„Nur eine vollständige Bankentrennung kann die Bevölkerung schützen“
Grußwort von Alfheidur Ingadottir, Mitglied des isländischen
Parlaments (Althingi) für den Wahlkreis Reykjavik-Nord, stellv. Sprecherin des
Althingi und Vorsitzende der Links-Grünen Parlamentsfraktion.
Ich sende meine besten Wünsche für eine erfolgreiche Konferenz des
Schiller-Instituts, und begrüße die internationale Kampagne des
Schiller-Instituts für eine Glass-Steagall-artige Bankentrennung. Ich rate den
Parlamentariern in aller Welt dringend, sich mit dem Antrag für eine
Bankentrennung vertraut zu machen, den wir im isländischen Parlament
eingebracht haben, und ernsthaft darüber nachzudenken, ähnliche Schritte zu
unternehmen.
Menschen in aller Welt leiden sehr wegen der hochriskanten Spekulationen
der Finanzwelt, und diese Finanzwelt übt einen enormen Druck auf die Politiker
aus, ihre monetären Werte zu retten, indem sie ihren Wählern eine brutale
Sparpolitik aufzwingen. Ich denke, das ist falsch, und daß es Alternativen
gibt. Eine ist es, eine vollständige Glass-Steagall-Bankentrennung
einzuführen, die helfen kann, die Ersparnisse der Bevölkerung zu schützen, und
die Grundlage dafür ist, eine produktive und gesunde Wirtschaft
aufzubauen.
Nach dem Beginn des derzeitigen Finanzkollapses war Island das erste Land,
in dem das Finanzsystem zusammenbrach. Es war auch das erste Land, das sich zu
erholen begann. Jetzt arbeitet eine Gruppe von Abgeordneten, zu denen auch ich
gehöre, daran, Island zum ersten Land zu machen, was wieder eine
Glass-Steagall-artige Bankentrennung einführt.
Am 24. Oktober 2012 wurde ein Antrag zur Trennung der Geschäftsbanken von
den Investmentbanken erneut ins isländische Parlament eingebracht und von 17
Abgeordneten aus allen Parteien und Unabhängigen außer der
Unabhängigkeitspartei unterstützt. Die Unabhängigkeitspartei gab kurze Zeit
später in einer einstündigen Parlamentsdebatte über diese Frage ebenfalls ihre
Unterstützung bekannt. Der Antrag lautet:
„Das Parlament beschließt, den Minister für wirtschaftliche Angelegenheiten
zu beauftragen, einen Ausschuß einzusetzen, der den Rahmen für die
Bankdienstleistungen in Island revidiert, um das Risiko von Störungen für die
Volkswirtschaft - durch die Trennung der Geschäftsbanken von den
Investmentbanken - zu minimieren. Der Ausschuß soll die Regelungen der
benachbarten Länder in dieser Hinsicht untersuchen, und seine Empfehlungen bis
zum 1. Februar 2013 vorlegen.“
Wird unser Antrag verabschiedet, was sehr wahrscheinlich ist, sollte es
möglich sein, daß diese Vorschläge schon vor dem Termin am 1. Februar
vorliegen.
Hier sind einige der Punkte, die ich in der Parlamentsdebatte hervorgehoben
habe:
- Das Ziel des Antrags ist es, die Geschäftsbanken in unserem Land von
den riskanten Investment-Bankgeschäften zu trennen. Derzeit gibt es nur sehr
wenig Investment-Aktivitäten in den isländischen Banken, man schätzt den
Anteil auf etwa 5%, aber vor dem Krach hatten sie etwas mehr als 30%
erreicht.
- Die Mitunterzeichner denken, daß es angemessen ist, diesen Schritt
jetzt vollständig durchzuführen, bevor das Investmentbanking wieder alle Macht
im isländischen Bankensystem zurückgewinnt. Auch wenn der Anteil immer noch
gering ist, wächst er bereits wieder.
Warum sollten wir diese Aktivitäten trennen, könnte man fragen? Die
Trennung dieser beiden verschiedenen Arten von Finanzdienstleistungen wird die
systemischen Risiken für die Volkswirtschaft reduzieren, die vom Finanzsektor
ausgehen. Während einige darauf hinweisen, daß eine Bankentrennung noch nicht
alle Probleme löst, betonen andere, daß dies eine absolute Voraussetzung für
wirtschaftliche Stabilität und ehrliche Geschäfte ist. Durch die Trennung
stellen wir wirklich sicher, daß die Ersparnisse der Bevölkerung von den
Besitzern der Investmentbanken nicht als „Spielgeld“ für ihre riskanten
Geschäfte verwendet werden. Durch die Trennung kann der Staat sicherstellen,
daß die normalen Sparguthaben nicht erneut mißbraucht werden, so daß die
Verluste durch riskante Kredite und Investitionen nicht auf den Steuerzahler
und den Staatshaushalt zurückfallen.
Normale Bankeinlagen und die Kreditvergabe an Haushalte und Unternehmen
werden als normale oder kommerzielle Bankgeschäfte eingestuft. Diese Einlagen
sind durch Garantien der Regierung weitgehend geschützt. Werden diese
geschützten Einlagen zusammengelegt mit einer spekulativen und riskanten
Investmentstrategie, dann entsteht eine giftige Mischung, die das gesamte
Finanzsystem ruinieren kann und bereits ruiniert hat, mit schwerwiegenden
Konsequenzen für die Haushalte und den Staatsschatz. Die Konsequenzen kennen
wir in Island sehr gut.
Die Mitunterzeichner haben keine Zweifel, daß diese giftige Mischung
nachweislich eine Ursache für den Kollaps unserer Banken war.
In einem Bericht, den das Ministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten
im April 2012 vorlegte, heißt es auf den Seiten 84 und 85, daß es keinen
Zweifel gebe, daß die sehr unglückliche Beziehung zwischen Einlagen und dem
Investment zum Teil die Wurzel der Krise von 2008 gewesen ist.
Es heißt außerdem, daß die Finanzstabilität durch eine stärkere
Unterscheidung zwischen diesen beiden Aspekten des Bankwesens gestärkt würde,
und daß es derzeit klare Warnsignale in Bezug auf diese unglückliche Beziehung
zwischen den beiden Segmenten des hiesigen Finanzsystems gebe.
Die Autoren würden eine Unterscheidung oder Trennung dieser Segmente als
zukünftiges Arrangement nicht ausschließen, vor allem, wenn der Trend auf den
internationalen Märkten sich in diese Richtung bewegt.
In einer Erklärung, die unseren Antrag begleitete, diskutieren wir, wie
eine vollständige Trennung dieser beiden Faktoren unter den Banken in den
Vereinigten Staaten nach dem Krach der New Yorker Börse 1929 und der
anschließenden Krise sichergestellt wurde. Das sogenannte
Glass-Steagall-Gesetz war in den Jahren 1933-1999 in Kraft, und das globale
Finanzsystem folgte in dieser Hinsicht den USA, aber 1999 hielt man es in den
Vereinigten Staaten nicht mehr für notwendig. Das Gesetz wurde aufgehoben, und
in weniger als zehn Jahren war es allen Finanzinstituten wieder erlaubt,
normale Bankgeschäfte und Investmentaktivitäten zu verbinden. Bis 2007-2008
eine neue Bankenblase platzte.
Es ist klar, daß die jüngste Bankenkrise eine Neubewertung dieser Frage in
der gesamten transatlantischen Region erfordert. Insbesondere nach dem Skandal
um die Barclay’s Bank in Großbritannien gab es in den USA, in Großbritannien,
in Europa und Island eine öffentliche Debatte über die Wiedereinführung von
Glass-Steagall.
Die Idee, wieder eine Trennung im Geiste des Glass-Steagall-Gesetzes
einzuführen, gewinnt zur Zeit in der gesamten westlichen Welt zunehmend an
Unterstützung. Aber es gibt auch jene, insbesondere in den Vereinigten Staaten
und Großbritannien, die argumentieren, daß es besser wäre, die Banken nur
teilweise zu trennen - wie etwa bei dem Vorschlag der britischen
Vickers-Kommission für einen „Ringzaun“. Das heißt, man würde innerhalb
derselben Bank getrennte Abteilungen schaffen. Wieder andere ziehen die
schwache Volcker-Regel für die USA vor.
Wir glauben jedoch, daß nur eine vollständige Bankentrennung die
Bevölkerung vor den Exzessen der Spekulanten schützen kann. Hier in Island
haben wir jetzt die einzigartige Möglichkeit, diesen notwendigen Schritt
durchzuführen und so den anderen Ländern den Weg zu einer vollständigen
Bankentrennung zu zeigen. Die Mitunterzeichner denken, daß die Verabschiedung
dieses Antrags notwendig ist, damit wir weiter eine gesunde Volkswirtschaft
für unser Land aufbauen können, von der die Zukunft unseres Landes
abhängt.
Jetzt ist es an der Zeit, daß die politischen Führer an das Wohl der
zukünftigen Generationen denken und mutige Maßnahmen ergreifen, um das
Gemeinwohl der Bevölkerung zu schützen. Wir sind zur Loyalität gegenüber
unseren Wählern verpflichtet, aber nicht gegenüber den Mächten der
Finanzwelt.
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