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  23. Januar 2007   Newsletter  

Martin-Luther-King - „Sein Erbe wird ewig leben“
LYM mobilisiert US-Kongreß gegen Bushs Irankriegspläne
Banken steuern kreditfinanzierte Übernahmen

Deutschland braucht eine neue Wirtschaftspolitik

Von Helga Zepp-LaRouche

Die Rede, die Bundeskanzlerin Merkel am 17. Januar in ihrer Eigenschaft als Ratspräsidentin der EU vor dem Europäischen Parlament gehalten hat, verriet das axiomatische Problem, das sich hinter ihrer Politik der kleinen Schritte verbirgt. Daß sie ausgerechnet von Voltaire die Meinung hegt, er habe die Seele Europas in sich getragen, ist bedenklich. Man kann nur hoffen, daß es nur Frau Merkels jugendlichem Leichtsinn als „17jähriger Jugendlicher in der EU”, wie sie sich selbst in ihrer Rede bezeichnete, zu verdanken ist, daß sie sich mit Voltaire zur antileibnizianischen Tradition Europas bekennt.

Frau Merkel versäumte in ihrer Rede vor dem Europäischen Parlament die Gelegenheit, die Nationen Europas vor den Konsequenzen eines weiteren Krieges der Bush-Cheney-Administration gegen den Iran zu warnen. Es genügte nicht, das Vorantreiben des Nahost-Friedensprozesses, die Reaktivierung des sogenannten Quartetts (USA, Rußland, UN und EU) und eine einheitliche Haltung der EU zum iranischen Nuklearprogramm zu fordern. Denn noch während Frau Merkel sprach, entzog Condoleeza Rice auf ihrer Nahosttour Frau Merkels Plänen den Boden unter den Füßen. Während Rice vorgab, den Dialog zu fördern, schürt die US-Administration in Wirklichkeit den Konflikt zwischen den Palästinensergruppen Hamas und Fatah und baut gleichzeitig die Argumentationslinie auf, der Iran und Syrien unterstützten die Aufständischen im Irak, was den Vorwand für gezielte Militärschläge in beide Staaten liefern soll.

Das zweite existentielle Thema - die Tatsache, daß sich das Weltfinanzsystem in einem unrettbaren Zustand befindet - fand die Bundeskanzlerin ebenfalls nicht der Erwähnung wert. Statt dessen sprach sie von einem weiter deregulierten „transatlantischen Markt”, und ohne die von Leuten wie John Kornblum propagierte Transatlantische Freihandelszone (TAFTA) beim Namen zu nennen, gehen ihre Vorstellungen doch in diese Richtung. Kein Wort auch zu den veränderten Mehrheitsverhältnissen in den USA und dem Potential, daß Amerika zur Tradition der Wirtschaftspolitik Franklin D. Roosevelts zurückkehren kann. Frau Merkel versäumte es schon bei ihrem jüngsten Besuch in den USA, Vertreter der neuen demokratischen Mehrheit zu treffen.

Merkel erklärte es zu einem Hauptanliegen der deutschen EU-Präsidentschaft, die EU-Verfassung, für die nach dem Nein bei den französischen und holländischen Referenden selbst nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe keine Basis mehr existiert, wieder auf die Tagesordnung zu bringen. Das ist völlige Energieverschwendung, denn in Frankreich will kein einziger der Präsidentschaftskandidaten eine europäische Verfassung, die die Souveränität Frankreichs einer supranationalen Struktur aufopfern würde. Die EU als imperiale Struktur (wie sie Robert Cooper, dem Direktor für äußere und politisch-militärische Angelegenheiten des Rates der EU und Berater des außenpolitischen Sprechers EU Javier Solana, vorschwebt), ist nicht geeignet, die wahren Interessen der europäischen Nationen zu vertreten, die statt dessen im Sinne de Gaulles als „Europa der Vaterländer“ kooperieren sollten.

Kein großer Wurf

Aber auch in Berlin gelingt Merkels Großer Koalition kein großer Wurf. Der angebliche Durchbruch bei der Gesundheitsreform, dem laut Merkel „wichtigsten Projekt der Legislaturperiode”, das der Vorsitzende des Sachverständigenrats Rürup zu Recht als „Mißgeburt” bezeichnete, hat lediglich eine kräftige Erhöhung der Versicherungsbeiträge für die 50 Millionen Kassenpatienten und eine allgemeine Verschlechterung der Gesundheitsversorgung zur Folge. Tatsächlich bedeutet die Gesundheitsreform in der Praxis die gleiche Zweiklassenmedizin wie das System der privaten Health Management Organisationen (HMO) in den USA.

Dubios ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß das Gesundheitsministerium in den Jahren 2003 und 2004 insgesamt 44,6 Mio. Euro an Zuwendungen von namentlich nicht genannten privaten Sponsoren erhalten hat, das ist rund viermal soviel wie alle anderen Ministerien zusammengenommen. Trotz einer Rüge des Bundesrechnungshofes ist die Regierung nicht bereit, die Namen der betreffenden Wirtschaftsunternehmen offenzulegen, und macht es so unmöglich, eventuelle Interessenkonflikte und ungebührliche Einflußnahmen zu erkennen. Es ist nicht auszuschließen, daß z.B. Pharmakonzerne, private Krankenkassen oder die Bertelsmann-Stiftung Vorlagen für diese Gesundheitsreform geliefert haben.

Die Reform ist noch längst nicht durchgesetzt. So hat der Berichterstatter der Union im Rechtsausschuß, der beauftragt ist, die Verfassungsmäßigkeit der Reform zu prüfen - Friedrich Merz, der Merkel-Gegner von der amerikanischen Anwaltskanzlei Mayer, Brown, Rowe & Maw und der Finanzheuschrecke TCI -, seine Zustimmung bisher nicht gegeben, sondern dieser Tage geäußert, diese Reform sei ein Schritt zur sozialistischen Einheitskasse. Merz, der Bundesjustizministerin Zypries in einem Brief bereits dahingehend gewarnt hat, könnte z.B. Gutachten erstellen lassen, die auf verfassungsrechtliche Probleme der Reform hinweisen, mit der Absicht, sie scheitern zu lassen.

Aber auch Roland Koch hat schon für Hessen sein Veto erklärt, die Zustimmung im Bundesrat ist schon blockiert. Bundespräsident Köhler hat bewiesen, daß er Gesetzesvorlagen zu Fall bringen kann. Außerdem bleibt noch der Weg nach Karlsruhe. Selbst wenn also die Reform für den 1. April (als schlechter Aprilscherz) vom Bundestag beschlossen werden sollte, kann sie womöglich nicht umgesetzt werden. Friedrich Merz hatte nach der Wahl Angela Merkels zur Kanzlerin der Regierung eine Dauer von einem Jahr prognostiziert und könnte versucht sein, mitzuhelfen, daß er Recht behält.

Im Gegenteil dazu ist in Washington der demokratische Kongreßabgeordnete John Conyers dabei, eine Gesetzesvorlage in den Kongreß einzubringen, die in den USA gerade so ein Gesundheitssystem einführen wird, wie es das frühere deutsche System war. Der sogenannte „US National Health Insurance Act”, der an die Tradition des früheren Hill-Burton-Gesetzes anknüpft, soll allen Einwohnern der USA universelle Gesundheitsversorgung auf höchstem qualitativen Niveau garantieren, und zwar sowohl hinsichtlich der medizinische Versorgung wie der dazu notwendigen Kapazitäten. Bei den neuen Mehrheitsverhältnissen in beiden Häusern des Kongresses ist die Verabschiedung dieses Gesetzes gewiß. Gleichzeitig bereitet der Kongreß Gesetzesvorlagen vor, die eine Reindustrialisierung der USA in der Tradition Roosevelts in Gang setzen werden. Dabei spielen die Ideen von Lyndon LaRouche über die Umrüstung der Autoindustrie und die Ausarbeitung eines Investitionshaushalts eine entscheidende Rolle.

Oligarchisches Denken

Warum geht die deutsche Regierung dann aber in die falsche Richtung, wenn sich von Amerika her in der Gesundheitspolitik die positive Perspektive abzeichnet, das ausgezeichnete frühere deutsche Gesundheitssystem einzuführen? Und warum nutzte Frau Merkel bei ihrem jüngsten US-Besuch nicht die Gelegenheit, sich mit der demokratischen Mehrheit im Kongreß zu treffen, da sie bei ihren Rußlandbesuchen doch auch stets die Opposition trifft? Vielleicht haben alle diese politischen Fehler und Versäumnisse etwas mit dem anfangs erwähnten axiomatischen Problem ihres Denkens zu tun, das in ihrer absurden Annahme zum Ausdruck kam, in Voltaire komme die Seele Europas zum Ausdruck.

Voltaire war ein Zyniker und Sophist, seine gegen Leibniz gerichtete Schrift Candide, Oder die Beste aller Welten und seine Jeanne d’Arc in den Schmutz ziehende Schrift La Pucelle liefern den besten Beweis, daß er vielleicht clever, aber keineswegs kreativ war. Er gehörte zu einer Gruppe von Aristotelikern wie Paolo Sarpi, Antonio Conti, Lagrange u.a., die sich der Erkenntnis Machiavellis anschlossen, daß eine Gesellschaft wissenschaftlichen und technischen Fortschritt zulassen müsse, wenn sie nicht militärtechnisch ins Hintertreffen geraten wolle, man aber aus oligarchischen Motiven der Bevölkerung den Zugang zur Kreativität versagen müsse. Aus diesem Grund führte man bewußt mechanistisches und obskurantistisches Denken ein, um das Nachvollziehen der Entdeckung universeller Prinzipien unmöglich zu machen.

Europas wahre Seele

Die Seele Europas ist vielmehr in der Tradition zu finden, die seit Solon von Athen und Platon versucht, die Humanität der Gesellschaft zu entwickeln, und die von einem grundsätzlichen Unterschied zwischen dem menschlichen Individuum und den Tieren ausgeht. Der Mensch hat im Unterschied zu allen anderen Lebewesen die Fähigkeit, seine kognitiven Fähigkeiten unendlich zu vervollkommnen, die Gesetze der Schöpfungsordnung immer besser zu verstehen und aus dieser wachsenden wissenschaftlichen und technologischen Erkenntnis heraus die Lebensbedingungen für die Menschheit immer weiter zu verbessern. Die Seele Europa liegt auch in der klassischen Kunst, die zur Veredlung des Charakters der Menschen beiträgt.

Auch wenn Frau Merkel in ihrer Rede offensichtlich in rhetorischer Absicht 18mal das Wort „Toleranz” benutzte, so machte das ihr Argument nicht richtiger. Und es klaffen Welten zwischen Voltaire und Lessing, die sie in einem Atemzug als angebliche Vertreter der Toleranz nennt. Lessing schuf zusammen mit Mendelssohn gerade deshalb die Grundlage für die deutsche Klassik, weil er den dekadenten Einfluß von Leuten wie Voltaire und die ganze englische und französische Aufklärung entschieden bekämpfte.

Frau Merkel zitiert auch den Schriftsteller Peter Prange, alles, was Europa zustande gebracht habe, sei seiner inneren Widersprüchlichkeit, dem ständigen hin und her von Meinungen und Gegenmeinungen etc. zu verdanken. Vielleicht hat Frau Merkel in ihrer Jugend zuviel in Maos Schrift Über den Widerspruch gelesen, vielleicht ist sie aber auch nur wirklich eine Aristotelikerin und Wissenschaftspluralistin, die tolerant ist gegenüber allen sich widersprechenden Meinungen. Auf diese Weise bekommt man ein buntes Sammelsurium, aber keine wissenschaftliche Entdeckung.

Man kann also nur hoffen, daß Bundeskanzlerin Merkel statt Voltaire künftig Leibniz studiert und auf die Fahne Europas schreibt. Denn Leibniz hatte eine Vision für Europa, er schlug z.B. vor, daß Frankreich Afrika und Deutschland Rußland entwickeln solle. Er hatte auch die Idee, daß Deutschland und China als die beiden Pole Eurasiens zusammenarbeiten sollten, um das ganze Territorium dazwischen auf eine höhere Ebene zu bringen. Die entsprechende Vision für das 21. Jahrhundert ist der Ausbau der Eurasischen Landbrücke als Kernstück einer neuen gerechten Weltwirtschaftsordnung.

Martin-Luther-King - „Sein Erbe wird ewig leben“

Am 15. Januar wurde in Amerika der Martin-Luther-King-Tag begangen. Amelia Boynton Robinson, die große alte Dame der Bürgerrechtsbewegung, schrieb dazu die folgende Grußbotschaft.

Wir können soviel aus den Lehren Dr. Martin Luther Kings aufsammeln. Sein Körper wurde wieder zu Staub, aber sein Erbe wird ewig leben. Er starb für die Prinzipien des Lebens, die die Seele des Menschen frei machen für die von der Verfassung garantierte Freiheit, die alle Menschen, Männer, Frauen und Kinder, schützt. Dr. King ging noch weiter, indem er die Freiheit vom Haß predigte, und daß man jeden Menschen, selbst seinen Feind, lieben soll.

Wir sind auf diese Erde gesetzt, um mit allen Menschen, unseren Brüdern und Schwestern, in Frieden zu leben. Das gehörte zu Dr. Kings Traum für die Welt.

Wenn wir diesen Traum am Leben erhalten, wird das die Welt, in der wir leben, besser machen. Dr. King starb in der Hoffnung, daß die Lebenden nicht nur vom Frieden träumen, sondern ihn leben. Redet nicht von Gewaltlosigkeit, sondern seid ein Vorbild; singt nicht „We shall overcome“, wenn ihr es nicht ernsthaft versuchen wollt.

Am 2. Januar 1965 bat uns Dr. King, ihn in die ärmlichsten Stadtteile von Selma, Alabama, zu führen. Ich nahm ihn mit in Restaurants, wo alte und arbeitslose Männer herumsaßen und Dame spielten oder einfach nur redeten. Als wir wieder gingen, gingen sie mit uns. Aus allen Restaurants folgten uns die Menschen. Überall erklärte er ihnen, wie wichtig es ist, ein freies Volk zu sein.

Dr. King schickte einen jungen Mann nach Selma, Bernard Lafayette von der Fisk Universität, der erkannte, daß sein Universitätsstudium ihm keine Schablone für das tägliche Leben lieferte, und Bernard versammelte die Jugend von Selma, um gewaltlos zu kämpfen und dazu beizutragen, daß das Wahlrechtsgesetz beschlossen und unterzeichnet wurde. Wir wateten durch Blut, Schweiß und Tränen und bekamen dafür das Wahlrecht. Kein Lebender bedauerte die Tragödie auf der Edmund-Pettus-Brücke in Selma, weil sie eines der größten Gesetze seit dem Entwurf und der Unterzeichnung der Verfassung ermöglichte. Gott segne Dr. Kings Erbe und die Opfer, die junge Menschen im ganzen Land brachten.

Ich erinnere mich lebhaft, wie mich die Vorsitzende der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (WILPF) am 50. Jahrestag der Liga bat, zusammen mit dem Fahrer Dr. King, den Hauptredner, am Bahnhof in Philadelphia abzuholen und ihn zu bitten, gegen den Vietnamkrieg zu sprechen. Schweigend und aufmerksam hörte er zu und hielt den Kopf mindestens eine halbe Minute lang gesenkt, dann erhob er ihn und sagte mit ruhiger Stimme: „Die Zeit ist noch nicht reif, gegen den Vietnamkrieg zu sprechen.“ Er hielt eine wundervolle Rede, aber den Krieg erwähnte er nicht. Doch später, als er dann über den Krieg sprach, verurteilte er das grausame, unnötige Morden an Säuglingen, Müttern, Alten und allen Menschen.

Ein anderes Ereignis, das sich mir lebhaft eingeprägt hat, war im Mai 1965, als mir die höchste Ehre meiner Alma Mater, der „Merit Award“ der Universität Tuskegee, verliehen wurde. Dr. King hielt die Festrede. Anschließend kehrten wir im selben Auto nach Selma zurück. Es hatte sich soviel in Montgomery verbessert, seit Dr. King nach Atlanta gezogen war. Als wir an die Stadt heranfuhren, hielten wir an einer roten Ampel. Ein Wagen hielt neben uns, und der Fahrer (der einzige Mensch in dem Auto) starrte Dr. King, der neben dem Fahrer saß, mit haßerfüllten Augen an. Wir fuhren weiter, als die Ampel umschaltete, und an der nächstem Ampel fuhr derselbe Wagen ganz nahe heran, der Mann rollte seine Scheibe herunter und wollte offenbar etwas in die Hand nehmen. Sofort überfuhr unser Fahrer die rote Ampel, der andere Wagen ebenso. Wir fuhren durch mehrere Straßen, um ihn abzuhängen, was uns schließlich auch gelang.

Das war für mich eine schreckliche Erfahrung, aber Dr. King behielt einen kühlen Kopf und sagte, Gott sei für ihn noch nicht bereit, und wenn Gott es wäre, wäre er bereit zu gehen.

Wäre es nicht wundervoll, wenn wir alle so dächten?

LYM mobilisiert US-Kongreß gegen Bushs Irankriegspläne

Kaum zwei Wochen sind vergangen, seit der 110. US-Kongreß vereidigt wurde, und schon sind die Fronten zwischen der Legislative und dem zunehmend bedrängten Weißen Haus unter Cheney und Bush klar gezogen. Und wie Lyndon LaRouche in seinem Washingtoner Internetforum am 11. Januar vorhersagte, schließen sich immer mehr Republikaner ihren demokratischen Kollegen an, um Bushs und Cheneys Dogma des permanenten Krieges anzugreifen. Inzwischen hört man auf dem Capitol Hill sogar immer öfter das Wort von der „doppelten Amtsenthebung“. In der Woche vom 8.-12. Januar saturierten 80 Mitglieder und Unterstützer der LaRouche-Jugendbewegung den Kongreß mit Literatur, Musik und dem Marschbefehl: „Setzt Cheney als ersten ab!“ Dabei fanden sie in bisher ungekanntem Ausmaß Zustimmung bei Abgeordneten beider Parteien. In seinem Forum am 11. Januar wurde LaRouche von Fragen neugewählter Abgeordneter und anderer führender Demokraten geradezu überschüttet. Sie suchten seinen Rat, wie sie das Mandat der amerikanischen Wähler vom 7. November 2006 - ein Mandat für eine drastische Änderung der Sicherheits- und Wirtschaftspolitik - am besten nutzen können.

Der Impuls zu einer überparteilichen Zusammenarbeit gegen die Eskalation der Konflikte in Südwestasien war zwar schon vorher ein kritisches Thema, aber Präsident Bushs Rede am 10. Januar, in der er Einzelheiten der geplanten Truppenverstärkung im Irak bekanntgab, hat die Revolte gegen diesen Plan massiv verstärkt. Viele sehen darin die Erklärung eines Präventivkrieges gegen den Iran und eine energische Zurückweisung der Baker-Hamilton-Kommission, welche die Regierung Bush aufgefordert hatte, diplomatische Gespräche mit dem Iran und Syrien aufzunehmen, eine gerechte Zweistaatenlösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt zu schaffen und einen klaren Zeitplan für einen Rückzug der US-Truppen aus dem Irak festzulegen.

Schon lange vor Bushs Rede wußte man, daß das Weiße Haus auf Drängen Vizepräsident Cheneys die Empfehlungen der Baker-Hamilton-Kommission ablehnte. Es war auch schon viel über die geplante Truppenverstärkung um weitere 21.000 Mann bekannt. Aber die harsche Rhetorik des Präsidenten gegen den Iran und Syrien war in Verbindung mit der Durchsuchung eines iranischen Konsulats in der kurdischen Stadt Irbil für viele Abgeordnete ein Schock. Sie erkannten plötzlich, daß LaRouche Recht hatte mit seiner Warnung, daß die Regierung Bush zu einer militärischen Konfrontation mit Teheran und Damaskus vor dem Ende ihrer Amtszeit fest entschlossen sei.

Nur wenige Tage zuvor hatten die Demokraten im Senat eine Strategiekonferenz abgehalten, an der auch der frühere Präsident Bill Clinton und der frühere Senator und Nahost-Sonderbotschafter George Mitchell teilnahmen. Augenzeugen berichteten über dieses Treffen, beide hätten die Senatoren gewarnt, es wäre ein schrecklicher Fehler, weiter nur auf die Initiativen des Weißen Hauses zu reagieren. Sie müßten die politische Initiative ergreifen und die Regierung Bush unmittelbar herausfordern, vor allem die verheerende Irakpolitik. Als Präsident Bush mit seiner Rede deutlich machte, daß die Regierung nicht nur die militärische Präsenz im Irak deutlich verstärken will, sondern auch noch den Iran und Syrien angreifen will, reagierten sowohl Demokraten als auch Republikaner. In der darauffolgenden Woche wurde eine ganze Reihe von Gesetzesanträgen und Resolutionen in den Kongreß eingebracht, die allesamt darauf abzielten, das Weiße Haus an einer Eskalation zu hindern:

Im Senat brachten der Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses Sen. Joseph Biden (D), der Vorsitzende des Streitkräfteausschusses Sen. Carl Levin (D) und Sen. Chuck Hagel (R), ein hochdekorierter Vietnamveteran und möglicher republikanischer Präsidentschaftskandidat, ein überparteiliches Gesetz ein, um gegen Bushs Truppenverstärkung zu protestieren. Man erwartet, daß sich auch die republikanische Senatorin Olympia Snowe anschließt.

Sen. John Warner (R), bisheriger Vorsitzende des Streitkräfteausschusses im Senat und ehemaliger Marineminister unter Präsident Ronald Reagan, brachte eine Resolution ein, das die Empfehlungen der Baker-Hamilton-Kommission unterstützt. Man erwartet, daß sie breite Unterstützung aus beiden Parteien erhält, u.a. von republikanischen Abgeordneten, die einen offenen Bruch mit dem Weißen Haus fürchten. Schon 2005 hatte Sen. Warner zusammen mit Sen. Byrd (D) und einem Dutzend weiterer Senatoren einen Versuch abgewehrt, dem Senat einen großen Teil seiner verfassungsmäßigen Befugnisse zu nehmen. Der Abg. Walter Jones (R) brachte ein Gesetz ein, das den Präsidenten verpflichten würde, vor einem militärischen Vorgehen gegen den Iran die Erlaubnis des Kongresses einzuholen.

Der „Progressive Ausschuß“ im Repräsentantenhaus beantragte, die Ermächtigung zum Irakkrieg aufzuheben und Gelder für den vollständigen Rückzug der US-Truppen innerhalb von sechs Monaten zu beantragen.

Der Abg. Wayne Gilchrist (R) und weitere Abgeordnete beider Parteien brachten einen Antrag ein, in dem es heißt, „eine Vergrößerung der Zahl der amerikanischen Truppen im Irak kann diesen Konflikt nicht lösen“. Er unterstützt die Forderung von Baker und Hamilton nach diplomatischen Initiativen gegenüber Iran und Syrien.

Mehrere Anträge im Senat, die von Sen. Christopher Dodd (D), Sen. Hillary Clinton (D) und anderen eingebracht wurden, zielen darauf ab, die Zahl der US-Truppen im Irak auf das gegenwärtige Niveau von 130.000 zu beschränken und so Bushs Plan zu vereiteln.

Der Militärkommentator Oberst Patrick Lang, der früher die Nahostabteilung des Militärgeheimdienstes leitete, wies darauf hin, daß Bush und Cheney in eine „Impeachment-Falle“ laufen werden, falls sie die Entsendung zusätzlicher Truppen gegen den erklärten Willen des Kongresses durchführen. Damit wäre man genau bei dem, was LaRouche in seinem Internetforum forderte: eine Ausweitung des Krieges sei nur zu verhindern, indem man Cheney umgehend aus der Regierung Bush entfernt.

Es gibt mindestens drei Wege, Cheney zu stürzen.

Erstens könnte Präsident Bush - auf dringenden Rat seines Vaters und dessen Verbündeter - zu dem Schluß kommen, daß Cheneys Einfluß ernsthaft seinen Ruf gefährdet. Bush senior, der politische Berater des Weißen Hauses Karl Rove und andere loyale Anhänger des Bush-Klans sind zutiefst beunruhigt darüber, daß Bush junior nach dem derzeitigen Stand als der schlimmste Präsident aller Zeiten in die amerikanische Geschichte eingehen würde. Da er keine zwei Jahre mehr im Amt haben wird, müßte Bush drastische Schritte unternehmen, um den Eindruck wenigstens etwas abzumildern. Am 31. Dezember hat Nicholas Kristof in der New York Times zehn Empfehlungen aufgelistet, wie der Präsident dies tun könne. Er riet Bush, nicht nur den Empfehlungen der Baker-Hamilton-Kommission zu folgen, sondern auch, Dick Cheney sofort zu entlassen, da dieser wie ein Magnet den Haß auf die Regierung Bush ziehe. Nur durch dessen Entfernung aus dem Amt und Ablösung durch einen beliebteren und kompetenteren Vizepräsidenten könne Bush hoffen, wieder Unterstützung zu gewinnen.

Zweitens kann der Kongreß sich bei seinen Anhörungen zunächst auf Cheneys Straftaten konzentrieren. Der neue Vorsitzende des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, John Conyers (D), hat bereits einen Bericht zusammengestellt, in dem 23 Straftaten aufgezählt sind, die Cheney und Bush in ihren ersten sechs Amtsjahren begangen haben. Jetzt, wo die Demokraten die Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses innehaben, können sie Zeugen vorladen und Dokumente anfordern, die in den vergangenen sechs Jahren verborgen blieben. Schon jetzt untersucht der Kongreß Cheneys gefälschte „Geheimdienstinformationen“, mit denen der Kongreß zur Kriegsermächtigung verleitet wurde, Verstöße gegen die Verfassung durch Lauschangriffe gegen amerikanische Bürger, Verstöße gegen die Genfer Konventionen, die das Foltern von Gefangenen verbieten, sowie Lügen gegenüber dem Kongreß in Bezug auf seine Verbindungen zum Halliburton-Konzern, den Cheney einst leitete und der von der Regierung Aufträge im Wert von Dutzenden von Milliarden Dollar erhielt.

Drittens könnte der Sonderermittler Patrick Fitzgerald Cheney wegen seiner Rolle beim Verrat von Geheiminformationen über CIA-Agenten an Journalisten festnageln. Fitzgerald wurde im Dezember 2003 eingesetzt, um zu untersuchen, welche führenden Beamten des Weißen Hauses verantwortlich dafür sind, daß die Identität der verdeckt tätigen CIA-Beamtin Valerie Plame Wilson, der Ehefrau von Botschafter Joe Wilson, an die Medien weitergegeben wurde. Dies ist eine Straftat, und Cheneys ehemaliger Stabschef Lewis Libby steht nun in der Sache vor Gericht. Seine Anwälte haben angekündigt, daß sie Dick Cheney als Zeugen der Verteidigung vorladen werden, und dies wird Fitzgerald die einzigartige Gelegenheit verschaffen, den Vizepräsidenten wegen seiner Rolle in der Plame-Wilson-Affäre unter Eid ins Kreuzverhör zu nehmen. Wenn Cheneys Rolle öffentlich aufgedeckt wird, wird der Ruf nach seiner Entfernung aus dem Amt immer lauter werden.

Jeder dieser Wege, oder auch mehrere von ihnen gleichzeitig, könnten Cheney sein Amt kosten, und das wäre die Revolution in der amerikanischen Politik, die wir jetzt unbedingt brauchen.

Die Kunst des langfristigen Finanzierungsplans

Umfragen zeigen zwar, daß derzeit in den Augen der meisten Amerikaner der Irakkrieg das brennendste Thema ist, aber es herrscht auch große Sorge über den Verfall der Wirtschaft, den Verlust gutbezahlter Arbeitsplätze, das drohende Platzen der Eigenheimblase und andere schwerwiegende Wirtschafts- und Finanzkrisen. Auf Bitten führender Demokraten im Kongreß verfaßte Lyndon LaRouche ein Papier über „Die verlorene Kunst des langfristigen Finanzierungsplans“, das in den letzten Wochen im Kongreß verbreitet wurde. Darin fordert LaRouche den Kongreß auf, zur früheren Praxis massiver Investitionen in die Ausweitung der Infrastruktur zurückzukehren und dazu langfristige, niedrig verzinste Regierungskredite auszugeben. Solche langfristigen Investitionen haben schon immer mehr Wohlstand und Steuereinnahmen erzeugt als sie kosten. Gleichzeitig schafft man dadurch gutbezahlte Arbeitsplätze in der Industrie und im Bausektor und die Voraussetzungen für wirtschaftliches Wachstum.

LaRouches Vorschläge werden derzeit in den Büros Dutzender Abgeordneter eingehend geprüft, und der von ihm in Auftrag gegebene Entwurf eines Gesetzes zur Erholung der Wirtschaft, der den völligen Untergang der amerikanischen Automobilindustrie verhindern soll, wird wahrscheinlich schon bald Thema von Anhörungen über den wirklichen Zustand der US-Wirtschaft sein. Die Senatoren Frank Lautenberg (D) und Trent Lott (R) haben ein Gesetz eingebracht, um mehrere Milliarden Dollar für die Wiederherstellung des verfallenen amerikanischen Eisenbahnnetzes bereitzustellen. Auch wenn es im Umfang noch viel zu gering ist, zeigt der Antrag, daß führende Abgeordnete beider Parteien gewillt sind, sich ernsthaft mit der Frage des wirtschaftlichen Verfalls zu befassen, was Bush und Cheney in den letzten sechs Jahren immer gemieden haben wie der Teufel das Weihwasser.

Jeff Steinberg

Banken steuern kreditfinanzierte Übernahmen

Neue Enthüllungen machen deutlich, daß die kreditgebenden Banken - die größten internationalen Investment- und Handelsbanken - die Blase der fremdfinanzierten Übernahmen durch private Beteiligungsgesellschaften und Hedgefonds gezielt aufblähen.

So beliefen sich z.B. die „kombinierten Finanzierungspakete“, in denen die beteiligten Banken Interessenskonflikte haben, im Jahr 2006 bei 50 fremdfinanzierten Firmenübernahmen auf insgesamt 82,5 Mrd.$. Was geschieht dabei? Banken wie die UBS, Goldman Sachs oder JP Morgan Chase raten zunächst dem „Zielunternehmen“, sich aufkaufen zu lassen. Gleichzeitig arrangieren die Banken große „non investment grade“-Kredite (Kredite mit höherem Risiko, die daher auch höher verzinst sind) für diese Übernahmen, die sie selbst und andere Banken bereitstellen. Diese „kombinierten Finanzierungspakete“ stehen dann für die Übernahme bereit. Dann suchen die Banken eine private Beteiligungsgesellschaft, die bereit ist, mit diesem Kreditpaket das Zielunternehmen zu kaufen. Die Banken erheben von allen Beteiligten hohe Gebühren und haben dabei zahlreiche Interessenskonflikte. Manchmal widersetzen sich die Vorstände der Zielunternehmen, die dann gewöhnlich durch entsprechende Abfindungen gekauft werden. 2006 arrangierte JP Morgan ein 2,67 Mrd.$-Kreditpaket für die Übernahme von SSA Global Technologies und brachte dann die Firma Infor Global Systems dazu, SSA zu übernehmen. Credit Suisse beriet Toys `R Us, arrangierte die Kredite und zog KKR heran, um den Spielwarenhändler für 7,5 Mrd.$ zu übernehmen. Richter Leo Strine vom Kanzleigericht von Delaware sah eine „offensichtliche Ungehörigkeit“ in der Tatsache, daß die Credit Suisse 10 Mio.$ an Gebühren dafür erhob, daß sie die Finanzierung des Geschäftes arrangierte, obwohl die Bank Toys `R Us bei der Übernahme beriet. 2006 stellte Goldman Sachs ein 18 Mrd.$-Paket für die Übernahme des Radiosenders Clear Channel zusammen und riet gleichzeitig Clear Channel, sich übernehmen zu lassen. Der Vorstand von Clear Channel war zunächst gegen den Vorschlag und verwies auf den offensichtlichen Interessenskonflikt, änderte dann aber seine Meinung.

Biosprit-Wahnsinn droht den Senat zu übernehmen

Die Tatsache, daß der Mais-Äthanol/Biosprit-Wahnsinn in den USA über ein schnödes Geldraffen (samt Aufblähung der Finanzblase) hinausgeht, zeigte sich in dramatische Weise am 10. Januar bei der Sitzung des Agrarausschusses im Senat. Der Ausschuß, der ein neues Landwirtschaftsgesetz für die kommenden 5 Jahre erarbeiten soll, befaßte sich volle vier Stunden mit dem Thema Bio-Treibstoffe und hörte dabei neun Zeugen, die bei dem augenblicklichen Drang nach »erneuerbaren Energien« allesamt diese unwissenschaftliche Verdrehung landwirtschaftlicher Fakten unterstützten. Es ist allgemein bekannt - selbst einigen Nichtwissenschaftlern wie z.B. Kongreßabgeordneten -, daß Äthanol und andere Biotreibstoffe völlig unwirtschaftlich sind; das geht so weit, daß mehr Energie zur Produktion dieser Treibstoffe aufgewendet werden muß, als diese hinterher liefern. Trotzdem scheint der demokratische Ausschußvorsitzende Sen. Harkin entschlossen, die Biosprit-Perspektive voll durchzuziehen; dazu müßten jedoch in den USA viele Millionen Hektar Land, auf denen jetzt andere Getreidearten wachsen, auf Maisanbau umgestellt werden, um genügend Mais für die Äthanol-Distillationsanlagen, erzeugen zu können, die schon jetzt wie Pilze aus dem Boden schießen.

Auf den Hearings wurde darauf hingewiesen, daß Amerikas Fleischproduzenten derzeit durch hohe Maispreise gebeutelt werden, da der Drang nach Mais für die Äthanolproduktion den Maispreis von 2 $ auf 4 $ pro Scheffel hochgetrieben hat. Wenn auch einige Senatoren aus landwirtschaftlich geprägten Bundesstaaten die Absurdität »Nahrungsmittel vs. Treibstoff« attackierten und sowohl Republikaner wie Demokraten ihre Sorge über den Verlust unabhängiger Familienbetriebe ausdrückten, wurden diese Probleme nicht ernsthaft diskutiert. Auch die Tatsache, daß die Getreidereserven der Welt inzwischen auf das absolut niedrigste pro Kopf-Niveau seit Jahrzehnten gefallen sind, wurde nicht zur Kenntnis genommen. Wie die Neue Solidarität immer wieder betont hat, kann diese Krise nur gelöst werden, wenn es im Energiesektor zu einer Renaissance der Kernenergie kommt, und in der Landwirtschaft zur Wiedereinführung der Paritätspreise - und zur sofortigen Aufgabe des Freihandels.



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