Neues vom
| ||
03. November 2006 | Newsletter | |
LaRouche über die "turbulenten nächsten Wochen und Monate"Die Internetkonferenz, die der amerikanische Oppositionspolitiker Lyndon LaRouche am 31. Oktober in Berlin gab, stellte schon allein deswegen einen sichtbaren Unterschied gegenüber der letzten Konferenz vom 6. September dar, weil diesmal mit gut 250 Personen dreimal so viele Gäste teilnahmen - Vertreter von politischen Institutionen (inkl. Botschaften), aus der Wirtschaft und viele Bürger aus Berlin, die LaRouche einmal persönlich reden hören wollten. Nur wenige Tage vor den amerikanischen "Zwischenwahlen" am 7. November war natürlich das Interesse groß, von einem amerikanischen Politiker wie LaRouche selbst etwas darüber zu hören, ob es Aussichten auf eine bessere amerikanische Politik gebe. Das gestiegene Interesse an LaRouche ist aber auch ganz wesentlich das Ergebnis wochenlanger Kampagnen der LaRouche-Jugendbewegung vor und nach dem Berliner Wahlkampf, bei denen enorme Mengen von Informationsmaterial an Bürger in den U-Bahnen, an Info-Ständen in den Straßen usw. verteilt wurde. Gleichzeitig mit dieser Veranstaltung in Berlin fand eine ebenso gutbesuchte Konferenz in der amerikanischen Hauptstadt Washington statt, wobei sich viele hochrangige Vetreter von (meist der Demokratischen Partei nahestehenden) Denkfabriken an der Diskussion beteiligten. Außerdem hatten LaRouches Unterstützer in Lateinamerika in vielen Universitätsstädten des Kontinents - so in Mexiko, Kolumbien, Peru und Argentinien - "Satellitenkonferenzen" organisiert, d.h. Treffen, bei denen die Studenten (und oft auch Professoren) gemeinsam die (spanische Simultanübersetzung) von LaRouches Rede in Berlin per Internet mitverfolgten. Die Ausführungen LaRouches während seiner Rede und der darauffolgenden mehr als zweistündigen Diskussion hielten zunächst einmal einige unbequeme Wahrheiten bereit: Egal, wie das Ergebnis der US-Zwischenwahlen aussehe, die "nächsten Wochen und Monate werden außerordentlich tubulent verlaufen. Was im Zuge des Systemkollapses passieren wird, übersteigt die Vorstellungskraft praktisch aller Regierungen weltweit", erklärte LaRouche. Das Hauptproblem bestehe darin, daß die Eliten aller Länder, wenn überhaupt, nur schlecht vorbereitet seien auf den absehbaren, vollen Ausbruch der weltwirtschaftlichen Krise; es gebe in Europa und Asien immer noch die Illusion, man könne auch ohne die USA nach einem Krach und Dollarkollaps zurechtkommen, sagte LaRouche. Vor allem die Länder mit hohen Dollarreserven würden aber sofort spüren, wie sie durch einen 30-prozentigen Dollar-Verfall in den Abgrund gerissen würden. Weiterhin gebe es die Illusion von cleveren Arrangements im Falle der großen Krise, womit jedoch der Herausforderung, tragfähige Lösungen für einen langfristigen Zeitraum, etwa für die nächsten 50 Jahre zu finden, ausgewichen werde. Solche Lösungen könnten nur gefunden werden, indem man Programme für die Reindustrialisierung - durch Abkommen zwischen Regierungen abgesichert - entwerfe und in Gang setze, erklärte LaRouche. Das große Problem mit den politischen und wirtschaftlichen Entscheidungträgern von heute sei aber, daß sie die "68er-Generation" seien, denen jegliche Fähigkeit der Staatskunst, und das bedeute das Interesse am Gemeinwohl, am Wohlergehen anderer, fehle und der Verfolgung der eigenen Interessen geopfert werde. Diese Leute wollen keine produktive Arbeit, keine Wissenschaft, keine Industrie; im Grunde sei ihnen völlig egal, wie es anderen Leuten gehe, für sie zähle letztlich nur, was ihnen selbst nütze. Die von diesen Kreisen propagierte "Freiheit", so LaRouche, sei von der Art, wie man sie jetzt in Berlin hautnah erleben könne: die "Freiheit", keine Arbeit zu haben. Die Generation künftiger Entscheidungsträger, denen vor allem die Entwicklung anderer am Herzen liege, müsse erst neu aufgebaut werden, und das sei die Mission der LaRouche-Jugendbewegung. "Ich habe mit diesen jungen Leuten gearbeitet, und ich habe sie Dinge tun gesehen, von denen die ältere Generation nicht einmal träumen würde," sagte LaRouche in Berlin und erläuterte wiederholt in Antworten auf Fragen, daß es derzeit nichts wichtigeres gebe, als daß Menschen aller Altersgruppen etwas dafür tun, daß die noch nicht korrupte Jugend der Altersgruppe von 18-25 Jahren in die Lage versetzt werde, ihr eigentliches Potential zu entwickeln. Man dürfe nicht zulassen, daß die Studenten an Universitäten, an denen degenerierte Varianten von "Wissenschaft" gelehrt würden, korrumpiert werde; vielmehr sei es wichtig, daß sie in der Beschäftigung mit den Werken von Kepler, Gauß und Riemann das begreifen können, was wesentlich für ein Verständnis der modernen Wissenschaft ist. Ebenso, auch das betonte LaRouche mehrfach in Berlin, sei für junge Leute die Beschäftigung vor allem mit den Choralwerken von Johann Sebastian Bach wichtig, denn da habe Bach universelle Prinzipien der Musik wiederentdeckt, die bereits die Pythagoräer 2000 Jahre in ihrer wissenschaftlichen Arbeit erkannt hatten. Eine ganz wesentliche Qualität wirklicher Staatschefs sei, so LaRouche weiter, die Fähigkeit zur Agape, wie sie von Cusanus im 15. Jahrhundert bei seinem Bemühen um den Dialog zwischen den Religionen ausgearbeitet und dann im Westfälischen Frieden von 1648 festgelegt wurde: die Orientierung darauf, die Entwicklung und das Wohlergehen des Anderen bestmöglich zu fördern. Diese besondere, aus der christlichen Tradition heraus entwickelte Idee sei das, was vor allem die Europäer dazu bringen sollte, die Zusammenarbeit mit anderen Kulturen und Religionen zu vertiefen, zum Guten der ganzen Menschheit, erklärte LaRouche. Eine besondere Herausforderung sei es, den wissenschaftlichen Sprung in eine ganz neue Rohstoffwirtschaft zu machen, führte LaRouche weiter aus. Eine Lösung der großen weltweiten Probleme bei der Versorgung mit Frischwasser und mit Energie sei nicht möglich mit der bisherigen Fixierung auf die Ausbeutung bereits vorhandener, fossiler Ressourcen. Eine Lösung finde sich nur in der planmäßigen Erzeugung neuer Ressourcen, im Übergang zur "Trans-Uranium-Ära", zur Entwicklung neuer Elemente jenseits des Urans also, und das sei ohne die Atom- und Fusionstechnik nicht zu schaffen. Hier habe gerade Rußland, in dem sich seit den ersten Modernisierungsschritten unter Peter dem Großen eine besonders intensive Beschäftigung mit der Rohstofffrage, mit Geologie, vor allem durch die Beiträge des Wissenschaftlers Wernadskij, entwickelt habe, eine besondere Rolle, sagte LaRouche in der Beantwortung einiger an ihn gestellter Fragen aus Rußland. Dies Thema wurde in Berlin auch von Viktor Krupnow aufgegriffen, ein seit mehr als 10 Jahren mit dem Denken LaRouches vertrauter russischer Wissenschaftler, der vor kurzem eine neue politische Bewegung, die Partei der Entwicklung, gegründet hat. Krupnow führte aus, die Würde des Menschen könne ohne das Bekenntnis zur produktiven Industrie, zur industriellen Mentalität, nicht gesichert werden. Erst die Entwicklung der industriellen Potentiale verschaffe dem Menschen die Möglichkeit zu einer würdigen Existenz, deshalb müßten Bewegungen wie seine eigene und die von LaRouche weltweit zusammenarbeiten, um dies Ziel zu erreichen. Krupnow wies besonders auf die Rolle Berlins, als reindustrialisierte Metropole, bei der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung der Länder Eurasiens hin. LaRouche sprach auch einige unbequeme Wahrheiten über die derzeitige Lage in den USA an, die gerade für diejenigen, die in eine amerika-pessimistische Haltung verfallen sind, lehrreich sein sollten. Daß viele Menschen gerade jetzt von den USA nicht viel hielten, habe vor allem mit der katastrophalen Politik der Bush-Administration der letzten sechs Jahre zu tun - einer Politik, die überhaupt nicht zum Vorteil der Amerikaner sei. Die Politik der Bush/Cheney-Administration gehe auf den Einfluß der anglo-holländischen Finanzoligarchien zurück, auf Leute wie George Shultz, der bereits eine Schlüsselrolle bei der Zerstörung des alten Bretton Woods nach 1971 gespielt habe, erklärte LaRouche. Das Interesse dieser Kreise sei die Zerstörung der USA als politischem und wirtschaftlichem Faktor, dessen Existenz seit dem Ende des 18. Jahrhunderts der Hauptgrund für anhaltenden Widerstand gegen die Kräfte gewesen sei, die heute die katastrophale Politik der "Globalisierung" propagieren und durchboxen. Ohne die USA mit ihren besonderen, verfassungsmäßigen Handlungsmöglichkeiten als bewußt nichtoligarchischer Staat würde der Widerstand anderer Staaten in Europa und Asien gegen die vollständige Globalisierung zusammenbrechen, erläuterte LaRouche. Gerade weil es in den USA aber möglich sei, das Blatt zu wenden, sei er optimistisch, sagte LaRouche, und das sei das, was er und die LaRouche-Jugendbewegung durch ihre politische Arbeit bewirken würden. Die Bush/Cheney-Administration müsse so bald wie möglich abgelöst werden, weil ohne sie die Probleme gelöst werden könnten, während das Verbleiben dieser raubtierartigen Leute im Amt die katastrophalen Entwicklungen nur noch verstärken würde. In Beantwortung einer Frage aus dem Kreis der Clinton-Stiftung zum Sudan erklärte LaRouche, in welches Schlamassel die US-Politik diese Region Afrikas hineingestoßen habe: zweifellos hätten unfähige Berater und Beamte seinerzeit Präsident Clintons Afrikapolitik zum Problemfall werden lassen, aber zu einem riesigen Desaster sei die Sudan-Frage erst durch die Bush-Administration geworden. Wer durch Interventionen von außen am staatlichen Bestand Sudans rüttle, stelle das sudanesisch-ägyptische Abkommen über die Nutzung des Nilwassers in Frage, und damit werde auch Ägypten destabilisiert, warnte LaRouche. Wie hochaktuell gerade diese Anmerkungen waren, wurde durch den Aufruf, den Bush an diesem 31. Oktober für eine internationale Militärintervention in den Sudan unter Führung der USA erließ, unterstrichen. Auf diese Eskalation reagierte LaRouche umgehend mit der Warnung, der Sudan drohe zu einem zweiten Irak der US-Politik zu werden; und das wurde am Tag darauf bereits mit einem in den USA von LaRouches Jugendbewegung verteilten Flugblatt (mit einer Massenauflage von 250 000) öffentlich gemacht. Angst vor LaRoucheAm 31.10. fand in Berlin das internationale Internetforum mit Lyndon LAROUCHE über "Die Weltkrise am Vorabend der Kongreßwahl in den USA" statt. Genau zur selben Zeit lud die US-Botschaft in Berlin zu einer Veranstaltung über die USWahlen bei der sozialdemokratischen Friedrich-Ebert-Stiftung ein. Geleitet wurde die Veranstaltung vom Koordinator der deutsch-amerikanischen Beziehungen im Bundesaußenministerium, Karsten VOIGT. Ein Redner war Peter Ross RANGE, Herausgeber der Zeitschrift Blueprint des Demokratischen Führungsrats (Democratic Leadership Council, DLC), dem LaRouchefeindlichen rechten Flügel der Demokratischen Partei in den USA. Die Mai-Ausgabe 2006 des Blueprint war dem Thema "Den Dschihadismus besiegen" gewidmet und enthielt u.a. folgende Beiträge: Range wirbt in einem Artikel mit dem Titel "Europäischer Weckruf" für das "MANIFEST VON EUSTON" - eine neue Bewegung "liberaler Imperialisten" in Europa, die zum großen Teil von der britischen "Henry-Jackson-Gesellschaft" herstammt. Er nennt das Euston-Manifest "einen Sammelpunkt für Progressive, die den reflexartigen Antiamerikanismus, Antiglobalismus und Antiinterventionismus der Linken ablehnen". In den USA haben sich um die Zeitschrift Telos einige Unterstützer des Euston-Manifests gesammelt. Telos propagiert seit einigen Jahren die Wiederbelebung der Lehren des "Kronjuristen" des Dritten Reiches, Carl SCHMITT, an dessen faschistische Rechtstheorien sich auch die Doktrin von der "unitären Exekutive" (d.h. die exekutive Gewalt des Präsidenten stehe über dem Kongreß) der Kreise um Dick Cheney in der Regierung Bush anlehnt, womit Folter und diktatorische Notstandsregierung gerechtfertigt werden. Zu den Unterzeichnern des Euston-Manifests in den USA gehören Daniel BELL, Daniel GOLDHAGEN, Walter LAQUEUR, Will MARSHALL vom DLC und der berüchtigte "Universalfaschist" Michael LEDEEN. Weiter enthält diese Ausgabe von Blueprint einen Artikel des dänischen Journalisten Flemming ROSE, der im letzten Jahr als "Kulturchef" der Zeitung Jyllands-Posten für die skandalöse Veröffentlichung der "Mohammed-Karikaturen" verantwortlich war. Rose trat vor einer Woche in Boston auf einer Konferenz des "Ayn-Rand-Instituts" zusammen mit dem ARI-Direktor Yaron BROOK auf. Brook hatte am 16.10. öffentlich gefordert, zur Bekämpfung sog. islamistischer totalitärer Regime "mehrere Hunderttausend ihrer Anhänger zu töten". Im selben Zusammenhang ist zu erwähnen, daß auch US-Justizminister Alberto GONZALEZ vom 23.-25.10. in Berlin auftrat. Bei einer Veranstaltung des Deutschen Marshallfonds und einem Treffen mit Journalisten versuchte er die Kritik an der Internierung sog. "Feindkombattanten" und an den Verhörmethoden im "Krieg gegen den Terrorismus" zu besänftigen und Unterstützung für die Haltung der US-Regierung zu gewinnen. Gonzalez traf auch Justizministerin ZYPRIES und Innenminister SCHÄUBLE. Finanzsystem hat "Krebs"Deutliche Worte fand der Chefanalyst der Bremer Landesbank, Volker HELLMEYER, zum Zustand des Weltfinanzsystems. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 24.10. wurde er insbesondere zu den Hintergründen der Preisexplosion bei Rohstoffen befragt. Gerade bei Edelmetallen wie Gold und Silber werde dieser Trend auch in Zukunft anhalten, so Hellmeyer. Hier waren in der jüngeren Vergangenheit die Preisanstiege durch Bestandsverkäufe vor allem der Zentralbanken gedämpft worden. Doch inzwischen gingen die Zentralbanken vorsichtiger mit ihrem Gold um: "Bundesbankchef Axel WEBER hat ausdrücklich gesagt, daß er die 3300 Tonnen deutsche Goldreserven - immerhin die zweitgrößten der Welt - nicht weiter abbauen will. Die Zentralbanken Chinas und Rußlands haben Interesse bekundet, ihre Reserven aufzustocken, um sich vom Dollar unabhängiger zu machen." Dafür gibt es in der Tat gewichtige Gründe. Denn im Gegensatz zu den beliebig vermehrbaren Papierversprechen sind Rohstoffe "ein realer Wert". Hellmeyer: "Und vor dem Hintergrund der fragilen Situation unseres Finanzsystems macht die Investition in reale Werte, also in Aktien oder eben auch in Rohstoffe, besonderen Sinn." Zur Bemerkung, daß viele Menschen deshalb in physisches Gold oder Silber investieren, weil sie damit "den Gedanken an die Sicherheit vor einem Finanzcrash" verbinden, sagte Hellmeyer: "Ich halte eine solche Vorsorge für vertretbar, denn UNSER FINANZSYSTEM IST NICHT GESUND, ES HAT KREBS. In der Vergangenheit war Gold immer eine Versicherung gegen Finanzcrashs ... Die Ungleichgewichte zwischen dem Zentrum des Finanzsystems, den USA, und dem Rest der Welt werden größer. Dadurch wird das System stark geschwächt. Der Krebs wird verursacht durch Leistungsbilanzdefizite, vor allem der USA, die bei 800 Mrd. $ pro Jahr liegen. Damit werden nicht etwa Investitionen finanziert, sondern primär Konsum. Das ist ein Problem. Während Investitionen irgendwann über neue Produkte zurückfließen und Werte schaffen, bringt Konsum nur Einmaleffekte." Systemkrise: Hektische Aktionen des "Absturz-Verhinderungsteams"Je mehr sich das Finanz- und Wirtschaftssystem dem von dem amerikanischen Oppositionspolitiker und Ökonomen Lyndon LaRouche bereits im April prognostizierten völligen Zusammenbruch nähert, desto hektischer werden die Bemühungen um "Krisenmanagement". Am 30. Oktober erschien dazu im Londoner Daily Telegraph ein Artikel des britischen Journalisten Ambrose Evans-Pritchard mit dem Titel "Paulson reaktiviert geheimes Unterstützungsteam, um Kernschmelze der Märkte zu verhindern". Darin heißt es: "Behörden in den USA sehen in dem lärmenden ,Bullen-Markt' in diesem Herbst nur einen Aufschwung für Leichtgläubige, bevor der unvermeidliche Sturm losbricht. Hank Paulson, der marktkluge Finanzminister, der sich bei Goldman Sachs ein Vermögen von 700 Mio. $ aufbaute, reaktiviert das ,Absturz-Verhinderungsteam' (Plunge Protection Team, PPT), eine geheimnisumwobene Einrichtung mit der Befugnis, in einem Crash Aktienindex-, Währungs- und Kreditfutures abzustützen. Sonst unter dem Namen ,Arbeitsgruppe Finanzmärkte' bekannt, wurde sie von Ronald Reagan geschaffen, um im Oktober 1987 eine Wiederholung der Kernschmelze der Wall Street zu verhindern... Paulson sagt, in den Jahren des Booms habe man die Gruppe vor sich hin dümpeln lassen. Von nun an werde sie ein Einsatzzentrum im US-Finanzministerium haben, das die globalen Märkte abverfolgt und in der nächste Krise als Operationsbasis dienen wird..." Im PPT säßen die Spitzen von Finanzministerium, Federal Reserve, Wertpapieraufsicht (SEC) und maßgeblichen Börsen. "Paulson bat das Team um eine Prüfung des ,Systemrisikos durch Hedgefonds und Derivate sowie der Fähigkeit der Regierung, auf eine Finanzkrise zu reagieren'." Evans-Pritchard fährt fort: "Das PPT war früher Gegenstand dunkler Legenden, seine Existenz wurde lange bestritten. Aber der frühere Stratege des Weißen Hauses, George Stephanopoulos gibt offen zu, daß man es unter Bill Clinton benutzt hat, um in der Rußland/LTCM-Krise [1998] die Märkte zu stützen - und ziemlich sicher auch nach den Terrorangriffen vom 11. September [2001]. ,Es besteht eine informelle Vereinbarung unter Großbanken, einzuspringen und Aktien zu kaufen, wenn ein Problem erscheint', sagte er. ,1998 gab es die Krise um [den Spekulationsfonds] Long Term Capital, eine Weltwährungskrise. Unter Leitung der Fed taten sich alle Banken zusammen und fingen die Devisenmärkte ab. Und sie haben fertige Pläne dafür, dasselbe zu erwägen, wenn die Aktienmärkte anfangen zu fallen', sagte er... Die einzige Frage ist, ob man Steuergelder benutzt, um den Investoren direkt unter die Arme zu greifen, oder ob man lediglich ein Vorgehen der Wall-Street-Banken koordiniert wie 1929." Am 26. Oktober schrieb der Finanzexperte der New York Post John Crudele eine Kolumne zum Thema "Paulson vom Finanzministerium spielt mit den Absturz-Verhinderern". Dort heißt es: "Jemand - ich weiß nicht wer - will uns alle wissen lassen, daß Henry Paulson, der neue Finanzminister, seit Juli viel Zeit einem wenig bekannten Washingtoner Unterfangen widmet, der ,Arbeitsgruppe Finanzmärkte des Präsidenten'" (das PPT). Seit Paulson mitmische, seien die Aktien unaufhörlich gestiegen, und "es gibt bei Aktien weniger Risiko, wenn die Regierung ein Sicherheitsnetz liefert. Genauer gesagt, weniger Risiko, bis etwas Schlimmes geschieht." Aber trotz all dieser Bemühungen bricht der Immobilienboom in den USA in sich zusammen. Wie das Handelsministerium am 26. Oktober mitteilte, stieg zwar die Zahl der Wohnungsverkäufe von Neubauten im September gegenüber September 2005 um 5,3%, doch der Durchschnittspreis fiel von 240 000 auf 217 000 Dollar. Das sind 11,2% weniger - der massivste Rückgang seit 1970. In Panik geratene Häuserbauer haben die Preise stark gesenkt, nur so fanden sie Käufer. Insgesamt gingen die Ausgaben für den Kauf neuer Häuser im September um fast 6% zurück. Gleichzeitig hat sich ein beträchtlicher Bestand unverkaufter Wohnungen angesammelt. Im September 2005 entsprach der Bestand unverkaufter Häuser in den USA 4,6 Monatswerten; im September 2006 waren es schon 7,3 Monatswerte. In einigen Großräumen waren es bedeutend mehr: San Diego 8,5 - Boston 8,6 - Cincinnati 9,4 - New York City 10,8 - Las Vegas 12 - Atlanta 12,6 und Miami 14,6 Monatswerte. Renaissance der Kernkraft: Brasilien plant den Bau mehrerer KernkraftwerkeNach seiner Wiederwahl, die am 29. Oktober mit über 60% gegen den von Washington favorisierten Neoliberalen Alckmin sehr deutlich ausfiel, will der brasilianische Präsident Luiz Ignacio "Lula" da Silva Brasiliens Kernkraftprogramm und die aktive Rolle des Staates in der Wirtschaftspolitik wiederbeleben. Lula habe den Bau mehrerer Kernkraftwerke in Aussicht gestellt, um "wirtschaftlich effizienter zu werden", erklärte Lulas Stabschef Dilma unmittelbar vor der Wahl. Bereits im März hatte Wissenschafts- und Technologieminister Rezende angekündigt, daß Brasilien bis 2025 mindestens sieben KKWs bauen werde, aber Lula hatte das Projekt auf Eis gelegt. Damals war Dilma, der zu den einflußreichsten Kabinettsmitgliedern gehört, gegen den Plan. Die brasilianische Wirtschaftszeitung Valor Economico meldete aber am 23. Oktober, die von Dilma geleitete Arbeitsgruppe habe die abschließende Fassung eines Plans erhalten, demzufolge Brasiliens Nuklearsektor ausgebaut werden soll; und diesmal, so Dilma gegenüber Valor Economico, werde der Nationale Rat für Energiepolitik den Plan direkt nach der Wahl diskutieren. Dann werde die Regierung den Bau des (vor über 20 Jahren begonnenen) Kerkraftwerks Angra 3 fertigstellen und weitere KKWs bauen. Der Plan wurde von einer interministeriellen Arbeitsgruppe unter Leitung der Nationalen Kommission für Nuklearenergie (CNPE) erarbeitet. CNPE-Chef Dias Goncalves sagte Valor Economico, man schlage vor, daß Brasilien seine Energieknappheit "in Angriff nimmt", indem bis 2025 mindestens 5,6% seines Energiebedarfs durch Kernkraft gedeckt werden. Ob dann weitere neue KKWs gebaut würden, sei noch nicht entschieden, aber ein KKW werde sicherlich im Nordosten am Sao-Francisco-Fluß errichtet. Unter Lulas Unterstützern ist die Kernkraft allerdings immer noch umstritten, was auch daran zu sehen ist, daß das Wort "nuklear" im Wahlprogramm nicht vorkommt. In einem Interview mit dem italienischen Magazin 30 Giorni, das von Italiens ehem. Premierminister Giulio Andreotti herausgegeben wird, hatte Lula kurz vor der Wahl erklärt: "Südamerika erlebt das Ende des neoliberalen Modells, das die Rolle des Staates immer mehr einschränken möchte... Die jüngst gewählten Regierungen in der Region reflektieren die Erkenntnis, daß der Staat bei der Festlegung der öffentlichen Politik eine strategische Rolle spielen muß." Lula sprach viele Fragen seiner Wirtschafts- und Außenpolitik an: "Die Integration Südamerikas: Das ist sicher keine neue Idee. Aber wir haben ihr eine größere Bedeutung gegeben, die absolute Priorität. Wir haben damit begonnen, wo es möglich war." Lula betonte auch die Allianz mit Indien und Südafrika sowie die Erfolge seiner Landreform: "Wir haben über 22 Mio. Hektar verteilt, so viel Fläche wie Portugal, die Niederlande und Belgien zusammen. " Die Landzuweisung "an 245 000 Familien war an die Bedingung geknüpft, daß das Land bebaut wird. Wir haben in die öffentliche Infrastruktur investiert, technische Hilfe geleistet, die Kreditausgabe ausgeweitet und neue, größere Kreditlinien geschaffen." Chirac in ChinaDer gerade beendete Besuch des französischen Präsidenten Jacques CHIRAC in China, sein vierter seit 1995, hat das außergewöhnliche Verhältnis zwischen den beiden Nationen unterstrichen. Die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen seien "noch nie so vertrauensvoll gewesen ", so Chirac. Bisher hinkten die Wirtschaftsbeziehungen hinter den politischen Beziehungen her. Mit einem Anteil von 1,4% am chinesischen Markt, verglichen mit deutschen Anteil von etwa 4%, und einem hohen Handelsbilanzdefizit gegenüber China hat Frankreich noch einiges nachzuholen. So gesehen war das Ergebnis der Reise bemerkenswert. Nur zehn Monate nach dem Kauf von 150 AIRBUS A320 bestellte China 150 weitere für 8 Mrd. Euro. Dazu hatte beigetragen, daß der neue Airbus-Chef Louis GALLOIS entschieden hat, ein Montagewerk für den A320 in China zu bauen. Das chinesische Unternehmen DATONG unterzeichnete mit der französischen ALSTOM ein Abkommen über den Erwerb von 500 Lokomotiven. Auch eine Absichtserklärung über den Bau von 18 Containerbahnhöfen für 1,2 Mrd. Euro wurde unterzeichnet. Weitere Abkommen betreffen Kraftwerke, Kläranlagen sowie eine neue Automobilfabrik von Peugeot-Citroen in Wuhan. Die beiden wichtigsten Geschäfte sind aber noch nicht entschieden. Das eine ist der Großauftrag über 8 Mrd. Euro für die Lieferung des EPR-Kernreaktors der dritten Generation; hier konkurriert Frankreich mit der japanisch-amerikanischen Firma Westinghouse. Das andere ist die Hochgeschwindigkeits- Bahnstrecke Kanton-Wuhan. Internetveranstaltung des russischen PräsidentenFür eine dreistündige Pressekonferenz des russischen Präsidenten Wladimir PUTIN am 25.10., die im Internet und im Fernsehen übertragen wurde, gingen mehr als 1,2 Mio. Fragen ein. Westliche Medien und viele russische Agenturmeldungen konzentrierten sich auf offensichtlich abgesprochene Fragen zur Präsidentennachfolge, dem Mord an der Journalistin Politkowskaja, zu Nordkorea und der Lage im Transkaukasus. Aber den weit größeren Teil nahmen Fragen von Bürgern zu wirtschaftlichen und sozialen Problemen ein. Da ging es um die fehlenden modernen Infrastrukturverbindungen vom Fernen Osten Rußlands zu anderen Landesteilen; den zunehmenden Lehrer- und Ärztemangel; das Problem niedriger Löhne unterhalb des Existenzminimums; die Privatisierung von Waldgebieten; die fehlende Kostendeckung in der Landwirtschaft; Wohnungsmangel und zu hohe Mieten; sowie die Notwendigkeit einer größeren Streuung der Wirtschaftstätigkeit über die Förderung von Erdöl und Erdgas hinaus. Ministerpräsident Michail FRADKOW betonte anschließend, Putins kritische Bemerkungen zu diesen Themen hätten sich an die Regierungsmitglieder gerichtet: "Es wird keine weiteren Mahnungen mehr geben, und die dem Präsidenten eigene zurückhaltende Ausdrucksweise sollte vielen von uns eine letzte Warnung sein." Zur Außen- und Sicherheitspolitik sagte Putin u.a.: "Niemand sollte bestrebt sein, Rußland in einen Konflikt hineinzuziehen... Alle sollten wissen, daß wir unsere nationalen Interessen konsequent, stetig und hart verteidigen." Rußland sei bereit, der Ukraine zu helfen, ohne sich in deren innere Angelegenheiten zu mischen. Rußland werde umgerechnet 500 Mio. $ aufwenden, um seine Grenze vom Kaspischen zum Schwarzen Meer zu sichern und so die Sicherheitslage im Kaukasus zu verbessern. Zu Korea und dem Iran sagte Putin: "Man sollte keinen der Beteiligten an den Gesprächen in eine Lage bringen, in der er keinen anderen Ausweg sieht, als die Spannungen weiter zu steigern. " | ||
Archiv älterer Newsletter | ||
|