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  13. Februar 2007   Newsletter  

LaRouche vor Diplomaten: Es geht um die Globalisierung

In einem Vortrag vor Diplomaten in Washington am 8.2. schockierte Lyndon LaRouche die Zuhörer mit einer Neudefinition der strategischen Weltkrise. Es folgen Auszüge. „Wichtige Fragen wie Südwestasien oder Iran sind nicht das wirkliche Thema. Sie sind wichtig, aber im Grunde geht es um etwas anderes. Im Grunde geht es darum, daß eine Gruppe, deren Zentrum Großbritannien ist und die mit Kräften in den USA - wie den Kreisen, die die Regierung Bush vertritt - eng zusammenhängt, einen Vorstoß zur totalen Globalisierung unternimmt. Die Wende des derzeitigen Präsidenten der USA hin zum Umweltschutz ist ein anschauliches Beispiel dafür. Was sie anstreben, ist ein Weltreich, nach dem Vorbild dessen, was geschah, als Byzanz um das Jahr 1000 als imperiale Macht zusammenbrach. Damals übernahm die venezianische Finanzoligarchie die Steuerung der normannischen Ritter und beherrschte die mittelalterliche (ultramontane) Ordnung des 11.-13. Jahrhunderts, die auf dem Angriff gegen den Islam und auch auf Antisemitismus beruhte.

Großbritannien als Macht sagt, es kann kein globalisiertes System geben, wenn es ein starkes Mächtebündnis in Asien zusammen mit den USA gibt. D.h., wenn die USA, Rußland, China und Indien entschlossen sind, das Prinzip der nationalen Souveränität zu verteidigen, und sich darauf einigen, dann kann sich die Globalisierung nicht durchsetzen. Deshalb sind die Hauptangriffsziele der Kräfte, die Cheney vertritt und die Blair in London vertritt, Rußland, China und Indien. Nicht Iran oder Irak oder Südwestasien. Südwestasien und der Iran sind nur deshalb Angriffsziele, weil das der Ausgangspunkt für einen offenen Angriff auf China, Rußland, Indien etc. ist... Es geht um die Globalisierung...

Wir brauchen ein System, das den allgemeinen Zusammenbruch des Weltfinanzsystems überwindet. Das jetzige Weltfinanzsystem ist todgeweiht. Nichts kann es in seiner jetzigen Form retten... Wir müssen das einrichten, was Roosevelt mit den Vereinten Nationen vorhatte: ein System der Zusammenarbeit jeweils souveräner Nationen, die in ihrem gemeinsamen Interesse kooperieren und Vertragssysteme gründen, die eine separate und unabhängige, aber kooperative Rolle der Nationalstaaten vorsehen... Wir sollten unser historisches Gedächtnis aktivieren. Das ist die Politik, zu der die Vereinigten Staaten zurückkehren müssen - die Politik, die Roosevelt bis zu seinem Tode verfolgte. Und das meiste, was danach getan wurde, sollte man als großen Fehler betrachten.

Briten kündigen Wiederbelebung des ,Empah’ an

In seinen Bemerkungen kommentierte Lyndon LAROUCHE am 8.2. auch eine vielsagende Artikelserie, der in der Ausgabe des Economist vom 3.2. unter dem Titel „Britannia Redux, ein Spezialbericht über Großbritannien“ erschien. Der Sonderteil lief auf die Absichtserklärung hinaus, das Britische Empire wiederzubeleben, wie die folgenden kurzen Auszüge zeigen:

„, Rule Britannia’, die inoffizielle Nationalhymne aus dem Jahr 1740, feierte nicht nur Großbritanniens Militärmacht, sondern auch seine kommerziellen Leistungen. Ein Jahrhundert später hatte Großbritannien sich seine Vorschußlorbeeren redlich verdient. Das war auf dem Höhepunkt seines weltweiten Einflusses, der mit der letzten großen Welle der Globalisierung einherging. Als das erste industrialisierte Land erzeugte Großbritannien schon bald mehr als die Hälfte der Kohle, des Rohstahls und der Baumwolltextilien der Welt. 1880 beliefen sich seine Exporte von Fertigprodukten auf 40% der globalen Gesamtexporte, und 1890 gehörte ihm mehr Schiffstonnage als der übrigen Welt zusammen.

Weniger als ein Jahrhundert nach diesen ruhmreichen Tagen war Großbritannien der ,Kranke Mann Europas’... Nun ist sein Glück wieder im Steigen begriffen... Es hält an seiner post-imperialen Gewohnheit fest, global zu denken und zu investieren, und es ist die Heimat des wichtigsten internationalen Finanzzentrums. All das macht es zum Testfeld der Globalisierung.“ Der Economist enthält eine ziemlich lange Reihe von Artikeln, in denen die Idee dargelegt wird, daß die Globalisierung schon immer das Spiel Großbritanniens gewesen sei, daß die Globalisierung ihren Höhepunkt im 19. Jahrhundert erreicht habe, als die Britische Ostindiengesellschaft die Welt regierte, und daß wir nun, nach einer Zeit, in der Großbritannien der ,Kranke Mann Europas’ war, wieder am Anfang des Kreislaufs angekommen seien. Kurz: Die Globalisierung sei wieder zurückgekehrt, und mit ihr auch das Britische Weltreich.

Putin bricht die Spielregeln bei der Wehrkundetagung

Die Agenda der diesjährigen Internationalen Sicherheitskonferenz („Wehrkunde-Tagung“) in München vom 9.-11.2. sah ursprünglich harsche westliche Angriffe auf die russische Politik, Forderungen nach einem intensiveren militärischen Engagement der NATO im Irak und in Afghanistan, sowie Werbetrommeln für ein Vorgehen gegen den Iran vor. Die Politik der Regierung Bush wurde dabei von Verteidigungsminister Robert Gates sowie den Senatoren John McCain, Joe Lieberman und John Kyl vertreten. Die drei früheren US-Botschafter John Kornblum, Richard Burt und Richard Holbrooke vervollständigten das Lager der Neocons. Etwa ein Drittel der 250 Teilnehmer kamen aus den USA. Neben Politikern und Verteidigungsexperten aus den NATO-Mitgliedsstaaten nahmen auch der iranische Chefunterhändler in Nuklearfragen, Ali Laridschani, der indische Nationale Sicherheitsberater M.K. Narayanan und der chinesischen stellv. Außenminister Zhang Yesui an der Konferenz teil.

Natürlich standen Angriffe auf den Iran im Mittelpunkt. Die israelische Außenministerin Tsipi Livni warf dem Iran erneut vor, die größte Bedrohung in der Region zu sein, die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte, der Iran müsse sein Atomprogramm einstellen, während Washingtons Vertreter über die kriegerischen Absichten des Iran geiferten. Präsident Putin drehte jedoch den Spieß um, indem er am 9.2. seine Rede mit der Erklärung eröffnete, er werde darstellen, was er „wirklich über die internationale Sicherheit denke“ - ohne die üblichen diplomatischen Höflichkeiten. Die wichtigsten Sicherheitsfragen auf der Welt seien „Stabilität der Weltwirtschaft, Überwindung der Armut, wirtschaftliche Sicherheit und die Entwicklung des Dialogs zwischen den Kulturen“. Er zitierte Franklin Roosevelt, der nach dem Einmarsch der Nazis in Polen gesagt hatte: „Wenn der Frieden irgendwo gebrochen ist, ist der Frieden aller Länder überall in Gefahr.“

Nach dem Kalten Krieg sei keine „unipolare Welt“ entstanden, sagte Putin und verurteilte den Versuch, ein solches Modell durchzusetzen. „Natürlich gab es in der Geschichte der Menschheit Perioden der Unipolarität und von Versuchen, die Weltherrschaft zu erringen... Letztendlich bedeutet es praktisch nur eines: ein Machtzentrum, ein Kraftzentrum, ein Entscheidungszentrum.
Es ist eine Welt mit einem Herren, einem Souverän. Und das ist letztendlich ruinös, nicht nur für alle, die in diesem System sind, sondern auch für den Souverän selbst, weil er von innen zerstört wird.“ Die unipolare Idee sei unmöglich und inakzeptabel, werde aber trotzdem verfolgt.
„Was ist das Resultat?“, fragte Putin. „Einseitige, oft illegitime Aktionen haben kein einziges Problem gelöst. Sie haben neue menschliche Tragödien und Brutstätten von Spannungen geschaffen. Urteilen Sie selbst: die Zahl der Kriege, lokalen und regionalen Konflikte ist nicht weniger geworden... Heute beobachten wir eine kaum kontrollierte übertriebene Gewaltanwendung in den internationalen Angelegenheiten, Gewalt, die die Welt in den Abgrund immer neuer Konflikte führt... In der Folge fehlt die Kraft, auch nur einen einzigen davon umfassend beizulegen. Und es wird unmöglich, sie politisch beizulegen. Wir sehen, daß Grundprinzipien des Völkerrechts immer mehr ignoriert werden. Mehr als das: Bestimmte Praktiken, praktisch das gesamte Rechtssystem eines Landes, vor allem natürlich der Vereinigten Staaten, hat seine Landesgrenzen in allen Bereichen überschritten - Wirtschaft, Politik und humanitäre Angelegenheiten - und Recht wird anderen Ländern aufgezwungen. Wem gefällt so etwas?“
Er fuhr fort: „Die Vorherrschaft des Gewaltfaktors schürt unausweichlich den Wunsch mehrerer Ländern, sich Massenvernichtungswaffen zu verschaffen.“ Deshalb müsse man die gesamte weltweite Sicherheitsarchitektur neu überdenken, um einen Ausgleich unter allen Interessen zu suchen. China und Indien seien den USA an Kaufkraft ebenbürtig, Brasilien-Rußland- Indien-China überträfen im BIP die EU. „Zweifellos wird das Wirtschaftspotential der neuen Weltwachstumszentren sich unausweichlich in politischen Einfluß umsetzen und wird die Multipolarität verstärken.“

Putin sprach verschiedene Militär- und Sicherheitsfragen an und bekräftigte im wesentlichen die bekannten Positionen Rußlands für die Einhaltung von Abrüstungsvereinbarungen und Nonproliferation. Er wiederholte sehr nachdrücklich Rußlands Einwände gegen die Errichtung von Raketenabwehrsystemen in Mitteleuropa und gegen das „Heranrücken der NATO-Kräfte an unsere Grenzen“. Er wiederholte auch den russischen Vorschlag, internationale Kernbrennstoffzentren einzurichten, während Länder ihre eigene Nuklearindustrie aufbauen.

Abschließend erklärte Putin: „Ich persönlich höre oft Aufrufe von unseren Partnern, auch unseren europäischen Partnern, Rußland solle eine mehr und mehr aktive Rolle in der Weltpolitik spielen... Wir brauchen eigentlich keine Anstupser und Anreize dafür. Rußland ist ein Land mit einer mehr als tausendjährigen Geschichte, das fast immer das Privileg einer unabhängigen Außenpolitik genoß. Wir haben nicht vor, heute von dieser Tradition abzuweichen. Gleichzeitig sehen wir sehr wohl, wie sich die Welt verändert hat, und wir bewerten unsere eigenen Fähigkeiten und unser Potential realistisch. Und natürlich möchten wir es gerne mit verantwortungsbewußten und ebenso unabhängigen Partnern zu tun haben, mit denen wir daran arbeiten können, eine gerechte und demokratische Weltordnung aufzubauen, um Sicherheit und Wohlstand nicht nur für Auserwählte, sondern für alle sicherzustellen.“

Gespenst eines Hedgefonds-Crashs geht um

Kurz bevor sich die Finanzminister der G-8 am 9.2. in Essen versammelten, wo der deutsche Finanzminister Steinbrück das Thema Hedgefonds-Transparenz auf den Tisch brachte, gab es klare Anzeichen wachsender Angst, daß die mit den größten Banken untrennbar verbundene riesige Spekulationsblase bald platzen wird.
Alle großen amerikanischen Zeitungen befaßten sich mit verschiedenen Aspekten dieser Gefahr, mit der sich voraussichtlich auch die Arbeitsgruppe Finanzmärkte des Präsidenten (das „Absturz-Verhinderungsteam“) diese Woche bei ihrer Risikoabschätzung beschäftigen wird. Am 7.2. machte sich der frühere Hedgefondsmanager Andy Kessler im Wall Street Journal über das Hedgefonds-Phänomen lustig und gab zu verstehen, praktisch sei das ganze Bankenwesen heute ein einziger Hedgefonds. Er sprach den Börsengang von Fortress an und schrieb: „Goldman Sachs ist nur ein riesiger Hedgefonds in Wall-Street-Kleidung“, und alle großen Banken und Finanzinstitute gingen den gleichen Weg.

Lyndon LaRouche meinte am 6.2. zu dem Thema: „Was wir vor uns sehen, sind Spieler außerhalb der Banken, die Bankengelder für diese Art Operationen einsetzen, und sobald die Banken diese Kredite freigeben, treten andere Spieler auf den Plan, die dann die ganze verrückte Sache einfädeln, und das sind diejenigen, die Bescheid wissen - oder auch nicht, denn wenn sie so rücksichtslos herumspielen, kann es sein, daß sie tatsächlich nicht Bescheid wissen; sie könnten die Sache so sehr fragmentiert haben, daß sie ihre eigenen Leute gegeneinander spekulieren lassen. Deshalb haben sie wirklich keine zentrale Kontrolle... und niemand weiß wirklich, was läuft. Wenn sie dir erzählen, daß sie es wissen, sind sie entweder dumm, oder sie lügen dich an.“

Andere Artikel im Wall Street Journal und in der New York Times befassen sich mit verschiedenen Möglichkeiten, wie die Blase platzen kann. Das WSJ beschreibt die Schritte der HSBC (früher „HongShang-Bank“) angesichts des Einbruchs des Marktes der fragwürdigen ( subprime) Hypothekenkredite in den USA, in den die HSBC in den letzten beiden Jahren Unsummen investiert hatte. Es zitiert den Vorstandschef von Wells Fargo, Richard Kovacevich, niemand wisse, wer die gefährdeten hypothekengedeckten Wertpapiere besitze. „Man nimmt an, daß es gut diversifiziert ist. Wenn es konzentriert ist, wird das eine Katastrophe.“ Der Chef der New Yorker Federal Reserve, Timothy Geithner, gab in einem Interview in der New York Times am 9.2. eine ähnliche Warnung ab. Die Priorität seines Institutes sei jetzt, den 26 Bio. $ großen Derivatmarkt zu verstehen und zu beobachten. Es gebe eine „substantielle Veränderung im Finanzsystem mit dem Auftauchen eines sehr großen Universums privater Fonds mit hohen Krediten und rascher Zunahme der Abhängigkeit von komplizierteren und weniger liquiden Finanzinstrumenten, alles in einer Periode sehr niedriger Volatilität... D.h. wir wissen weniger über Marktdynamik unter Streßbedingungen.“

Neue Neocon-Partei in Deutschland?

Zur gegenwärtigen Destabilisierung Deutschlands im Rahmen einer neuen „Strategie der Spannung“ gehört auch die Zersetzung des Parteiensystems. Den ersten Schritt unternahm Ende letzten Jahres die „junge SPD“ mit einem Manifest für eine Einigung mit Hedgefonds und Beteiligungsfonds, angeblich um massive Finanzmittel für Biotreibstoffe und andere „grüne“ Technologien zu erhalten. Der künstlich aufgebauschte Aufstand und Führungswechsel in der CSU Anfang Januar war der zweite Schritt. Nun ist auch die CDU das Ziel einer „Generalüberholung“ ihrer Führung und Politik. Am 5.2. trat der langjährige führende CDU-Politiker Friedrich Merz von allen Parteiämtern zurück und erklärte, er wolle sich auf seinen Beruf als Rechtsanwalt (vor allem für Hedgefonds, bei der Kanzlei Mayer, Brown, Rowe & Maw) konzentrieren. Schon wenige Stunden danach ging das Gerücht um, März plane die Gründung einer neuen Partei mit radikal neokonservativem Profil.

Merz, einer der erklärten Gegner des angeblich „zu sanften“ Kurses der Großen Koalition unter der Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzenden Angela Merkel, ist über seine Kanzlei eng mit der Federalist Society verbunden, aus der viele Mitglieder der Regierung Bush-Cheney stammen. Vor einem Jahr machte er Schlagzeilen, als es ihm beinahe gelang, eine feindliche Übernahme der Frankfurter Börse durch den britischen Hedgefond TCI zu arrangieren.

Am 11.2. verfaßte Merz für die Frankfurter Allgemeine Zeitung eine „Warnung“ an die CDU, daß die Politik der Großen Koalition zum Verlust beträchtlicher konservativer Wählergruppen führen könnte. Am 9.2. sagte Christian Wulff, einer der „Kronprinzen“ der CDU für die Ära nach Merkel, die CDU würde besser dastehen, wenn sie auf die Große Koalition verzichtet und sich auf eine künftige Zusammenarbeit mit den Freien Demokraten (FDP) vorbereitet. Die FDP befindet sich insbesondere in der Wirtschaftspolitik schon auf einem radikal neokonservativen Kurs.

Neue Terrorwelle gegen die Neue Politik

Als Reaktion auf zwei wichtige politische Entwicklungen - die „Neue Politik“ in den USA nach dem Sieg der Demokraten bei der Kongreßwahl und den drohenden Finanzkrach - haben internationale synarchistische Netzwerke in Europa eine neue „Strategie der Spannung“ in Gang gesetzt. Sie schaffen neue terroristische Bewegungen gegen Politiker und Wirtschaftsführer, die sich mit den Bush-Gegnern in Amerika verbünden könnten, besonders gegen jene, die sich in der gleichen Richtung orientieren wie der amerikanische Staatsmann Lyndon LaRouche.

Angriffsziel sind gerade auch diejenigen, die den schlimmsten Aspekten der Globalisierung, wie Hedgefonds und Beteiligungsfonds, einen Riegel vorschieben wollen. Ein hochrangiger europäischer Sicherheitsexperte bestätigte derzeit werde versucht, in Deutschland und Europa ähnliche Terrorkapazitäten aufzubauen wie in den 70er und 80er Jahren, auch für Mordanschläge. Diese Gruppen würden neue Symbole und Anliegen als Deckmantel verwenden, etwa Umweltthemen oder den Kampf gegen die Globalisierung. Die Gewaltakte und prototerroristische Aktivitäten im Vorfeld vom G8-Gipfel sowie die Medienkampagne um den Antrag der früheren RAF-Terroristen Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar auf vorzeitige Haftentlassung sollten eine Atmosphäre schaffen, in der dieser neue Terrorismus aufgebaut werden kann.

Einer der jüngsten Akte der sog. „Anti-G8-Bewegung“ zeigt eine interessante Verbindung dieser Aktivitäten zu Schlüsselfragen der Finanzpolitik. Am 26.1. wurde der Sitz der Bank Sarasin in Basel mit einem Farbbeutel angegriffen. Sarasin, eine der ältesten Privatbanken, gehört der Familie Sarasin. Ein Thema, über das vernünftige Bankiers und Ökonomen in der Schweiz besorgt sind, ist der „Carry Trade“, weil Hedgefonds wegen der niedrigen Zinsen dafür massiv Schweizer Franken benutzen. Der Chef der Schweizerischen Nationalbank warnte in mehreren dramatischen Erklärungen vor den Gefahren, die dies mit sich bringt. Ökonomen der Bank Sarasin, u.a. Jan Amrit Poser, haben ähnliche Warnungen abgegeben: am 26.1., also dem Tag des Anschlags, und erneut am 4.2. Ebenfalls Ziel eines Anschlags war, wie wir berichteten, Staatssekretär Thomas Mirow, die Nr. 2 im deutschen Finanzministerium. Mirow, ein führendes Mitglied der Hamburger SPD, hat schon oft seine Besorgnis über die Hedgefonds und Investmentfonds geäußert. Sein Haus wurde ebenfalls mit einem Farbbeutel angegriffen, das Auto seiner Ehefrau in Brand gesetzt.

Ein weiteres Ziel war Werner Marnette, Chef der Norddeutschen Affinerie AG. Er ist nicht nur ein „Industriekapitän“, sondern einer der größten Kupferproduzenten Europas - und Kupfer steht mit im Zentrum der weltweiten Rohstoffspekulation. Auch die Deutsche Afrika-Linie, deren Geschichte bis ins 19. Jahrhundert zurückgeht und die noch heute eine wichtige Verbindung zwischen Deutschland und West- und Südafrika sowie den Inseln im Indischen Ozean darstellt, war Ziel eines Anschlags. Das Unternehmen gehört der Familie Von Rantzau. Einer ihrer Direktoren ist Eberhard von Rantzau, der auch Honoralkonsul von Südafrika ist und sein Konsularbüro in den Räumlichkeiten seiner Firma in Hamburg betreibt. Ebenfalls angegriffen wurde Thomas Straubhaar, der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI), das sich mit Studien der Globalisierung befaßt und von der Universität Hamburg unterstützt wird, die Hamburger Industrie- Und Handelskammer, die Berenberg-Bank (eine 400 Jahre alte Privatbank) sowie mehrere andere Banken und Bildungseinrichtungen.



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