz natürlich ist und schon lange vor der
Gründung der USA als Nationalstaat begann, ja sogar vor der Entdeckung
Amerikas durch Christoph Kolumbus.
Amerika begann im Grunde als Gedankenobjekt im Geiste einiger der größten
Denker der westlichen Zivilisation, insbesondere Nikolaus von Kues und
Gottfried Wilhelm Leibniz. Das war damals genauso real wie heute, denn eine
Nation ist nicht nur ein geographischer Ort oder eine Regierung, die man mit
den Sinnen wahrnimmt, sondern sie ist ein dynamischer Prozeß, eine Idee, die
„Stadt auf dem Berg“,1 die Neue Welt.
Wie heute Lyndon LaRouche haben auch Cusa und Leibniz nicht nur von der
Zukunft geträumt, sondern sie sahen in der Zukunft sowohl den Schrecken einer
weiteren imperialen Herrschaft als auch das große Potential der Neuen Welt, in
der sie eine Republik frei von der oligarchischen Kontrolle europäischer
Monarchen und globaler Imperien schaffen wollten. Wie wir sehen werden, hatte
Leibniz schon vor der offiziellen Gründung eine natürliche Allianz zwischen
den zukünftigen Vereinigten Staaten und Rußland sowie China geschaffen.
Dieses natürliche Bündnis wurde unter Franklin Roosevelt erneuert, um den
Faschismus in Europa zu besiegen, und kommt heute, inspiriert durch Lyndon und
Helga LaRouche, wieder zustande auf der Grundlage eines neuen Paradigmas für
das Überleben der Zivilisation. Großprojekte wie die Eurasische Landbrücke und
der Tunnel unter der Beringstraße, der Rußland, China und die Vereinigten
Staaten auf der Schiene miteinander verbindet und damit eine gemeinsame
Mission für die Zukunft schafft, können und müssen die schöpferischen Konzepte
unserer Vorfahren vollenden und die Macht des Imperiums ein für allemal
beenden.
Abb. 1: Der Philosoph, Wissenschaftler und Diplomat Gottfried Wilhelm
Leibniz
Die Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus läßt sich, wie inzwischen
allgemein bekannt ist, direkt auf Nikolaus von Kues und seinen engen Freund
Paolo Toscanelli zurückführen, der Kolumbus klar machte, daß man den Fernen
Osten erreichen könnte, indem man nach Westen segelt, und ihm versicherte, daß
zwischen beiden eine Neue Welt läge. Bei seiner Fahrt führte Kolumbus eine
Karte mit, die Toscanelli ihm übergeben hatte.
Ich habe bereits auf der ersten unserer Konferenzen zum Neuen Paradigma
letzten November in Frankfurt festgestellt, daß Gottfried Wilhelm Leibniz
(Abbildung 1) nicht nur ein Anhänger Cusas und der herausragende
Philosoph und Wissenschaftler seiner Zeit, sondern auch ein großer Staatsmann
gewesen ist. Er arbeitete mit Peter dem Großen in Rußland zusammen, um 1724
die Russische Akademie der Wissenschaften zu gründen, er arbeitete eng mit
jesuitischen Missionaren zusammen, die zum Zentrum der chinesischen
Wissenschaftsinstitutionen geworden waren, und er vermittelte sogar ein
Abkommen zwischen Rußland und China zur Beilegung von Grenzfragen und zum
Beginn einer Zusammenarbeit - der erste Ost-West-Vertrag der Geschichte. Er
veröffentlichte 1697 das Journal Novissima Sinica (Das Neueste von
China) mit Analysen der Schriften von Konfuzius, Menzius und dem größten
Denker der Renaissance der Song-Dynastie im 12. Jahrhundert, Zhu Xi, der von
den Jesuiten übersetzt worden war, und machte sie in ganz Europa bekannt. Ein
Zitat aus Novissima Sinica bezieht sich direkt auf meine Darstellung
der Entwicklungen in den USA:
„Ich betrachte es als einen einzigartigen Plan des Schicksals, daß die
menschliche Zivilisation und Verfeinerung heute gleichsam an den beiden
Extremen unseres Kontinents konzentriert sein sollte - in Europa und China,
das den Orient ebenso schmückt wie Europa das andere Ende der Erde. Vielleicht
hat die höchste Vorsehung ein solches Arrangement angeordnet, damit, wenn die
kultiviertesten und fernsten Völker sich die Arme reichen, diejenigen, die
zwischen ihnen liegen, vielleicht zu einer besseren Lebensart geführt
werden.“
In seiner Analyse der konfuzianischen Philosophie schrieb Leibniz: „Es ist
reinstes Christentum, insofern, als es das natürliche Gesetz erneuert, das in
unsere Herzen geschrieben ist.“ Behalten wir diesen Satz für später in
Erinnerung.
Die Gründerväter der Vereinigten Staaten waren stark von Leibniz’ Werken
beeinflußt und pflegten die Kontakte mit den Leibniz-Kreisen in Rußland,
besonders in der Russischen Akademie der Wissenschaften. Während des
amerikanischen Unabhängigkeitskriegs gegen die Briten beschlagnahmten die
Briten russische (und andere) Schiffe, die Handel mit den Kolonien trieben,
bis sich Benjamin Franklin und andere Mitglieder seiner Amerikanischen
Philosophischen Gesellschaft in Appellen direkt an ihre Kollegen in der
Akademie der Wissenschaften von St. Petersburg und an bestimmte russische
Diplomaten wendeten, was dann zur Gründung der Liga der Bewaffneten
Neutralität führte. Die Liga der Bewaffneten Neutralität erklärte, daß Rußland
(und andere offiziell neutrale Länder) das Recht hätten, mit den Kolonien
Handel zu treiben, und daß sie jeden britischen Angriff auf neutrale
Handelsschiffe als kriegerischen Akt betrachteten.
Nach dem Krieg ging der amerikanische Seeheld John Paul Jones nach Rußland
und half beim Aufbau der russischen Flotte, und Amerikas größter Staatsmann
John Quincy Adams wurde 1809 der erste amerikanische Gesandte in Rußland.
Führende russische Kreise veröffentlichten 1807 Alexander Hamiltons Bericht
über das Manufakturwesen und verdeutlichten dem Zaren, daß dessen
Prinzipien auch für die Entwicklung Rußlands als Kontinentalmacht anwendbar
wären. Ebenso war das amerikanische Pionierkorps in den 1840er Jahren direkt
am Bau der ersten russischen Eisenbahn zwischen St. Petersburg und Moskau
beteiligt.
Die Briten bemühten sich fast das ganze 19. Jahrhundert lang, nicht nur die
Vereinigten Staaten, sondern auch Rußland und China durch Kriege und
Wirtschaftssabotage zu zerschlagen. Der Krimkrieg gegen Rußland in den 1850er
Jahren sollte Rußland spalten, und kurz darauf folgte der von den Briten
angestiftete Bürgerkrieg in den USA, ebenfalls um das Land zu spalten und den
Freihandel mit Sklaven und billiger Baumwolle von den Sklavenplantagen
fortzuführen. In gewisser Weise war der Bürgerkrieg auch eine Verlängerung der
beiden Opiumkriege gegen China in den 1840er und 1850er Jahren - Kriege, die
den Freihandel mit Sklaven und Opium sicherstellen sollten.
Auch im Bürgerkrieg waren die amerikanischen Beziehungen zu Rußland
entscheidend, um den Sieg über die Konföderierten sicherzustellen. Wer weiß
heute noch, daß an dem entscheidenden Zeitpunkt des Bürgerkriegs die gesamte
russische Flotte im New Yorker Hafen und auch 1863 hier in der San Francisco
Bay im Einsatz war?
Rußland hatte die Briten und deren französische Verbündete wissen lassen:
Wenn sie weiterhin auf Seiten der Konföderierten eingriffen (wohlgemerkt eine
„Friedensmission“, eine nach britischen Moralmaßstäben gerechtfertigte
humanitäre Aktion, um die Zivilisten in der Konföderation vor den
marodierenden Nordarmeen zu schützen!), dann würde Rußland zum Schutz der
rechtmäßigen Regierung der Vereinigten Staaten intervenieren. Das klingt
vertraut, wenn man an die heutige Lage in Syrien denkt, und das ist kein
Zufall.
Bild: Wikipedia Commons/Cave cattum/cc-by-sa 3.0
Abb. 2: Die ab 1862 auf Betreiben von Präsident Lincoln gebaute
Transkontinentale Eisenbahn nach Kalifornien
Bild: Cooper Consulting Co./Hal Cooper, Jr.
Abb. 3: Das Projekt des Eisenbahntunnels unter der Beringstraße als
Verbindung zwischen Nordamerika und Asien...
Bild: EIRNS
Abb. 4: ... ist heute ebenso eines der zentralen Elemente des Konzepts des
weltumspannenden Infrastrukturnetzes der „Weltlandbrücke“...
Bild: Wikipedia Commons/Stefan Kühn
Abb. 5: ... wie die bereits im 19. Jahrhundert gebaute „Transsibirische
Eisenbahn“ (rot).
Abb. 6: Rev. William Speer, 1822-1904, mit seiner Ehefrau, Elizabeth
Ewing
Abb. 7: Presbyterian Church, San Francisco (Chinatown)
Bild: Wikipedia Commons/Stefan Kühn
Abb. 8: Chinese Hospital, San Francisco (Chinatown)
Auch Präsident Abraham Lincoln hatte verstanden, als der Krieg ausbrach,
daß die Vereinigten Staaten extrem anfällig wären, solange der Kontinent
geteilt bliebe. Kalifornien war 1850 zum Bundesstaat geworden, nachdem der
Goldrausch von 1848 Zehntausende Amerikaner und Tausende Chinesen ins Land
gelockt hatte, aber die Fahrt zur Westküste nahm mehrere Monate in Anspruch
und war gefährlich. Das war ein Grund dafür, daß Teile der russischen Flotte
nach San Francisco kamen, um einen britischen Einfall in die ungeschützte
Gegend am Pazifik zu unterbinden.
Deswegen setzten Lincoln und der Kongreß 1862 - noch während der Krieg
wütete - das Projekt der Transkontinentalen Eisenbahn in Gang, um das Land
durch die Schiene zu vereinigen (Abbildung 2). In dessen Gefolge
entstanden überall auf dem Kontinent Städte und Farmen und das gesamte Land
dazwischen wurde in den Staat eingegliedert.
Ein weiteres Ziel war die Verbindung nach Asien. Die USA waren von Asien
weitgehend abgeschnitten; tatsächlich wurde der meiste Handel mit Asien vor
dem Bürgerkrieg von Kaufleuten in Boston abgewickelt, ausgesprochenen
britischen Agenten, die sich ganz offen am britischen Opiumhandel beteiligten
- darunter auch die Familie von William Weld, der als US-Staatsanwalt in
Massachusetts in den 1980er Jahren die Anklage gegen Lyndon LaRouche führte.
Die Bemühungen einiger mutiger Missionare und anderer, den Briten in China und
Asien insgesamt etwas entgegenzusetzen, wurden von der britischen Übermacht
leicht vereitelt. Die Transkontinentale Eisenbahn war jedoch wie ein Pfeil
durch den Kontinent, der direkt nach China zeigte, und sie öffnete der
erstarkenden Industriemacht der Union den Weg für Handel und Investitionen in
Asien.
Bekanntermaßen kamen 80% der Arbeiter, die an der transkontinentalen
Eisenbahn bauten, aus China, und man brachte ihnen wegen der Güte ihrer Arbeit
hohe Achtung entgegen. Weit weniger bekannt ist, daß damals auch russische
Ingenieure in San Francisco waren, und als sich entlang der Bahnstrecken die
Telegraphenleitungen über den nordamerikanischen Kontinent erstreckten,
planten Rußland und die USA eine Telegraphenverbindung an der nördlichen
Pazifikküste bis zum russischen Amerika (dem heutigen Alaska) und dann über
die Beringstraße und quer durch Rußland bis St. Petersburg.
Das Vorhaben wurde erst 1867 aufgegeben, als das transatlantische Kabel den
Betrieb aufnahm. Doch mit dem Projekt wurde die ganze Gegend erschlossen und
es bereitete damals den amerikanischen Kauf Alaskas von den Russen vor. Heute
wird die Idee von der LaRouche-Bewegung und den Russen im Zusammenhang mit dem
NAWAPA-Projekt und verwandten Großprojekten zum Bau der Eurasischen Landbrücke
wiederbelebt (Abbildungen 3 und 4).
Nach dem Bürgerkrieg brachte Lincolns Ökonom Henry Carey das Amerikanische
System und die Idee des transkontinentalen Aufbaus nach Europa - nach
Deutschland, wo Bismarck das Land nach den Prinzipien des Amerikanischen
Systems aufbaute, und nach Rußland, wo Graf Witte sich dafür einsetzte, die
Transsibirische Eisenbahn (Abbildung 5) zu bauen, um ein weiteres Mal
den Atlantik mit dem Pazifik zu verbinden, diesmal über den eurasischen
Kontinent.
In Bezug auf die amerikanisch-chinesischen Beziehungen möchte ich über
jemanden sprechen, von dem Sie höchstwahrscheinlich noch nie gehört haben.
Allein dieser Umstand spricht Bände, was aus unserem Land geworden ist.
Reverend William Speer (Abbildung 6) war ein Zahnarzt und presbyterianischer Missionar, der
1846 nach Kanton (Guangzhou) ging, um dort die erste presbyterianische Mission
zu eröffnen. Er sprach bald fließend kantonesisch, mußte aber nach fünf Jahren
das Land aus gesundheitlichen Gründen verlassen.
Er verbrachte dann den größten Teil seines Lebens in San Francisco, wo er
mit chinesischen Einwanderern arbeitete und die erste asiatische christliche
Kirche in den USA gründete (heute die Presbyterian Church in Chinatown,
Abbildung 7), wie auch eine Schule und eine Apotheke (heute das Chinese
Hospital, Abbildung 8). Er hielt überall Vorträge, veröffentlichte
viele Schriften auf englisch und chinesisch und schrieb 1870 ein Buch mit dem
Titel „Die ältesten und die neuesten Imperien: China und die Vereinigten
Staaten“.
Man lasse sich nicht von dem Begriff Imperium verwirren, denn er benutzte
diesen Begriff positiv im Sinne eines Landes mit einer weltweiten Mission. Ich
möchte einige Passagen aus diesem Buch vorstellen, und Sie werden schnell
sehen, daß es aus der Leibnizschen Tradition stammt.
Über seine Sicht Chinas in Amerika: Die übliche (negative) Einschätzung
Chinas und seiner Menschen in England und Amerika lasse sich nicht anders
erklären als durch den schlechten Einfluß der Britischen Ostindiengesellschaft
und des diabolischen Opiumhandels. Er berichtet, daß praktisch alle Bücher
über China von Beamten der britischen Regierung oder von britischen
Missionaren geschrieben wurden, die alle zwei fatalen Einflüssen erlegen sind,
der Monarchie und ihrer Selbstbereicherung durch den Opiumhandel. (Hier sieht
man, daß bei ihm keine Verwirrung über Imperien herrscht.)
Seine Verbundenheit mit Leibniz und dessen globaler Sicht wird an folgender
Passage deutlich. Über das Wesen der chinesischen Bevölkerung: Konfuzius und
Menzius sahen mit Bitterkeit, daß eine Wahrheit, die nicht über die Erde
hinausblickt, völlig wirkungslos ist, wenn man die Gesellschaft reformieren
oder die menschlichen Leidenschaften im Zaum halten will. In seinen Augen gab
es nur wenige Länder auf der Welt, in denen die Freiheit der Menschen
eindeutiger auf ihre Intelligenz gegründet oder besser vor Despotismus
geschützt sei als in China.
Er schreibt, daß China im Mittelalter das größte und zivilisierteste
Königreich auf der Erde war, aber China sei stehen geblieben, während sich der
Westen mit dem Anbruch der Renaissance nach vorn bewegt hätte. Speer bezieht
sich auch direkt auf Leibniz, auch wenn ihn nicht namentlich nennt - man denke
hier an das vorhin genannte Leibniz-Zitat:
„In den vergangenen Jahrhunderten haben die meisten philosophischen Denker
darauf aufmerksam gemacht, welch gewaltige Folgen es hätte, wenn sich die
beiden gegensätzlichen imperialen Strömungen - seit Anbeginn der Zeit eine
östliche und eine westliche - schließlich treffen und zusammenfließen. An
unserer Pazifikküste hat dieser abschließende Vorgang der Weltgeschichte jetzt
eingesetzt.“
Auch über das Wesen des Menschen bezieht er sich auf Leibniz’ Überzeugung,
daß die Wahrheit in unsere Herzen geschrieben sei: „Die ewigen
Rechtsgrundsätze, die der Herr der Welt in die menschlichen Herzkammern
geschrieben und stärker und verbindlicher gemacht hat als alle vom Menschen
verfaßten Gesetze.“
Alexander Hamilton, so schreibt Speer, habe deren Natur mit der Klarheit
des Sonnenlichts dargestellt: „Gott hat ein ewiges und unveränderliches Recht,
das für die ganze Menschheit verbindlich ist, festgesetzt, bevor der Mensch
sich eigene Einrichtungen geschaffen hat. Er schenkte dem Menschen rationale
Fähigkeiten, mit deren Hilfe dieser erkennen und betreiben kann, was seinen
Pflichten und Interessen entspricht, und Er stattete ihn mit unveräußerlichen
Rechten auf persönliche Freiheit und persönliche Sicherheit aus. Nach den
heiligen Rechten der Menschheit suche man nicht in alten Pergamenten oder
muffigen Archiven. Sie sind wie mit Sonnenstrahlen von Gott eigenhändig in die
Gesamtheit der menschlichen Natur hineingeschrieben und können durch irdische
Mächte weder ausgelöscht noch verschleiert werden.“
An anderer Stelle zitiert er, ohne ihn zu nennen, praktisch aus Abraham
Lincolns zweiter Antrittsrede, die Sie hoffentlich alle an der Wand des
Lincoln Memorials in Washington gelesen haben. Das folgende erschien, wie
gesagt, 1870:
„Der Herrscher [d.h. Gott] behauptet und beweist zu gegebener Zeit
göttliche Gerechtigkeit und Macht, indem Er die Unterdrücker und Übeltäter
hart bestraft und diejenigen, die gelitten haben, entschädigt. Die Geschichte
der afrikanischen Sklaverei und der Verurteilungen, die sie über uns gebracht
hat, ist sicherlich eine Lehre, die dieses Land nie vergessen sollte.“
Und schließlich über seine globale Vision: „Drei Reiche füllen die Vision
der Zukunft: Die USA, Rußland und China. Nur Großbritannien ist ihnen dem
Umfang seiner kolonialen Besitzungen nach vergleichbar; aber diese sind fern
und weit zerstreut und werden, wenn die göttliche Bestimmung heranreift, von
ihm abfallen, so wie es mit den USA geschehen ist, und Zentren unabhängigen
Einflusses werden. Alle [die USA, Rußland und China] sind durchgehend vom
gleichen Geist beseelt und besitzen eine bestimmte Einheit in Zielen,
Gesetzen, Sprache, sozialen Gewohnheiten und religiösen Empfindungen.“
Schluß
Diese Vision wurde ausgelöscht, wie es den Briten wiederholt in der
Geschichte unseres Landes gelungen ist; sie nutzten Ignoranz und Korruption
aus, so daß in den Vereinigten Staaten rassistische Ausgrenzungsgesetze und
ähnliche Maßnahmen erlassen wurden, die verhinderten, daß die Chinesen in den
amerikanischen Schmelztiegel aufgenommen wurden. Reverend Speer kämpfte gegen
diesen Wahnsinn und verbrachte auch einige Zeit auf Hawaii, wo später der
große chinesische Revolutionäre Sun Yat Sen von amerikanischen Missionaren in
der Tradition Alexander Hamiltons und Abraham Lincolns ausgebildet wurde, um
dann in China eine Republik auf Grundlage der Prinzipien des Amerikanischen
Systems aufzubauen.
Die Aufgabe heute ist die gleiche, nur wären die Folgen des Scheiterns
erheblich größer. Wenn die Zivilisation überleben soll, dann müssen die
Vereinigten Staaten sich umorientieren und die historische Allianz mit Rußland
und China erneuern. LaRouche hat wiederholt betont, daß wir in den USA nicht
nur die Vision, sondern überhaupt die ganze Denkweise der größten Geister
wiederherstellen müssen, die dieses Land geprägt haben - wie Nikolaus von
Kues, Leibniz und LaRouche, die die Zukunft voraussahen, gegen das Imperium
kämpften und die „Stadt auf dem Berg“ schufen. Es ist an uns, ob wir verlieren
oder ob wir etwas neues erschaffen.
Anmerkung
1. Die „Stadt auf dem Berg“ ist ein Begriff aus der Bibel, den der
Gouverneur der Massachusetts-Bay-Kolonie, John Winthrop, 1630 auf die
nordamerikanischen Siedlungen anwandte. Diese Idee wurde dann immer wieder
aufgegriffen (etwa von John F. Kennedy), daß Amerika ein Vorbild an Freiheit
und Antiimperialismus sein müsse.
|